Süddeutsche Zeitung - 22.07.2019

(Darren Dugan) #1


D


ieJapanerhabenoffenbarwenig
VertraueninihreDemokratie.
MehralsdieHälftevonihnen
scheintnichtdaraufzuvertrauen,dass
siedieZukunftdesLandesmitihrerStim-
memitbestimmenkann.SieistderOber-
hauswahleinfachferngeblieben.Die
Wahlbeteiligungbetrug49Prozent.Pre-
mierShinzoAbehateinmalmehreinen
klaren,aberlauen,wenigüberzeugenden
Wahlsiegerrungen.DiegroßeMehrheit
derJapanerhatnichtseineLDPgewählt.
DiepolitischeApathiederJapanerhält
an.AbesLiberaldemokraten(LDP)und
ihrKoalitionspartnerKomeitogewinnen,
weildieWählerkeineAlternativesehen,
sagtderPolitologeYuUchiyamavonder
UniversitätTokio.
DieVerfassungsänderung,dieAbe
zumzentralenThemadieserWahlerklärt
hat,spieltefürdiemeistenWählerkeine
Rolle.NachUmfragendesöffentlichrecht-
lichenFernsehensNHKwarjedochauch
nichtklar,obdiefürOktobervorgesehen
ErhöhungderMehrwertsteuerdenAus-
schlagfürdasWahlergebnisgegebenhat
oderdasdrohendeDebakelumdiestaatli-
cheRentenversicherung,vonderseiteini-
genWochenbekanntist,dasssienicht
überdienötigeDeckungfüreineBevölke-
rungverfügt,dieimmerälterwird.
JapansWählerhabensichfürdenSta-
tusquoentschieden,obwohlsiemitihm
unzufriedensind.FürdiemeistenJapa-
nerstagniertdieWirtschaftaufhohemNi-
veau.ImAlltagspürensienichtsvom
Wirtschaftswachstum,dasdieStatistik
ausweist.VielefürchtendieZukunft.
AbersietrauenesderOppositionnicht
zu,fürbessereZeitenzusorgen.Obwohl
Vollbeschäftigungherrscht,arbeitenim-
mermehrjungeLeuteinZeitverträgen
fürschlechteLöhne.Oftkönnensienicht
einmaleineFamiliegründen.Derweilma-
chenvieleExportkonzerneRekordgewin-

ne.Abesagt,wenndieWirtschaftwach-
se,dannprofitierenalle.DieWirklichkeit
widerlegtihn.DieLöhnederFestange-
stelltenstagnierenebenfalls.InJapan
gibteskeinenfunktionierendenArbeits-
markt,derFachkräftemangelinLohn-
druckumwandelnwürde.Esgibtauch
keineunabhängigenGewerkschaften
undkeinePartei,diesichwirksamfürdie
Arbeitnehmereinsetzt.

DasThemaVerfassungsänderung
scheintmitdiesemWahlausgangvorerst
obsoletgewordenzusein.Jenseitsdavon
habendieJapanereineWahlohneInhalt
erlebt.SiebestätigtendasvonAbegebau-
teSystem.Erverfügtnunübermehr
MachtalsjederanderePremierimNach-
kriegs-Japan.AmWahlabendhaterden
SiegderLDPalsBestätigungseiner
Machtfülleinterpretierenundden
Wunschgeäußert,alleJapanersollten
„denwarmenWind“seinerWirtschafts-
politik,derAbenomics,spüren.
Allein:FundamentaleProblemegeht
dieserPremiernichtan.UmdasStaatsde-
fizitzufinanzieren,hältdieNotenbank
trotzguterKonjunkturundVollbeschäfti-
gunganderNullzinspolitikfest.UndAbe
machtkeineAnstalten,diehoheStaats-
verschuldungzurverringern.Dengröß-
tenTeilderzusätzlichenEinnahmenaus
derMehrwertsteuererhöhunghater–Po-
pulist,dererist–bereitswiederverteilt.
NichtnurinderOpposition,sondern
auchinderLDPgibtesKräfte,dierasche
undtiefgreifendeReformenfürzwin-
gendunddiePolitikderVersprechungen
fürgefährlichhalten.Dochvorerstwird
esniemandinderParteiwagen,sichof-
fengegenAbezustellen.JapansZukunft
musswartenbisAbegeht.

G


roßbritannienwirdgroßesInteres-
sedaranhaben,imTanker-Kon-
flikteineinternationaleKoalition
anseinerSeitezuversammeln.Aufden
erstenBlicksolltedasnichtschwerfallen.
Iranbemühtsichnichtwirklich,fürdieKa-
perungderStena Imperoausomanischen
GewässerneineBegründungzukonstruie-
ren.HiergehtesumVergeltung,nachdem
diebritischeMarinezurDurchsetzungei-
nesEU-EmbargosiranischesÖlaufdem
WegnachSyrienaufgehaltenhat–inbriti-
schenGewässernwohlgemerkt.
JuristischliegthiereinKonflikt.Iranar-
gumentiert,diebritischeAktionseiun-
rechtmäßiggewesen.Dasmagteilweise
stimmen.Richtigistaberauch,dassdies

keineVergeltungdurchIranrechtfertigt.
AugeumAugeistimVölkerrechtnichtvor-
gesehen.ZweitensistdieTanker-Episode
keinisolierterVorgang,Irangebärdetsich
schonlangeimmeraggressiver.
Wichtigistnun,dassGroßbritannien
nichtausderIran-AllianzderEuropäer
herausbricht.Deswegenistzweierleige-
fragt:Londonsollteerstenskeineunerfüll-
barenForderungenandiePartnerstellen;
undzweitenssolltendieeuropäischen
HauptakteureFrankreichundDeutsch-
landendlichihrVermittlungspotenzialer-
kennenundIranmitderForderungnach
VerhandlungenunterernsthaftenDruck
setzen.Dabeikannesdannnichtnurum
zweiTankergehen. 

ErmussnachDenHaag,schonwieder.
Seitfast20JahrenistRamushHaradinaj
jetztPolitiker,erträgtgernfeinenZwirn,
ersprichtingewähltemdiplomatischen
Ton,zweimalschonhateresandieSpitze
derRegierungdesKosovogeschafft.
DochdieVergangenheithaternichtab-
schüttelnkönnen,unddieseVergangen-
heitistgeprägtvonKriegundblutigerGe-
walt.Nunhatihndas2017indenNieder-
landeneingerichteteSondertribunalfür
KriegsverbrecheninKosovovorgeladen.
AlsReaktiondaraufistRamushHaradi-
najamFreitagabendvonseinemAmtals
Premierministerzurückgetreten.Fürdas
LandunddieRegionwareseinPauken-
schlag–undeinDéjà-vu-Erlebnis.
DasHaagerSondertribunalhatdieAuf-
gabe,Verbrechenderkosovo-albani-
schenBefreiungsarmeeUÇKzuuntersu-
chen.InderenReihenhattederheute
51-JährigeindenspätenNeunzigerjahren
imKrieggegendieserbischenStreitkräf-
teanvordersterFrontalsRegionalkom-
mandantgekämpft.Seitherwirdervon
deneinenalsHeldverehrt,vonanderen
werdenihmFolterungenundMordevor-
geworfenanSerben,anRomaundanalba-
nischenKollaborateuren.
Schon2005hatsichHaradinajdeshalb
inDenHaagvordemJugoslawien-Tribu-
naleinerAnklagewegenKriegsverbre-
chenundVerbrechengegendieMensch-
lichkeitstellenmüssen.Auchdamalstrat
eralsPremierzurück.2008wurdeerfrei-
gesprochen–ausMangelanBeweisen.
DieserBeweismangelrührtewohlnicht
zuletztdaher,dasswichtigeZeugenzuTo-
degekommenodereingeschüchtertwor-
denwaren.MitdieserBegründungjeden-
fallswurdeeinTeildesProzesseswieder-
holt.Doch2012folgtederzweiteFrei-

spruch,undHaradinajdurftesichüberei-
nenHeldenempfanginderHeimatfreu-
en.
Dort,indergebirgigenGegendWestko-
sovos,warer1968alsältestesvonsieben
KinderneinerBauernfamiliegeboren
worden.Freiwillighatteersich1988zum
DienstinderjugoslawischenArmeege-
meldet.AberalsderDruckderSerbenauf
diealbanischeBevölkerungKosovosim-
merstärkerwurde,setzteersich1989in
dieSchweizab,woerpolitischesAsylbe-
kam.ErschlugsichdurchalsTürsteher
undKampfsport-Trainer,schlosssichim
ExilfrühdembewaffnetenWiderstand

anundkehrte1998alsUÇK-Untergrund-
kämpfernachKosovozurück.
ImKriegstarbenzweiseinerBrüder,
eindritterwurdespäterauseinemAuto
herauserschossen,undauchRamushHa-
radinajfandeherschwervomKampfzur
Politik.BeieinermitWaffenundSpreng-
stoffausgetragenenFehdemiteinerande-
renFamiliewurdeerimJahr2000so
schwerverletzt,dasserzurBehandlung
ineinMilitärkrankenhausnachDeutsch-
landausgeflogenwurde.IndenFolgejah-
renfielseinNameimmerwiederinZu-
sammenhangmitKorruptionundOrgani-
sierterKriminalität.
Dennochgelangesihm,sichmitseiner
2001gegründetenParteiAllianzfürdie
ZukunftKosovo(AAK)alspolitischeKraft
zuetablieren.Nebenhererwarbernoch
einJura-DiplominPristinaundgewann
mitkraftvollerReform-Rhetorikauchdas
VertrauenvielerwestlicherPolitiker.Als
er2005zumerstenMalnachDenHaag
aufbrach,verabschiedeteihnderdamali-
geChefderUN-Missionals„Freund“.
BisheutesetztderWestenzurStabili-
sierungKosovosaufdiestarkenMänner
ausderaltenUÇK.DasnachlangemGe-
zerregeschaffeneSondertribunalkönnte
diesesSystemnunabererschüttern
durchErmittlungenundmöglicheAnkla-
gen.NebenHaradinaj,der2017alsFront-
manneinerAllianzehemaligerKriegsfüh-
rerandieRegierungsspitzegerücktwar,
könntendieHaagerErmittlerbaldauch
denStaatspräsidentenundfrüherenUÇK-
ChefHashimThaçiinsVisiernehmen.Ko-
sovoalsostehtvorunruhigenZeiten,
dochfürsErstehatHaradinajseineAn-
hängerberuhigt.ErwerdevordemTribu-
nalseine„EhrealsalbanischerKämpfer“
verteidigen. 


E


inPräsidentenamtalleinreichtfür
eineZeitenwendenichtaus.Umdie
Ukraineumzukrempeln,braucht
WolodimirSelenskijaucheinekraftvolle
MachtbasisimParlament,unddiehater
sichnunverschafft.DasLandstehtvor
aufregendenMonaten,denndieOberste
RadawirdkünftigzueinemgroßenTeilge-
fülltseinmitunbedarftenAbgeordneten.
DieSehnsuchtnachjungenGesichternist
enorm;sieistSinnbildfürdenWunsch,
diealte,zumTeilautoritärepolitischeEli-
teauszutauschenundPlatzzuschaffen
fürkonsequentenReformwillen.
InderWechselstimmungspiegelnsich
vorallementtäuschteHoffnungenjener
Ukrainer,diesichnachdemMaidaneinen

spürbarbesserenLebensstandarderhoff-
ten.Siezeigtauch,wielebhaftdieDemo-
kratieinderUkrainedochgewordenist,
dasseseinenWettbewerbpolitischerPar-
teiengibt,selbstwennderenProgramme
lockeraufeinBlattPapierpassen.
BeiallemErfolgfürdasSelenskij-La-
gerbirgtdieAbstimmungeinRisiko:Der-
arthochsinddieErwartungenandiepoli-
tischenNeulinge,dassneuerlicheEnttäu-
schungenkaumausbleibenwerden.Frie-
deninderOstukraineistohneMoskau
nichtzumachen,undderKampfgegen
KorruptionisteineFragevonJahren,
nichtvonMonaten.Fürerheblichmehr
WohlstandbrauchtesnunauchmehrGe-
duld.  

HERAUSGEGEBENVOMSÜDDEUTSCHENVERLAG
VERTRETENDURCHDENHERAUSGEBERRAT
CHEFREDAKTEURE:
KurtKister,WolfgangKrach
MITGLIEDDERCHEFREDAKTION,DIGITALES:
JuliaBönisch
NACHRICHTENCHEFS:IrisMayer,UlrichSchäfer
AUSSENPOLITIK:StefanKornelius
INNENPOLITIK:FerdosForudastan;DetlefEsslinger
SEITEDREI:AlexanderGorkow;KarinSteinberger
INVESTIGATIVERECHERCHE:BastianObermayer,
NicolasRichterKULTUR:AndrianKreye,SonjaZekri
WIRTSCHAFT:Dr.MarcBeise
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DRUCK:SüddeutscherVerlagZeitungsdruckGmbH,
ZamdorferStraße40,81677München


  

F


aceAppheißtdiederzeitbeliebteste
SpielereiaufdenSmartphonesder
Welt.MitHilfekünstlicherIntelli-
genz(KI)lassensichGesichtervirtuellal-
tern,wenneinPorträtfotoindieAppgela-
denwird.DerEffektistebensounheim-
lichwielustig,daskleineProgrammhat
vieleMillionenNutzer.
Wastatsächlichunheimlichistandie-
semSpiel:DieFotosbleibennichtaufdem
Handy,sondernwandernzumrussischen
Hersteller.DaslöstevergangeneWoche
Panikaus.DerdeutscheDatenschutzbe-
auftragtewarntevorderApp,einUS-Sena-
torriefnachdemFBI.Offensichtlichkann
essichdieFirmaleisten,diestrengenRe-
gelnderDatenschutz-Grundverordnung
(DSGVO)zuignorieren.
FaceAppistabervergleichsweiseharm-
losangesichtsdeswahrenProblems:Aus
Gesichtserkennungs-Technikwirdder-
zeitdienächsteStufederÜberwachungs-
gesellschaftgebaut.FaceAppsSammlung
vonGesichtsfotosistnureinevonvielen.
DieArchitektenderSystemebrauchen
möglichstvieleBilder,mitderenHilfe
lernfähigeAlgorithmenihren„Blick“
schärfen.NachTausendenRechengängen
könnensieGesichterbesserundschneller
vergleichenalseinMensch.
ÜberwachungskamerasinUniversitä-
tenoderCaféssindGoldgrubenfürdieof-
feneForschunganbiometrischenDaten-
banken:GesichtervonMillionenahnungs-
loserMenschensindsoschonzuÜbungs-
materialverarbeitetworden–etwafür
Software,dieKampfdrohnenzurZieler-
kennungdient.AndereForscherwollen
Programmenbeibringen,sexuelleOrien-
tierungamGesichtzuerkennen:Outing-
Maschinen–eineHorrorvorstellung.
AuchFacebook,GoogleundMicrosoft
verfügenüberSammlungenHunderter
MillionenFotosvonGesichtern.KI-For-
scherinUnternehmenundStreitkräften

suchennichtnursauberfotografierte
Passbilder,aufdenenAugenundOhren
klarerkennbarsind;auchFotosausderÖf-
fentlichkeitsindfürsiewertvoll:Men-
schen,diebeischlechtemLichtüberStra-
ßenhuschen,denMundvomSchalver-
deckt.DieseBildertrainierenAlgorith-
men,einGesichtauchinunübersichtli-
chenSituationenausderMengezupi-
cken.DrohnenflügeüberDemonstratio-
nenliefernBilder,umTeilnehmerautoma-
tischzuidentifizieren.

AuchdeutscheBehördenschaffenFak-
ten.InnenministerHorstSeehoferwilldie
Gesichtserkennung„breiteinführen“,die
vonderPolizeiamBerlinerSüdkreuzge-
testetwird.WergenugKamerasaufstellt,
kanneinePersonverfolgenlassen.DasGe-
sichtwirdzumPeilsender,denmannicht
loswerdenkann.NachdenG-20-Krawal-
lenjagteHamburgsPolizeiBildermut-
maßlicherRandaliererdurchSpezial-Soft-
ware,umsieaufanderenFotoszufinden.
ErfasstwurdenauchfriedlicheDemons-
tranten,derFallgehtvorGericht.
DieGeneralprobeläuftfüreinSystem,
dasmiteinemGedächtnisfürGesichter
austausendAugenaufdieBürgerblickt.
Niemandweiß,inwelchenDatenbanken
seinAntlitzlagert–geschweigedenn,wie
essichwiederherauslöschenlässt.Daten-
schützermüssenalsodieDSGVOdurch-
setzen.PlattformenwieFacebookund
InstagrammüssenihreNutzeraufklären,
wasmitbiometrischenDatenpassieren
kann.UnddiePolitikmussgenauprüfen,
wasdiePolizeimitderTechniktut,denn
fürdiegiltkeineDSGVO.DenBürgernsoll-
tederFallFaceAppbewusstmachen:Ihr
Gesicht,derSpiegelihrerIndividualität,
istfüranderelediglicheinRohstoff.

D


ieneueVerteidigungsministerin
hateinenFehlerihrerVorgängerin
korrigiert.UrsulavonderLeyen
hattederBundeswehrwegeneinzelner
rechtsextremistischerAktivitätenein
„Haltungsproblem“unterstellt.Auch
wennsiedenVorwurfspäterrelativierte,
belasteteerdasVerhältniszurTruppebis
zumSchluss.AnnegretKramp-Karren-
bauerhatnunerklärt,esgebekeinenGe-
neralverdachtgegendieSoldaten.Dasist
richtig,abernichtdasEndederDebatte.
IneinerInstitutionwiederBundes-
wehristjedereinzelneFallrechtsextre-
merGesinnungeinProblem.UnddieSor-
ge,dassdieTruppewieauchPolizeioder
Geheimdiensteunterwandertwerden

könnten,istnichtunbegründet.Wortmel-
dungenwieessieausderAfDzuKramp-
KarrenbauersErnennunggab,alsvonei-
nemAufstandderGeneräledieRedewar,
lassenzudemaufeininakzeptablesVer-
ständnisvonderRollederBundeswehrim
demokratischenStaatschließen.
Kramp-KarrenbauerhatdieseAngriffe
zurückgewiesen.AlsCDU-Chefindarfsie
das,undauchdieFürsorgepflichteiner
MinisteringebietetklareWorte.Trotz-
demistihreAufgabevorallem,dieZusa-
genüberUnterstützungundRückhaltein-
zuhalten,diesiedenSoldatengemacht
hat.DasistimmerdasbestepolitischeMit-
tel,umMenschengegenfalscheVerführer
zuimmunisieren. 

M


anmusskeinFreundder
Exzellenzstrategiesein,
umfestzuhalten,dassder
akademischeWettlaufum
RuhmundGeldamEnde
auchetwasÜberraschendesproduziert
hat:NachderVerkündungderErgebnisse
amFreitaggingdieoftsoverschlossene
Wissenschaftsweltsorichtigaussichher-
aus.Diescientific community,diesichger-
neinLaborenundhinterBüchernver-
stecktundauchsprachlichmancheBrü-
ckezurWeltabgebrochenhat(Waswar
nochmaleinExzellenzcluster?),siesang,
lachteundfeierte–zumindestda,woeset-
waszufeierngab.AusBerlinhateinhüb-
schesVideodenWeginsInternetgefun-
den,aufdemderVorstandsvorsitzende
derehrwürdigenCharitéalsDJderMenge
einheizt.DerElfenbeinturmbebt–undal-
lekönnenzusehen.

SektoderSelters,dashattensieinBer-
linalsZeileüberdenAbendgeschrieben,
alsnochnichtklarwar,obdiegemeinsa-
meBewerbungderdreiUniversitätenvon
Erfolggekröntseinwürde.Esistsoetwas
wiedasinoffizielleMottodesgesamten
Exzellenzwettbewerbs.Erteiltdiedeut-
schenUniversitäteninGewinnerundVer-
liererein.AufdereinenSeitestrahlennun
dieroutiniertenSeriensiegerausMün-
chen,derAufsteigerausHamburg,die
strebsameViererketteausBaden-Würt-
temberg,dereinsameSterndesOstens
ausDresden.AufderanderenSeitelecken
dieGeschlagenenihreWunden,allenvor-
anderAbsteigerausKöln.Bundesfor-
schungsministerinAnjaKarliczekmoch-
teamFreitagnochsooftbetonen,dassbei
diesemWettstreitletztlichallegewonnen
haben–amEndeheißtesallesoder
nichts.Dasgiltnunsogarnochmehrals
früher:DasGeldfürdieExzellenzunis
fließtindennächstenJahrenpotenziell
ohnezeitlicheBegrenzung.
Darfdassein?DarfmandenLeistungs-
gedankendesSportsoderdenWettbe-
werbsgedankenderWirtschaftaufdie
Universitätenübertragen?DieseFragebe-
gleitetdieExzellenzförderung,seitsie
2006vonderdamaligenrot-grünenBun-
desregierunginsLebengerufenwurde.
AlsakademischeVersiondesFörderns
undFordernssolltesiedieUniversitäten
zuHöchstleistungenanstacheln,aufdass
sieiminternationalenVergleichwieder
mithaltenkönnen.
Heutemussmansagen:MitHarvard
undYale,mitOxfordundCambridgekön-
nensichMünchenoderKarlsruhenoch

immernurbedingtmessen.Wieauch?Die
Exzellenzinitiative,die2016zurExzellenz-
strategiewurde,verteiltzwarvielPresti-
ge,abervergleichsweisewenigGeld.Ins-
gesamt148MillionenEuroerhaltendie
elfSiegerkünftigproJahr–proExzellenz-
universitätsinddaszehnbis15Millionen
Euro.EinebescheideneSumme.DieTU
MünchenverbuchteimJahr2018Gesamt-
einnahmenvon1,6MilliardenEuro.In
DeutschlandistsiedamiteinRiese,inter-
nationalnurMittelmaß.Harvardnahm
2018fünfMilliardenDollarein.
TrotzdemwarundistdieIdeerichtig,
Spitzenforschungzufördern.DasExzel-
lenzprogrammhatdieUniversitätennicht
nurinpermanentenAntragsstressver-
setzt(wiestetskritisiertwird).Eshatim
RahmenseinerfinanziellenMöglichkei-
tendenschwerfälligenInstitutionenBei-
negemacht,Kräftefreigesetztundihnen
auchinternationalAufmerksamkeitver-
schafft.Dasistnichtwenig.
DassdieExzellenzförderungdennoch
bisheutevieleerbitterteGegnerhat,gera-
deunterStudierendenundimsogenann-
tenMittelbauderUniversitäten,hateinen
anderenGrund:AlleUniversitätenin
Deutschlandsindchronischunterfinan-
ziert,alleinderSanierungsaufwandfür
dieGebäudegehtindieMilliarden.Ihre
Grundmittel,alsodasGeld,dasihnenfest
zusteht,wurdenübervieleJahrezusam-
mengestrichen;überlebenswichtigwer-
denjetztdieDrittmittel,diedieUniversitä-
teneinwerbenkönnen–allerdingsmitAb-
laufdatum.UnddiesesAblaufdatumfin-
detsichalsBefristungindenVerträgen
AbertausenderUniversitätsmitarbeiter
wieder,diesichausgutemGrundalswis-
senschaftlichesPrekariatempfinden.
VordiesemHintergrundwirkendieEx-
zellenzprogrammeaufvieleKritikerwie
Hohn:AlsnehmemanallenUniversitäten
erstdasDachüberdemKopfundlassesie
sichdannumelfRegenschirmebalgen.
DochdasProblemistnichtderWett-
kampfumdieRegenschirme.DasPro-
blemistdasfehlendeDach.
NachderEntscheidungvomFreitager-
hältdieWissenschaftvielLobvonkundi-
genBeobachtern.IhrenVertreternseies
gelungen,denAuswahlprozessansichzu
reißenundderPolitikfürdieverfügbaren
elfPlätzegenauelfKandidatenzupräsen-
tieren.DasistinderTatbemerkenswert.
EinennochgrößerenTriumphaberfür
dieGesamtheitihrerMitarbeiterkönnte
dieWissenschafteinfahren,wennsieder
PolitikeinebessereGrundausstattungab-
ringt.DieSpitzezustärkenunddieBreite
nichtzuvergessenwäreeinexzellentes
undbesondersnachhaltigesMittelgegen
dieAngst,dassesdemnächstnurnoch
UniversitätenersteroderzweiterKlasse
gebenkönnte.

DieschiergrenzenloseWeite
desMeeres,diesomanchein
Sommerurlauberderzeitbe-
wundert,istimSeerechtge-
naustensaufgeteiltundge-
hörtzudenältestenRegelungsbereichen
desVölkerrechts.DasSeerechtsüberein-
kommen(SRÜ),am10.Dezember1982in
MontegoBayinJamaikakodifiziert,legt
diekonkretenBefugnissederKüstenstaa-
tenfest.SoistdasHoheitsgewässerjenes
Gebiet,dassichbiszuzwölfSeemeilen(et-
wa22Kilometer)vorderKüsteerstreckt.
DortkannderAnrainerstaatsämtlicheHo-
heitsrechtefürsichbeanspruchen.Inder
sogenanntenAnschlusszone(weitere
Seemeilen)kannerhoheitlicheRechte
wieZoll-,Steuer-undEinwanderungsbe-
stimmungenausübenundanschließend
nocheinebiszu200Seemeilenbreite
Wirtschaftszonegeltendmachen.Inder
könnenKüstenstaatenetwaFischvorkom-
menundBodenschätzenutzen.ImFalle
desvonIranfestgesetztenbritischenTan-
kersberuftsichLondonnunaufdasSee-
völkerrecht.DennalsiranischeRevoluti-
onsgardendieunterbritischerFlagge
fahrende Stena Impero festsetzten,
befandsichderÖltankerinomanischen
Hoheitsgewässern.IneinemBriefanden
UN-SicherheitsratbezeichnetLondon
IransHandelnals„illegalenEingriff“und
erwägtSanktionen.DasVölkerrechtver-
lange,dassdasRechtaufDurchreise
nichtbehindertwerde,hießes. 

4 HF3 (^) MEINUNG Montag,22. Juli 2019, Nr. 167 DEFGH
FOTO: LAURA HASANI/REUTERS
JAPAN
In der Abe-Lethargie
BIOMETRIE
Das wahre Gesicht
TANKER-KONFLIKT
Iran will es wissen
BUNDESWEHR
Klar zur Abwehr
Elektroautos–festgefahrenimParagrafendschungel -:
UKRAINE
Voller Erwartungen
UNIVERSITÄTEN
Sekt oder Selters


AKTUELLESLEXIKON
Hoheitsgewässer
PROFIL
Ramush
Haradinaj
Ex-Premier,
eingeholt von der
Vergangenheit
Japanerlebteineunpolitische
Wahl,AlternativenzumPremier
werdeneinfachnichtsichtbar
Gesichtserkennungist
fürUnternehmenundStaat
einÜberwachungsinstrument
DerExzellenz-Wettbewerb
musssein–undeinehöhere
Grundausstattungfüralle
ЛИ
ЗП
ОД
ГО
ТО
Geheimdiensteunterwandertwerden
О
GeheimdiensteunterwandertwerdenGeheimdiensteunterwandertwerdenGeheimdiensteunterwandertwerdenВВИ
ge,dassdieTruppewieauchPolizeioder
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ge,dassdieTruppewieauchPolizeioder
GeheimdiensteunterwandertwerdenGeheimdiensteunterwandertwerdenИ
Л
ge,dassdieTruppewieauchPolizeioder
Л
ge,dassdieTruppewieauchPolizeioder
Geheimdiensteunterwandertwerden
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Geheimdiensteunterwandertwerden
ge,dassdieTruppewieauchPolizeioderge,dassdieTruppewieauchPolizeioderАГ
merGesinnungeinProblem.UnddieSor-
Г
merGesinnungeinProblem.UnddieSor-
ge,dassdieTruppewieauchPolizeioderge,dassdieTruppewieauchPolizeioderГ
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merGesinnungeinProblem.UnddieSor-
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merGesinnungeinProblem.UnddieSor-
ge,dassdieTruppewieauchPolizeioder
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merGesinnungeinProblem.UnddieSor-merGesinnungeinProblem.UnddieSor-УП
wehristjedereinzelneFallrechtsextre-
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wehristjedereinzelneFallrechtsextre-
merGesinnungeinProblem.UnddieSor-merGesinnungeinProblem.UnddieSor-П
wehristjedereinzelneFallrechtsextre-wehristjedereinzelneFallrechtsextre-ПП
merGesinnungeinProblem.UnddieSor-
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