Frankfurter Allgemeine Zeitung - 08.08.2019

(Joyce) #1

SEITE 16·DONNERSTAG, 8. AUGUST 2019·NR. 182 Wirtschaft FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


bth.FRANKFURT, 7. August. In der Vi-
deospielbranche leisten viele Gründer
Pionierarbeit für die Digitalwirtschaft in
Deutschland – doch ein Jobmotor ist die
Branche bislang nicht. So zumindest las-
sen sich die neuesten Beschäftigtenzah-
len interpretieren, die der Branchenver-
band Game am Mittwoch veröffentlich-
te. Mehr Menschen in Deutschland grün-
den demnach kleine Entwicklungsstu-
dios für Spiele, doch insgesamt wurden
mehr Arbeitsplätze abgebaut als neue da-
zukamen. Insgesamt gibt es zurzeit 614
Unternehmen in Deutschland, die Video-
spiele entwickeln oder veröffentlichen.
Das sind 90 mehr als vor einem Jahr.
Auch der Markt wächst weiter: Von 2017
auf 2018 legten die Umsätze mit Video-
spielen und der dazugehörigen Hard-
ware um 9 Prozent zu und summierten
sich auf knapp 4,4 Milliarden Euro.
Doch laut Game ist der Zuwachs an Un-
ternehmen vor allem auf Gründungen
kleiner Entwicklungsstudios mit weni-
ger als fünf Mitarbeitern zurückzufüh-
ren. „Der weitere Rückgang der Beschäf-
tigtenzahlen zeigt, wie groß der wirt-
schaftliche Druck auf Games-Unterneh-
men in Deutschland ist“, sagte Felix
Falk, Geschäftsführer des Verbands.
„Der Grund liegt darin, dass nur wenige
der in Deutschland gespielten Games
auch hierzulande entwickelt werden.“

Die Quote, die Spiele deutscher Entwick-
ler auf ihrem Heimatmarkt haben, liegt
nach den letzten verfügbaren Zahlen
von 2017 bei nur 5,4 Prozent – Tendenz
weiter sinkend.
Game fordert deshalb schon lange
eine staatliche Förderung der Videospiel-
entwicklung in Deutschland. Frankreich
zum Beispiel beschloss eine solche Sub-
ventionierung zum ersten Mal schon


  1. Das mag mit dazu beigetragen ha-
    ben, dass der größte Videospielkonzern
    Europas, Ubisoft, aus Frankreich
    kommt. Der Konzern aus Montreuil
    nördlich von Paris führt bekannte Titel
    wie die „Assassin’s Creed“- und die
    „Anno“-Reihen in seinem Portfolio und
    ist mit einem Umsatz von gut 1,8 Milliar-
    den Euro auch der einzige aus Europa,
    der in der Liga der großen Videospielpro-
    duzenten der Welt wie Nintendo (Ja-
    pan), Activision Blizzard und Electronic
    Arts (beide Vereinigte Staaten) mitspie-
    len kann. Mehrere bekannte deutsche
    Studios kaufte Ubisoft in den vergange-
    nen Jahren auf. Die Bundesregierung rea-
    gierte im vergangenen Jahr auf das fort-
    gesetzte Werben der Branche und stellte
    im Bundeshaushalt 2019 erstmals 50 Mil-
    lionen Euro zur Förderung der Video-
    spielbranche bereit. Im Haushaltsent-
    wurf für das kommende Jahr fehlen die-
    se Mittel nun allerdings wieder.


che.SINGAPUR, 7. August. Während
der Handelsstreit zwischen Amerika
und China weiterkocht, schlossen fast
50 Staaten unter dem Dach der Verein-
ten Nationen ein Abkommen zur Me-
diation kommerzieller Streitigkeiten.
Auch Amerika und China zählen zu
den Erstunterzeichnern der Singapur-
Konvention. Am Mittwoch haben 46
Länder den Vertrag im südostasiati-
schen Stadtstaat unterschrieben; die
Europäische Union (EU) muss erst
noch entscheiden, ob sie als Ganzes
mitmacht oder ob Mitgliedsländer ein-
zeln beitreten. Die Unterzeichner ha-
ben sich verpflichtet, dafür Sorge zu tra-
gen, dass während einer Mediation er-
zielte Übereinkommen von ihren jewei-
ligen Gerichten auch umgesetzt wer-
den. „Heute ist eine Gruppe von Län-
dern zusammengekommen, um sich
abermals auf den Multilateralismus zu
verpflichten und zu erklären, dass wir
offen sind für Geschäftsverkehr, vorbe-
reitet sind auf verpflichtende Abkom-
men und darauf, unsere Verbindungen
zu erhalten“, sagte Singapurs Minister-
präsident Lee Hsien Loong. Bislang
konnten Ergebnisse solcher Vermittlun-
gen nicht über Grenzen hinweg durch-
gesetzt werden. Lee warnte davor, dass
langwierige grenzüberschreitende Kon-
flikte das Geschäft von Unternehmen
ernsthaft belasten, ihren Ruf schädi-
gen, ihren Aktienkurs drücken und es
erschweren könnten, Kapital aufzuneh-
men.
Die Konvention wird dann greifen,
wenn mindestens drei Staaten sie ratifi-
ziert haben. Die Regierungen erhoffen
sich ein schnelleres und kostengünstige-
res Beilegen tiefgreifender Konflikte.
Prozesse und Schiedssprüche nehmen
in der Regel mehr Zeit in Anspruch und
können sehr teuer werden. Mit der nach
ihm benannten Konvention empfiehlt
sich der reiche, strikte Stadtstaat wieder
einmal als internationaler Vermittler.
2018 richtete er das erste Treffen zwi-
schen Amerikas Präsident Donald
Trump und Nordkoreas Diktator Kim
Jong-un aus. Die Tropeninsel, die mehr
als andere unter dem Handelskonflikt
leidet, erhofft sich durch das UN-Ab-
kommen eine höhere Bedeutung und
mehr Geschäft. Deshalb trieben ihre
Spitzenbeamten das Abkommen auf in-
ternationaler Bühne über drei Jahre vor-
an. Singapur hat inzwischen ein eigenes
Gebäude für Mediationen eingerichtet.

PARIS, 7. August. Es soll ein Instrument
für eine europäische Machtdemonstrati-
on sein, doch demonstriert es jetzt eher
Europas Machtlosigkeit? Mit der Zweck-
gesellschaft Instex („Instrument In Sup-
port of Trade Exchanges“) wollen die
drei Länder Deutschland, Frankreich
und Großbritannien zeigen, dass sie den
europäisch-iranischen Handel auch un-
ter amerikanischen Sanktionsdrohungen
am Leben halten können. Immer wieder
haben Politiker wie der deutsche Außen-
minister Heiko Maas und der französi-
sche Finanzminister Bruno Le Maire die
Bedeutung von Instex betont. Man arbei-
te „mit Hochdruck“ an den Voraussetzun-
gen für die Abwicklung der ersten Trans-
aktionen“, wird im Auswärtigen Amt ver-
sichert. „Interesse seitens der Wirtschaft
ist vorhanden.“ Anfang Juli hatte Le
Maire „für die kommenden Tage“ die ers-
ten Geschäftsabschlüsse angekündigt.
Doch mehr als ein halbes Jahr nach der
Instex-Gründung lassen diese immer
noch auf sich warten.
Das Thema wird von den Regierungen
wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Offi-
ziell bekanntgeworden ist jetzt nur, dass
der Leiter der in Paris ansässigen Gesell-
schaft, der ehemalige Commerzbank-Ma-
nager Per Fischer, nach sechs Monaten
seinen Vertrag nicht verlängert hat. An-
fang August folgte auf ihn der 71 Jahre
alte Botschafter a. D. Bernd Erbel. Der
gelernte Jurist und Orientalist, der unter
anderem auch Botschafter in Teheran
war, gilt als Kenner der Region.
Weder er noch sein Vorgänger nehmen
derzeit Stellung. In der angespannten
Iran-Politik will sich keiner aus dem Fens-
ter hängen. Donald Trump hat im vergan-
genen Jahr das Atomabkommen mit Te-
heran gekündigt und Sanktionen wieder
in Kraft gesetzt. Diese können fast alle
Unternehmen treffen, die mit Iran Han-
del treiben. Die Europäer verweigerten
den Amerikanern die Gefolgschaft und
riefen im Januar Instex ins Leben. Dass
die Geschäfte mit Iran auf einen Bruch-


teil zusammenschrumpften, konnten sie
aber nicht verhindern. Größere Banken
und Unternehmen sind fast immer auch
in den Vereinigten Staaten tätig und
fürchten amerikanische Vergeltungsak-
tionen. Das internationale Zahlungssys-
tem Swift hat sich auch zurückgezogen.
„Instex hat bisher keinerlei praktische
Auswirkung auf den deutsch-iranischen
oder europäisch-iranischen Handel“, be-
dauert Michael Tockuss, geschäftsführen-
des Vorstandsmitglied der Deutsch-Irani-
schen Handelskammer in Hamburg.
Derweil ist der Aufbau der Zweckge-
sellschaft abgeschlossen. In Paris wurde
eine Reihe von Fachkräften eingestellt.
Die Idee dahinter ist interessant: Die eu-
ropäischen Regierungen wollen eine Art
bilateralen Barter-Handel aufziehen. Ver-
käufe Irans nach Europa sollen mit Käu-

fen Irans in Europa wie bei einer Tausch-
börse verrechnet werden. Die amerikani-
sche Währung muss so nicht eingesetzt
werden. Verkauft ein europäisches Phar-
maunternehmen etwa Medikamente
nach Iran, wird es mit Mitteln bezahlt,
die Iran aus dem Verkauf von Nahrungs-
mitteln nach Europa erhalten hat. In Iran
ist eine Spiegel-Organisation zu Instex
aufgebaut worden.
Allerdings wollen die Europäer die
Vereinigten Staaten nicht komplett vor
den Kopf stoßen. So haben Berlin, Paris
und London beschlossen, dass Instex „zu-
nächst“ nur Warengeschäfte abwickeln
soll, die innerhalb des jüngsten amerika-
nischen Sanktionsregimes ohnehin er-
laubt sind – vor allem solche mit Arznei-
mitteln, Medizinprodukten, Lebensmit-
teln und Agrargütern. Doch wofür

braucht man Instex, wenn es ohnehin
nur die autorisierten Geschäfte abdeckt?
„Viele Unternehmen halten sich stärker
zurück, als erforderlich wäre. Sie überer-
füllen die Vorschriften“, heißt es in deut-
schen Regierungskreisen.
Eine der Anfangsideen, dass Instex ein
Instrument zur Umgehung der amerikani-
schen Sanktionen sein solle, wurde
schnell begraben. Damit offenbart sich
aber eine große Schwäche des Modells:
Europa hat viel zu exportieren, Iran aber
nicht, solange die Ölausfuhr des Landes
nicht einbezogen wird. Politiker in Tehe-
ran fordern, dass die Europäer auch irani-
sches Öl akzeptieren, doch dazu ist Euro-
pa derzeit nicht bereit. „Weil Iran unter
diesen Bedingungen quasi nur Pistazien,
Teppiche oder Trockenfrüchte zu bieten
hat, kommt man da nicht weit“, sagt der

Handelskammer-Chef Tockuss. So prüft
Instex dem Vernehmen nach jetzt ein
neues System: Die Zweckgesellschaft
will als Factoring-Einrichtung in den Auf-
kauf von Forderungen einsteigen. Instex
könnte zum Beispiel Rechnungen eines
europäischen Exportunternehmens für
den Preis von 95 Prozent der ausgeführ-
ten Ware aufkaufen, unter Umständen
auch schon vor Ausführung der Transak-
tion, womit Instex auch einen Finanzie-
rungsmechanismus für den Außenhan-
del bieten würde. Das würde Instex das
komplizierte Suchen nach Bartergeschäf-
ten ersparen. Auf iranischer Seite könnte
das Gleiche in umgekehrter Richtung
stattfinden.
Wenn den Forderungsaufkauf aller-
dings viele Unternehmen in Anspruch
nehmen, müsste Instex mit erheblichem
Kapital ausgestattet werden – eine heikle
Anforderung für die Regierungen. Die
Frage der Wettbewerbsfähigkeit stellt
sich obendrein. Heute schon gebe es Un-
ternehmen in seinem Mitgliederkreis,
die Forderungen für 4 Prozent aufkauf-
ten, berichtet Handelskammer-Chef To-
ckuss – ein Prozentpunkt weniger als Ins-
tex unter Umständen verlangen werde.
Nur kleinere Privatbanken, Volksban-
ken und Kreissparkassen sind derzeit als
Finanzierer von Iran-Geschäften aktiv.
Für einen nennenswerten Handelsaus-
tausch reicht dies nicht. Wenn eine staat-
liche Einrichtung wie Instex den Forde-
rungsbegleich garantiere, könne sich das
Bild dagegen wandeln, lautet die Hoff-
nung.
Bei den Instex-Gründern freut man
sich auch darüber, dass acht weitere euro-
päische Regierungen ihre Mitarbeit zuge-
sichert haben. Andere Stolpersteine sind
dafür nach wie vor da: So hat die irani-
sche Regierung die internationalen Vor-
schriften gegen Terrorismus-Finanzie-
rung und Geldwäsche (FATF-Aktions-
plan) nur ansatzweise ratifiziert. In Tehe-
ran erheben sich schon Stimmen, die die-
se Bedingung als Knebelung sehen. Wie
überhaupt radikalere Kräfte auch einen
Ausstieg Irans aus dem Atomabkommen
verlangen.
Die Zeit drängt. „Die Exporte Irans
sind auf weniger als die Hälfte des Ni-
veaus vor anderthalb Jahren gefallen.
Wenn sie weiter sinken, ist das eine exis-
tentielle Gefahr für Iran“, sagte der frühe-
re Botschafter Erbel Mitte Juli dem Inter-
net-Sender KenFM. Ein Folge könnte
sein, dass „die Revolutionsgarden dann
alles fest in den Griff nehmen“.

enn.BERLIN, 7. August. Saarländern
geht es im Alter finanziell besser als Rent-
nern in anderen Bundesländern. Das
zeigt der Rentenatlas der Deutschen Ren-
tenversicherung Bund. Nach dieser Über-
sicht bezogen die Bewohner des Saarlan-
des nach mindestens 35 Jahren Versiche-
rungszeit im Durchschnitt 1343 Euro mo-
natlich. Die Auszahlungen lagen damit –
Stand Ende 2018 – deutlich über dem Län-
der-Durchschnitt von 1219 Euro. Fast ge-
nauso gut versorgt sind die Rentner in
Nordrhein-Westfalen, die im Durch-
schnitt 1323 Euro monatlich erhielten.
Am Ende dieser Statistik liegen alle ost-
deutschen Länder, ganz hinten Thürin-
gen mit 1102 Euro nach 35 Versicherungs-
jahren. In diesem Betrag sind Sozialbeiträ-
ge, also Krankenversicherung und Pflege-
versicherung, schon abgezogen. Noch
nicht berücksichtigt ist die Steuer.
Deutliche Unterschiede zeigt die Statis-
tik bei den Altersbezügen von Frauen und
Männern. Während den Männern nach
der Berufstätigkeit im Schnitt 1362 Euro
ausgezahlt wurden, bekamen Frauen nur
991 Euro. Ganz oben in der Männer-
Rangliste finden sich auch hier Nord-
rhein-Westfalen mit 1467 Euro und das
Saarland mit 1452 Euro. Die Rentenversi-
cherung liefert die Begründung: Hier ar-
beiteten viele Männer früher in gut be-
zahlten Jobs im Bergbau, sie erhalten des-
halb heute vergleichsweise hohe Renten.
Die thüringischen Männer beziehen im
Durchschnitt 1225 Euro, etwas mehr als
die Mecklenburger mit 1214 Euro.
Gemessen an den anderen neuen Län-
dern erhielten Rentner im Ostteil Berlin
mit 1355 Euro recht hohe Bezüge. Das
führt die Rentenversicherung auf den rela-


tiv hohen Anteil von Rentnern mit An-
sprüchen aus ehemaligen Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen der DDR zu-
rück. Bei den Frauen stehen die Ost-Berli-
nerinnen sogar an der Spitze. Sie beka-
men im Durchschnitt über ganz Deutsch-
land gesehen mit 1121 Euro die höchsten
Renten. Auf mehr als 1000 Euro Zahlbe-
trag kommen die Rentnerinnen im West-

teil Berlins, in Brandenburg, Hamburg,
Hessen und Nordrhein-Westfalen. Am
Ende liegen die Niedersächsinnen mit
961 Euro. Die Rentenversicherung weist
darauf hin, dass die Differenz zwischen
den Geschlechtern im Osten geringer aus-
fällt als im Westen. Der wichtigste
Grund: Frauen im Osten waren viel selte-
ner nur in Teilzeit beschäftigt als im Wes-

ten. Dadurch sind in Ostdeutschland die
Einkommensunterschiede zwischen Män-
nern und Frauen geringer als im Westen.
Die Daten der Rentenversicherung nach
35 Jahren Versicherungszeit sparen die
sehr niedrigen Renten von Hausfrauen,
Selbständigen und Beamten aus, die nur
kurz in die Rentenkasse eingezahlt ha-
ben.

sju.FRANKFURT, 7. August. Die Tal-
fahrt der deutschen Industrie setzt sich
fort. Nachdem die Produktion von Indus-
triebetrieben, Baugewerbe und Energie-
erzeugern im Mai noch leicht zugenom-
men hatte, zeigte sich im Juni wieder
eine deutliche Drosselung: Im Vergleich
zum Vormonat sank die Produktion um
1,5 Prozent. Dies teilte das Statistische
Bundesamt am Dienstag mit. Im Ver-
gleich zum Vorjahresmonat beläuft sich
das Minus auf 5,2 Prozent – der stärkste
Rückgang seit der Finanzkrise im Jahr


  1. In der Quartalsbetrachtung ergibt
    sich für die Monate April bis Juni ein
    Rückgang um insgesamt 1,8 Prozent im
    Vergleich zum Durchschnitt der ersten
    drei Monate.
    Die Commerzbank rechnet in naher
    Zukunft nicht mit einer Trendwende und
    sieht die Industrie weiter als „Schwach-
    punkt der deutschen Konjunktur“. Trotz
    des am Dienstag vermeldeten Zuwach-
    ses beim Auftragseingang geht das Geld-
    institut davon aus, dass sich der Abwärts-
    trend der Produktion auch in den kom-
    menden Monaten fortsetzen wird. Zu-
    mal das Auftragsplus im Juni zwei spe-
    ziellen Faktoren geschuldet ist: außerge-
    wöhnlich vielen Großaufträgen sowie


Bestellungen von Kunden außerhalb der
Eurozone, wohingegen die Nachfrage
aus dem Inland und dem Euroraum aber-
mals gesunken ist.
Auf ein weiteres Schrumpfen der In-
dustrieproduktion deutet auch die Kon-
junkturumfrage des Ifo-Instituts hin. Die
Erwartungen der deutschen Industrieun-
ternehmen sind so schlecht wie seit 2012
nicht mehr. So gibt die Mehrheit der Un-
ternehmen an, ihre Produktion in den
kommenden drei Monaten zurückfahren
zu wollen. „Die Aussichten für die deut-
sche Industrie sind derzeit alles andere
als rosig“, sagte Robert Lehmann, Kon-
junkturfachmann am Ifo-Institut. Ein
Ende der Rezession in der deutschen In-
dustrie sei derzeit nicht in Sicht, so der
Ökonom. Besonders pessimistisch bli-
cken die deutschen Maschinenbauer in
die Zukunft. Sie leiden unter der Krise
im Automobilsektor, die weiter anhält.
Globale Handelskonflikte, die schwä-
chelnde Weltkonjunktur und geopoliti-
sche Spannungen oder der Brexit belas-
ten die exportabhängige deutsche Wirt-
schaft. Die meisten Ökonomen erwarten
für das zweite Quartal daher ein Null-
wachstum des deutschen Bruttoinlands-
produkts.

Videospielbranchebaut Stellen ab


Viele kleine Entwicklerstudios / Ruf nach Subventionen


dc.BERLIN, 7. August. Die Finanz- und
Wirtschaftskrise hat vor zehn Jahren für
einen starken Anstieg der Jugendarbeitslo-
sigkeit in Europa gesorgt, allen voran in
Spanien, Griechenland und Italien: Im
Durchschnitt der Eurozone erreichte die
Arbeitslosenquote unter jüngeren Men-
schen im Jahr 2013 einen Höchststand
von 24 Prozent, in den drei Ländern wur-
den gar zwischen 43 und 58 Prozent ge-
messen. Inzwischen sind die Quoten dort
zwar wieder ein Stück gesunken, sie liegen
in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren
aber noch immer zwischen 30 und 40 Pro-
zent, wie das europäische Statistikamt Eu-
rostat für 2018 ausweist. In der Eurozone
insgesamt sind es 17 Prozent.
Allerdings warnt nun eine Analyse des
arbeitgebernahen Instituts der deutschen


Wirtschaft (IW) davor, Bewertungen der
Arbeitsmarktlage Jugendlicher zu sehr auf
die Messgröße Arbeitslosenquote zu stüt-
zen. Dies könne zu Fehlschlüssen führen,
denn neben objektiven Erschwernissen
für jüngere Arbeitssuchende gebe es „rein
statistische Gründe für die überproportio-
nal hohe Arbeitslosenquote junger Men-
schen“, erklärt Forscher Holger Schäfer.
Tatsächlich bedeutet eine Quote von 50
Prozent nicht, dass die Hälfte aller Jugend-
lichen arbeitslos ist. Denn die Arbeitslo-
senquote berücksichtigt nur Menschen,
die sich entweder als Arbeitnehmer oder
als Arbeitslose auf dem Arbeitsmarkt be-
wegen. Gerade unter jungen Menschen ist
das aber oft nur ein Bruchteil der Alters-
gruppe, da sie Schüler, Studenten und Aus-
zubildende von vornherein ausklammert.

Wenn sich etwa zwei Drittel der Jugendli-
chen im Bildungssystem befinden, gibt die
Arbeitslosenquote also höchstens den Pro-
zentsatz der Arbeitslosen für das übrige
Drittel der Jugendlichen an. Außerdem,
warnt Schäfer, entstehe damit eine „quali-
fikatorische Verzerrung“: Wer schon in
die Arbeitslosenquote einfließt, weil er in
jungen Jahren das Bildungssystem verlas-
sen hat, ist meist schlechter qualifiziert –
und damit nicht repräsentativ für die Ar-
beitsmarktchancen seiner Altersgruppe.
Zu Recht, erläutert Schäfer, rücke die
Wissenschaft daher eine andere Messgrö-
ße in den Vordergrund: die sogenannte
Neet-Quote. Im Gegensatz zur Arbeitslo-
senquote bezieht sie sich auf die Gesamt-
heit der jungen Menschen in einem Land
und gibt an, welcher Prozentsatz weder im

Bildungssystem noch in Arbeit ist („Neet“
für „not in employment or education“).
Vergleicht man beide Größen für die
Gruppe der 15- bis 24-Jährigen in den drei
Euro-Krisenländern, zeigen sich auffälli-
ge Unterschiede – die für eine zielgenaue
Politik gegen Perspektivlosigkeit unter Ju-
gendlichen durchaus bedeutsam sind: Ge-
messen an der Jugend-Arbeitslosenquote
stand Italien mit 32,2 Prozent auch 2018
etwas besser da als Spanien (34,3) und
Griechenland (39,9). Anders die Neet-
Quote: Sie war 2018 in Italien mit 19,2 Pro-
zent die höchste in der EU. In Griechen-
land lag sie bei 14,1 Prozent, in Spanien
bei 12,4 Prozent. Und während der Anteil
der Jugendlichen, die weder arbeiten noch
lernen, in beiden Ländern seit 2013 deut-
lich gesunken ist, gilt das für Italien nicht.

46 Staaten einigen


sich auf Mediation


bei Streitigkeiten


Europa will den Handel mit Iran retten


Iran hat vor allem Teppiche, Pistazien und Öl zu bieten. Foto EPA


Im Süden Europas sinkt die Jugendarbeitslosigkeit


Junge Spanier und Griechen finden wieder häufiger Perspektiven / Doch die Statistik hat Tücken – wie Italien zeigt


Saarländer und Rheinländer haben die höchsten Renten


Grund sind die einst guten Einkommen im Bergbau / Markante Unterschiede zwischen Ost und West


Industrie im Abschwung


Unternehmen drosseln abermals ihre Produktion


Deutschland, Frankreich und


Großbritannien versuchten,


mit der Zweckgesellschaft


Instex den Handel mit Iran


aufrecht zu erhalten. Das hat


nicht funktioniert. Nun sollen


ein neuer Leiter und ein


anderes Geschäftsmodell her.


Von Christian Schubert


Die Höhe der Altersbezüge

1) Nach Abzug der Sozialbeiträge, vor Abzug der Steuern; Stand 2018.

Durchschnittliche monatliche Auszahlung (in Euro) nach mindestens 35 Versicherungsjahren1)

Deutscher DurchschnittMännerFrauen

Männer Frauen

Saarland 1452 996

Nordrhein-Westfalen 1467 1009

Hamburg 1432 1076

Hessen 1406 1011

Baden-Württemberg 1433 980

Rheinland-Pfalz 1366 966

Schleswig-Holstein 1373 990

Berlin-Ost 1355 1121

Bremen 1368 989

Niedersachsen 1362 961
Bayern 1349 969
Berlin-West 1333 1036
Brandenburg 1260 1014
Sachsen 1252 979

Bruttorente Mecklenburg-Vorpommern 1214 997

Auszahlung

Sachsen-Anhalt 1235 974
Thüringen 1225 971

Monatliche Auszahlung (in Euro)
an Männer und Frauen
nach Bundesland1)

Quelle: Deutsche Rentenversicherung / F.A.Z.-Grafik Brocker

Hessen

Nordrhein-Westfalen

Bayern

West-
Berlin

Ost-
Berlin

Bremen

Baden-
Württemberg

Niedersachsen

Rheinland-
Pfalz

Saarland

Thüringen Sachsen

Schleswig-
Holstein
Mecklenburg-
Vorpommern

Sachsen-Anhalt Brandenburg

Hamburg

1275

1323

1209

1194 1244

1234

1265

1234

1247

1343

1102 1119

1246
1113 1219

1362

991

1360 1520 1106

1110 1145

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