Blick in die
digitale Zukunft
Die Handelsblatt-Aktion „Chef zu
gewinnen“ bringt Topmanager in die
Schulen. Neben Karrieretipps wollen
die Oberstufenschüler vor allem wissen,
wie die Digitalisierung ihr Arbeitsleben
verändern wird.
Jörg Karas
Hauptsache anders
Der Geschäftsführer von
Schwan-Stabilo Cosmetics
traf Schüler des Johannes-
Scharrer-Gymnasiums in
Nürnberg.
Welche Führungsqualitäten brau-
chen Chefs von morgen?
Ein moderner Chef versteht sich
als Unterstützer, als Möglichma-
cher. Das Führen im Sinne von
Kontrolle und kurzer Leine funk-
tioniert in modernen Unterneh-
men schon länger nicht. Künftig
zählt nicht mehr nur, was Unter-
nehmen für richtig halten, sondern
auch, welche Ansprüche und Er-
wartungen der Nachwuchs mit-
bringt. Unsere Aufgabe als Chef ist
es, diese zuzulassen und zu ermög-
lichen. Es geht darum, jede Mitar-
beiterin und jeden Mitarbeiter
ganzheitlich zu entwickeln: Ihm
oder ihr aufzuzeigen, wohin der
Weg mal gehen kann, ehrliches,
konstruktives Feedback zu geben
und gemeinsam Stärken weiter
auszubauen.
Was tun Sie angesichts des Fach-
kräftemangels, um Mitarbeiter zu
gewinnen und zu halten?
Bei den Hochschulabsolventen ha-
ben wir keine Probleme, guten
Nachwuchs zu bekommen. Heraus-
fordernder ist es, erfahrene Fach-
kräfte und Professionals zu gewin-
nen. Nürnberg zieht natürlich
längst nicht so wie München oder
Hamburg. Deshalb präsentieren
wir uns als Unternehmen und po-
tenzieller Arbeitgeber verstärkt in
den Medien. Mit unserer Digital-
Unit in Berlin suchen wir zudem
gezielt den Kontakt zur digitalen
Szene. Dort arbeiten wir eng mit
Start-ups zusammen, um zukunfts-
weisende Ideen rund um die Kos-
metik voranzutreiben, oder veran-
stalten Workshops mit jungen Leu-
ten aus der Beauty- und Techszene.
Welche Themen bewegen die Kos-
metikbranche zurzeit?
Die Kosmetikindustrie ist im Mo-
ment von einer fundamentalen Um-
wälzung getrieben. Die Verbrauche-
rinnen orientieren sich zum Bei-
spiel immer weniger an Marken,
sondern holen sich für ihre Pro-
duktentscheidungen Input aus den
sozialen Medien und von Influence-
rinnen. Der Markt schlägt immer
weiter nach rechts oder links aus.
Das macht die Planung für die Kos-
metikbrands sehr schwierig. Die
Marken verspüren zudem den
Druck, sich stärker voneinander un-
terscheiden zu müssen. Man will
nicht mehr zwingend besser sein als
die Konkurrenz, Hauptsache an-
ders, individueller und vor allem
Instagram-tauglich.
Gabriela Pantring
„Für NRW starkmachen“
Das Mitglied des Vorstands
der NRW.Bank stellte sich am
Gymnasium Arnoldinum in
Steinfurt den Fragen von
Zehnklässlern.
Welche Führungsqualitäten brau-
chen Chefs von morgen?
Heute wie morgen müssen Füh-
rungskräfte hohe Einsatzbereit-
schaft und Belastbarkeit sowie gro-
ßes Einfühlungsvermögen mitbrin-
gen. Was aber wichtiger wird, ist
vernetztes Denken und Handeln. Da
unsere Arbeitswelt immer komple-
xer und schneller wird, müssen
Führungskräfte flexibel und offen
für Neues sein, transparent agieren
und Vertrauen zu ihren Mitarbei-
tern haben, sowie in der Lage sein,
Prozesse kurzfristig zu verändern.
Die Führungskraft der Zukunft ist
ein Moderator, der Mitarbeitern
Freiräume lässt, ihre Talente för-
dert und sie in die Gesamtheit der
Abläufe und Themen einzubinden
und zu begleiten weiß.
Was tun Sie angesichts von Fach-
und Führungskräftemangel, um
Mitarbeiter zu gewinnen und zu
halten?
Die NRW.Bank ist ein attraktiver
und interessanter Arbeitgeber, weil
sie an der Schnittstelle zwischen
Wirtschaft und Politik steht. Wer
für uns arbeitet, wirkt aktiv an der
Förderung von Menschen, Wirt-
schaft und Kultur mit. Das findet
großen Anklang – gerade auch bei
jungen Menschen. Unsere wichtigs-
te Ressource sind unsere eigenen
Mitarbeiter. Wir unterstützen sie
gezielt dabei, ihre Persönlichkeit
und ihre Qualifikationen weiterzu-
entwickeln, haben ein wirkungs-
volles Gesundheitsmanagement
und sorgen für eine gute Verein-
barkeit von Familie und Beruf – da-
mit binden wir engagierte und mo-
tivierte Mitarbeiter langfristig ans
Unternehmen.
Was war Ihr Traumberuf als Kind?
Ich wollte Kapitänin werden und
zur See fahren. Die Erwachsenen
damals hielten das für einen unge-
wöhnlichen Berufswunsch für ein
Mädchen. Während eines Bootsaus-
flugs bei schlechtem Wetter und ho-
hem Wellengang hat sich dann raus-
gestellt, dass ich überhaupt nicht
seetauglich bin; mir ist furchtbar
schlecht geworden. Ich musste mir
also was Neues einfallen lassen.
Welche Eigenschaften müssen Be-
werber mitbringen?
Auf jeden Fall ganz viel Herzblut
für das Land Nordrhein-Westfalen
und für die vielen Themen, die wir
finanziell mit unseren Förderkredi-
ten unterstützen. Ob das clevere
Gründungsideen sind oder Nach-
haltigkeitsprojekte wie Windkraft-
anlagen oder Elektromobilität. Un-
sere Mitarbeiter müssen einfach
Lust haben, sich für NRW starkzu-
machen.
Wie verändert die Digitalisierung
das Geschäft der NRW.Bank und
den Arbeitsalltag Ihrer Mitarbei-
ter?
Die Digitalisierung spielt eine sehr
große Rolle – sowohl in unserem
Förderauftrag als auch im eigenen
Haus. Einerseits entwickeln wir För-
derprogramme, mit denen Unter-
nehmen den digitalen Wandel ge-
stalten können, andererseits müs-
sen wir auch intern auf das verän-
derte Kundenverhalten reagieren.
Deshalb ist unser Ziel, die digitalen
Vertriebskanäle auszubauen, um
Förderung einfacher und effizienter
zu gestalten. Für unsere Mitarbeiter
bedeutet das, dass sie selbst immer
digitaler arbeiten und sich mit neu-
en Tools und Prozessen vertraut
machen müssen.
Wie ist es, als Frau im Vorstand ei-
ner Bank tätig zu sein?
Im Alltag spielt das mittlerweile kei-
ne Rolle mehr – da hat sich in Sa-
chen Gleichberechtigung sehr viel
getan. Trotzdem bin ich nach wie
vor bei vielen Veranstaltungen, wo
sich deutsche Bankvorstände tref-
fen, weitgehend allein unter Män-
nern. Aber: Es wird definitiv besser
- und das freut mich natürlich.
Was würden Sie machen, wenn Sie
ein Jahr lang frei hätten?
Ich fotografiere sehr gerne und wür-
de wahrscheinlich durch ganz
Deutschland reisen – und versu-
chen, das Land und seine Men-
schen in seinen vielen Facetten und
in seinem Wandel in Bildern festzu-
halten.
Chef zu gewinnen
DONNERSTAG, 8. AUGUST 2019, NR. 151
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Gabriela
Pantring:
Mitglied des
Vorstands der
NRW.Bank.
Dirk Hoppe/NETZHAUT
Jörg Karas:
Geschäftsführer
Schwan-Stabilo
Cosmetics
GmbH & Co.
Bernd Telle
Die neue Runde der
Aktion „Chef zu gewin-
nen“ läuft. Bis zum
- September 2019
können sich Oberstu-
fenkurse von Gymna-
sien, Fachoberschulen,
Berufsfach- und
Berufsoberschulen um
den Besuch eines von
insgesamt 15 Topma-
nagern in ihrer Schule
bewerben. Alle Infos
zur Bewerbung unter:
http://www.handelsblatt.com
/chef-zu-gewinnen
Alle Interviews in
voller Länge finden
Sie auch unter
http://www.handelsblatt.
com/chef-zu-
gewinnen
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