Die Pfarrer predigen auf Deutsch,
mancherorts auch auf Polnisch
oder Litauisch.
In der dünn besiedelten Re
gion verfügt ein Bauer oft über
mehr Land als seine Standesgenos
sen in anderen Te ilen Deutsch
lands - dafür aber wirtschaften
die Preußen unter härteren Bedin
gungen: Die Winter sind länger
und frostiger, der Untergrund ist
fast überall sandig; nur im Süden
gibt es fruchtbaren Lehmboden.
Die Landleute bauen vor al
lem Roggen, Gerste und Hafer an.
Ein Drittel der Äcker liegt stets
brach, damit sich der Boden erho
len kann. In ihren Ställen halten
sie Ochsen oder Pferde, mit denen
sie die Äcker pflügen, dazu Hüh
ner und bisweilen Milchkühe und
Mastschweine. Der Ta kt der Jah
reszeiten bestimmt das Leben: Im
Herbst sähen die Bauern das Win
tergetreide, im Frühjahr bringen
sie die Sommersaat aus.
Unterbrochen wird dieser
immer gleiche Ablauf nur durch
Notlagen, etwa wenn Flüsse über
die Ufer treten, Hagel das Korn
zerschlägt, ein Brand ausbricht.
Oder wenn Krieg herrscht.
Wie so oft.
enn im !?.Jahrhun
dert ziehen im
mer wieder Solda
ten durchs Land,
D quartieren sich bei
den Bauern ein, rauben ihnen Vo r
räte und Geld, vergewaltigen ihre
Töchter und Frauen, rekrutieren
die Söhne unter Zwang.
Der We sten des Herzogtums
wird in der Zeit des Dreißigjähri
gen Krieges gleich mehrmals von
schwedischen und polnischen
Truppen geplündert. Den Süden
trifft es 1656 besonders schwer, als
während des Ersten Nordischen
1701 1-1710 1 Pestepidemie in Preußen
VIELE
GEISTLICHE,
aber auch Ge
lehrte halten
die Seuche für
eine Strafe
Gottes. Feuer
rauch soll die
Luft reinigen -
und so vor
Ansteckung
schützen
Krieges ein polnisches Heer Hun
derte Dörfe r niederbrennt, mehr
als 20 000 Einwohner erschlägt
und Tausende in die Sklaverei ver
schleppt.
Einen "Tartareneinfall" nen
nen preußische Chronisten den
Feldzug, weil für Polen auch mus
limische Krieger aus dem mit
Wa rschau verbündeten Krimkha
nat kämpfen. 1678 wird ein Te il
Preußens von Schweden besetzt.
Die Dorfbewohner leiden
oft noch Jahre nachdem die Plün-
78 I GEO EPOCHE Deutschland um 1700
derer abgezogen sind: Da Scheu
nen abgebrannt, Zugtiere ge
schlachtet und tüchtige junge
Männer weg sind, ernten die Bau
ern nicht genug zum Überleben.
Auf die Kriege folgen daher oft
genug Hungersnöte.
DIE GESCHWÄCHTE Landbevöl
kerung wird anfällig für Seuchen,
die meist von den Soldaten ein
geschleppt worden sind. Und so
zählen die Geschichtsschreiber im
- Jahrhundert neun Pestwellen