Die Welt am Sonntag - 04.08.2019

(Sean Pound) #1
nom, aber keine geborene Führungs-
kraft“, sagt ein Ex-Mitarbeiter. Als er in
der Euro-Krise 2012 die provokante
Idee einer „Geuro“ genannten goldge-
deckten Parallelwährung für Griechen-
land lancierte, war seine Karriere in der
Bank vorbei.
Mit Folkerts-Landau übernahm ein
Freund Jains seinen Posten. Dass er Teil
des Topmanagements wurde, zeigte,
dass es mit der Unabhängigkeit von der
Bank von nun an vorbei sein sollte. Als er
dann auch noch die beiden Research-Ab-
teilungen zusammenlegte, ließ sich sein
Vorvorgänger Walter mit dem Kommen-
tar zitieren, dass die Bank offenbar nur
noch am „Sales Support“ – also der Ver-
kaufsförderung für ihre Produkte – inte-
ressiert sei.
Obwohl das überspitzt war, meinen
viele Beobachter, dass der frühere Kern
von DB Research heute zerstört ist. Wie
viele andere volkswirtschaftlichen Ab-
teilungen von Finanzunternehmen ist
diese Einheit in den vergangenen Jah-
ren geschrumpft. Einige Spitzenkräfte,
die Walter eingestellt hatte, haben die
Bank verlassen und wurden nicht er-

setzt. Der Kontakt zur Regierung in Ber-
lin ist längst nicht mehr so intensiv wie
früher, seit der zuständige Manager
zum Bundesverband der Deutschen In-
dustrie gewechselt ist. „Die Abteilung
verwaltet sich selbst – und wartet ängst-
lich ab, ob sie von der nächsten Kündi-
gungsrunde betroffen ist“, sagt einer,
der die Bank gut kennt.

Schon unter Walter war das Wirken
der Wissenschaftler intern umstritten.
Investmentbankern galt sie als ebenso
zweckfrei wie schwerfällig. Sie schätz-
ten die Arbeit der unter ihrem Dach auf-
gebauten eigenen Analyseeinheit, deren
Mitarbeiter nicht nur Aktien und ande-
re Wertpapiere, sondern auch Rohstoff-
preise und die Volkswirtschaften ganzer
Länder begutachteten. Ihre Erkenntnis-
se bereiteten sie passend für große In-
vestoren auf. Hier passten Geschäftsin-
teresse und Arbeit zusammen.
Als Walter 2009 in Rente ging, folgte
ihm mit Thomas Mayer ein Mann, der
den Kontakt mit der Öffentlichkeit

ihm mit Thomas Mayer ein Mann, der
den Kontakt mit der Öffentlichkeit

ihm mit Thomas Mayer ein Mann, der

deutlich weniger suchte. Intern brodel-
te es da bereits heftig. Die mittlere Füh-
rungsschicht in der Abteilung habe Ide-
en der nachfolgenden Generation sys-
tematisch blockiert, sagt ein Insider. Es
kam zu Grabenkämpfen. Die For-
schungsabteilung wurde zum Spiegel-
bild der Bank. Und Folkerts-Landau,
der zuvor Mayers Chef war, habe sich
mit Mayers Berufung übergangen ge-
fühlt. Mayer bekam die Konflikte nie in
den Griff: „Er war ein brillanter Öko-

fühlt. Mayer bekam die Konflikte nie in
den Griff: „Er war ein brillanter Öko-

fühlt. Mayer bekam die Konflikte nie in

D


ie Prophezeiung war düs-
ter – und völlig korrekt.
Nichts weniger als eine der
größten Wirtschaftskrisen
seit Bestehen der Bundes-
republik sagte Norbert Walter für das
Jahr 2009 voraus. Die Bundesregierung,
ffforderte der damalige Chefökonom derorderte der damalige Chefökonom der
Deutschen Bank, müsse sofort eingrei-
fffen, sonst sei ein Absturz ins Bodenloseen, sonst sei ein Absturz ins Bodenlose
„nicht mehr zu verhindern“. Damit rüt-
telte er die Politik auf – und animierte sie
dazu überhaupt gegenzusteuern.

Walters Wort hatte Gewicht. Seine
Erkenntnisse und Forderungen veröf-
fentlichte er regelmäßig auch über das
Fernsehen für ein breites Publikum.
Walter war nicht nur unter Ökonomen
hoch angesehen, als intellektuelles Aus-
hängeschild zahlte er auch kräftig auf
das Image seines Arbeitgebers ein.
Einen derartigen Werbeträger hat die
Deutsche Bank nicht mehr. Die Abtei-
lung wurde zurechtgestutzt. Ihr aktuel-
ler Chefökonom David Folkerts-Landau
ist in Deutschland bestenfalls Einge-
weihten bekannt. Das Fehlen dieser
Stimme in den großen deutschen Debat-
ten ist ein Zeichen dafür, wie sehr die
Bank auf dem Heimatmarkt an Gewicht
verloren hat. Der Niedergang des Geld-
hauses spiegelt sich im Bedeutungsver-
lust ihrer deutschen Analyseabteilung
wider. Und auch wenn Vorstandschef
Christian Sewing Deutschland wieder
ins Zentrum seiner Strategie rückt, der
Wiederaufstieg der Volkswirte zu einer
hochrelevanten Stimme auf dem Hei-
matmarkt ist so wenig in Sicht wie ein
großes Comeback der Deutschen Bank.
Einst forschte die volkswirtschaftli-
che Research-Abteilung unabhängig
und mit nur beschränkt messbarem
Nutzen für das Geschäft der Bank zu
den wichtigsten Themen der Zeit. Als
2012 mit Anshu Jain der oberste Invest-
mentbanker des Instituts an dessen
Spitze rückte, beendete er das Treiben,
indem er es mit der parallel aufgebau-
ten Analyseeinheit zusammenlegte. Je-

de Aktivität der Bank sollte unmittelbar
messbaren ökonomischen Mehrwert
abliefern. Seitdem arbeiten die Ökono-
men vor allem an marktrelevanten In-
formationen, um Kundenaufträge zu ak-
quirieren. Betriebswirtschaftlich war
dieser Schritt durchaus nachvollzieh-
bar. Aber er ging zulasten von Ansehen
und Verwurzelung in Deutschland. Wie
so vieles, was Anshu Jain tat.
Folkerts-Landau, der Chefvolkswirt,
ist für diese Entwicklung ein Beispiel.
Etwa einmal pro Woche fliegt er nach
Frankfurt. Und obwohl er in Ostfries-
land geboren wurde, spricht er lieber
Englisch. Er sucht die Nähe zu interna-
tionalen Managern, Investoren und Auf-
sichtsbehörden. Der Heimatmarkt
scheint ihm fremd.
Anders sein prominenter Vorvor-
gänger Norbert Walter. Der war zuvor
Direktor am Institut für Weltwirt-
schaft in Kiel. Unter seiner Führung
hatte die Abteilung auch mal den Mut,
Erkenntnisse zu veröffentlichen, die
nicht nur den Geschäftsinteressen
Rechnung trugen – ihr aber umso mehr
AAAufmerksamkeit verschafften.ufmerksamkeit verschafften.

Hinzu kommt: Nur wenige nehmen
es den Volkswirten ab, dass sie unab-
hängig von den Verkaufsinteressen des
Hauses arbeiten. Veröffentlichungen
zum deutschen Immobilienmarkt mit
Empfehlungen für bestimmte Städte
verstärken diesen Eindruck. Die Bank
hat seit Langem ein Glaubwürdigkeits-
problem, darunter leidet auch ihre Re-
search-Abteilung.
Folkerts-Landau widerspricht solchen
VVVorwürfen. „Die Forschungsarbeit derorwürfen. „Die Forschungsarbeit der
Bank ist exzellent. Die deutsche Einheit
macht einen hervorragenden Job“, sagt
er. Allerdings sei es wichtig, stärker auf
die Wünsche der Kunden einzugehen.
Die Tagespolitik sei dann von Interesse,
wenn sie direkte Auswirkungen auf diese
habe. Er sei im ständigen Kontakt mit
den Regulatoren und habe gute Kontakte
zu den wichtigsten Notenbanken der
WWWelt. Die Kunden brauchten Informatio-elt. Die Kunden brauchten Informatio-
nen, wie es weitergeht. Wie beeinflusst
das Verhältnis zwischen den USA und
China den Handel? Was bewirkt die Digi-
talisierung? „Durch die niedrigen Zinsen
hat sich die Welt dramatisch geändert,
unsere Kunden wollen wissen, wie es
weitergeht. Forschung hilft ihnen kaum
weiter“, sagt Folkerts-Landau. „Wir kon-
zentrieren uns lieber auf wenige The-
men, die wir monatlich vorstellen, als
täglich kurze Kommentare im Fernsehen
aaabzugeben. Wir wollen substanziellebzugeben. Wir wollen substanzielle
Einschätzungen geben“, sagt Folkerts-
Landau. Fokus sei wichtig. Und die glo-
bale Ausrichtung.
Viele Marktbeobachter hatten erwar-
tet, dass angesichts der starken Einspa-
rungen im Wertpapierhandel und der
Fokussierung auf den Heimatmarkt Fol-
kerts-Landau seine Truppen in London
und New York auch reduzieren werde.
„Die Umkehr der Strategie müsste ei-
gentlich bedeuten, die frühere Truppe
von Walter zu stärken und sich wieder
auf den Heimatmarkt zu konzentrie-
ren“, hoffte ein langjähriger Mitarbei-
ter. Davon aber ist nichts zu spüren. Im
Gegenteil: Die Bank will wohl an der
bisherigen Aufteilung festhalten. Eine
neue Walter-Ära wird es so nicht geben.
Dabei wäre sie für die Glaubwürdigkeit
der neuen Strategie wichtig.

VONANNE KUNZ

David Folkerts-Landau,
weitgehend unbekannt

Norbert Walter,
hierzulande einst geschätzt

D
PA PICTURE-ALLIANCE / FRANK MAY, MARC-STEFFEN UNGER/WWW.MS-UNGER.DE

Quelle: Bloomberg

Deutsche-Bank-Aktie
in Euro














DB Research galt lange als


Aushängeschild der Deutschen


Bank. Heute spiegelt der Niedergang


der Einrichtung die Entwicklung des


gesamten Geldhauses wider


Die


ABTEILUNGBTEILUNG


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04.08.1904.08.1904.08.19/1/1/1/1/Wir3/Wir3 MAGERKOP 5% 25% 50% 75% 95%

Abgezeichnet von:
Artdirector

Abgezeichnet von:
Textchef

Abgezeichnet von:
Chefredaktion

Abgezeichnet von:
Chef vom Dienst

31


04.08.194. AUGUST 2019WSBE-VP1


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