Die Welt - 08.08.2019

(Brent) #1
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Zentralbankkäufe treiben Unzenpreis


Quelle: Bloomberg

Goldpreis in Dollar je Feinunze ����


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Polen
Russland
China
Türkei
Kasachstan
...

Tschechische Republik
Deutschland
Usbekistan

Polen und Russland stocken am stärksten auf


Quelle: IWF, World Gould Council

Größte staatliche Goldkäufer ����
Land Veränderung der Goldbestände in der
ersten Jahreshälfte ���� (in Tonnen)



In Mrd. Dollar In Mrd. Dollar










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Goldreserven

US-Staatsanleihen

China tauscht US-Staatsanleihen gegen Gold


Quelle: World Gold Council, Bloomberg, SG Cross Asset Research/Global Asset Allocation

I


m 21. Jahrhundert teilen die mäch-
tigen Staaten der Welt nicht mehr
die gleichen Werte. Das ist nicht
nur im Sinne humanistischer Idea-
le wie Demokratie, Menschenrech-
te und Rechtsstaatlichkeit zu verstehen,
deren Allgemeingültigkeit von einem
Teil der Nationen rundherum abgelehnt
wird, sondern auch materiell: Es fällt
den Regierungen zunehmend schwer,
sich auf gemeinsame Werte im Sinne
von Wertaufbewahrungsmitteln zu ver-
ständigen.

VON DANIEL ECKERT

Das Jahr 2019 bringt einen Paradig-
menwechsel, der weitreichende Folgen
für die globalen Finanzmärkte hat. Der
US-Dollar ist als Weltwährung und ulti-
matives Wertaufbewahrungsmittel
nicht mehr alternativlos: Statt dessen
setzen Zentralbanken rund um den Glo-
bus immer mehr auf die älteste Wäh-
rung der Welt: Gold. Dessen Wert ist
über die Kulturen hinweg unumstritten.
Das Edelmetall dient Regierungen als
Anti-Dollar und Krisenversicherung für
den Fall der Fälle. Allein in den ersten
sechs Monaten des Jahres haben staatli-
che Institutionen 374 Tonnen des gel-
ben Metalls erworben. Das ist ein An-
stieg um 57 Prozent gegenüber dem
Vorjahreszeitraum und markiert den
höchsten Zuwachs, seitdem die Wäh-
rungshüter überhaupt wieder Gold
kaufen – statt es auf den Markt zu wer-
fen.
„Schon letztes Jahr war eine starke
Kaufdynamik zu beobachten. Die Zen-
tralbanken deckten sich 2018 so stark
mit Gold ein wie seit 50 Jahren nicht
mehr“, heißt es in einem Bericht des
World Gold Council, einer Lobbyorga-
nisation der Minenunternehmen. Das
sei ein klares Zeichen, dass sich das
Denken der Notenbanker über Edelme-
tall verändert habe. Bis zum Finanzkri-
senjahr 2009 war Gold bei den meisten
Zentralbanken und Finanzministerien
verpönt: Edelmetall in der Zentralbank-
bilanz bringt keine Zinsen und ist daher
eher ein Belastungsfaktor, lautete die
Devise. Diese Wahrnehmung hat sich
um 180 Grad gedreht. Die staatlichen
Institutionen stellen nun die wichtigs-
ten Käufer am Markt. Das Füllen der
Kriegskassen treibt seinerseits den
Preis. Der hat gerade die Marke von
1500 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm)
überschritten. Das entspricht in etwa
1340 Euro.
Wer sich zu Beginn des Jahres mit
Münzen und Barren eingedeckt hat, hat
als Vorsorge-Sparer alles richtig ge-
macht. Seither ist der Goldkurs in Euro
um 19 Prozent geklettert – mehr als
doppelt so stark wie der Deutsche Ak-
tienindex (Dax). Das gelbe Metall ist auf
dem Weg, sein bestes Jahr seit 2010 zu
erleben, als sich die Unze inmitten glo-
baler Krisenstimmung um sagenhafte
39 Prozent verteuerte. Der Goldpreis
steht so hoch wie seit dem Jahr 2013

nicht mehr. Insgesamt kommen in die-
sem Jahr einige Entwicklungen zusam-
men, die jede für sich genommen schon
das Zeug hätte, den Preis nach oben zu
katapultieren, gemeinsam aber eine Art
perfekten Sturm bilden: Der überra-
schende Einbruch der Weltkonjunktur
hat die Notenbanken dazu genötigt, die
geldpolitischen Schleusen zu öffnen
und die Märkte mit Liquidität zu fluten.
Das bedeutet, dass Sparer auf absehbare
Zeit keine Zinsen mehr erwarten dür-
fen, sondern vielmehr Negativ-Zinsen
befürchten müssen. Dazu kommen die
geopolitischen Sorgen und nicht zuletzt
die rasant gestiegene Gefahr eines Wäh-
rungskriegs: „Konflikte zwischen den
USA und dem Iran, gegen den scharfe
Sanktionen verhängt wurden, und die
Unterbrechung der laufenden Handels-
gespräche zwischen den USA geben
Gold in diesem Sommer Auftrieb“, sagt
Steve Land, Portfolio-Manager bei der
Franklin Equity Group. Und dann ist da
noch der Brexit und die unklare Zukunft
Europas. Die politischen Turbulenzen
im Vereinigten Königreich haben auf
der Insel einen Run auf das physische
Metall ausgelöst. In Pfund Sterling no-
tiert die Krisenwährung bereits auf All-
zeithoch.
„Die Goldnachfrage in Großbritan-
nien ist im Moment außerordentlich
hoch“, berichtet Ross Norman, Ge-
schäftsführer des Londoner Edelmetall-
händlers Sharps Pixley, der zur deut-
schen Degussa Unternehmensgruppe
gehört: Er spricht von einer Verdreifa-
chung der Käufe an physischem Gold.
Die britischen Anleger seien aber nicht
nur über mögliche Brexit-Probleme be-
sorgt, sondern vor allem über die sich
verdunkelnde makroökonomische Lage.
Viele Frühindikatoren deuten darauf
hin, dass eine Rezession bevorsteht.
„Gold ist nicht an ein bestimmtes
Land oder Wirtschaftssystem gebun-
den. Das macht es derzeit besonders at-
traktiv“, formuliert Land. Für ihn ist die
im Mai 2019 losgetretene Gold-Hausse
fundamental anders als die Zwischen-
rallyes der zurückliegenden Jahre. Das
große Comeback der Krisenwährung
rührt aus dem politischen Schwenk. Vor
allem die großen Schwellenländer sto-
cken ihre Goldbestände gezielt auf, aber
nicht nur sie. „Die Zentralbanken sind
ganz entscheidend für die Nachfrage
nach dem physischen Metall“, sagt Mi-
chael Haigh, Rohstoffexperte bei der
französischen Großbank Société Géné-
rale. Immer mehr Länder suchten eine
Alternative zum Dollar, was dafür spre-
che, dass der Bedarf langfristig hoch
bleibe. Die Nationen, die jetzt schon am
Aufbau ihrer Goldreserven arbeiten,
könnten in ihren Bestrebungen noch
viel weiter gehen, betont er, und meint
damit vor allem China und Russland.
Um zu demonstrieren, wie weit die
Goldrallye noch tragen könnte, macht
Haigh eine simple Rechnung auf: In der
Euro-Zone halten Zentralbanken wie
die Bundesbank im Schnitt 54 Prozent,

also mehr als die Hälfte, ihrer Devisen-
bestände in Form von Edelmetall und
Edelmetallforderung. Im Fall von Russ-
land macht Gold aber nur rund 19 Pro-
zent der Reserven aus. Indien dagegen
hält nur sieben Prozent, und die chine-
sische Zentralbank bringt es gar nur auf
einen Gold-Anteil von drei Prozent.
„Um die 54 Prozent der Euro-Länder zu
erreichen, müssten diese drei Staaten
47.812 Tonnen kaufen“, rechnet Haigh
vor. Allein Chinas zusätzlicher Gold-
hunger würde in diesem Szenario fast
39.000 Tonnen betragen. Im Vergleich
dazu ist die geschätzte Jahresweltpro-
duktion von rund 4700 Tonnen mickrig.
Im Jahr 2018 haben die Zentralban-
ken ihre Bestände bereits um 651 Ton-
nen hochgeschraubt. Doch vieles deutet
darauf hin, dass die Käufe 2019 deutlich
umfangreicher ausfallen werden. Dafür
dürften allein der Handelskonflikt zwi-
schen China und den USA sorgen, bei
dem beide Kontrahenten ihre Währung
als Waffe einsetzen. Noch vor kurzem
größter Käufer von US-Staatsanleihen,
baut Peking seine Bestände an US-
Schuldtiteln nun merklich ab, um die
Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren.
Stattdessen werden die Goldreserven
sukzessive erhöht. Schon im ersten
Halbjahr, also vor der jüngsten Eskalati-
on in Richtung Währungskrieg, kaufte
die chinesische Zentralbank 74 Tonnen
Gold. Das sanktionsgeplagte Russland
stockte seine goldene Kriegskasse sogar
um 94 Tonnen auf. Dass jedoch nicht
nur Schwellenländer den Ernst der Lage
spüren, zeigt die Tatsche, dass der größ-
te Edelmetall-Käufer in den ersten
sechs Monaten des Jahres ein Land der
EU war, nämlich Polen. Mit 99,5 Tonnen
erwarb Deutschlands östlicher Nachbar
so viel Gold wie keine andere Nation.
Die Bundesrepublik gehörte im ers-
ten Halbjahr übrigens zu der kleinen
Gruppe von nicht einmal einer Hand-
voll Staaten, die Gold verkauften. Ge-
gen den weltweiten Trend trennte sich
die Bundesbank von drei Tonnen Edel-
metall. Mehr Gold hat 2019 bisher sonst
nur Usbekistan abgegeben, wie aus Da-
ten des World Gold Council hervorgeht.
Während die Bundesbank Gold ver-
kauft, geraten auch vermögende Privat-
anleger mehr und mehr in ein Goldfie-
ber: Die Volumina goldgedeckter Index-
fonds, derer sich die Investoren in ers-
ter Linie bedienen, sind gerade auf ein
Sechs-Jahres-Hoch geklettert. Was Zen-
tralbanken recht ist, ist vielen vermö-
genden Investoren billig. Neben physi-
schem Gold bevorzugen Privatanleger
Indexfonds wie den Xetra Gold (Wert-
papierkennnummer A0S9GB) oder
den Euwax Gold (WKN: EWG0LD) ,
die die Preisentwicklung des Metalls
eins zu eins wiedergeben, ansonsten
aber wie Wertpapiere gehandelt wer-
den. Der Clou: Da die Produkte mit phy-
sischem Gold hinterlegt sind, fällt in
der Regel keine Steuer an, wenn Anleger
sie nach mehr als zwölf Monaten mit
Gewinn verkaufen.

Goldrausch der


Notenbanken


Das Edelmetall steuert auf sein bestes Jahr


seit 2010 zu. Früher waren es vor allem


Kleinanleger, die sich mit Gold absicherten,


jetzt greifen die Staaten richtig zu


13



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DIE WELT DONNERSTAG,8.AUGUST2019 SEITE 13 *


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ZAHLUNGSDIENSTANBIETER


Wirecard schraubt


Prognosen nach oben


Der weltweit boomende Online-
Handel stimmt den Zahlungsdienst-
anbieter Wirecard zuversichtlicher.
Der Konzern aus Aschheim bei
München schraubte am Mittwoch
zum zweiten Mal innerhalb weniger
Wochen seine Prognosen nach
oben. „Im ersten Halbjahr hat sich
unser Wachstum beschleunigt, so-
dass wir äußerst optimistisch in das
zweite Halbjahr blicken“, sagte
Firmenchef Markus Braun. Anleger
gingen dennoch auf Abstand. Die im
Dax notierten Aktien rutschten um
1,5 Prozent ab und waren größter
Verlierer. Die Erhöhung der Ge-
schäftsziele sei erwartet worden,
nachdem Wirecard in den vergange-
nen Wochen zwei wichtige Part-
nerschaften mit Aldi und dem japa-
nischen Technologieinvestor Soft-
bank vereinbart hat, sagte ein Händ-
ler. In den vergangenen drei
Monaten legten die Wirecard-Aktien
19 Prozent zu, der Dax ging im sel-
ben Zeitraum um sechs Prozent
zurück.

RÜCKVERSICHERER


Gutes Quartal


für Munich Re


Der weltgrößte Rückversicherer
Munich Re hält trotz eines knappen
Milliardengewinns im zweiten
Quartal an seinen Zielen fest. Für
das laufende Jahr rechnet Vor-
standschef Joachim Wenning wei-
terhin mit einem Überschuss von
rund 2,5 Milliarden Euro, wie der
Dax-Konzern am Mittwoch in Mün-
chen mitteilte. Für das kommende
Jahr sieht Wenning die Munich Re
auf Kurs, den Gewinn auf 2,8 Milli-
arden Euro zu steigern. Im zweiten
Quartal verdiente der Münchner
Konzern dank geringer Großschä-
den und der Auflösung von Re-
serven für Basisschäden aus frühe-
ren Jahren 993 Millionen Euro – 36
Prozent mehr als ein Jahr zuvor und
so viel wie in keinem anderen Quar-
tal seit vier Jahren.

COMMERZBANK


Keine Strafzinsen für


Privatkunden geplant


Die Commerzbank sieht sich ange-
sichts der Konjunkturabkühlung
und anhaltender Niedrigzinsen vor
wachsenden Herausforderungen.
Zwar peilt das Institut in diesem
Jahr weiterhin einen etwas höheren
Gewinn an als im Vorjahr. Dieses
Ziel sei wegen der sich „spürbar
eintrübenden gesamtwirtschaftli-
chen Lage“ und der unsicheren
Situation in der Weltpolitik aber
„deutlich ambitionierter“ geworden,
betonte der Vorstand bei der Vor-
lage der Zahlen für das zweite Quar-
tal. Finanzhäuser leiden unter der
Zinsflaute und dem starken Wett-
bewerb. Hinzu kommt die aktuelle
Konjunkturabschwächung.Nach
den geplatzten Fusionsgesprächen
mit der Deutschen Bank muss sich
die Commerzbank aus eigener Kraft
im rauen Umfeld behaupten. Straf-
zinsen, die Banken zahlen müssen,
wenn sie Geld bei der Europäischen
Zentralbank parken, will die Com-
merzbank im Gegensatz zu anderen
Instituten vorerst nicht an Privat-
kunden weiterreichen.

KOMPAKT


R


und zwei Millionen Dollar, umge-
rechnet 1,9 Millionen Euro, kos-
tet die Einmaldosis von Zolgens-
ma. Das Gen-Therapeutikum des
Schweizer Herstellers Novartis ist da-
mit das teuerste Medikament der Welt.
Doch ausgerechnet dieses Arzneimittel
ist nun unter Verdacht geraten. Es geht
um die Frage, ob bei der Zulassung der
teuren Medizin getrickst worden ist.
Die mächtige US-Gesundheitsbehörde
FDA wirft Novartis und der 2018 über-
nommenen Tochterfirma Avexis vor,
dass diese vor der Zulassung manipu-
lierte Testdaten gegenüber den Aufse-
hern verschwiegen haben.

VON ANJA ETTEL

Der Vorwurf wiegt schwer: Das Un-
ternehmen habe erst am 28. Juni über
die Manipulation von Tierversuchsda-
ten informiert, obwohl es schon im
März davon erfahren habe – mehr als

zwei Monate vor der Zulassung am 24.
Mai, teilte die FDA mit. An der positiven
Einschätzung der klinischen Studien
am Menschen ändere sich zwar nichts,
und auch die Sicherheit des Mittels soll-
te davon nicht beeinträchtigt sein. Das
Medikament werde daher am Markt
bleiben. Allerdings drohten die Aufse-
her mit möglichen zivil- und strafrecht-
lichen Konsequenzen.
Sollte es so kommen, dürfte das für
Novartis teuer werden. Zumal der
Schweizer Konzern nicht zum ersten Mal
derart negativ in den Schlagzeilen steht.
Angesichts der Serie an Schmiergeld-
affären und Bestechungs-Vorwürfen,
die dem Ruf des Konzerns schaden, hat
der seit 2018 amtierende Konzernchef
Vasant Narasimhan das Thema Ethik
und Moral zur Top-Priorität erklärt.
„Sollten sich die Vorwürfe gegen
Novartis erhärten, würde dem Unter-
nehmen im wichtigen US-Markt Un-
gemach drohen, mit hohen Kosten

und anderen Strafmaßnahmen“, kom-
mentierte Michael Nawrath, Analyst
bei der Zürcher Kantonalbank. Die
Börse reagierte mit Kursabschlägen
auf die Vorwürfe der FDA. Die Aktie
von Novartis brach zeitweise um über
2 ,5 Prozent ein.
Dabei hatte der Schweizer Pharma-
konzern Zolgensma im Frühling dieses
Jahres in den USA mit großem Auf-
wand eingeführt. Das Arzneimittel
wird bei der Behandlung der sogenann-
ten spinalen Muskelatrophie, kurz
SMA, eingesetzt. Bei dieser seltenen
Erbkrankheit sterben motorische Ner-
venzellen im Rückenmark ab, weshalb
nach und nach auch die Muskeln ver-
kümmern, die auf Impulse dieser Ner-
venzellen angewiesen sind. Die Krank-
heit wird mitunter schon vor der Ge-
burt akut und betrifft häufig sehr junge
Patienten. Ihre Lebenserwartung ist in
der schwersten Verlaufsform dieser
Krankheit gering. Die betroffenen Kin-

der können dann kaum schlucken und
atmen, viele von ihnen lernen nie rich-
tig zu sprechen, zu sitzen oder auch
nur den Kopf zu heben.
Eine vollständige Heilung der
Krankheit ist zwar auch weiterhin we-
der durch Zolgensma, noch durch das
ebenfalls am Markt verfügbare Mittel
Spinraza des US-Konzerns Biogen, zu
erwarten. Beide Medikamente können
aber dabei helfen, den Verlauf der
Krankheit signifikant zu verzögern
und damit die Lebensqualität der Pa-
tienten zu verbessern.
„„„Wir haben vollstes Vertrauen in dieWir haben vollstes Vertrauen in die
Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit
von Zolgensma“, teilte Novartis am
Mittwoch in einer Stellungnahme zu
den FDA-Vorwürfen mit. Die fraglichen
Daten seien nur ein kleiner Teil der
eingereichten Informationen gewesen
und beschränkten sich auf ein älteres,
nicht mehr verwendetes Verfahren. Es
werde nicht erwartet, dass sich der

VVVorfall auf laufende Zulassungsanträgeorfall auf laufende Zulassungsanträge
und Entwicklungsprogramme für das
Mittel auswirken werde.
Bisher ist Zolgensma nur in den USA
und dort nur für die schwerste Form der
SMA bei Patienten unter zwei Jahren
zugelassen. Analysten trauen dem Prä-
parat einen jährlichen Umsatz von bis
zu 2,8 Milliarden Dollar zu. Das teuerste
Medikament der Welt hat damit aus
Sicht der Finanzstrategen das Potenzial
zum Blockbuster – so werden in der
Pharmaindustrie alle Arzneien genannt,
die jährlich mehr als eine Milliarde Dol-
lar Umsatz bringen.
In Europa steht die Zulassung noch
aus, die europäische Arzneimittelauf-
sicht EMA hat dem Medikament aber
bereits „Prime Status“ erteilt, wodurch
sich die Zulassungsdauer in der Regel
deutlich verkürzt. Der Konzern rechnet
weiterhin damit, dass Zolgensma im
Jahresverlauf sowohl in Europa als auch
in Japan zugelassen wird.

TTTeuerstes Medikament der Welt gerät unter Verdacht euerstes Medikament der Welt gerät unter Verdacht


Novartis soll vor Zulassung der Gen-Arznei Zolgensma manipulierte Testdaten verschwiegen haben. Die US-Arzneimittelaufsicht ermittelt


07.08.
17.30 Uhr

06.08.
Schluss
Bunds 10 Jahre -0,581 -0,
Bund-Future 177,34 176,
1-Monats-Euribor - -0,
3-Monats-Euribor - -0,
Treasuries 10 Jahre 1,642 1,
Treasuries 30 Jahre 2,151 2,

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Zinsenin Prozent

Qualitätstest für Druckereien


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*Schluss *��.�� Uhr *��.�� Uhr
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Dax in Punkten Dow Jones in Punkten Umlaufrendite in Prozent Ölpreis Sorte Brent je Barrel in Dollar

�. Aug. ���� �. Aug. ����

Euro EZB-Referenzkurs in Dollar

Xetra-Kurse (Schluss)

Adidas: 273,55(+ 1,37%)
Allianz: 199,16 (- 0,62%)
BASF: 56,78 (+ 0,44%)
Bayer: 58,84 (+ 6,02%)
Beiersdorf 107,70 (+ 1,17%)
BMW: 62,11 (- 0,24%)

Munich Re: 211,40 (+ 0,67%)
RWE: 25,28 (+ 1,08%)
SAP: 106,20 (+ 2,12%)
Siemens: 89,36 (- 0,31%)
ThyssenKrupp: 10,51 (- 0,52%)
Vonovia: 44,45 (+ 1,05%)
VW Vz.: 142,78 (- 0,11%)
Wirecard: 147,25(- 2,26%)

E.on: 8,82 (- 3,04%)
FMC: 59,46 (- 0,07%)
Fresenius: 42,40 (- 0,45%)
HeidelCement: 59,40(- 0,47%)
Henkel Vz.: 89,30 (+ 1,34%)
Infineon: 16,07 (+ 1,63%)
Linde plc: 167,70(+ 1,02%)
Merck: 92,56 (- 0,39%)

Continental: 119,70 (+ 0,93%)
Covestro: 38,79 (+/-0%)
Daimler: 43,31 (+ 0,07%)
Dt. Bank: 6,59 (- 2,04%)
Dt. Börse: 127,55 (+ 1,55%)
Dt. Post: 28,68 (+ 0,61%)
Dt. Lufthansa: 14,53 (+ 0,55%)
Dt. Telekom: 14,63 (+ 0,18%)

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