Die Welt am Sonntag - 28.07.2019

(Barry) #1
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28.07.19 28. JULI 2019WSBE-HP


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14 THEMA * WELT AM SONNTAG NR.30 28.JULI


Sie unterrichtet Sales Management an
der Ruhr-Universität Bochum und hat
nebenbei eine eigene Kosmetikmarke
entworfen, „Vie Halal“ heißt sie. Auf
dem Glastisch in der Sofaecke steht eine
Pyramide aus bunt glänzenden Schach-
teln. Ihr erstes Produkt ist eine Haut-
creme mit dem Namen „Identity“.
Die „Identität“ kostet 89,90 Euro und
ist in erbsengroßer Menge aufs Gesicht
aufzutragen und sanft einzuklopfen, er-
fährt man auf den Seiten des Online-
Shops. Modische junge Frauen mit und
ohne Kopftuch bewerben die Creme.
Auf dem Instagram-Profil ihres Unter-
nehmens postet Ryari Kurzbiografien
von weiblichen Vorbildern wie der Frie-
densnobelpreisträgerin Malala Yousaf-
zai, dem pakistanischen Mädchen, das
sich für die Bildung von Frauen einsetz-
te und deshalb von den Taliban atta-
ckiert wurde.
Die Werbung soll starke Frauen an-
sprechen – „abholen“, sagt die Marke-
tingexpertin. Frauen, die wie sie zwi-
schen zwei Welten wandeln und ihre
Identität irgendwo im Spannungsfeld
zzzwischen modernem Alltag und konser-wischen modernem Alltag und konser-
vativen Traditionen verorten. Wenn
RRRyari gefragt wird, woher sie kommt,yari gefragt wird, woher sie kommt,
antwortet sie: „Ich bin deutsche Musli-
ma“, schon gewappnet für das Stirnrun-
zeln und stete Nachhaken, wo sie denn
„eigentlich“ her sei. Deutsch und Mus-
lim sei für viele immer noch ein Wider-
spruch, sagt sie. Deswegen schiebt sie
meist den Halbsatz „mit marokkani-
schen Wurzeln“ hinterher.
Sie ist im Ruhrgebiet geboren, ihre El-
tern stammen aus Nador, einer Fischer-
stadt im Nordosten Marokkos. Der Vater
hat bis zur Rente bei der Deutschen
Bahn gearbeitet, die Mutter ist Hausfrau.
Beide Eltern sind nach Mekka gepilgert,
die obligatorische Reise für jeden gläubi-
gen Muslim, der es sich leisten kann. Ih-
re Mutter trägt Kopftuch, sie nicht. Aber
sie ernährt sich streng halal, betet und
hält die Fastenzeit ein. Einen Wider-
spruch sieht sie darin nicht: „Ich finde,
jede Frau sollte für sich entscheiden, wie
sie ihren Glauben lebt.“
Ryari hat ihren Mann mit zum Ge-
spräch gebracht. Er hat sich einen Platz
ein paar Meter abseits der Sofaecke ge-
sucht, hört zu und schweigt. Die Firma
ist ihre Sache, er arbeitet als Papierma-
cher. Auch seine Familie stammt aus
Marokko. In beiden Elternhäusern kam
kein Schweinefleisch auf den Tisch, und
sie hielten es nach der Heirat weiter so.
Wenn es im Kindergarten Bockwurst
gab, gaben sie ihrer Tochter Geflügel-
würstchen mit. Als die Kleine im Super-
markt einmal nach Frankfurtern griff,
erklärte Ryari ihr, dass die nicht erlaubt
sind. Fortan fragte die Tochter bei je-
dem Einkaufsgang: „Mama, ist das auch
halal?“ Die Mutter fing an, die Packun-
gen umzudrehen, und stellte fest, dass
selbst in dem Frischkäse, den sie gerne
aßen, Schweinegelatine und Alkohol
enthalten war. „Das war der absolute
Schock“, sagt Ryari. Damals habe sie
entschieden, wenn sie schon halal lebt,
dann auch richtig.
In Lippenstiften werden Schweine-
fffett, in Hautcremes Ethanol oder Protei-ett, in Hautcremes Ethanol oder Protei-
ne wie Kollagen und Elastin verwendet,
die aus Haut und Sehnen von Schweinen
und Rindern extrahiert werden, erklärt
sie. „Nach den Vorschriften im Koran ist
Schwein und Alkohol in jeglichem Kon-
takt bedenklich. Lippenstift esse ich im
Prinzip, wenn ich mit der Zunge dran-
stoße. Und auch die Haut nimmt solche
Stoffe auf.“ Weil sie auf dem deutschen
Markt keine alternativen Produkte fand,
die ihr gefielen, gründete sie eine eigene
Kosmetiklinie.
Ein Siegel versichert, dass „Identity“
halal ist. Monatelang hat sie gesucht, bis
sie eine Fabrik fand, die sich auf den auf-
wendigen Zertifizierungs-Prozess ein-
ließ. Denn das bedeutet, dass die Ma-
schinen nicht mit Ethanol gereinigt wer-
den und in den Schmierstoffen keine tie-
rischen Fette stecken dürfen. Hanaa
RRRyari betont, dass sich auch Veganer füryari betont, dass sich auch Veganer für
ihre Creme interessierten, da gebe es
schließlich große Schnittmengen. Außer-
dem sei Alkohol sowieso schlecht für die
Haut, halal also für alle gut, sagt sie.

E


gal, mit welchem Unternehmer
man spricht, jeder bemüht sich,
die religiöse Vorschrift zu einem
weltlichen Qualitätsanspruch umzudeu-
ten. Der Trend, heißt es dann, sei eine
Parallele zur generell bewussteren Le-
bensweise, zu vegan oder bio.
So kann man sie interpretieren, die
Halal-Bewegung: als selbstbewusste
Teilhabe an der Konsumgesellschaft.
AAAber es gibt auch Stimmen, die das Ge-
genteil darin sehen: eine rigide Abschot-
tung in der Parallelgesellschaft.

Ein Post auf Facebook, vom 31. Mai
2 019. „Ich bin Muslim. Ich (...) glaube nicht
alles wortwörtlich, was im Koran geschrie-
ben steht, zweifle, lehne das Kopftuch ab,
weil es die Geschlechter trennt, bete auf mei-
ne Art und wann ich will. Niemand hat das
Recht mir deshalb das Muslim-Sein abzu-
sssprechen. Ich bin bereit vor Gott zu stehenprechen. Ich bin bereit vor Gott zu stehen
und mit ihm zu streiten und zu fragen, was
iiihn an einem Glas Rotwein so stört.“hn an einem Glas Rotwein so stört.“Ge-
schrieben hat das Ahmad Mansour,
Schulpsychologe und Autor. Mansour
meldet sich von unterwegs, er ist gerade
aaauf Lesereise mit seinem Buch „Klartextuf Lesereise mit seinem Buch „Klartext
zur Integration. Gegen falsche Toleranz
und Panikmache“. In Mainz, Fulda und
Lippstadt erzählt er, was aus seiner Sicht
schiefläuft bei der Integration.
Der Facebook-Post ist sein jüngstes
Beispiel. 2000 Leser haben das kom-
mentiert, viele beben vor Wut. Kafir!
Ungläubiger! Wer Alkohol trinkt, kann
kein Muslim sein. „Dieses Schwarz-
WWWeiß-Denken hat in den letzten zehneiß-Denken hat in den letzten zehn
Jahren massiv zugenommen“, sagt
Mansour. Dahinter sieht er „harte Mis-
sionierungsarbeit, teilweise gesteuert
aus dem Ausland“. Die Imame von Ditib,
dem türkisch-islamischen Dachverband,
seien in der Türkei sozialisiert und hät-
ten keine Ahnung von der Lebensrealität
der Muslime in Deutschland. Und so
predigten sie: „Du darfst zu keiner Feier
gehen, wo Alkohol ausgeschenkt wird.“

M


ansour ist 44 Jahre alt, 2004
zog er aus Israel zum Studium
nach Berlin. Die Frage, ob et-
was halal ist oder nicht, hatte sich da-
heim in seinem arabischen Dorf nie ge-
stellt. Nun bekam er plötzlich Kom-
mentare wie: „Du kaufst dein Fleisch
bei Lidl? Das geht gar nicht!“ Die Com-
munity kontrolliere sich gegenseitig,
sagt er, in steter Furcht vor dem Identi-
fikationsverlust, dem Gefühl, nicht
mehr zu wissen, wer man ist und wo
man hingehört. Beweisen, dass man im-
mer noch Muslim ist, geht mit einer Tü-
te schweinegelatinefreier Haribo in der
Hand leichter als mit einem Facebook-
Post über Spiritualität.
„Halal und haram sind die häufigsten
WWWörter auf Schulhöfen und Blogs“, sagtörter auf Schulhöfen und Blogs“, sagt
Mansour. Im privaten Konsumverhalten
sieht er erst einmal kein Problem, soll
doch jeder kaufen und essen, was er will.
AAAber: „Ich beobachte schon bei kleinenber: „Ich beobachte schon bei kleinen
Kindern, dass da riesige Mauern sind,
die den normalen Umgang mit Nicht-
Muslimen behindern.“
Ein Beispiel: Emil lädt seinen Freund
Hassan zum Geburtstag ein. Doch des-
sen Eltern verbieten dem Kind, mitzu-
fffeiern. „Ich darf nicht zu dir kommen,eiern. „Ich darf nicht zu dir kommen,
weil ihr nicht halal esst“, sagt Hassan.
Mansour kann Dutzende solcher Ge-
schichten beschreiben. Er erzählt von
Lehrern, die überfordert sind, weil die
Hälfte der Schüler auf dem Klassenaus-
ffflug nicht mehr zu McDonald’s gehenlug nicht mehr zu McDonald’s gehen
will, sondern zum Halal-Burgerladen.
VVVon einem Polizeianwärter, der hin- undon einem Polizeianwärter, der hin- und
hergerissen ist, ob er bei der Spurensi-
cherung arbeiten kann, weil das Materi-
al, mit dem man Fußabdrücke sichtbar
macht, aus Schweingelatine ist.
„„„Wohin soll das bitte führen? Irgend-Wohin soll das bitte führen? Irgend-
wann brauchen wir in jedem Restaurant
einen Mitarbeiter, der kontrolliert, dass
alles halal läuft.“ Und dann die letzte Is-
lamkonferenz im Innenministerium.
„„„Wissen Sie noch, die Geschichte mitWissen Sie noch, die Geschichte mit
der Blutwurst?“ Zig andere Sachen habe
es da zu essen gegeben, aber man regte
sich über die Wurst auf. Sie gilt Musli-
men als haram.
Es birgt eine gewisse Ironie, dass
ausgerechnet die Tagung mit der Leit-
fffrage, wie man einen deutschen Islamrage, wie man einen deutschen Islam
fffördern könne, den Kulturkampf anzet-ördern könne, den Kulturkampf anzet-
telte. Im vergangenen Dezember hatte
Innenminister Horst Seehofer die vier-
te Deutsche Islamkonferenz in Berlin
eröffnet. 240 Teilnehmer waren einge-
laden, neben strenggläubigen Moschee-
verbänden erstmals auch viele liberale
Muslime und Islamkritiker. Doch was
von der Konferenz im Gedächtnis blieb,
waren nicht etwa die Argumente, son-
dern der Aufschnitt. Blutwurst-Häpp-
chen auf dem Buffet provozierten einen
AAAufschrei in den sozialen Medien. Daufschrei in den sozialen Medien. Da
half es nicht, dass das Innenministeri-
um in einem Tweet auf die Vielfalt der
zwölf alternativen Speisen verwies. Die
Kritik kam von allen Seiten: Ein paar
muslimische Hardliner erklärten die
WWWurst zum Symbol des deutschen Kul-urst zum Symbol des deutschen Kul-
turrassismus. Vertreter der AfD wieder-
um sahen in der Forderung, keine Blut-
wwwurst zu servieren, eine drohende Isla-urst zu servieren, eine drohende Isla-
misierung.
Es sind solche Debatten, sagen Markt-
ffforscher, die die Absatzchancen der Ha-orscher, die die Absatzchancen der Ha-
lal-Industrie bislang in der Parallelwirt-
schaft verharren lassen. In europäischen

Ländern mit höherem Bevölkerungsan-
teil von Muslimen, wie Frankreich oder
England, sind Halal-Regale in Super-
märkten längst eine Selbstverständlich-
keit. In Frankreich wird der Umsatz mit
den entsprechenden Produkten auf fünf
bis sechs Milliarden Euro geschätzt – er
befindet sich in Aufholjagd mit der Bio-
Sparte (rund acht Milliarden Euro pro
Jahr). Die Gewinne sind so hoch, dass
Intellektuelle bereits eine „Halal-Steu-
er“ fordern, mit der man Moscheebau
und Imamausbildung finanzieren könne,
damit diese nicht aus dem Ausland „im-
portiert“ werden.
Hierzulande finden sich Halal-zertifi-
zierte Produkte eher vereinzelt in größe-
ren Supermärkten. Eine breite Auswahl
bieten nur Online-Shops und türkische
oder oder arabische Händler, von denen
es in den Großstädten viele gibt.

G


eht es nach einem Lobbyisten,
sind vor allem Rechtspopulis-
ten schuld daran, dass seine
Geschäftsidee stagniert. Peter Bungen-
berg erreicht man meist im Auto, gera-
de ist er auf dem Weg nach Brüssel,
„Klinken putzen“, bei den neuen EU-
Abgeordneten. Der Geschäftsführer von
„Food INT – International Transfer &
Services“ organisiert die Halal-Info-
stände auf der Lebensmittelmesse Anu-
ga und der Internationalen Süßwaren-
messe in Köln. Bungenberg ist Neusser
und als solcher, ruft er in die Frei-
sprechanlage, „natürlich Katholik!“.
Seine Sätze klingen ein bisschen wie der
Beginn eines Witzes, das mag am rhei-
nischen Singsang liegen, aber Bungen-
berg ist es ernst. „Gehen Se mal mit ei-
nem Moslem in ein Café rein und be-
stellen Se ein Stück Erdbeerkuchen ...“
Sein Geschäftspartner Yusuf Oguz
Evler ist Türke, gemeinsam haben sie
viele Kilometer auf Autobahnen zurück-
gelegt, müde Stunden in Raststätten ver-
bracht. Da war das dann oft so gewesen,
erzählt Bungenberg, dass dem „Herrn
Evler“ an der Kuchentheke Schweißper-
len auf der Stirn standen. War da viel-
leicht Gelatine im Guss oder Alkohol im
Aroma? Die Bedienung wusste es nicht.
Bungenberg dachte nach. Für die Vega-
ner gab es ein Veggie-Label, für die Ökos
Bio, die Allergiker Gluten- und Laktose-
fffrei-Hinweise, aber „der Moslem“ wuss-rei-Hinweise, aber „der Moslem“ wuss-
te nicht, was er essen kann. Warum gab
es für 1,3 Millionen Veganer in Deutsch-
land ein allgemeingültiges Siegel, aber
nicht für 4,5 Millionen Muslime?
„Hömma“, sagte er zu seinem Partner,
„da muss sich doch wat machen lassen“.
Sie haben sich dann etwas ausgedacht:
Ein einheitliches Empfehlungssiegel, un-
ter dem sich alle Produkte sammeln
können, die ein Halal-Zertifikat haben,
das in mindestens einem muslimischen
Staat anerkannt ist. „Gutes erlaubt“,
heißt es, weiße Buchstaben in grünem
Oval, nichts mit arabischen Schriftzei-
chen. Das Siegel soll für Integration ste-
hen und den Deutschen Berührungs-
ängste nehmen. Sein Partner, so Bun-
genbergs Vision, könnte sich im Café er-
kundigen, ob der Erdbeerkuchen „Gutes
erlaubt“ ist, statt nach „halal“ zu fragen


  • denn das sei für einige ja, als würde der
    Herr Evler „Allahu Akbar“ rufen.
    AAAuf der letzten Anuga-Messe habenuf der letzten Anuga-Messe haben
    sie „Gutes erlaubt“ vorgestellt. Das
    „Starterpaket“ kostet 1490 Euro zuzüg-
    lich Mehrwertsteuer pro Jahr. Dafür
    können Unternehmen das Empfehlungs-
    siegel auf ihre Produkte drucken und
    Teil einer Werbekampagne werden – die
    allerdings in den Startlöchern feststeckt.
    Bungenberg sagt, er habe bereits „
    namhafte europäische Produzenten“
    von Süßwaren über Konserven, Käse
    und Getränke, die sich vorstellen könn-
    ten, sein Siegel zu tragen – wenn bloß
    die Supermarktketten mitspielten.
    „„„Wir haben Schwierigkeiten, in denWir haben Schwierigkeiten, in den
    deutschen Handel reinzukommen“, sagt
    Bungenberg. Er spreche mit allen großen
    Supermärkten, doch die fürchteten sich
    vor einem Shitstorm, wenn ihre Waren
    als halal gekennzeichnet seien: „Es geht
    die Angst um, dass sich das von Populis-
    ten geschürte Negativ-Image des Islam
    auf ihre Marken überträgt.“
    Dabei haben viele große Produzenten
    sich bereits Zertifikate ausstellen las-
    sen, weil sie diese für den Export brau-
    chen – Malaysia zum Beispiel, und ab
    diesem Oktober auch Indonesien, mit
    rund 260 Millionen Einwohnern das
    größte muslimische Land der Welt, ver-
    langen ein solches Papier bei der Ein-
    fuhr. Gerade für die Süßwarenindustrie
    sind muslimisch geprägte Länder wich-
    tig: Zwischen 2008 und 2017 hat sich der
    deutsche Export von Schokoladenwa-
    ren in den Nahen und Mittleren Osten
    sowie nach Nordafrika auf 89,4 Milliar-
    den Euro vervierfacht.


Die IHK Hannover bestätigt den
ZZZwiespalt der Unternehmen. Aus demwiespalt der Unternehmen. Aus dem
ganzen Bundesgebiet bekomme die Ar-
beitsgruppe „Halal und koscher“ Anfra-
gen von Firmen, die sich erkundigten,
was sie tun müssen, um ein Halal-Zerti-
fffikat zu bekommen. Das Interesse steige,ikat zu bekommen. Das Interesse steige,
heißt es – vor allem bei Herstellern von
Kosmetik. Doch: Einerseits sei der
WWWunsch groß, neue Käuferschichten zuunsch groß, neue Käuferschichten zu
gewinnen. Andererseits sorgten sie sich,
angestammte Kunden zu vergraulen,
wenn sie offen mit halal werben. Statt-
dessen nutzten die Firmen Mundpropa-
ganda und setzten auf Influencer, um ih-
re Ware in der muslimischen Communi-
ttty bekannt zu machen.y bekannt zu machen.
Das ist die marktwirtschaftliche Schi-
zophrenie: Halal wird für Muslime im-
mer wichtiger, die Zielgruppe wächst,
Unternehmer erkennen die Nachfrage,
lassen sich zertifizieren und liefern flei-
ßig ins Ausland – aber in deutschen Su-
permärkten bleiben sie lieber unsichtbar.
Wie sich der Trend in Zukunft entwi-
ckeln könnte, skizziert der libanesisch-
amerikanische Ökonom Nassim Nicho-
las Taleb, der in seinem Buch „Der
schwarze Schwan“ 2007 die Finanzkri-
se vorausgesagt hatte. In dem Essay
„„„The Most Intolerant Wins: The Dicta-The Most Intolerant Wins: The Dicta-
torship of the Small Minority“ be-
schreibt er die „überproportionale
Macht von Minderheiten“ anhand der
Koscher- und Halal-Industrie. Diese lie-
ge in einem simplen Fakt begründet:
„Ein koscher (oder halal) Esser wird
niemals nicht-koscher (oder nicht-ha-
lal) Nahrung essen, aber ein nicht-ko-
scher Esser kann auch koscher essen.“
Eine Manifestation dessen hat Taleb
in Großbritannien ausgemacht. Dort be-
trage der Anteil der praktizierenden
Muslime an der Bevölkerung nur drei bis
vier Prozent, das Angebot von Halal-
Fleisch sei dazu überproportional groß.
„Aber“, schreibt Taleb, auch wenn die
muslimische Bevölkerung in Europa
wachse, „in Großbritannien und ande-
ren christlichen Ländern ist halal nicht
neutral genug, um eine hohe Verbrei-
tung zu erreichen, da Leute sich heftig
dagegen wehren werden, anderen reli-
giösen Normen Folge zu leisten.“
Beispiele der Abwehr finden sich be-
reits zuhauf. Als Ende letzten Jahres be-
kannt wurde, dass die berühmte Za-
ckenschokolade Toblerone ihr Schwei-
zer Werk als „islamkonform“ hatte be-
gutachten lassen, provozierte die Nach-
richt in wenigen Tagen knapp 33.
Reaktionen auf Facebook und Twitter.
Ein Sprecher beeilte sich zu betonen,
dass die Originalrezeptur dafür nicht
verändert werden musste, aber der
Schritt notwendig sei, da 97 Prozent der
Produktion in den Export gingen. Doch
da hallten schon Boykott-Aufrufe
durchs Netz: Die Islamisierung mache
selbst vor den Schweizer Bergen nicht
halt, „Unterwerfung für mehr Umsatz!“
In Österreich stellte die Supermarkt-
kette Spar ihren testweisen Verkauf von
Halal-Fleisch nach ähnlichen Reaktio-
nen umgehend wieder ein.
Rolf Piepmeier kennt diese Ableh-
nung. In Elsfleth ist er der „Türken-
Schlachter“. Vor vier Jahren berichteten
die Regionalzeitungen über ihn, weil Pe-
gida-Gründer Lutz Bachmann auf Face-
book gegen ihn hetzte: „Wer hier kauft,
befürwortet den qualvollen Tod von Tie-
ren!“ Pegida-Anhänger überzogen die
Seite der Schlachterei mit Kommentaren.
Islamhass unter dem Deckmantel des
Tierschutzes. Dass in Deutschland
grundsätzlich nur mit Betäubung ge-
schlachtet wird, wussten die Absender
nicht – oder ignorierten es. Einer schrieb:
„„„Was geschieht als nächstes? SteinigungWas geschieht als nächstes? Steinigung
fffürs Ehebrechen?“ Piepmeier macht einürs Ehebrechen?“ Piepmeier macht ein
erstauntes Gesicht, wenn man ihn heute
darauf anspricht. Er sagt, er erinnere sich
nicht mehr daran. Hinter ihm hängt einer
der alten Artikel an der Wand. Ein Mitar-
beiter sagt später, die Sache habe ihn da-
mals sehr mitgenommen.
Erstaunlich ist das nicht. Fast jeder
Ort dieser Reise taugt zu einem Symbol:
Piepmeier, der deutsche Halal-Schlach-
ter, eine Halal-Creme, die „Identität“
heißt, das Siegel einer Religion, die vielen
Deutschen fremd bleibt, an einer der
zentralen Kreuzungen mitten in Berlin.
Muslime, die halal leben, suchen Veror-
tung in dieser Gesellschaft. Andere, nicht
nur AfD-Wähler, befürchten eine schlei-
chende Islamisierung. Das Thema ist ei-
nes von vielen, das die Gesellschaft spal-
ten kann.
In einer Filiale der Imbisskette Risa
Chicken ist ein großes Wandgemälde zu
sehen: Es zeigt das Brandenburger Tor,
aaaber die Pferde der Quadriga sind ver-ber die Pferde der Quadriga sind ver-
schwunden. Sie werden von einem Ka-
mel abgelöst, das links ins Bild tritt, be-
reit für den Aufstieg.

Das Wort „halal“ bedeutet so viel
wie „erlaubt“ – und taucht immer
häufiger auf Lebensmittelverpackun-
gen auf. Der Markt ist umkämpft, ein
einheitliches Siegel gibt es nicht.
In Deutschland bieten verschiedene
Zertifizierungs-Stellen entsprechende
Prüfungen an, mit mehr oder
weniger strengen Anforderungen

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