Die Welt - 22.02.2020

(Barré) #1

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22.02.20 Samstag, 22. Februar 2020DWBE-HP


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DIE WELT SAMSTAG,22.FEBRUAR2020* POLITIK 5


walt. Dieser teilte daraufhin mit, die In-
formation zu angeblichen Strafanzei-
gen zu prüfen.
In den vergangenen Monaten hat
sich R. bei der Bundesanwaltschaft ge-
meldet. Ein entsprechendes Schreiben
verschickte er bereits im November,
was der Generalbundesanwalt am Frei-
tag bestätigte. Das 19-seitige Doku-
ment, das WELT vorliegt, ist in weiten
Teilen identisch mit dem Bekenner-
schreiben zur Tat vom Mittwochabend.
Dass sich R. bereits Monate oder Jahre
vor seiner mutmaßlichen Tat an deut-
sche Behörden wandte, ist relevant,
weil sein Gefahrenpotenzial möglicher-
weise unterschätzt wurde.
Auch müssen sich Behörden nun mit
der Frage auseinandersetzen, inwiefern
die Erteilung einer Waffenerlaubnis
überhaupt gerechtfertigt war. R. hatte
als Sportschütze eine Waffenbesitzkar-
te und war im legalen Besitz von zwei
Pistolen. Am Freitag äußerte sich Gene-
ralbundesanwalt Peter Frank ausführli-
cher zu dem Vorgang, an dem seine Be-
hörde beteiligt war. Er bestätigte, dass
die Bundesanwaltschaft schon im ver-
gangenen November Kontakt mit dem
mutmaßlichen Attentäter von Hanau

D


er mutmaßliche Attentäter von
Hanausoll sich bereits kurz
nach der Jahrtausendwende
mit Strafanzeigen an Verfolgungsbe-
hörden gewandt haben. Konkret be-
zieht sich R. in seinem Bekennerschrei-
ben auf Strafanzeigen aus den Jahren
2002 und 2004. Angeblicher Grund da-
mals: „illegale Überwachung“.

VON ALEXEJ HOCK, IBRAHIM NABER
UND LENNART PFAHLER
AUS BERLIN UND HANAU

Entsprechende Angaben zu einem
der Vorgänge wurden WELT durch ei-
nen ehemaligen Bekannten von R. be-
stätigt. Dieser war damals nach eigenen
Angaben involviert.
Das Innenministerium in Bayern, wo
R. zwischen 2000 und 2007 studiert
hatte, teilte auf Anfrage mit, keine In-
formationen zu einem solchen Vorgang
zu haben. Möglicherweise seien diese
Daten jedoch auch schon gelöscht wor-
den. Die Staatsanwaltschaft in Hanau
und das hessische Innenministerium
wollten sich auf Anfrage nicht äußern
und verwiesen wegen der laufenden Er-
mittlungen an den Generalbundesan-

hatte. Damals sei bei seiner Behörde ei-
ne Anzeige des Mannes eingegangen.
Er habe darin Strafanzeige gegen eine
unbekannte geheimdienstliche Organi-
sation gestellt und darin zum Ausdruck
gebracht, dass es eine übergreifende
große Organisation gebe, die vieles be-
herrsche, „sich in die Gehirne der Men-
schen einklinkt und dort bestimmte
Dinge dann abgreift, um dann das Welt-
geschehen zu steuern“.
In der Anzeige waren nach Franks
Angaben keine rechtsextremistischen
oder rassistischen Ausführungen ent-
halten. Man habe aufgrund dieses
Schreibens kein Ermittlungsverfahren
eingeleitet. Zu anderen möglichen Be-
hördenkontakten sagte Frank nichts.
Aber: Auch der Vater des mutmaßli-
chen Täters war laut Frank in der Ver-
gangenheit im Kontakt mit Behörden
aufgefallen, durch verschiedene Schrei-
ben wie Beschwerden. Der Mann sei bei
der „Wohnungsöffnung“ beim mut-
maßlichen Täter in der Nacht zum Don-
nerstag angetroffen worden. Er sei aber
kein Beschuldigter im Ermittlungsver-
fahren, sondern im Zeugenstatus. Der
mutmaßliche Täter von Hanau hat nach
derzeitigem Erkenntnisstand vor sei-

nem Anschlag mit niemandem über sei-
ne Pläne gesprochen. Bislang gebe es
keine Erkenntnisse, dass der 43-Jährige
vorher „mit anderen Personen geredet
oder um Unterstützung gebeten hat“,
sagte Frank.

Es sei aber noch Gegenstand der Er-
mittlungen herauszufinden, ob der
mutmaßliche Täter sich „in der realen
Welt“ oder virtuell über das Internet
über seine Pläne ausgetauscht oder Un-
terstützung bekommen habe, fügte
Frank hinzu. Am Mittwochabend hatte

der 43-jährige Tatverdächtige in Hanau
neun Menschen getötet, später wurde
er ebenso wie seine 72-jährige Mutter
tot in seiner Wohnung aufgefunden. In
der Wohnung wurden laut Frank auch
am Freitag noch Spuren gesichert.
Geprüft würden zurzeit außerdem
das Umfeld des Mannes, seine Kontak-
te im Inland und möglicherweise ins
Ausland, sagte der Generalbundesan-
walt. Eine weitere Frage sei die nach
seinen Internetrecherchen, sagte Frank
mit Blick auf mögliche Parallelen zu
vergleichbaren Taten. Bislang seien
rund 40 Zeugen des Tatgeschehens ver-
nommen worden.
Geklärt werden müsse auch, ob er
mit den Waffen, für die er Berechti-
gungskarten besaß, seine Opfer getötet
habe und ob er selbst damit erschossen
worden sei oder sich erschossen habe,
sagte Frank. Unklar sei auch noch die
Todesursache der Mutter. Die Ermittler
werten nun die Finanzen, die Funkzel-
len- und Telekommunikationsdaten
des mutmaßlichen Täters sowie die
GPS-Daten des Fluchtfahrzeugs aus. In
der Wohnung des Toten seien schriftli-
che Unterlagen und technische Geräte
sichergestellt worden. Mit AFP und dpa

AAAttentäter hatte offenbar schon vor 15 Jahren Behördenkontaktttentäter hatte offenbar schon vor 15 Jahren Behördenkontakt


Der Mann teilte seine kruden Ansichten nach WELT-Informationen bereits vor vielen Jahren. Wurde sein Gefahrenpotenzial unterschätzt?


HIER GILT DIE


DEVISE


GRÜNDLICHKEIT


VOR SCHNELLIGKEIT


PETER FRANK,Generalbundesanwalt

,,


Sachkunde“ nachgewiesen wird: Etwa
durch Tätigkeit im Schützenverband
oder eine Jägerprüfung.
Die Behörde prüft sodann die „per-
sönliche Eignung“ und „Zuverlässig-
keit“ des Bewerbers. Das kann sie zum
Beispiel tun, indem sie Auskünfte bei
Polizei und Verfassungsschutzbehör-
den einholt. Wenn die Behörde Hinwei-
se hat, dass der Antragsteller alkohol-
oder drogenabhängig oder psychisch
krank ist, muss sie die Erlaubnis versa-
gen. Im Zweifel kann sie ein fachärztli-
ches oder fachpsychologisches Gutach-

A


m Morgen nach dem Atten-
tat von Hanau twitterte der
Sprecher des Bundesinnen-
ministeriums einen Hin-
weis. „Das neue Waffenge-
setz tritt heute in Kraft“, schrieb er. Die
Botschaft darin sei klar: „Waffen gehö-
ren nicht in die Hände von Extremis-
ten!“ In der Tat hatte der Bundestag
ausgerechnet in den letzten Wochen
vor der rechtsextremistischen Gewalt-
tat die Regelungen verschärft. Künftig
soll jede Person, die eine waffenrechtli-
che Erlaubnis beantragen will, stärker
geprüft werden. Doch wie wirksam sind
die neuen Instrumente im Kampf gegen
Attentäter? Welchen Reformbedarf gibt
es? Eine Übersicht.

WELCHE REGELN GELTEN BISLANG?

Bislang sind die Voraussetzungen für
den Besitz einer Schusswaffe über-
schaubar. Wer eine solche erwerben und
aufbewahren will, muss einen Antrag auf
eine Waffenbesitzkarte bei der zuständi-
gen Behörde stellen. Die Bedingungen
sind im Waffengesetz geregelt. Dem-
nach muss der Antragsteller mindestens
1 8 Jahre alt sein und nachweisen, dass er
einen besonderen Grund hat, der den
Besitz einer solchen Waffe rechtfertigt:
Jäger, Sportschütze oder Waffensamm-
ler können ein solches Interesse in der
Regel geltend machen. Das Gesetz erfor-
dert zudem, dass „die erforderliche

ten einfordern. Wer unter 25 Jahre alt
ist, muss ein solches Gutachten stan-
dardmäßig vorlegen.

WIE WURDE DAS WAFFENRECHT
KÜRZLICH VERSCHÄRFT?

Im vergangenen Jahr hat der Bundestag
das Waffengesetz umfassend reformiert.
Unter anderem müssen die Waffenbe-
hörden künftig stets prüfen, ob die Ver-
fffassungsschutzbehörden Erkenntnisseassungsschutzbehörden Erkenntnisse
haben, die gegen die Erteilung einer Be-
sitzkarte sprechen. Wer Mitglied einer

verfassungsfeindlichen Vereinigung ist,
darf künftig keine Waffe mehr erhalten.
So soll sichergestellt werden, „dass Ex-
tremisten nicht in den Besitz legaler
WWWaffen kommen beziehungsweise ihnenaffen kommen beziehungsweise ihnen
eine bereits erteilte Erlaubnis wieder
entzogen werden kann“, heißt es in der
Gesetzesbegründung.

WELCHE LÜCKEN BESTEHEN NOCH?

Schon während des Gesetzgebungspro-
zesses hatte der Berufsverband Deut-
scher Psychologinnen und Psychologen
(BDP) die Änderungen als unzurei-

scher Psychologinnen und Psychologen
(BDP) die Änderungen als unzurei-

scher Psychologinnen und Psychologen

chend kritisiert. Es sei wissenschaftlich
„nicht begründbar“, warum eine psy-
chologische Begutachtung weiterhin
nur bei unter 25-Jährigen verpflichtend
vorgesehen sei. „Es gibt keine gesicher-
ten Erkenntnisse dazu, dass Personen
ab dem 25. Lebensjahr geringere Risi-
ken aufweisen, wenn diese mit Schuss-
waffen umgehen, als ältere Menschen“,
hieß es in einer Stellungnahme an das
Bundesinnenminsterium. Vielmehr sei
davon auszugehen, „dass Entwick-
lungsverzögerungen, die bis zum 25.
Lebensjahr vorliegen, auch später stabil
erhalten bleiben können“.
Der mutmaßliche Todesschütze von
Hanau rutschte wegen dieser Lücken
möglicherweise durch das Raster. Am
Donnerstag teilte die zuständige Kreis-
behörde des Main-Kinzig-Kreises mit,
dass Tobias R. im Jahr 2013 eine waffen-

rechtliche Besitzerlaubnis bekommen
habe. Im Jahr 2019 sei die Erlaubnis
überprüft worden. Dabei sei etwa ge-
schaut worden, ob die Waffen ord-
nungsgemäß aufbewahrt wurden, sagte
ein Sprecher. Sollte R. damals psy-
chisch krank gewesen sein, so fiel das
den Behörden offenbar nicht auf.

GIBT ES ÜBERLEGUNGEN,
DAS WAFFENRECHT WEITER
ZU REFORMIEREN?

In der Politik gibt es Überlegungen, das
Waffenrecht abermals nachzujustieren.
Bundesinnenminister Horst Seehofer
(CSU) brachte in der „Bild“-Zeitung
„ein medizinisches Gutachten oder ei-
ne ärztliche Bestätigung“ für Waffenbe-
sitzer ins Gespräch. Es müsse gewähr-
leistet sein, „dass da alles in Ordnung
ist und die Verwirrung oder die Krank-
heit einer Person nicht zur Gefahr für
die Allgemeinheit werden“. Es gehe al-
lerdings nicht um die Einführung gene-
reller Psychotests, hieß es aus dem In-
nenministerium am Freitagabend.
Konkretere Forderungen erhob die
SPD: „Nach der Gewalttat von Hanau
müssen wir sehr ernsthaft prüfen, ob
wir das Waffenrecht wieder nachjustie-
ren müssen“, sagt SPD-Innenexperte
Helge Lindh WELT. „Sollte sich heraus-
stellen, dass die Behörden die psycho-
logische beziehungsweise persönliche
Eignung von Waffenbesitzern nicht
ausreichend prüfen können, müssen
wir das Gesetz entsprechend reformie-
ren. Denkbar wäre, die Genehmigung
von Waffenbesitzkarten künftig von
der Vorlage eines psychologischen Gut-
achtens oder Tests abhängig zu ma-
chen.“ Dabei sei allerdings darauf zu
achten, „Antragstellern nicht endlose
Verfahren zuzumuten, aber vor allem
die Mitarbeiter der Waffenbehörden
nicht zusätzlich zu belasten“.
Irene Mihalic, innenpolitische Spre-
cherin der Grünen-Bundestagsfraktion,
sieht ebenfalls Reformbedarf. „Wenn
zutrifft, dass Tobias R. mit Blick auf sei-
ne waffenrechtliche Erlaubnis erst
jüngst überprüft wurde, wirft das na-
türlich erst mal kein gutes Licht auf
entsprechende Überprüfungen.“ Es
stelle sich schon die Frage, „ob das ak-
tuelle System wirklich funktioniert und
ob regelmäßige obligatorische psycho-
logische Begutachtungen nicht besser
wären“. Ziel müsse schließlich sein,
„dass nur diejenigen eine waffenrecht-
liche Erlaubnis erhalten, die auch die
physische, kognitive und psychologi-
sche Eignung für Besitz von Schusswaf-
fen haben“.
Grundsätzlich skeptisch ist die
Linksfraktion. „Jetzt eine Diskussion
über einen Psychoschein für Waffenbe-
sitzer zu führen, halte ich für wenig
sachdienlich“, sagt die innenpolitische
Sprecherin Ulla Jelpke WELT. „Wir ha-
ben weniger ein Problem mit Irren,
sondern mit Rassisten und Nazis. Die
sind zwar politisch irre, aber eine Pa-
thologisierung hilft da nicht weiter.“
Der Psychologenverband BDP for-
dert, die Hürden bei der Antragstel-
lung künftig zu erhöhen. Jeder Antrag-
steller solle „auf eigene Kosten ein
amts- oder fachärztliches oder fach-
psychologisches Zeugnis über die per-
sönliche Eignung“ vorlegen. Dies sei
geeignet, Risiken zu minimieren „und
außerdem die Akzeptanz in der Bevöl-
kerung zum Thema legalem Waffenbe-
sitz zu erhöhen“.

Psychotest für


Besitzer von


Schusswaffen?


Die Bundesregierung hat das Waffenrecht


erst vor Kurzem verschärft. Doch Personen


mit psychischen Problemen fallen


möglicherweise noch immer durch das Raster


A


m Freitag stand Beatrix von
Storch vier Minuten und 28 Se-
kunden lang vor laufenden Ka-
meras in Berlin und sprach über die
Morde von Hanau. Während der ers-
ten 38 Sekunden gab die stellvertre-
tende Partei- und stellvertretende
Bundestagsfraktionsvorsitzende der
AfD ein Statement ab und sagte, dass
der Generalbundesanwalt „offenbar
seit November Kenntnis von einer
schwer psychisch geschädigten Per-
son“ gehabt habe. Der Generalbundes-
anwalt aber habe „auf dieser Grundla-
ge nichts unternommen“, fügte von
Storch hinzu. „Es wäre angezeigt ge-
wesen, dem schwer psychisch Kranken
den Waffenschein und die Waffe zu
entziehen. Nichts ist passiert.“
Von Storch weiter: „Wir müssen da-
rüber reden, dass wir wieder einmal
ein schweres Versagen unserer Sicher-
heitsbehörden haben, wir müssen auf-
hören, diese Tat im Angesicht der
Hamburg-Wahl parteipolitisch zu in-
strumentalisieren, sondern wir müs-
sen reden über den Rücktritt des Ge-
neralbundesanwalts.“
WWWährend der verbleibenden drei Mi-ährend der verbleibenden drei Mi-
nuten und 50 Sekunden fragten Jour-
nalisten von Storch mehrfach, ob die
AAAfD wegen ihrer oft sehr brachialenfD wegen ihrer oft sehr brachialen
WWWortwahl in der Ausländerpolitikortwahl in der Ausländerpolitik
nicht Grund habe, über mögliche Ein-
ffflüsse dieser Rhetorik auf den Hanauerlüsse dieser Rhetorik auf den Hanauer
AAAttentäter und andere rassistisch mo-ttentäter und andere rassistisch mo-
tivierte Gewalttäter nachzudenken.
Von Storch ging auf diese Fragen
nicht ein. Vielmehr wiederholte sie
noch vier Mal, dass es sich bei dem Tä-
ter um einen psychisch schwer kran-
ken Menschen gehandelt habe, und
ebenfalls vier Mal, dass seine Taten
nicht parteipolitisch instrumentali-
siert werden dürften. Drei Mal wieder-
holte sie die Forderungen nach dem
Rücktritt beziehungsweise „Konse-
quenzen“ des Generalbundesanwalts.
Vier Mal sprach sie noch über Verfeh-
lungen der Sicherheitsbehörden.
Dann waren die vier Minuten und
28 Sekunden vorbei. Von Storch ver-
abschiedete sich.
Es ist sinnlos, darauf zu hoffen, dass
es in der AfD von heute nach rassis-
tisch motivierten Verbrechen auch nur
Ansätze einer kritischen Reflexion
über die eigene Rolle bei der Prägung
gesellschaftlicher Diskurse und deren
Wirkungen auf gewaltbereite Perso-
nen geben könnte. Das haben die bei-
den Tage nach den Morden von Hanau
in aller Deutlichkeit gezeigt. Es ist da-
her auch sinnlos zu versuchen, AfD-
Politiker durch wie auch immer gear-
tete Fragen zu einer solchen Reflexion
zu bewegen.
Diese Partei ist zu einem geschlos-
senen System der vollständigen Im-
munisierung gegenüber jedem Keim
einer differenzierenden, abwägenden
Selbstreflexion geworden. Was ma-
chen wir da? Wie wirkt es? Diese Fra-
gen können, sobald sie einen Zug ins
Selbstkritische zu entwickeln begin-
nen, in der AfD nicht gestellt werden.
Vielmehr werden alle geistigen An-
strengungen – die gar nicht so gering
sind – einzig und allein darauf ver-
wandt, aus jeder Kritik einen Gegen-
angriff auf die Fragenden oder die be-
stehenden Verhältnisse dieses Landes
zu machen.
Zu beachten ist dabei, dass Beatrix
von Storch innerhalb der AfD-Struktu-
ren nicht dem „Flügel“ zuzurechnen
ist und von der Anhängerschaft des
Björn Höcke mindestens sehr skep-
tisch, zuweilen sogar feindselig beäugt
wird. Das hat aber nur noch etwas mit
Animositäten aufgrund früherer Grup-
penbildungen zu tun.
In grundlegenden Fragen jedoch ist
von Storch genauso wie der Kreis der
angeblich „Gemäßigten“ ganz offen-
sichtlich nicht mehr fähig oder wil-
lens, so etwas wie eine Gegenposition
zu den rechtsradikalen und den ins
Rechtsextreme tendierenden Kräften
in der AfD zu entwickeln. Vielmehr
dienen von Storch, Parteichef Jörg
Meuthen und einige andere nur noch
dazu, durch Verharmlosungen und Ab-
lenkungsmanöver alle Kritik an der
Demagogie ihrer Partei abzuwehren.
Faktisch sind die „Gemäßigten“ – ein
letztes Mal sei das Wort noch benutzt


  • Schutz und Schild von Rechtsradika-
    len geworden.


KOMMENTAR


MATTHIAS KAMANN

Geschlossenes


AAAfD-SystemfD-System


DPA

/ ANDREAS ARNOLD

DPA

/ ANDREAS ARNOLD
AFP

/ ODD ANDERSEN

AFP

/ ODD ANDERSEN

NNNach den Schüssen in Hanau: Angehörigeach den Schüssen in Hanau: Angehörige
der Opfer halten eine Mahnwache und
erinnern mit Fotos an die Getöteten (l.).
Am Vereinshaus des Schützenvereins Diana
Bergen-Enkheim e.V., in dem der mutmaß-
liche Täter aktives Mitglied war, sind
Rollläden und Türen geschlossen (u.)

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