KULTUR DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,8.AUGUST2019 SEITE 20
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ienstag Nachmittag,
Viertel vor fünf. Das
Kino 4Star liegt an
der Ecke Clement
und 24. Straße, ein Stück drau-
ßen, nicht weit vom Meer ent-
fernt. Es ist ein altes Kino, die
rötliche Farbe hat schon bessere
Zeiten gesehen, an der Fassade
blättert die Farbe ab, die Leucht-
reklame ist aus. Auf dem Schild,
wo die Filme angeschrieben sind,
steht „Once upon in Holly-
wood“. Und „35 MM“. Eigentlich
ist sowieso klar, dass in diesem
Kino keine Digitalkopien gezeigt
werden. Aber ich denke mir: Gu-
te Werbung, ich will unbedingt
eine 35-Millimeter-Kopie sehen,
the real thing. Ein echter Film.
VON HOLGER KREITLING
Ich kaufe bei einem alten
Mann eine Karte für 12,50 Dollar
und gehe hinein. Der Saal ist lang
gezogen und schmal, die Lein-
wand hängt ziemlich hoch, drum
herum ist ein Art-Deco-Look-
alike-Bogen gezogen, der viel-
leicht noch älter ist als die blät-
ternde Fassade. Ich frage mich,
ob die Sitze wohl aus Holz sein
werden und unbequem, aber das
stimmt nicht.
Ich bin allein.
Hinten sitzt ein Mann, der mit
dem alten Vorführer redet, er ge-
hört zum Inventar, scheint es. Er
ruft: „Ich kann es nicht glauben,
dass hier niemand ist.“ Der Vor-
führer meint, die Leute kämen
am Abend, zur Acht-Uhr-Vorstel-
lung. Nach ein paar Minuten
steht er auf und kommt zu mir
und wiederholt den Satz, dass
niemand da sei.
„Ich dachte auch, es wäre
mehr Publikum hier“, sage ich.
„Kennen Sie den Film schon?“
„Nein“, sage ich.
„Sie werden ihn mögen, guter
Film. Ich sehe ihn zum zweiten
Mal. Überraschendes Ende.“
„Verraten Sie es nicht.“
„Ich wollte ihn im New Missi-
on Theatre in 70 Millimeter se-
hen“, sagt er.
„Oh, er ist in 70 Millimeter?“
„Ja, aufgeblasen. Aber die Vor-
stellungen sind alle ausverkauft
die Woche. Und jetzt haben sie
Probleme mit dem Projektor.
Deshalb bin ich hier. Das Bild
hier ist gut. Aber es gibt keinen
Stereoton. Nur Mono.“
Ich nicke, und er geht.
Ich fühle mich wie in meinem
allerersten Kino, in meinem
Dorf, beim Kino Bopp. Da gab es
natürlich Monoton, und die Sitze
waren aus Holz ohne Polster.
Weil die Filme nicht so lang wa-
ren, ging das. Ich kam als Kind
und als Jugendlicher sonntags in
die 18-Uhr-Vorstellung. Die Vor-
führerin war alt, eine Freundin
meiner Großmutter. Bud Spen-
cer und Terence Hill prügelten
sich. King Kong fiel vom World
Trade Center. Die Warriors woll-
ten bloß zurück nach Coney Is-
land.
Es war schwierig, sich den
Film anzusehen, weil ein paar
Dorfschläger angekündigt hat-
ten, danach genauso wie die
Gangs durch die Gassen zu lau-
fen und andere Jugendliche zu
hauen. Ich fürchtete mich davor,
aber ich wollte auch den Film se-
hen. Ich ging sehr schnell nach
der Vorstellung nach Hause und
nahm einen anderen Weg als üb-
lich; „The Warriors“ verehre ich
seitdem sehr.
Ins 4Star kommt nun ein Paar
herein, ein älterer Mann und ei-
ne jüngere Frau, er hat eine Tüte
Popcorn in der Hand. Sie schau-
en sich um, setzen sich, reden
darüber, ob sich die Frau nun
Herrlich aus der Zeit gefallen: das 4star theatre cinema in San Francisco
HOLGER KREITLING
D
ie Grünen und ihre
Untergruppierung
SPD fordern eine hö-
here Besteuerung von Fleisch.
Es sei nicht zu erklären, warum
Fleisch mit sieben Prozent und
Hafermilch mit 19 Prozent be-
steuert werde. Die Grünen
sind eigentlich lange genug im
Politikbetrieb, um eine Erklä-
rung für solche Phänomene zu
finden. Es gibt zum Beispiel
keine subventionierte Massen-
haferhaltung in Deutschland,
deshalb kann man das Produkt
auch nicht so billig verschleu-
dern wie Fleisch. Außerdem
sollen die Grünen mal erklä-
ren, wie man überhaupt Hafer
melken kann, das geht doch
nicht mit rechten Dingen zu.
Wer unbedingt Hafermilch
trinken will, der zahlt die 19
Prozent Mehrwertsteuer allein
zu seiner Sicherheit. Auf jeden
Fall ist Hafermilch das Bahnti-
cket unter den Nahrungsmit-
teln, es kann nicht mehr lange
dauern, bis Markus Söder, der
grüne Fuchs, die Abschaffung
der Mehrwertsteuer auf Hafer-
milch fordert, damit mehr
Menschen vom Inlandfleisch
auf Hafer umsteigen. Wahr-
scheinlich wird also die mehr-
wertsteuerbefreite Hafermilch
das Fortbewegungsmittel der
Zukunft.
Zippert
zappt
The real thing
Weinrote Stoffbespannung,
verstaubte Palastpracht:
In San Francisco gibt es noch Kinos, wie
sie früher waren und wo man fast ganz
allein sitzen kann. Eine sentimental
journey ins gelobte Land der Illusionen
Schnörkel und Breitwand vermitteln ein Gefühl von Behaglichkeit
HOLGER KREITLING
Sieben Filme gehen ins Rennen
um den deutschen Oscar-Kan-
didaten. Darunter sind die Ha-
pe-Kerkeling-Biografie „Der
Junge muss an die frische Luft“
von Regisseurin Caroline Link
und „Lara“ von Jan-Ole Ger-
ster, wie German Films, die
Auslandsvertretung des deut-
schen Films, am Mittwoch in
München mitteilte. Auch die
Macher der Filme „Der Fall
Collini“ mit Elyas M’Barek,
„Deutschstunde“, „Heimat ist
ein Raum aus Zeit“, „System-
sprenger“ und „Der Zukunft
zugewandt“ haben Bewerbun-
gen für den Auslands-Oscar
eingereicht. Am 21. August soll
bekannt gegeben werden, wer
für Deutschland den Oscar in
der Kategorie bester nicht-eng-
lischsprachiger Film holen soll.
Beim letzten Mal hatte die Jury
Florian Henckel von Donners-
marcks „Werk ohne Autor“
nach Hollywood geschickt, um
seinen Erfolg mit „Das Leben
der Anderen“ zu wiederholen.
Er schaffte dann zwar eine offi-
zielle Nominierung, ging bei
der Verleihung allerdings leer
aus. Die Oscars werden am
9.Februar 2020 vergeben.
Sieben deutsche
Filme für den
Auslands-Oscar
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