dpa
Die Einnahmen
werden kaum
wachsen,
und an die Kosten
geht keiner ran.
Philipp Koch
McKinsey
2,8 Mrd. €
2007 2018
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0
Trendwende
Gewinne deutscher
Vermögensverwalter in Mrd. Euro
HANDELSBLATT
Ohne Manager für alternative Strategien
Quelle: McKinsey
Ingo Narat Frankfurt
S
ie sind wie siamesische
Zwillinge: Asset-Manager
und die Wertpapiermärk-
te. Wenn es an der Börse
nicht läuft, dann bekom-
men auch die Vermögensverwalter
Probleme. Ihre Einnahmen sind stark
an das betreute Kapital gekoppelt.
Wegen des Aktieneinbruchs im vier-
ten Quartal des vergangenen Jahres
rutschte das Vermögen der europäi-
schen Asset-Manager nach Berech-
nungen der Unternehmensberatung
McKinsey zum Jahresende 2018 auf
21,1 Billionen Euro. Die Erträge fielen
im Jahresvergleich um zwei Prozent
auf 18 Milliarden Euro. Es ist der erste
Rückgang seit langer Zeit und damit
ein Einschnitt.
Noch dramatischer sieht die Lage
für die deutsche Branche aus. An die-
sem Montag wird die Unternehmens-
beratung die Zahlen für das zurück-
liegende Jahr veröffentlichen. „Die
Gewinne fielen um 15 Prozent auf das
Niveau von 2016: von 3,3 auf 2,8 Mil-
liarden Euro“, sagt McKinsey-Experte
Philipp Koch dem Handelsblatt (siehe
Grafik). Es handelt sich um einen
markanten Trendbruch: „Das ist der
erste Rückschlag seit 2011.“ Ein Bei-
spiel liefert die DWS. Der Gewinn der
Deutsche-Bank-Fondstochter fiel im
Jahresvergleich von 747 auf 625 Mil-
lionen Euro. Die nationalen Vermö-
gensverwalter sind eine Branche von
Gewicht. Sie verwalten gut drei Billio-
nen Euro, davon rund zwei Drittel
für institutionelle Kunden wie Versi-
cherungen, Pensionskassen und Stif-
tungen.
Bei den rückläufigen Gewinnen
dürfte es sich um kein einmaliges Er-
eignis handeln. Der Blick auf das lau-
fende Jahr ist eher verhalten. Laut
Koch werden die Gewinne nicht wie-
der steigen, eine Rückkehr auf den
Wachstumspfad der Vorjahre sei un-
wahrscheinlich. „Wir erwarten eher
eine Stagnation. Die Einnahmen wer-
den kaum wachsen, und an die Kos-
ten geht keiner ran“, prognostiziert
der McKinsey-Experte.
Entscheidenden Einfluss auf die
Gewinne hat der Börsentrend. Koch
erklärt den Gewinnrückschlag im
vergangenen Jahr mit einem Effekt
der sinkenden Aktienkurse: „Die
schwachen Börsen senken das ver-
waltete Volumen und lassen Er-
folgsgebühren wegfallen.“ Diese Er-
folgsgebühren seien in Deutschland
stärker verbreitet als in anderen eu-
ropäischen Ländern. Sie fließen
den Asset-Managern nur zu, wenn
sie gute Erträge erwirtschaftet ha-
ben. Es ist eine zweite Einnahme-
quelle neben den jährlichen Fixge-
bühren, die als fester Prozentsatz
des verwalteten Kapitals standard-
mäßig verlangt werden.
Private sorgen für Gewinne
Der Blick auf die Gewinnmarge illus-
triert die Malaise der Anbieter: Bei
den Asset-Managern blieben über alle
Kundengruppen hinweg im Jahres-
vergleich nach 0,183 Prozent im Jahr
2017 noch 0,146 Prozent des verwal-
teten Kapitals hängen. „So gering war
die Marge noch nie seit 2009“, regis-
triert Koch. Neben den schlechten
Börsen spiele der anhaltende Gebüh-
rendruck eine Rolle.
Entscheidenden Einfluss hat dabei
das immer noch margenträchtige Ge-
schäft mit privaten Endkunden. Hier
sackte die Gewinnmarge von 0,311 im
Vorjahr auf 0,256 Prozent des verwal-
teten Kapitals. „Im Privatkundenge-
Das Ende der Rekorde
Vermögensverwalter machten viele Jahre immer mehr Gewinn.
Doch der Börsensturz des vergangenen Jahres ließ die Erträge
einbrechen – besonders innerhalb der deutschen Branche.
Vermögensverwalter
Größe als
Vorteil
Durch die globale Brille betrachtet
erscheinen die deutschen Vermö-
gensverwalter fast zwergenhaft.
Die DWS, Fondstochter der Deut-
schen Bank, taucht als größtes na-
tionales Haus in der internationa-
len Hitliste mit knapp 700 Milliar-
den Euro erst auf Platz 23 auf. An
der Spitze liegen die Mega-Adres-
sen für die immer populäreren In-
dexfonds: Blackrock betreut inzwi-
schen über fünf, Vanguard über
vier Billionen Euro. „Die sind viel
schneller gewachsen als ihre Kon-
kurrenten“, registriert Stuart Par-
ker, Chef des großen US-Verwalters
PGIM Investments.
McKinsey-Experte Philipp Koch
hat den Wachstumstrend über ei-
nen Zeitraum von zehn Jahren ana-
lysiert: „Wir sehen bisher schon:
Die Großen werden größer, die Mit-
telgroßen zwischen 100 Milliarden
Euro und einer Billion Euro Kapital
dagegen schrumpfen.“ Damit seien
viele Adressen in einer bedrohli-
chen Lage, das könne zu Fusionen
und Aufkäufen führen, meint Koch.
Treiber wären schwächere Erträge
dank sinkender Margen bei parallel
steigenden Kosten.
Auch für Parker ist der Weg vor-
gezeichnet: „Wir haben schon Zu-
sammenschlüsse von Invesco und
Oppenheim gesehen, von Janus und
Henderson. Die bestätigen, dass es
auf den Größenvorteil ankommt.“
Im August 2017 hatten die briti-
schen Vermögensverwalter Stan-
dard Life und Aberdeen Asset Ma-
nagement fusioniert. Zuvor hatte
bereits die britische Henderson
Group den US-Verwalter Janus Capi-
tal gekauft. Eine Vergrößerung der
Vertriebsregionen und Kostenein-
sparungen waren wichtige Motive
gewesen. Entgegen dieser positiven
Formulierung spricht ein Fach-
mann, der namentlich nicht ge-
nannt werden will, allerdings von
einer „Verzweiflungstat“. Beide An-
bieter allein seien schlicht zu klein
gewesen.
Ein Verwalter mit großem Kapi-
talbestand hat nach Ansicht von
PGIM-Mann Parker viele Vorteile.
Dazu gehöre auch eine breitere Pro-
duktpalette: „Das kommt Investo-
ren und Vertriebspartnern entge-
gen, denn beide wollen mit weniger
Partnern zusammenarbeiten, die
aber gleichzeitig mehr im Asset-Ma-
nagement bieten.“ Auf der Produkt-
seite zählen dazu nicht mehr aus-
schließlich Strategien für die wich-
tigsten Wertpapierklassen Aktien
und Anleihen sowie passende Mi-
schungen. In Zeiten der Niedrigzins-
welt gehören dazu immer häufiger
alternative Investmentformen wie
Immobilien, Private Equity, Infra-
struktur und Kredite. Hier sind
auch die Margen noch hoch.
Jenseits solcher strategischer
Überlegungen hängt die Ertragslage
der Verwalter kurzfristig vom Bör-
sentrend ab. Angesprochen auf die
Perspektive für das laufende Jahr,
fühlt sich Parker etwas hilflos. „Die
Dinge können sich so schnell än-
dern. Das haben wir mit der plötzli-
chen Wende in der Geldpolitik der
Notenbanken gesehen“, erinnert er.
Das habe den Wertpapierkursen
Schub gegeben. Eine Antwort auf
die Frage nach dem Börsenausblick
sei daher kaum möglich: „Ich bin
kein Hellseher.“ Ingo Narat
Finanzen & Börsen
MONTAG, 22. JULI 2019, NR. 138
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