„Familien, Frauen,
Ältere sollen angstfrei
ins Schwimmbad
gehen“
zu patrouillieren. Es ist also kein
neues Phänomen. Nichtsdesto-
trotz wollen wir uns des Themas
aaauch integrationspolitisch anneh-uch integrationspolitisch anneh-
men.
Wenn es kein neues Phänomen
ist, warum veranstaltet das In-
tegrationsministerium dann ei-
ne Krisensitzung?
Unser „Wertedialog“ ist keine
Krisensitzung. Es ist ein Zeichen,
dass wir dieser Herausforderung
auf mehreren Ebenen begegnen.
Natürlich haben die beiden ge-
nannten Fälle aus der Vergangen-
heit nicht die Wirkung der aktu-
ellen Vorfälle erreicht. Aber wir
müssen mit diesem Phänomen
heute anders umgehen. Für mich
steht fest: Ich will nicht, dass
Menschen sich nicht mehr ins
Freibad trauen.
In den sozialen Netzwerken äu-
ßern viele die Meinung, man
solle Migranten Grundwerte
vielleicht etwas früher vermit-
teln als erst am Eingangstor
zum Freibad – zum Beispiel an
der Landesgrenze. Wie reagie-
ren Sie auf das Argument?
Bis auf den letzten Teil ist das Ar-
gggument absolut richtig. Ich habeument absolut richtig. Ich habe
mich immer für die frühe Werte-
vermittlung ausgesprochen. Als
Landtagsabgeordnete habe ich
schon früh dafür plädiert, die
Stunden in den Integrationskur-
sen, bei denen es um Rechtsstaat-
lichkeit geht, von 30 auf mindes-
tens 100 zu erhöhen. Heute gibt es
das. Wir haben in unserem Koali-
tionsvertrag in NRW vier wichtige
Kernpunkte der Integration ste-
hen. Früher haben Migrationsfor-
scher immer gesagt: Sprache, Bil-
dung und Arbeit sind die wichtigs-
ten Integrationsschlüssel. Heute
wissen wir: Das allein reicht nicht
aus. Es braucht eine gemeinsame
WWWertebasis. Ob es nun hilft, Men-ertebasis. Ob es nun hilft, Men-
schen an der Grenze unser
Grundgesetz in die Hand zu drü-
cken oder dort Integrationskurse
durchzuführen, sei dahingestellt.
AAAber wir müssen dafür sorgen,ber wir müssen dafür sorgen,
dass sich Neuankömmlinge ganz
schnell mit unserem Wertesystem
vertraut machen. Noch wichtiger
als Integrationskurse anzubieten
ist es aber, diese Werte vorzule-
ben. Viele derjenigen, die derzeit
üüüber Werte sprechen, sind dazuber Werte sprechen, sind dazu
selbst nicht in der Lage.
Ihr Parteifreund Ali Ertan To-
prak, Repräsentant der Kurdi-
schen Gemeinschaft in
Deutschland, beschrieb kürz-
lich in einem WELT-Gastbei-
trag die Gefühle vieler integrier-
ter Migranten: „Wir sind em-
pört darüber, dass Menschen,
die in Deutschland Schutz und
Hilfe suchen oder gefunden ha-
ben, sich zu solchen kriminellen
Taten hinreißen lassen.“ Geht
es Ihnen auch so?
Absolut! Dieser Meinung sind
ganz viele Migranten, nicht nur
Politiker. Ich höre das in Gesprä-
chen immer wieder, ob das der
türkische Restaurantbesitzer ist
oder andere Bürger und Unter-
nehmer. Die regen sich tierisch
darüber auf und sagen: Es kann
doch nicht sein, dass diese, ich zi-
tiere, „Idioten“ das kaputtma-
chen, was wir uns hier aufgebaut
haben. Sie haben keine Lust, mit
denen in Verbindung gebracht zu
werden. Mich ärgert das auch.
Natürlich hat so ein Verhalten
seine Gründe. Aber man hat nie-
manden in der Öffentlichkeit an-
zupöbeln. Auf einer politischen
Ebene wage ich mal die These:
Leute, die eine Arbeit haben, ha-
ben meist keine Zeit für so was.
Eine andere Debatte hat Ihr
Parteikollege Carsten Linne-
mann losgestoßen: Er fordert
eine Vorschulpflicht für Kinder,
die kaum Deutsch sprechen. Ist
das der richtige Ansatz?
Die Grundthese von Carsten Lin-
nemann teile ich. Kinder müssen,
unabhängig von ihrer Herkunft,
sprachlich gefördert werden. Je
früher wir hier ansetzen, umso
besser. Kinder lernen auch am
besten von und mit gleichaltrigen
Kindern. Gutes Deutsch ist für
Kinder eine wichtige Vorausset-
zung für den späteren Bildungs-
erfolg. In NRW stellen wir des-
halb den Kindertageseinrichtun-
gen allein in diesem Kindergar-
tenjahr 25 Millionen Euro für die
Sprachförderung zur Verfügung.
Es geht also auch ohne Vorschule.
Linnemanns Vorschlag wurde
zunächst fälschlich als Forde-
rung nach einem „Grundschul-
verbot“ interpretiert und er des
Rassismus bezichtigt. Wie be-
werten Sie diese Reaktionen?
Grund dafür war sicherlich der
Satz „... haben an einer Grund-
schule noch nichts zu suchen“. Oh-
ne diese Zuspitzung hätte es sicher
weder diese Interpretation noch
die harsche Kritik gegeben. Inso-
fffern ist es gut, dass er die Forde-ern ist es gut, dass er die Forde-
rung konkretisiert und klargestellt
hat. Ihm Rassismus vorzuwerfen,
ist allerdings völlig daneben.
Welchen Stellenwert hat der
frühe Spracherwerb für eine
gelungene Integration?
Einen enorm wichtigen. Natürlich
erfordert Integration mehr als
Sprache, aber ohne Sprache geht
nichts. Je eher man die Sprache
des Landes, in dem man lebt, er-
lernt, umso mehr greift das, was
wir Chancengerechtigkeit nennen.
DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,8.AUGUST2019 POLITIK 5
len. Wie gerade der Status quo bei
der Chefsuche ist, das wissen nur
hartgesottene Politikinsider. Der
gemeine Wahlbürger dürfte eher
ratlos vor dieser beispiellosen
Selbstfindung stehen. Bis Anfang
September können sich noch
Kandidaten melden, dann folgen
bis Mitte Oktober 23 Regional-
konferenzen, anschließend sollen
die Mitglieder per Briefwahl oder
online abstimmen. Je nach Ergeb-
nis folgt im November noch eine
Stichwahl der beiden bestplat-
zierten Bewerber oder Kandida-
tenduos, dann der Parteitag im
Dezember.
Insgesamt ein halbes Jahr be-
schäftigt sich die SPD also mit
sich selbst. Während Vertreter
der Parteispitze wie Vizechef Ralf
Stegner unverdrossen von dem
Prozess als „Riesenchance“ reden
und „leidenschaftliche und öf-
fffentliche Debatten über die in-entliche Debatten über die in-
haltliche und personelle Ausrich-
tung“ prognostizieren, bleibt
nach den ersten zweieinhalb Mo-
naten festzuhalten: Bislang ging
es vor allem darum, wer es nicht
werden will.
Die beiden Ministerpräsiden-
tinnen Manuela Schwesig und
Malu Dreyer aus Mecklenburg-
VVVorpommern und Rheinland-orpommern und Rheinland-
Pfalz haben sich zwar bereit er-
klärt, die Partei gemeinsam mit
dem angehenden Politrentner
Thorsten Schäfer-Gümbel provi-
sorisch zu moderieren, dauerhaft
ffführen wollen sie die Bundes-SPDühren wollen sie die Bundes-SPD
aaaber nicht. Das gilt auch für Vize-ber nicht. Das gilt auch für Vize-
kanzler Olaf Scholz, Arbeitsmi-
nister Hubertus Heil und Nieder-
sachsens Regierungschef Stephan
WWWeil – wobei Letzterer seine Ab-eil – wobei Letzterer seine Ab-
sage immer nur so formuliert,
dass er sich es noch anders über-
legen kann.
Offizielle Kandidaten, die auf
die nötige Unterstützung von
mindestens fünf Unterbezirken
verweisen können, gibt es nur
zzzwei: Michael Roth, Staatsminis-wei: Michael Roth, Staatsminis-
ter im Auswärtigen Amt, und
Christina Kampmann, ehemalige
Landesfamilienministerin aus
Nordrhein-Westfalen, die als
Doppelspitze antreten. Interesse
bekundet haben außerdem noch
die Duos Lauterbach/Scheer so-
wie die Oberbürgermeister aus
Flensburg und Bautzen, Simone
Lange und Alexander Ahrens. Da-
zu kommen als Einzelbewerber
der Unternehmer Robert Maier
und der ehemalige Bundestagsab-
geordnete Hans Wallow.
Ihnen allen gemein ist, dass sie
der breiteren Öffentlichkeit nahe-
zu unbekannt sind. Bei manchen
in der SPD wachsen deshalb Zwei-
fffel an dem Verfahren. „Eine Mit-el an dem Verfahren. „Eine Mit-
gliederbefragung darf kein Zei-
chen der Schwäche sein“, sagte
der baden-württembergische
SPD-Chef Andreas Stoch dem
„Focus“. Seine Partei müsse auf-
passen, nicht als führungslos
wahrgenommen zu werden. Sach-
sens Landeschef Martin Dulig ist
ebenfalls unzufrieden. „Wir kön-
nen uns keine Hängepartie mehr
leisten“, sagte er dem „Spiegel“.
Um Vorsitzender der SPD zu wer-
den, brauche man Ideen und ein
gewisses Standing. Er erwarte,
dass sich in den kommenden Ta-
gen noch aussichtsreiche Kandi-
daten melden: „Sonst ist der Reiz
des neuen Formats verflogen, und
es wird grotesk.“
Generalsekretär Lars Klingbeil,
einer der geistigen Väter der Kan-
didatensuche, verweist darauf,
dass die Frist für Bewerbungen
noch bis zum 1. September laufe.
Bis dahin werden sich schon noch
namhafte Persönlichkeiten mel-
den, so ist das zu verstehen. Aus
der ersten Reihe gehandelt wer-
den neben Weil noch Außenmi-
nister Heiko Maas, Familienmi-
nisterin Franziska Giffey, Nieder-
sachsens Innenminister Boris Pis-
torius und Klingbeil selbst. Poli-
tikwissenschaftler Jun hält es für
nachvollziehbar, dass diese etwas
prominenteren Anwärter sich Be-
denkzeit nehmen.
PICTURE ALLIANCE/ OLIVER BERG/
DPA
Integrationspolitikerin Serap Güler ruft
nach den Tumulten im Düsseldorfer
Rheinbad zum „Wertedialog“ auf.
Zuwanderer müssten besser ins deutsche
Wertesystem integriert werden
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