Roman Tyborski Düsseldorf
W
eniger Umsatz, weniger Ge-
winn und steigende Schulden –
Continental hat schon bessere
Zeiten erlebt. Der weltweite
Rückgang der Automobilpro-
duktion verhagelt dem Dax-Konzern die Bilanz.
Der Umsatz sinkt im zweiten Quartal um ein Pro-
zent auf 11,3 Milliarden Euro, das bereinigte Ebit
um fast 25 Prozent auf 868 Millionen Euro, was ei-
nen Margenrückgang von 10,2 auf 7,8 Prozent zur
Folge hat. Die Verschuldung stieg zum 30. Juni
2019 um 1,4 auf rund 5,7 Milliarden Euro.
Doch so ernüchternd die Zahlen auch sind, über-
raschend kommen sie nicht. Am 22. Juli hatte Con-
tinental bereits eine Gewinnwarnung herausgege-
ben und seine Geschäftsprognosen angepasst. Die
Überraschung steckt in der Verkündung einer
„Portfolioanpassung“. Hinter diesem technischen
Wort versteckt sich Continentals langfristiger Ab-
schied vom Verbrennungsmotor, der mit der Veröf-
fentlichung der Zahlen für das zweite Quartal beim
Hannoveraner Zulieferer nun Realität wird.
Um den Wandel in der Automobilindustrie und
die daraus resultierende sinkende Nachfrage nach
Verbrennungsmotoren zu stemmen, plant Conti-
nental, das Geschäft mit hydraulischen Komponen-
ten nicht mehr weiter auszubauen. Das umfasse
die Produktion von Injektoren von Benzin- und
Dieselmotoren. Außerdem überprüft Continental
das Geschäft mit Komponenten für Abgasnachbe-
handlung und Kraftstoffförderung. Dagegen will
sich die Antriebssparte des Konzerns, die künftig
unter dem Namen Vitesco Technologies firmiert,
künftig noch stärker auf die Elektromobilität kon-
zentrieren.
Lange Zeit hatte Continental sich der neuen An-
triebstechnologie nur zögerlich zugewandt. Der
Konzern wies zwar immer wieder auf die wichtiger
werdende Elektromobilität und Digitalisierung hin
und investierte auch etwas in diese Bereiche. Das
Geschäft mit Komponenten für Verbrennungsmo-
toren war aber weiterhin der zentrale Baustein des
Konzerns. Das ändert sich nun deutlich.
Für reine Verbrennungskomponenten würden
sich künftig nur noch selektive Wachstumschancen
eröffnen, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns.
Continental lenkt deswegen seine Investitionen
jetzt in den Bereich der E-Mobilität. Große Hoff-
nungen ruhen auf Continentals neu entwickeltem
48-Volt-Mild-Hybrid-Antrieb, der sich im Zeitalter
des Antriebswandels in der Autoindustrie als Er-
folgsgarant erweisen kann.
Beobachter kritisieren jedoch, dass Continental
den Wandel viel zu lange verschlafen habe. Seit
Jahren sei bekannt, dass die Elektromobilität eine
immer größere Rolle spielen wird. Allein der poli-
tische Druck aus Europa hinsichtlich der strenge-
ren Abgasvorgaben wäre Grund genug gewesen,
viel früher mit der Elektrifizierung des Produkt-
portfolios zu beginnen. In der Zwischenzeit haben
sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ver-
schlechtert.
Der von US-Präsident angezettelte Handelskrieg
mit China sorgt für große Unsicherheiten, genauso
wie die weltweit schwächelnde Automobilkonjunk-
tur. „Die Autoproduktion geht bereits das vierte
Quartal in Folge zurück. Deswegen können wir
schon von einer weltweiten Rezession der Automo-
bilbranche sprechen“, sagt Continental-Finanzchef
Wolfgang Schäfer. Und eine Erholung des Automo-
bilmarktes ist nicht in Sicht.
Genau in dieser Zeit treibt der Zulieferer einen
kostenintensiven Umbau der Konzernstruktur hin
zu einer Holding voran und muss zeitgleich in die
drei Megatrends der Automobilbranche – das auto-
Continentals
Elektrowende
Der Zulieferer lässt erste Produkte für Verbrennungsmotoren auslaufen und
fokussiert sich jetzt voll auf die E-Mobilität. Für den bisher so zaghaft agierenden
Dax-Konzern ist das eine bemerkenswerte Wende.
Bloomberg (2)
Wir sehen,
dass Kunden
immer mehr
Komponenten
und Systeme
für Elektro -
antriebe
nachfragen.
Andreas Schäfer
Vitesco-Chef
Produktion von Elektro-Komponenten bei Continental: Der Zulieferer ändert seine Strategie.
Unternehmen
& Märkte
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DONNERSTAG, 8. AUGUST 2019, NR. 151
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