Süddeutsche Zeitung - 30.07.2019

(C. Jardin) #1
ZuBeginnderVorstellungimSalzburger
LandestheatererhebtsichderSchauspie-
lerJörgHartmannausderfünftenReihe
imParkettundtrittaufdieBühne:ostenta-
tiveinervonuns,ausdemPublikum,nur
nichtsofestspielchicgekleidet.Erträgt
eineschwarzeJeansundeinschwarzes
T-Shirt,totalcasual,undersprichtganz
alltäglich:„Hallo,gutenAbend,könnteich
bitteeinbisschenmehrLichthaben?“Das,
waserdannmitdersanftestenBekenner-
stimmevorträgt,sindGedankenzuder
Frage„WasverdankeichAdolfHitler?“Mit
derzusammenfassendenAntwort:„Alles.“
Dasirritiertzunächstsehr,weilessobruch-
losvonheute,ausunsererMitte,ausdem
MenschenJörgHartmannherauskommt.
Von„unseremFührer“istdieRede,und
dass„jederVolksgenossedankbarsein“
sollte.Wersprichthier?

Nein,HartmannsAusführungensind
keinNeonazi-Bekenntnis,sondernent-
stammendemBriefeinesHorstR.aus
Braunschweig,Juli1935.WährendHart-
manndessenElogeungemeinruhigund
innigvorträgt,fülltsichhinterihmdieBüh-
ne:Hitler-JugendlicheinkurzenHosen,
einMädchenimDirndl,sietrageneine
Schulbankhereinundhelfenzujazzig-
bluesigenKlängen,Hartmanneinzuklei-
denwiefüreinHochamt.Nurdasserkei-
nenPriesterzuspielenhat,sonderneinen
LehrerausdenDreißigerjahrenimNatio-
nalsozialismus:denIch-ErzählerausÖdön
vonHorváthsRoman„JugendohneGott“,
erschienen1937ineinemniederländi-
schenExilverlag.
DieBühnenadaptiondesStoffsinder
RegievonThomasOstermeieristdieerste
NeuinszenierungimSchauspielpro-
grammderSalzburgerFestspiele–eineKo-
produktionmitderBerlinerSchaubühne,

wodieInszenierungimSeptemberheraus-
kommt.EineEnttäuschung,vomPremie-
renpublikumaberbegeistertbeklatscht.
EsistdaszweiteMalinkurzerFolge,
dassderSchaubühnen-ChefOstermeier,
dendasErstarkenderRechtspopulistenin
Europaumtreibt,sichdiesbezüglichmit
einemTextvonHorváthauseinandersetzt.
NachdemerimNovemberdessenVolks-
stück„ItalienischeNacht“überdenKultur-
kampfvonDemokratenundFaschisten
vor1933inszenierte–undzwarexplizitals
KritikamVersagenderLinken–,erzählter
in„JugendohneGott“nunganzbravund
pädagogischwertvollanderepischenText-
vorlageentlang.KeineAktualisierungen
diesmal.DasWerkbleibt,brandheißund
aufwühlendwieesohnehinist,inseiner
Zeitbelassen.Esisteine„kalteZeit“,inder
dieNazisschonanderMachtsind.
ZwarwirddasvonHorváthnichtkon-
kretbenannt,esfälltauchniederName
Hitler(nurverklausuliertals„derOberple-
bejer“),aberdieKoordinatenderDiktatur
undihrergesellschaftlichenMechanis-
menindenVorkriegsjahrensindklar.Hor-
váthsprichtparabelhaftvom„Zeitalter
derFische“.DerFischalsChiffrefürGleich-
gültigkeit,Kälte,stummeAnpassung.
IndieserZeithatesderIch-Erzähler,
derLehrer,mitSchülernzutun,dievon
derneuenIdeologieindoktriniertsind.Die
alsSoldatenfürsVaterlandsterbenwollen
undsichden„Negern“überlegenfühlen
(„Afrikaner“heißtesnuninderengam
RomanbleibendenTheateradaptionvon
FlorianBorchmeyer).ImZeltlagerbegeht
einersogareinenMordauseiskaltem
Voyeurismus.Umzusehen,wiedasist.Die
AufklärungdieserTatisteineigenerdetek-
tivischerHandlungsstrang.
DerLehrer,einHumanist,betrachtet
diesemoralischverrohte(Hitler-)Jugend
mitkühlerAbscheu,immeraufDistanz.Er
istaberaucheinOpportunist,derumseine
StellungundseinePensionfürchtet,kein
Held–sowieauchHorváthkeinHeldwar
undsichbisMittederDreißigerjahredem

NS-RegimealsAutorangedienthatte.In
derFigurdesLehrersspiegeltsich
HorváthseigenereinstigerKleinmut,sei-
neExistenzangst.Daherdauerteslange,
bisderLehrersichtraut,fürWahrheitund
Gerechtigkeiteinzustehen.
AlserdiesimGerichtsprozessschließ-
lichtut–dennerhattedasTagebuchdes
Jungen„Z“heimlichgelesenundwar
damitandentragischenVorfällennicht
unschuldig–,istdaseinAktvonmenschli-
cherundmoralischerSchönheit.Undzei-
tigtsofortWirkung,weilauchdieZeugin
Eva,seinemVorbildfolgend,dieWahrheit
sagt,undeinpaarJugendliche,davoninspi-
riert,einenwiderständigenKlubgründen.
AlsseidieWahrheitansteckend.Alszöge
sieKreisewieeinSteinimWasser.Dasist
dasErhebendeandiesembedrückenden
Roman,derGottimWahrhaftigseinfindet.
InihremVortrag„EndstationSehnsucht“
inderFestspielreihe„Schauspiel-Recher-

chen“hatteamTagderPremierediePubli-
zistinCarolinEmckedie„dissidenteKraft“
solcherGeschichtengerühmt.Dasseies,
was„JugendohneGott“soaktuellmache:
„Dasswirnichthinnehmenmüssen,was
geradealsregierungsfähiggilt.Dasswir
nichtaushaltenmüssen,wasgelogenund
verleumdetwird.Dasswirnichtglauben
müssen,wasmanipuliertundverzerrt
wird.“Dasswiretwastunkönnen.

DasStörendebeiOstermeieristdie
drögeZeigefingerhaftigkeit,mitderer,in
besterAbsicht,genaudieseBotschaftzu
vermittelnversucht.Statteineeigenesze-
nischeFantasie,eineneigenenGussoder
KosmosfürdieseGeschichtezuentwi-

ckeln,stattalsoselberbeimErzählenein
wenigdissidentzusein,stattassoziativab-
zuhebenundsichFreiheitenundWildhei-
tenzugestatten–wennnichtdafür,wofür
sonstnimmtmansichRomanestattDra-
menvor?–,stattdessenalsoinszenierter
strengundlinearamGeschehenentlang,
bebildertdiesesweitgehendnur,inlah-
mer,faderChoreografie.Dasistallessosta-
tisch,didaktisch,nachgestelltrealistisch,
soausgestelltbedeutungsvollundtraurig-
tranig,dassmansichineinemLehrstück
wähnt.SoleisedieTon-undGangartan
diesemtextlastigenAbendist,soüberlaut
istdieBotschaft:DerSchoßistfruchtbar
noch,ausdemdieskroch!
AufJanPappelbaumsBühnesiehtman
imHintergrundeinenWaldauskahlen
Bäumen.AufderSpielflächedavorschie-
bendieSchauspielerimpermanentenSze-
nenwechseldieRequisitenreinundraus:
Tische,Stühle,Schulbänke,maleinBett,
maleinZelt.VornerechtszweiStandmikro-
fone–fürdie„innereStimme“desLehrers
undandereSelbstreflexionen.Geschieht
etwasimUnterholz,etwadievomLehrer
beobachteteSexaffäredesSchülers„Z“
mitderobdachlosenEva,werdendie
SzenenperVideoaufdieZeltplaneoder
aufStoffdeckenprojiziert.Naziaufmär-
sche,Volksfeste,Rundfunkredenflirrenin
verzerrtenBild-undTonfetzenvorüber.
NebenHartmannsindesfünfSchau-
spielerundzweiSchauspielerinnen,die
emsiginrund40Rollenschlüpfen:schnell
reagierende,sichneukostümierende,teils
überagierende,wennnichtchargierende
GehilfenineinerformalzähenBilder-
abfolgeregie.„WirlegenmehrWertaufdas
LeistungsprinzipalsaufdasDarbietungs-
prinzip“,sagenzwei„rucksacktragendeVe-
nusse“,vulgo:BDM-Mädel,imWald.Das
giltgenerellfürdaserstaunlichschwache
Spiel.Selbstdereigentlichfamosbesetzte
JörgHartmannistnureingrübelnderLei-
setreterundunterspieltdieKomplexität
undZerrissenheitseinerFigurmitmonoto-
nemPhlegma. 

Mandurfteschoneinbisschenskeptisch
sein,wasderEuropäischeGerichtshof,der
jaeherbeidenWirtschaftsfreiheitenzu
Hauseist,mitsoeinemfiligranenGrund-
rechtwiederKunstfreiheitanfangenwür-
de;Erfahrunghatteerkaumvorzuweisen.
UndalsimDezemberderGeneralanwalt
desEuGHseinenSchlussantraginSachen
KraftwerkgegenPelhamvorlegte,schie-
nensichdieBefürchtungenzubestätigen.
DerStreitzwischendenAltmeisterndes
ElektrosoundsunddemHip-Hop-Produ-
zentenMosesPelham,derfüreinenSong
eineZwei-Sekunden-Sequenzausdem
Kraftwerk-Stück„MetallaufMetall“ver-
wendethatte,sollteausSichtdesEU-Juris-
teneineklareökonomischeSchlagseitebe-
kommen.JederKünstlermüssesichhalt
mitdenBedingungendesMarktesabfin-
den,schriebderGeneralanwalt.Derkreati-
veProzess,dasSampelnmitSoundsund
Bytes,drohtevomSchutzdesgeistigen
Eigentumserdrücktzuwerden.
NunliegtdasEuGH-Urteilvor,undman
kannEntwarnunggeben.DasobersteEU-
GerichthatderKunstfreiheiteinenwichti-
genRangeingeräumt,zehnJahrenachIn-
krafttretenderEU-Grundrechtechartamit
ihremArtikel13:„KunstundForschung
sindfrei.“DieRichterwägensorgsamab
zwischendenEigentumsinteressender
Produzenten,diesichgegendenSound-
klauzurWehrsetzen,undderFreiheitder
Kreativen,sichausdemkulturellenFun-
duszubedienen.IhrRittdurchdieRichtli-
niezumUrheberschutzliestsichsperrig,
aberdiezentraleBotschaftistzuver-
stehen.DasZitatrechtinderRichtlinieist
imLichtederKunstfreiheitsozusagen
künstlerfreundlichzuinterpretierenund
umfasstdahernichtnurdasliterarische,
sondernauchdasmusikalischeZitat.Esist
erlaubt,„wennderSchöpfereinesneuen
musikalischenWerkseinAudiofragment
(Sample)nutzt,daseinemTonträger
entnommenundbeimHörendesneuen
Werkswiedererkennbarist“–voraus-
gesetzt,esgehtumdiegeistigeodereben
musikalischeAuseinandersetzung.Wer
sampelt,mussmitdemOriginalwerk„in-
teragieren“.

JuristischhatderEuGHzwareinenande-
renWeggenommenalsvordreiJahrendas
Bundesverfassungsgericht,dasdiebisher
wichtigsteZwischenstationimseitmehr
als20JahrenwährendenEndlosstreitum
denmetallhartenKraftwerksoundwar.
Inhaltlichisterabermehroderminderam
selbenZielangekommen.DasRecht,natio-
nalwieeuropäisch,öffnetdieTürfürden
künstlerischenProzess,derMusikrichtun-
genwiedemHip-Hopzugrundeliegt:die
VerwendungvonSequenzenausexistieren-
denStücken.OftistdieseinSpielmitdem
kulturellenGedächtnis,bekannteKlänge
werdenimneuenKontextzitiert,präsen-
tiert,reformuliert.Esgehtnichtum
Diebstahl,sonderndarum,Dingeneu
zusammenzusetzen–wasohnehinein
WesenszugderKulturproduktionist.
WichtigistdasUrteilaberauchwegen
seineseinigermaßenkulturfreundlichen
Grundtons.Wiegesagt,EuGHundKunst-
freiheit,diebeidenwarenbishernurent-
fernteBekannte.Dieseseheranonyme
VerhältnisistabereinProblem:DerSchutz
derGrundrechte,bisheramKarlsruher
Schlossplatzbeheimatet,wandertnach
undnachinRichtungEuropa.Zwarkann
dasaucheinGewinnsein,manbeachte
nurdieFortschritteimDatenschutz,an
denenderEuGHkräftigmitgewirkthat.
AufzartePflänzchenwiedieKunstfreiheit
mussmangleichwohlachtgeben.Erstens,
weildieEUalsWirtschaftsgemeinschaft
angefangenhatunddiesbisheuteinihrer
DNAträgt.DassdasEU-Gerichtnunden
kreativenstattdenökonomischenProzess
würdigt,isteinSchrittnachvorne.Zwei-
tenshatderEuGHeinengewissenHang
zurExpansion.MehrEU-Grundrechts-
schutzbedeutetebenauchmehrEinfluss
fürdenEuGH.Erfreulichist,dassdas
GerichtimSample-UrteilauchdieSpiel-
räumedesnationalenRechtserwähnt,wo
dieKulturtrotzalledemihrenatürliche
Heimathat.Ambestenwäreesumden
SchutzderGrundrechteohnehinbestellt,
wenn–uminderSprachedesSample-Ur-
teilszubleiben–derEuGHmitdennatio-
nalenVerfassungsgerichtenbesser„inter-
agieren“würde. 


 



E


sgibtPortale,dieüberhauptnuraus
Bewertungenbestehen.Yelpbei-
spielsweise.HierwirdkeinProdukt
verkauftodergarhergestellt,dasProdukt
istdieBewertung,dieeinInternet-Nutzer
umsonstzurVerfügunggestellthat.Und
darauf,dassdieseBewertungentatsäch-
lichnurdemZweckdienen,andereMen-
schenüberdieeigeneErfahrungzuinfor-
mieren,mussmandannvertrauen.Auf
Yelpwirdallesbewertet,vonderThai-Mas-
sagebiszumAuschwitz-Besuch.
UnterdenRezensionenfürLetzteres
gibteseine,verfasstvoneinemYelp-„Eli-
te“-Ratgeber,sostehtesda,dereinen
Sternvergibt,aufgrundeinesBesuchsvon
1994:„EinKastennurmitSchuhenunddi-
verseSchriftstückeanderWand;indie-
semFall‚GottseiDank‘,sindwirDamals,
wieHeuteordentlichundbürokratisch!
Ichkanndeutschlesenundichkonntele-
sen,dassallediedortwareneinesnatürli-
chenTodesgestorbenwaren!“Unddrun-
tersteht,manglaubteskaum,dasszwei
NutzerdiesenBetrag„hilfreich“fanden.
SindOnline-Bewertungenhilfreich,irre-
führend,hatsiegarjemandeingestellt,der
BösesimSinnhat?Hartnäckighältsich
derIrrglaube,esseiimInterneteineArt
SchwarmintelligenzamWerk,dieeinem
vielzuverlässigerdenWegweistalsdiesub-
jektiveBewertungeineseinzelnenJourna-
listenoderdieEmpfehlungvonBekann-
ten.NehmenwirnurmalFriseure.Die
meistenLeute,dieBewertungenabgeben,
stellenjakeinBildein.Washeißtesalso,
wennjemandmiteinemFünfzigerjahre-
BürstenhaarschnitteinenSalongutfindet,
derjemandemmiteinermehrfarbigen
Mähnenichtgefallenhat?Nichts.

DeramerikanischeDokumentarfilm
„BillionDollarBully“,derseitMaialsDVD
erhältlichist,durchCrowdfundingfinan-
ziert,entwirfteinvieldüstereresBild.Die
amerikanischeRegisseurinKaylieMilli-
kenlässtdorteineganzeReihevonkleinen
UnternehmernzuWortkommen,dieerzäh-
len,wiesieesnichtgeschaffthaben,sich
gegendieBewertungenaufYelp–inden
USAnochvielmaßgeblicheralsbeiuns–
zuwehren.DaberichtenLaden-undRes-
taurantbesitzer,wieihnenschlechteBe-
wertungenzuschaffenmachen.Siebekla-
gensichübermehrereGeschäftspraktiken
desBewertungsriesen,undamwichtigs-
tenistdabeiderFilter.AufYelpwerden
Sternevergeben,jedesUnternehmenbe-
kommteineDurchschnittsbewertung.In
diefließenabernichtalleBewertungen
ein,dieaufdemPortalabgegebenwurden.

EinAlgorithmussortiertBewertungen
aus.Yelpsagt,dastätederAlgorithmus
nachKriterien,diedemNutzerdienen.
AussortiertwürdenBewertungen,dieder
Algorithmusalsirrelevantodervielleicht
sogargefälschteinstuft.Dieseaussortier-
tenBewertungensindaufderWebsite
nochzufinden,abernurmitMühe.
DasisttatsächlicheinProblem.Der
SchauspielerRyanReynoldssorgtevorein
paarWochenfürmedialeErheiterung,als
ersichaufTwitterübereinebesonders
schwärmerischeBewertungdesGinsfreu-
te,denseineeigeneFirmaverkauft.Und
sichdannhumorvollalsAutorderbesag-
tenBewertungoutete.Solltenichtinzwi-

schenjedemdämmern,dassmankeiner
Online-Bewertungglaubendarf,dieman
nichtselbstgeschriebenhat?
KleineGeschäftekönnentrotzdemzu-
nehmendunterDruckgeraten,wennsie
schlechteBewertungenaufeinemPortal
wieYelpbekommen.IndenUSAhatsich
dasPortalalssehrmächtigerwiesen.Milli-
kensFilmbeginntmiteinemAusschnitt
auseineramerikanischenNachrichtensen-
dungüberdieFrage,wievieldranistan
denRecherchen,dassYelpsmeistbeschäf-
tigterBewertungsschreiberinAtlantatat-
sächlicheinAngestellterdesUnterneh-
menssei.Yelpseinurbereit,sichdazuzu
äußern,wennderBeitragindenNachrich-
tenYelpdannauchpositivbewertet.
DasklingtnichtnachDemut.ImFilm
aberbeklagensichLadenbesitzersogar,
manhabesieunterDruckgesetzt.Siehät-
tengarkeineMöglichkeitgehabt,sichzu
beschweren,wennpositiveBewertungen
verschwundenwären.Undsiebehaupten,
eshabevorherAnfragenvonYelpgegeben,
obsienichtAnzeigenschaltenwollen,was
sienichttaten,unddannersthabederAlgo-
rithmuspositiveBewertungenaussortiert.
EinervonKaylieMillikensZeugen,ein
Restaurantbesitzer,stammtausItalien.Er
habesichanMethodenausseinerHeimat
erinnertgefühlt,sagter.Erhatdanninsei-
nemRestaurantbegonnen,Rabattefürbe-
sondersschlechteBewertungenaufYelp
zugewähren,waszumindestinseinem
FalldieMachtverhältnissewiedereinwe-
nigeingeebnethat.
MankannMillikensFilmabtunund
einfachdavonausgehen,dassalldiese
MenscheneinfachschlechteGeschäftsleu-
tewaren.AufdenitalienischenRestaurant-
besitzertrifftdasallerdingsschonmal
nichtzu,dieIdeemitdenRabattenistziem-

lichoriginell.Dennoch:Esgibtschongute
Gründe,nichtalles,wasin„BillionDollar
Bully“erzähltwird,einfachzuglauben.
DerFilmgehtsehrsparsammithartenFak-
tenum.UndwerzumBeispielistdieDame,
diemehrmalsausdemInnenlebenvon
Yelpberichtet,währendihrdekorativdie
StrickjackevonderSchulterrutscht?

„BillionDollarBully“isteinerseitsmerk-
würdigaufgemotzt,dannabersehrträge,
wennesdarumgeht,zubelegen,wasdaer-
zähltwird.Obeswirklichganzgenauso
war,wieesMillikensInterviewpartner
beschreiben.DaskannderFilmgarnicht
beweisen,daskönntemanjanochnicht
einmalvorGericht:Obestatsächlicheinen
Anrufgegebenhat,wasdortgesagtwurde,
undobdaseinenEinflusshatteaufdieSor-
tierungderBewertungen,dasistkaum
nachzuvollziehen,wennsichdasUnterneh-
mennichtindieKartenschauenlässt.Den
AlgorithmusmussYelpjedenfalls,hatein
US-Gerichtentschieden,nichtoffenlegen.
InDeutschlandhatesinletzterZeitmeh-
rereUrteilegegenPortalegegeben,diedie
Situationvielleichteinbisschenübersicht-
lichermachen.EsgibtdadieVerfahren,
diedieehemaligeBodybuilding-Weltmeis-
terinRenateHollandgegenYelpange-
strengthat.SieistGeschäftsführerinvon
vierFitness-StudiosimMünchnerUm-
land,undauchsiestellteirgendwannfest,
dassvielepositiveBewertungenihrerStu-
diosverschwundenwarenundsiesonurei-
nesehrniedrigeDurchschnittswertung
hatte.ImFalleinesStudios,soHollandsAn-

waltJensSteinbergvonderBerlinerKanz-
leiGreyhills,habederAlgorithmus95Pro-
zentderBewertungenherausgefiltert.
AuchinDeutschlandlegtYelpnichtof-
fen,wasdieGründedafürsind.„Wirwer-
feninunserenVerfahrenYelpeinenEin-
griffindasUnternehmenspersönlichkeits-
rechtsowieeinenEingriffindenGeschäfts-
betriebvor.DieGeschäftsehregehörtzum
Persönlichkeitsrechtdazuundkannauch
vonUnternehmenverteidigtwerden“,er-
läutertSteinberg.EssindinDeutschland
schoneinigeKlagengegenYelpinähnli-
chenFällengescheitert.RenateHollands
Klagenaberwarenerfolgreich.
ImNovemberdesvergangenenJahres
hatdasOLGMünchenindreiBerufungsur-
teilenentschieden,dassdieBewertungfür
dievonHollandgeleitetenFitness-Studios
sonichtbleibendürfe.DasMünchnerBeru-
fungsgerichthatdannaberinallendreiFäl-
lendieRevisionzugelassen.SolltedasUr-
teilvordemBundesgerichtshofinKarlsru-
heimkommendenNovemberBestand
haben,wäredasauchfüranderedeutsche
Gerichtewegweisend.Bisdahinwirdaber
dasBundeskartellamtdieBewertungspor-
taleschonPrüfungenunterziehen.
Einstweilengibtesfürmindestensei-
nesdervonHollandgeleitetenStudiosnun
garkeineBewertungenmehraufYelp.In
einemzweitenFallhateineHautärztin
AnfangletztenJahresihreLöschungaus
demPortalJamedaerstritten,dasÄrztebe-
wertet.InderBegründunghießesdamals,
dasUnternehmenhabeseineStellungals
neutralerInformationsvermittlerverlas-
sen,weilesfürzahlendeKundenSonder-
konditionengebe.Daswäregenaudas,
wasdieamerikanischenGeschäftsleutein
„BillionDollarBully“sichauchgewünscht
hätten–einfachabtauchendürfen.

DEFGH Nr.174,Dienstag,30.Juli2019 HF3 9


DieMachtderSterne


DerDokumentarfilm„BillionDollarBully“nimmtdieGeschäftspraktikendesBewertungsportalsYelpauseinander.


GeradedieSchwächendesFilmszeigen,wieschwierigesist,gegendievermeintlicheSchwarmintelligenzanzukommen


„WasverdankeichAdolfHitler?–Alles.“


ThomasOstermeierinszeniertÖdönvonHorváths„JugendohneGott“beidenSalzburgerFestspielenpädagogischallzuwertvoll


Feuilleton


„Sagen,woderFeindsteht“–


TV-AutorRalfKabelkaüberGags
undGeschmacklosigkeit 10

Literatur


DiedystopischeZukunftvonMarie


DarrieussecqsRoman„Unser
LebenindenWäldern“ 12

Wissen


DieGenforschungkonzentriertsich


aufPatientenmiteuropäischen
Wurzeln.Dasistgefährlich 14

www.sz.de/kultur

IstSampeln


KlauoderKunst?


„Kraftwerk“gegenPelham:EuGH
sprichtsichfürKunstfreiheitaus

DasOberlandesgerichtMünchen


hateinerKlägerinindrei


Berufungenrechtgegeben


Esgehtnichtum


Diebstahl,sonderndarum,Dinge
neuzusammenzusetzen

SoleisedieTon-undGangart


andiesemtextlastigenAbendist,


soüberlautklingtdieBotschaft


CarolinEmckerühmtedie
„dissidenteKraft“desStücks.

Unddannwirkteallessokraftlos


KleineGeschäftekönnenunter


Druckgeraten,wennsieschlechte
Bewertungenbekommen

FEUILLETON

JörgHartmann(Mitte)alsLehrerunterkünftigenNazis. FOTO: SF/ARNO DECLAIR

HEUTE


FünfSternefürdieGlaubwürdigkeit.Wiedieauf„Yelp“zustandekommenundwarumsovieleBewertungenfehlen,bleibteinRätsel.GRAFIK: SZ

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