Frankfurter Allgemeine Zeitung - 08.08.2019

(Joyce) #1

SEITE 20·DONNERSTAG, 8. AUGUST 2019·NR. 182 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


A


ls sie erfahren habe, dass sie
Drillinge bekomme, sagt Britta
Seeger, habe sie das erste Mal
im Leben zugeben müssen, dass
sie keine Ahnung habe, wie sie das alles
wohl bewältigen werde. Die Drillinge
sind heute 17 Jahre alt, und Britta Seeger,
damals schon Mercedes-Managerin mit
Personalverantwortung, hat es in der Zwi-
schenzeit in den Vorstand des Daimler-
Konzerns geschafft. Ihr Rezept lautet:
Nehmen, was kommt, und das Beste aus
jeder Situation machen.
Noch schien alles in Butter, als Britta
Seeger im Konzernvorstand die Verant-
wortung für den Vertrieb der Autos der
Marke Mercedes übernahm. Damals im
Januar 2017 hatte die Stuttgarter Nobel-
marke gerade das geschafft, was lange
Jahre als das große Ziel galt: den Drei-
kampf mit BMW und Audi um die Spitze
in der Premiumklasse zu gewinnen. Der
Diesel-Skandal schien weit weg, ein Pro-
blem des Volkswagen-Konzerns und der
auf Privatkundschaft angewiesenen Klein-
wagen-Marken, aber nicht für eine Marke
wie Mercedes, die den größten Teil der
Autos an scharf kalkulierende Dienstwa-
gen-Fahrer verkauft. Es lief prima, und so
wurde Britta Seeger Monat für Monat mit
ebenso positiven wie belanglosen Äuße-
rungen zitiert, die zu den nahezu schon
Routine gewordenen Rekordmeldungen
von Mercedes passten.
Für diesen Juli gab es nun – für die Öf-
fentlichkeit völlig überraschend – wieder
einen Allzeitrekord zu vermelden, und
was sagt Britta Seeger dazu? „Ich freue
mich über die großartige Resonanz der
Kunden zu unseren neuen Kompaktwa-
gen und dass sich die verbesserte Fahr-
zeugverfügbarkeit bei unseren neuen
SUVs bereits beim Absatz bemerkbar ge-
macht hat.“ Solch oberflächlich wirkende
Statements provozieren das Etikett „harm-
los“, und den gelegentlich geäußerten Ver-
dacht, Seeger sei eine Quotenfrau im Vor-
stand, hat sie seit ihrer Berufung jeden-
falls nicht durch markante strategische Äu-
ßerungen in der Öffentlichkeit widerlegt.
Zwischen der Rekordmeldung für die-
sen Juli und den früheren Jubelstatements
liegt freilich ein Jahr, das deutlich ge-
macht hat, dass Vertrieb selbst für eine
Marke wie Mercedes kein Selbstläufer ist.
Wenn viele Autos nicht verkauft werden
können, weil das Kraftfahrt-Bundesamt
die Zulassung wegen Abgas-Manipulati-
onsverdacht verweigert, wenn andere Mo-

delle gar nicht erst in ausreichendem Um-
fang produziert werden, weil es in der Lie-
ferkette hakt, und wenn die tatsächlich ver-
kauften Autos zwar renditestark sind,
aber die CO 2 -Ziele in weitere Ferne rü-
cken lassen, dann sind das wahrscheinlich
genau die Situationen, in denen Seegers
Pragmatismus für eine gewisse Ruhe im
Team sorgt. 30 000 Frauen und Männer
sind es, für die sie die Richtung vorgibt.
Schnell zu entscheiden ist ihr wichtig,
schnell umzusetzen ebenso. Aber auch zu-
hören will sie, wenn jemand den Weg
nicht mitgehen will. Ihre Tür stehe jedem
offen, lautet die Ansage. Authentisch wol-
le sie sein, erklärt sie selbst gern, unge-
niert schwäbelnd, wenn es gerade passt.
Ihre Aufgabe sieht sie als Schnittstelle zwi-
schen dem Unternehmen und den Kun-
den, was sie gelegentlich veranlasst, inko-
gnito in einem Mercedes-Verkaufsraum
zu belauschen, was dort so gesprochen
wird. Für eine Mannschaft, die den Kun-
den immer noch „Das Beste oder nichts“

verspricht, ist es nicht immer ganz einfach
zu akzeptieren, dass die Kunden manch-
mal ein anderes Urteil über „Das Beste“
haben als die Ingenieure in Stuttgart.
Die mittlerweile knapp 50 Jahre alt See-
ger dagegen registriert aufmerksam, was
wirklich in der Kundschaft vorgeht und
passt die Vertriebsmethoden entspre-
chend an. So gehört Mercedes zu den ers-
ten Marken, die eine Art Flatrate testen:
Bis zu zwölfmal im Jahr können die Kun-
den sich ein jeweils anderes Mercedes-Mo-
dell ausleihen; Versicherung, Wartung
und Reparaturen sind dann schon gere-
gelt. Auch den Online-Handel hat Seeger
in Angriff genommen, in der vollen Über-
zeugung, dass Menschen, die bei einem
Glas Rotwein auf der eigenen Couch ihre
nächste S-Klasse übers Internet bestellen,
trotzdem vorher ein Autohaus besuchen
werden.
Vertrieb hat Seeger von der Pike auf ge-
lernt. Aufgewachsen im Speckgürtel von
Stuttgart, fing sie nach dem Abitur bei

Mercedes ein duales Studium als Betriebs-
wirtin an und machte dann Schritt um
Schritt Karriere in Vertrieb und Marke-
ting, bis hin zu den für Top-Führungskräf-
te unerlässlichen Auslandsstationen. Im
Jahr 2013 schickte man sie nach Korea,
zwei Jahre später in die Türkei, wo es –
mitten in turbulenten Zeiten – nicht nur
den Vertrieb, sondern auch die Produkti-
on von Lastwagen und Bussen zu verant-
worten galt. „In Korea mussten wir Wachs-
tum meistern, in der Türkei die Krise im
Land. Beides schweißt ein Team zusam-
men“, kommentierte sie rückblickend.
Jetzt gerade hat Britta Seeger wieder
einen Rekordmonat hinter sich als Ver-
triebsfrau. Aber nach allem, was abseh-
bar ist, liegt vor ihr eine große Krise, die
es zwischen Handelskrieg, Klimawandel
und neuer Mobilität schwieriger werden
lässt, weitere Verkaufsrekorde aufzustel-
len. Auch das, so wird sie eines Tages sa-
gen, schweißt das Team zusammen.
SUSANNE PREUSS

Mehr als Daimlers Quotenfrau

I


m Vorstand der Bundesagentur für Ar-
beit ist eine Stelle zu besetzen. Denn
im Juli hatte der Verwaltungsrat der Nürn-
berger Behörde die bisherige Finanz- und
Personalchefin, die 47 Jahre alte Juristin
Valerie Holsboer, unter holprigen Um-
ständen aus dem Amt gedrängt. Nun gibt
es einen Fahrplan für die Nachfolge – und
auch eine offizielle Kandidatin: Christia-
ne Schönefeld, die seit 2004 die Regional-
direktion Nordrhein-Westfalen der Bun-
desagentur leitet, soll auf Vorschlag der
Arbeitgebervertreter im Verwaltungsrat
den Vorstandsposten übernehmen. Auf ei-
ner für den 29. August anberaumten Son-
dersitzung wolle das Gremium die Perso-
nalie beschließen, teilte die Bundesagen-
tur am Mittwoch mit.
Dass es auf die 62 Jahre alte Juristin
aus dem Westen zulaufen würde, hatte
sich in dem Gerangel schon frühzeitig ab-
gezeichnet. Schon im Juni, als über Hols-
boers Abberufung noch gar nicht entschie-
den war, wurde Schönefeld im Umfeld
der Bundesagentur als mögliche Nachfol-
gerin genannt (F.A.Z. vom 11. Juni). Aus-
löser des Personalstreits war ein Zerwürf-
nis zwischen den Arbeitgebern und Hols-
boer, die auf deren Vorschlag hin 2017 in
den Vorstand eingezogen war, aber offen-

bar die Erwartungen ihrer einstigen Un-
terstützer nicht erfüllte. Am Ende stimm-
ten im Verwaltungsrat die je sieben Ar-
beitgeber- und Gewerkschaftsvertreter ge-
gen die sieben Vertreter der öffentlichen
Hand für Holsboers Abberufung.
Wenig deutet indes darauf hin, dass die
designierte Nachfolgerin aus Düsseldorf

dabei aus eigenen Karrieremotiven mitge-
mischt hat. Schönefeld selbst weist darauf
hin, dass ihre Amtszeit allein schon alters-
bedingt begrenzt sein werde. Von Hols-
boer, die zuvor mehrere Arbeitgeberver-
bände geleitet hatte, unterscheidet sie
sich indes gerade durch eine besonders
langjährige Erfahrung in der Arbeitsver-

waltung. Nach dem Jurastudium in Köln
widmete sie seit 1986 ihr ganzes Berufsle-
ben der Bundesanstalt (später: Bundes-
agentur) für Arbeit. Und schon darin dürf-
ten nun viele Beteiligte eine herausragen-
de Eigenschaft sehen, weil sie nach den
jüngsten Querelen Stabilität verspricht.
Von 1995 an leitete Schönefeld das Ar-
beitsamt Duisburg. 1999 wurde sie Vize-
präsidentin des Landesarbeitsamts und –
mit dem Verwaltungsumbau durch die
Hartz-Reformen – schließlich Chefin der
daraus hervorgegangenen Regionaldirek-
tion. Entsprechend deutlich tritt sie nun
dem Verdacht entgegen, keine Reformerin
zu sein. Sie spricht von einer neuen „gro-
ßen Transformation“ der Bundesagentur,
die angesichts der veränderten Arbeits-
marktverhältnisse – Digitalisierung und
Fachkräftemangel statt Massenarbeitslo-
sigkeit – nötig sei.
Nach der Nominierung durch den Ver-
waltungsrat benötigt die designierte Vor-
standsfrau noch die Zustimmung der Bun-
desregierung. Das dürfte aber Formsache
sein, da sie erst kürzlich als Ratgeberin
im Regierungsauftrag tätig war: Als Fach-
frau für Arbeitsmarktpolitik im Struktur-
wandel gehörte Schönefeld der Kommissi-
on für den geplanten Ausstieg aus der
Kohleverstromung an. dc.

Elring-Klinger unter Druck
Ein Verlust und die schwache Autokon-
junktur haben den Aktienkurs des Zuliefe-
rers Elring-Klinger am Mittwoch belastet.
Der Kurs sank bis Handelsschluss um
rund 3,3 Prozent auf 4,75 Euro. Das Un-
ternehmen kündigte an, die Kosten wei-
ter zu senken. Ein großangelegter Perso-
nalabbau ist aber nicht geplant. Von April
bis Juni verbuchte der Zulieferer einen
Verlust von 8,6 Millionen Euro, nach ei-
nem Gewinn von 8,5 Millionen Euro ein
Jahr zuvor. ols.

Softbank übertrifft Erwartungen
Der japanische Technologieinvestor Soft-
bank hat zwar weniger Gewinn verbucht,
die Analystenschätzungen aber übertrof-
fen. Zwischen April und Juni sank das Be-
triebsergebnis um 3,7 Prozent auf 688,
Milliarden Yen (5,8 Milliarden Euro).
Analysten hatten nur mit 336 Milliarden

Yen gerechnet. Als Grund für den mode-
raten Ergebnisrückgang nannte der Vor-
stand den sprunghaften Gewinnanstieg
des Beteiligungsfonds „Vision“. Reuters

Hapag Lloyd verdient mehr
Die Reederei Hapag Lloyd hat im ersten
Halbjahr dank höherer Transportmengen,
Kostenkontrolle und leicht verbesserter
Frachtraten deutlich mehr verdient. Das
operative Ergebnis (Ebit) stieg auf 389 Mil-
lionen Euro nach 91 Millionen vor Jahres-
frist. Netto verbuchte der Konzern einen
Gewinn von 146 Millionen Euro nach ei-
nem Minus von 101 Millionen. Der Um-
satz stieg auf 6,2 Milliarden Euro. Reuters

IT-Panne trifft British Airways
Tausende Passiere der Fluggesellschaft
British Airways(BA) konnten am Mitt-
woch wegen einer IT-Systempanne nicht
einchecken, und ihre Flüge wurden gestri-

chen. Betroffen waren vor allem die drei
Londoner Flughäfen Heathrow, Gatwick
und City Airport. Allein in Heathrow fie-
len fast 100 Flüge aus. Mehrere hundert
andere Maschinen waren verspätet. Viele
Passagiere reagierten verärgert über das
Chaos mitten in den Ferien. Das Unter-
nehmen äußerte sein Bedauern. „Wir ar-
beiten so schnell wie möglich, um das Sys-
temproblem zu lösen“, hieß es auf der BA-
Internetseite. ppl.

Ohne Interrail nach England
Großbritannien wird vom 1. Januar an
nicht mehr am Interrail- und Eurail-Pro-
gramm teilnehmen. Das teilte der Ver-
band der britischen Eisenbahngesellschaf-
ten Rail Delivery Group am Mittwoch
mit. Mit dem anstehenden Brexit habe die
Entscheidung nichts zu tun. Grund sei die
Auffassung, dass der landeseigene Brit-
rail-Pass die bessere Option für Reisende
sei, hieß es. dpa-AFX

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Christiane Schönefeld soll in den Vorstand der Arbeitsagentur aufrücken


Kurze Meldungen


Britta Seeger Foto Bloomberg


enn./magr. BERLIN/FRANKFURT,



  1. August. Das Bundesverkehrsminis-
    terium hat derzeit nicht die Absicht,
    die Promillegrenze für Fahrer von
    Elektrorollern zu verschärfen. Eine
    Sprecherin von Minister Andreas
    Scheuer (CSU) verwies am Mittwoch
    in Berlin darauf, dass für E-Scooter-
    Nutzer dieselben Alkoholgrenzwerte
    wie für Autofahrer gelten. Das Ministe-
    rium lehnte damit einen Vorstoß des
    SPD-Gesundheitspolitikers Karl Lau-
    terbach ab, der gefordert hatte, „für
    E-Scooter eine Null-Promille-Grenze
    zu prüfen, um gefährliche Kopfverlet-
    zungen zu vermeiden“. Die Unfallzah-
    len zeigten, dass die geltenden Promil-
    legrenzen nicht reichten. Die Verlei-
    her und der Verkehrsminister kümmer-
    ten sich zu wenig, äußerte Lauterbach
    auf dem Kurznachrichtendienst Twit-
    ter. Der Gesetzgeber sieht E-Roller als
    Kraftfahrzeuge an. Ordnungswidrig
    handelt derzeit, wer ein Kraftfahrzeug
    führt, obwohl er 0,5 Promille oder
    mehr Alkohol im Blut hat. Ihm drohen
    ein Bußgeld von mindestens 500 Euro,
    ein Monat Fahrverbot sowie zwei
    Punkte in Flensburg. Wer mit 1,1 Pro-
    mille oder mehr fährt, muss mit einer
    Geldstrafe und dem Entzug der Fahrer-
    laubnis rechnen.
    Nach der Kritik am Nutzungs- und
    Fahrverhalten von Elektrorollernut-
    zern reagieren Verleiher wie Circ und
    Tier derweil mit speziellen Sicherheits-
    trainings. Circ teilte mit, von sofort an
    in verschiedenen Stadtteilen von Ber-
    lin kostenlose Schulungen zu veranstal-
    ten. Dabei sollen die Teilnehmer ler-
    nen, wie sie sicher fahren und die Rol-
    ler nach der Nutzung regelkonform ab-
    stellen. Circ sei es wichtig, „dass sich
    unsere Nutzer verantwortungsbewusst
    verhalten – nicht nur für die Sicherheit
    der Fahrer, sondern auch für die Si-
    cherheit der Mitmenschen“, ließ sich
    Circ-Deutschland-Chef Max Hüsch zi-
    tieren. Der Verleiher Tier hat nach An-
    gaben eines Sprechers schon zum
    Marktstart in mehreren Städten Fahrt-
    rainings angeboten und will diese
    Schulungen regelmäßig fortsetzen.


D


er Dienstagabend wird Clemens
Tönnies im Gedächtnis bleiben.
Nach mehr als vier Stunden Sitzung
rang sich der Ehrenrat von Schalke 04
zu einer schmalen Erklärung durch.
Das Gremium hält die Rassismus-Vor-
würfe gegen den 63 Jahre alten Schal-
ke-Boss für unbegründet. Der Unter-
nehmer und bisherige Aufsichtsrats-
chef wiederum ließ erklären, sein Amt
„für einen Zeitraum von drei Monaten
ruhen zu lassen“. Danach wolle er sei-
ne Tätigkeit wiederaufnehmen. Beides
nahm der Ehrenrat zustimmend zur
Kenntnis. Für die enttäuschten Fans
verlagert sich das Problem „CT“ in den
Spätherbst, dann nämlich, wenn Tön-
nies seine Vakanz auf Schalke wieder
ausfüllt. Gestritten wird über die Frage:
Kann Tönnies überhaupt pausieren?
Die Vereinssatzung des „FC Gelsen-
kirchen-Schalke 04 e.V.“ sieht die Vari-
ante eben gerade nicht vor: Laut Para-
graph 7 könnte Tönnies als Aufsichts-
ratsvorsitzender ausscheiden oder
nach einem Beschluss mit Zweidrittel-
mehrheit im Gremium seines Amtes
enthoben werden. Allerdings: Eine aus-
drückliche Erwähnung dieser Möglich-
keit in der Satzung ist nach Einschät-
zung von Vereinsrechtlern nicht not-
wendig; das sei eine Gesetzeslücke.


Eine analoge Anwendung anderer
Normen sei nicht möglich, erklären An-
wälte im Gespräch mit dieser Zeitung.
Das zeigt: Tönnies war offenbar gut be-
raten und hat das Recht auf seiner Sei-
te. Auch ohne ihn bleibt der Aufsichts-
rat handlungs- und beschlussfähig.
Den Vorsitz wird sein Stellvertreter
Jens Buchta übernehmen, ein Wirt-
schaftsanwalt aus Düsseldorf.
Man habe Clemens Tönnies als „den
starken Mann“ im Verein nicht vor den
Kopf stoßen wollen, meint der Öko-
nom Günter Vornholz von der EBZ
Business School in Bochum. Auch er
hält das Vorgehen des Ehrenrats für
„mit der Satzung vereinbar“. Das Gre-
mium habe keinen Beschluss gefasst,
sondern den Vorschlägen von Tönnies
zugestimmt, erklärt Vornholz, selbst
langjähriges Mitglied im Schalke Sup-
porters Club. Sollte Tönnies tatsächlich
als Aufsichtsratsvorsitzender zurücktre-
ten, hätte dies seiner Ansicht nach kei-
ne großen negativen wirtschaftlichen
Folgen für Schalke 04. „Tönnies hat
mehrfach bekräftigt, dass er mit kei-
nem Cent in dem Verein investiert ist.“
Für die Ethikkommission des DFB
dagegen ist die Causa beileibe nicht aus-
gestanden. Das Gremium wird nach An-
gaben des Vorsitzenden Nikolaus
Schneider am 15. August beraten –
Sanktionen würden Tönnies aber nicht
drohen.
Genug Ärger hat der mit der eigenen
Familie. Vor knapp zwei Jahren hat der
größte Schlachtkonzern Europas seine
Strukturen neu geordnet, Clemens und
sein Neffe Robert legten dafür ihren
jahrelangen Streit bei. Nach jüngsten
Berichten der „Lebensmittel Zeitung“
hat Robert nun eine Klage vor einem
Schiedsgericht gegen seinen Onkel ein-
gereicht, in der Absicht, einen Verkauf
der Tönnies-Gruppe voranzutreiben:
Seiner Ansicht nach kann nur die Tren-
nung der zerrütteten Familienstämme
das Unternehmen noch retten. mj.


sup.STUTTGART,7. August. Noch
nie hat Mercedes in einem Juli so viele
Autos verkauft wie dieses Jahr. Knapp
189 000 verkaufte Autos vermeldet der
Konzern, das sind 12,7 Prozent mehr
als vor einem Jahr – und die Zuwächse
sind in allen wichtigen Regionen zwei-
stellig. Bei Daimler signalisiert man,
dass das keine Eintagsfliege sein soll.
„Der beste Juli aller Zeiten beim Ab-
satz von Mercedes-Benz bestätigt unse-
re positiven Erwartungen für die kom-
menden Monate“, kommentiert Britta
Seeger, die verantwortliche Daimler-
Vorständin, die Entwicklung.
Vor allem die Modelle der Kompakt-
klasse verkaufen sich aufgrund einiger
Neuheiten gut und haben im Juli für ein
Plus von knapp 30 Prozent gesorgt.
Aber auch in den renditeträchtigeren
Segmenten meldet Mercedes Erfolge:
10 Prozent mehr Absatz mit der C-Klas-
se, 11 Prozent mehr mit der E-Klasse,
und die noble S-Klasse-Limousine wur-
de sogar um fast 18 Prozent häufiger
verkauft als im Vorjahr. Regional fällt
mit 59 000 verkauften Mercedes-Autos
China mit einem Absatzplus von 13 Pro-
zent auf, obwohl der größte Automarkt
der Welt deutlich schwächelt. In
Deutschland hat Mercedes im Juli
26 000 Autos verkauft, 18 Prozent
mehr als im Vorjahr, in den Vereinigten
Staaten wurde ein Plus von knapp
23 Prozent auf 24 600 Autos registriert.
In absoluten Zahlen sind das Rekord-
verkäufe für Mercedes. Dass der An-
stieg so groß ist, beruht aber auch auf
einem Basiseffekt, denn im vorigen
Juli vermeldete Mercedes einen Absatz-
rückgang um 8 Prozent. So gab es im
vergangenen Sommer Schwierigkeiten
mit der Fahrzeugverfügbarkeit, nach-
dem in Amerika der Brand bei einem
Zulieferer zu Produktionsproblemen
geführt hatte. Für Absatzschwierigkei-
ten sorgten im vorigen Jahr auch Zulas-
sungsbeschränkungen wegen mögli-
cher Diesel-Abgasmanipulationen so-
wie die Abgaszertifizierung nach der
WLTP-Norm.

Für E-Scooter keine


Null-Promille-Grenze


Ruhepause von


Tönnies rechtlich


umstritten


Clemens Tönnies Foto dpa


Mercedes


meldet


Absatzrekord


Christiane Schönefeld Foto dpa


Britta Seeger ist für den


Vertrieb der wichtigen


Autosparte zuständig.


Ihr Pragmatismus hilft


ihr dabei auch durch


schwierige Zeiten.


MENSCHEN& WIRTSCHAFT

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