Die Welt Kompakt - 30.07.2019

(avery) #1
Ex-Klub Tottenham Hotspur
geht, konnten sich die einstigen
Helden in der vereinsnahen
Sportzeitung „Marca“ über ihren
gesunkenen Kredit informieren.
Bei einer Umfrage mit über
200.000 Stimmabgaben verteil-
ten die Leser die Schuld an der
neuen, alten Krise zu jeweils ei-
nem Drittel an Zidane, die Spieler
und die Kaderplaner. Zwei Drittel

halten Zidane nicht mehr für den
idealen Trainer. Von den Helden
des Champions-League-Triples
würde das Fanvolk die Mehrheit –
darunter Toni Kroos oder Welt-
fußballer Luka Modric – sofort
verkaufen. Gleichzeitig finden 80
Prozent, dass sich der Verein
trotz der größten Investition der
Klubgeschichte (gut 300 Millio-
nen Euro) nicht gut verstärkt hat.

Im sonst so selbstbewussten
Umfeld des königlichen Klubs
machen sich Fatalismus und Zy-
nismus breit. Die Madrider Ta-
geszeitung „ABC“ lästerte über
die linke Seite mit Marcelo, Isco
und Neuzugang Eden Hazard,
sie hätten in New York mit ihren
Rundungen „wie die Kardashi-
ans“ gewirkt – eine Anspielung
auf den Verdacht, manche Spie-

GETTY IMAGES

/MATTHEW ASHTON - AMA

Vettel bewies, was er für ein
Ausnahmekönner ist. Neben Ver-
stappen war er der einzige Pilot,
der unter den schwierigen Bedin-
gungen fehlerfrei blieb. Sogar
Weltmeister Lewis Hamilton, der
am Ende Neunter wurde, flog mit
seinem Mercedes von der Stre-
cke. Vettel indes machte Platz um
Platz gut. „Eine fantastische
Leistung von ihm. Das hat er ge-
braucht, das hat das Team ge-
braucht“, lobte Teamchef Mattia
Binotto. Nur einmal in seiner
Formel-1-Karriere lieferte Vettel
eine noch eindrucksvollere Auf-
holjagd, als er 2012 in Abu Dhabi
vom 24. Startplatz noch auf Rang
drei gefahren war.

Von einer möglichen Wieder-
auferstehung, von der die italie-
nische Zeitung „Repubblica“
schreibt, ist Ferrari aber dennoch
weit entfernt. Unter normalen
Bedingungen bleiben die Italie-
ner in dieser Saison die Nummer
drei hinter Mercedes und Red
Bull. Es fehlt ihnen einfach an
Konstanz – bei der Technik, in
der Strategie und bei der Organi-
sation. Dies zeigte sich wieder
einmal beim Qualifiying am ver-
gangenen Samstag. Vettel musste
wegen Problemen mit der Luft-
zufuhr zum Turbolader seinen
Ferrari frühzeitig wieder in der
Box abstellen, er konnte keine ge-
wertete Runde fahren und muss-

te vom letzten Startplatz ins Ren-
nen gehen. „Der Frust ist natür-
lich heute extrem hoch. Es bleibt
mir nichts anderes übrig, als die
nächste Seite aufzuschlagen“,
sagte der 32-Jährige noch nach
dem Qualifying. Der Vierte der
WM-Gesamtwertung verhielt
sich trotz des Frusts der vergan-
genen Monate loyal zu Ferrari
und machte niemanden für die
erneute Panne verantwortlich.
Umso mehr dürfte er den zweiten
Platz bei seinem Heim-Grand-
Prix genossen haben.
Vieles deutet darauf hin, dass
es auf längere Sicht das letzte
Formel-1-Rennen in Deutschland
war. Die Hockenheimring-Betrei-

ber können schon lange nicht
mehr die volle Antrittsgebühr
zahlen. Sie stehen auf einer
Streichliste genauso wie Barcelo-
na und Mexiko-Stadt für den
Rennkalender 2020. „Wir hatten
ein großartiges Rennen, und es
wäre schade, es zu verlieren“,
sagte Vettel. Es sei wichtig, den
Sport dorthin zu bringen, wo die
Leidenschaft für ihn da ist:
„Deutschland und Spanien haben
eine lange Rennhistorie, daher
wäre es schade, sie zu verlieren
und stattdessen an einen Platz zu
gehen, wo Millionen für die Aus-
richtung des Rennens gezahlt
werden, aber niemand auf den
Tribünen sitzt.“ nup

imring verdeckt Ferraris Probleme


Nachhaltigkeit steht in Frage


DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,30.JULI2019 SPORT 29


M


iroslav Klose hat die
Einstellung der Nach-
wwwuchsfußballer inuchsfußballer in
Deutschland kritisiert. „Ich ha-
be viel Kontakt zu Ex-Profis, die
heute Trainer oder sonst im
Fußball tätig sind. Sie bestäti-
gen, dass die heutige Generation
diese Einstellung, die bei uns
normal war, nicht mehr hat, bis
auf wenige Ausnahmen. Diese
Leidenschaft, dieses Herz ver-
misse ich. Sie gehört zum Ge-
samtpaket ne-
ben Talent,
Physis, Athle-
tik“, sagte Klose
dem „Kicker“.
„Die Ausbil-
dung muss sein,
klar. Aber man-
che lassen die
Schule schlei-
fffen und kapie-en und kapie-
ren nicht, dass sie, wenn sie als
Nationalspieler oft weg sind,
den Stoff nachholen müssen.
Viele gehen da den bequemen
WWWeg. Das zeigt mir, dass es danneg. Das zeigt mir, dass es dann
nicht reicht“, sagte Klose.
Der 41-Jährige trainiert seit
vergangenem Jahr die U17 des
FC Bayern. Auch beim Münche-
ner Nachwuchs mangele es vie-
len Spielern am „unbedingten
Willen“. Ob ein Jugendlicher
beim FC Bayern nicht sowieso
vor Ehrgeiz brennen müsse,
wwwurde Klose gefragt. „Eigent-urde Klose gefragt. „Eigent-
lich ja. Für mich war es jeden
Tag eine Freude, mich zu ver-
bessern. Die Motivation muss
aus dem Spieler selbst kommen,
die Trainer dürfen nur die letz-
ten Prozente ausmachen“, sagte
er. Lewandowski oder Kimmich
gelten da als Ideal. „Wir fragen
sie nach ihren Vorbildern, da
fffallen diese Namen“, sagte Klo-allen diese Namen“, sagte Klo-
se. „Ich sensibilisiere sie dann,
dass sich Lewandowski nie aus-
geruht hat. Kimmich war in je-
dem Training voll da. Wenn er
ein Trainingsspiel verlor, trat er
vor Ärger gegen den Pfosten.
Diesen unbedingten Willenver-
misse ich heute oft.“ Die jungen
Spieler seien „oft zu schnell
satt“, monierte Klose, sieht aber
auch eine gewisse Überforde-
rung: „Sie müssen wieder Spaß
am Fußball bekommen. Manch-
mal wirken sie derart gestresst,
mit Schule und vielem mehr,
dass sie – so mein Eindruck –
nur zum Training kommen, weil
sie es müssen.“
Der Nationalelf-Rekordtor-
schütze (71 Treffer) holte 2014
den WM-Titel. In der Liga spiel-
te er für Kaiserslautern, Werder
Bremen und Bayern. Bei den
Münchnern sollte er zuletzt die
U19 als Trainer übernehmen,
entschied sich aber für einen
VVVerbleib bei der U17. erbleib bei der U17. DW

Klose rechnet


mit deutschem


Nachwuchs ab


„Vermisse Willen
und Leidenschaft“

Miroslav
KKKlose lose

GETTY IMAGES/TF-IMAGES

/

ler hätten es zuletzt nicht mehr
ganz so eng gesehen mit dem
Profileben. „Material für China“
sieht das Blatt nicht nur
in Bale, sondern in etlichen
Angestellten.
Während die Seifenoper um
den Waliser in die nächsten Run-
den geht, herrschen die fußballe-
risch größten Probleme im Mit-
telfeld, wo es mit dem Brasilianer
Casemiro nur einen Abräumer
gibt. Wegen verlängerten Urlaubs
nach der Copa América fehlte er
bisher noch, sein USA-Ersatz
Kroos demonstrierte wieder ein-
mal, dass dieser Posten nicht sei-
ner ist. Zidane möchte unbedingt
Paul Pogba verpflichten, der si-
cher den benötigten Schub Dyna-
mik und Aggressivität bringen
könnte, bisher jedoch auch selten
mit defensiver Disziplin aufgefal-
len wäre. Im Angriff hat sich un-
terdessen Marco Asensio das
Kreuzband gerissen und stellt der
aus Frankfurt gekommene Luka
Jovic bisher wie erwartet keine
Gefahr für Zidanes Liebling Ka-
rim Benzema dar. Die Probleme
in allen Mannschaftsteilen kom-
plettiert Torwart Thibaut Cour-
tois, der mit dem Mund („Es ist
klar, wer die Nummer eins ist“)
mehr zu bieten hat als mit den
Händen. Gegen Atlético fing er
sich fünf Tore, ehe er seinem Ri-
valen Keylor Navas wich.
Nichts jedoch musste die Real-
Fans zuletzt so deprimieren wie
der Blick auf ihren Stadtrivalen
mit dem vierfachen Torschützen
Diego Costa und Rekordeinkauf
João Félix; der 19-jährige Portu-
giese, 126 Millionen Euro teuer,
brillierte im Derby mit unange-
strengter Eleganz. Atlético-Trai-
ner Diego Simeone hat nach den
hochkarätigen Abgängen von
Spielern wie Antoine Griezmann
(Barcelona), Kapitän Diego
Godín (Inter Mailand), Lucas
Hernández (FCBayern) und Ro-
dri Hernández (Manchester City)
offenbar schon wieder ein stim-
miges Team gebaut. Stand jetzt
hält er Real die Erkenntnis vor
Augen: Ein Umbruch ist möglich.
Man muss ihn nur wagen.

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