Die Welt - 14.03.2020

(coco) #1

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rst kommt Coca-Cola, dannrst kommt Coca-Cola, dann
Coca-Cola und dahinterCoca-Cola und dahinter
nochmals Coca-Cola. Dienochmals Coca-Cola. Die
Rangliste der meist getrun-Rangliste der meist getrun-
kenen Cola-Marken inkenen Cola-Marken in
Deutschland wird eindeutig und mit rie-eindeutig und mit rie-
sigem Abstand von Coke dominiert.sigem Abstand von Coke dominiert.
Vorne liegt die klassische Variante mitdie klassische Variante mit
dem roten Etikett, wie Berechnungendem roten Etikett, wie Berechnungen
des Marktforschers GlobalData zeigen,des Marktforschers GlobalData zeigen,
die WELT exklusiv vorliegen. Auf statt-die WELT exklusiv vorliegen. Auf statt-
liche 53 Prozent summiert sich derliche 53 Prozent summiert sich der
Marktanteil hierzulande. Das entsprichtMarktanteil hierzulande. Das entspricht
Schätzungen zufolge über 1,6 MilliardenSchätzungen zufolge über 1,6 Milliarden
Litern. Platz zwei nimmt Litern. Platz zwei nimmt mit gut 15 Pro-
zent der Verkaufsmenge die zuckerfreiezent der Verkaufsmenge die zuckerfreie
Sorte Zero ein. 8,5 Prozent MarktanteilSorte Zero ein. 8,5 Prozent Marktanteil
reichen für Coke Light für Rang drei.reichen für Coke Light für Rang drei.

VON CARSTEN DIERIGCARSTEN DIERIG

Erst dann reiht sich die KonkurrenzErst dann reiht sich die Konkurrenz
des amerikanischen Limo-Giganten indes amerikanischen Limo-Giganten in
die Rangliste ein. Die Plätze vier bisdie Rangliste ein. Die Plätze vier bis
sechs gehenim Jahr 2018 an Pepsi: zu-im Jahr 2018 an Pepsi: zu-
erst die Klassikvariante, dann Light underst die Klassikvariante, dann Light und
schließlich die Zuckerfreisorte Pepsischließlich die Zuckerfreisorte Pepsi
Max. Komplettiert werden die Top TenMax. Komplettiert werden die Top Ten
von vier heimischen Anbietern. Dasvon vier heimischen Anbietern. Das
geht los mit der ehemaligen Ostmarkegeht los mit der ehemaligen Ostmarke
Vita Cola, die wie die Ökolimo Bionadedie Ökolimo Bionade
zum hessischen Mittelständler Hassiazum hessischen Mittelständler Hassia
Mineralquellen gehört und derzeit eineMineralquellen gehört und derzeit eine
Renaissance erlebt. In Thüringen ist Vi-Renaissance erlebt. In Thüringen ist Vi-
ta nach Angaben von GlobalData inzwi-ta nach Angaben von GlobalData inzwi-
schen sogar Marktführer – vor Bran-schen sogar Marktführer – vor Bran-
chenriese Coca-Cola. „Vita Cola ist alschenriese Coca-Cola. „Vita Cola ist als
regionale Marke fest verwurzelt“, er-regionale Marke fest verwurzelt“, er-
klärt Markenmanagerin Claudia Mein-klärt Markenmanagerin Claudia Mein-
cke den Erfolg. „In Ostdeutschland gibtcke den Erfolg. „In Ostdeutschland gibt
es das Getränk jetzt seit mehr als 60es das Getränk jetzt seit mehr als 60
Jahren. Das ist ein Pfund.“ Zwar sei VitaJahren. Das ist ein Pfund.“ Zwar sei Vita
nach dem Mauerfall wie andere DDR-nach dem Mauerfall wie andere DDR-
Produkte zunächst verschwunden.Produkte zunächst verschwunden.
„Schon 1994 gab es aber das Comeback„Schon 1994 gab es aber das Comeback
von Thüringen aus“, sagt Meincke. Undvon Thüringen aus“, sagt Meincke. Und
mittlerweile würden unter der in Thü-mittlerweile würden unter der in Thü-
ringen, Sachsen und Mecklenburg-Vor-ringen, Sachsen und Mecklenburg-Vor-
pommern abgefüllten Marke fast 90pommern abgefüllten Marke fast 90
Millionen Liter ErfrischungsgetränkeMillionen Liter Erfrischungsgetränke
verkauft. Das ist fast doppelt so viel wieverkauft. Das ist fast doppelt so viel wie
noch im Jahr 2006. „Und wir sehen gutenoch im Jahr 2006. „Und wir sehen gute
Chancen, noch mehr Verwender für dieChancen, noch mehr Verwender für die
Marke Vita Cola zu begeistern.“Marke Vita Cola zu begeistern.“
Hinter der kultigen Ostmarke hatHinter der kultigen Ostmarke hat
sichSinalco platziert, gefolgt von Glo-Sinalco platziert, gefolgt von Glo-
rietta, der Erfrischungsgetränkemarkerietta, der Erfrischungsgetränkemarke
von Billigbrauer Oettinger. Platz zehnvon Billigbrauer Oettinger. Platz zehn
schließlich belegt Fritz-Kola, die mit ei-schließlich belegt Fritz-Kola, die mit ei-
nem besonders hohen Koffeingehaltnem besonders hohen Koffeingehalt
und Nachhaltigkeit für sich wirbt. StarkNachhaltigkeit für sich wirbt. Stark
sind die Hamburger dabei vor allem imsind die Hamburger dabei vor allem im
sogenannten Außer-Haus-Markt. „Fritzsogenannten Außer-Haus-Markt. „Fritz
etabliert sich zunehmend. Gerade in deretabliert sich zunehmend. Gerade in der
Szenegastronomie ist die Marke sehrSzenegastronomie ist die Marke sehr
stark und tut dem Marktführer mittler-stark und tut dem Marktführer mittler-
weile richtig weh“, beschreibt Ulrich Ei-weile richtig weh“, beschreibt Ulrich Ei-
senblätter, der Leiter Research Centralsenblätter, der Leiter Research Central
Europe bei GlobalData. Europe bei GlobalData. Die Eigenmar-
ken von Supermärkten und Discoun-ken von Supermärkten und Discoun-
tern haben es nicht in die Liste ge-tern haben es nicht in die Liste ge-
schafft. Sie erreichenschafft. Sie erreichennicht genügend
Menge. „Cola ist ein Markengeschäft“,Menge. „Cola ist ein Markengeschäft“,
begründet Eisenblätter. Zumal manche
Marken dem Experten zufolge preislich
nur leicht über der Handelsware liegen.
Noch dazu werde ein großer Teil unter-
wegs konsumiert und beispielsweise in
Tankstellen, Kiosks und Imbissbuden
gekauft, wo die Marke ein wichtiges Un-
terscheidungsmerkmal ist. „Wer dort
keine Coca-Cola im Sortiment hat, fällt
auf und bei vielen Konsumenten wohl
auch durch“, sagt Eisenblätter.
Zu den Eigenheiten des Marktes ge-
hörte bislangdie starke Konzentration
auf die klassische Cola: „Jeder weiß,
dass dieses Getränk vergleichsweise un-
gesund ist, trotzdem wird es mit Vorlie-
be gekauft“, beschreibt Marktforscher

Eisenblätter. Noch immer beläuft sich
der Anteil der Vollzuckervarianten auf
rund 70 Prozent, wie aktuelle Bran-
chendaten zeigen. Doch der Markt ver-
ändert sich. „Das Thema zuckerfrei ge-
winnt stark an Bedeutung“, sagt Eisen-
blätter. „Aber kein Wunder: Große Teile
der Werbebudgets fließen mittlerweile
in diesen Bereich.“
Tatsächlich hat Coca-Cola in
Deutschland zuletzt eine reine Zero-
Kampagne für Cola, Fanta und Sprite
gefahren. Werbegesicht war Schlager-
sänger Ross Antony. „Wir investieren
stark, damit die Verbraucher unsere zu-
ckerfreien Varianten kennen, probieren
und dann entscheiden können, was ih-
nen am besten schmeckt und was am
besten zu ihrem Lebensstil passt“, heißt
es vom Branchenführer. Für Experte Ei-
senblätter ist das gefahrlos möglich:
„Bei Werbung für eine zuckerfreie Vari-
ante wird die Hauptmarke automatisch
immer auch mit beworben.“ Hinter der
Initiative steckt wohl auch die Angst
vor politischen Sanktionen. In Großbri-
tannien und Irland gibt es etwa bereits
eine Zuckersteuer. In Deutschland lau-
fen die Anstrengungen zur Reduktion
von Zucker, Salz und Fettdagegen auf
freiwilliger Basis. Bundesernährungs-
ministerin Julia Klöckner (CDU) hat im
Rahmen der Nationalen Reduktions-
und Innovationsstrategie Vereinbarun-
gen mit mehreren Branchen getroffen,
unter anderem mit der Getränke-
industrie. „Bezogen auf die Kategorie
Erfrischungsgetränke streben wir eine
Zucker- und Kalorienreduktion von 15
Prozent an für den Zeitraum 2015 bis
2025“, heißt es dazu von der Wirt-
schaftsvereinigung Alkoholfreie Ge-
tränke (WAFG). Erreicht werden soll
dieses Ziel durch Innovationen und eine
Erweiterung der Sortimente um kalo-
rienreduzierte und -freie Produkte.
Coca-Cola plant den ersten Schritt
schon in diesem Jahr: „Wir haben eine
Selbstverpflichtung abgegeben: Bis En-
de dieses Jahres soll der durchschnittli-
che Zuckergehalt im Portfolio der Erfri-
schungsgetränke um zehn Prozent im
Vergleich zu 2015 sinken“, heißt es vom
Unternehmen. Und Nachfrage gibt es
offenbar. „Ein Drittel unseres Sorti-
ments ist bereits kalorienreduziert. Ab-
soluter Liebling bei Verbrauchern ist
die Coca-Cola Zero Sugar. Seit ihrer
Einführung wächst sie Jahr für Jahr im
zweistelligen Prozentbereich“, meldet
Deutschland-Geschäftsführer Björn
Jensen. Jedes dritte Getränk aus dem
deutschen Coca-Cola-Portfoliosei be-
reits kalorienfrei oder -reduziert.
Der Branchenverband WAFG bestä-
tigt einen allgemeinen Trend zu leich-
ten Limonaden. Bei Cola und Cola-
Mischgetränken erhöhte sich der Pro-
Kopf-Konsum in Deutschland in diesem
Segment von 10,5 Litern im Jahr 2017
auf 12,2 Liter in 2019, wie die jüngste
Jahresstatistik der WAFG zeigt. Bei den
Limonaden gab es zuletzt einen Sprung
um fast einDrittel auf 4,3 Liter pro Per-
son. Gleichzeitig gibt es Rückgänge bei
den klassischen Colas und Limos in der
Größenordnung von drei bis vier Pro-
zent. „Das Segment der zuckerfreien
Colas und Limonaden wächst sehr dy-
namisch“, bestätigt Vita-Vertreterin
Meincke. Die Thüringer haben deswe-
gen mittlerweile sechs zuckerfreie Sor-
ten im Angebot. Derweil ist der Ge-
samtkonsum im vergangenen Jahr un-
ter dem Strich stabil geblieben. Vorläu-
figen WAFG-Zahlen zufolge hat jeder
Bundesbürger im Schnitt 123,5 Liter Er-
frischungsgetränke konsumiert, das
sind 0,1 Prozent oder umgerechnet 100
Milliliter weniger als im Vorjahr.

GETTY IMAGES/ 500PX

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WWWWo Vita o Vita


Coke


ABHÄNGT


Die Deutschen trinken gerne Cola.ie Deutschen trinken gerne Cola.


Welche genau, zeigt eine aktuelleelche genau, zeigt eine aktuelle


Rangliste. Auf dem Vormarschangliste. Auf dem Vormarsch


sind zuckerfreie Variantenind zuckerfreie Varianten


Coca-Cola dominiert den Markt

Quelle: GlobalData

Die zehn beliebtesten Cola-Marken in Deutschland im Jahr ����, in Prozent
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Coca-Cola
Coca-Cola Zero
Coca-Cola Light
Pepsi-Cola
Pepsi-Cola Light
Pepsi Max
Vita (Hassia Group)
Sinalco
Glorietta
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Trend zu kalorienarmen Getränken

Quelle: Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke

Pro-Kopf-Verbrauch von Cola und Cola-Mischgetränke und Light-Versionen,
in Liter Cola und Cola-
Mischgetränke



















       

Cola und Cola-
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16


14.03.20 Samstag,14.März2020DWBE-HP


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16 MITTELSTAND *DIE WELT SAMSTAG,14.MÄRZ


I


n dem kleinen Laden am Rand der
Dresdner Neustadt reihen sich Holz-
fässer, alte Tonkrüge, Dutzende Fla-
schen und Glasballons mit Gin, Whisky,
Absinth oder Rum. Hinter der Bar steht
Sebastian Tröger, schnuppert immer
wieder, füllt die durchsichtige Flüssig-
keit in Flaschen ab.

VON CHRISTIANE RAATZ

Die Etiketten versprechen ausgefalle-
ne Kreationen, etwa Gin mit Orchi-
deen- oder Lotusblüten, Safran, Veil-
chen und Malve. Tröger, Inhaber der
Dresdner Spirituosenmanufaktur, hat
eigentlich Jura und Politikwissenschaft
studiert – seine Leidenschaft aber ge-
hört dem Brennen, mittlerweile seit 20
Jahren. „Schon mein Großvater war ein
Mixer und Panscher. Von ihm habe ich
auch den Spirit, mit Kräutern umzuge-
hen“, sagt der 40-Jährige.
Regionale Craft-Spirituosen sind zu-
nehmend gefragt, beobachtet Tröger.
„Man trinkt weniger, aber dafür bes-

ser“, sagt Tröger. Viele, die in den klei-
nen Dresdner Laden kommen, wollen
wissen, wie die Produkte hergestellt
werden und wo sie herkommen. „Da
merkt man, dass den Leuten die Traditi-
on und Heimat wieder etwas wert ist“,
sagt Tröger.
Ende der 90er-Jahre begann Tröger
mit der Herstellung von Absinth nach
alter Tradition, nachdem er sämtliche
Bücher dazu verschlungen hatte – und
verkaufte sein Unternehmen schließlich
an einen großen Getränkehersteller.
Seit 2011 stellt er wieder eigene Spiri-
tuosen in den Räumen einer ehemaligen
Dresdner Manufaktur her. Wenn Kun-
den kommen, gerät Tröger ins Plau-
dern, berichtet von der sächsisch-böh-
mischen Absinthtradition und von 200
Jahren Dresdner Spirituosengeschichte.
„Ich will alte Rezepte wiederbeleben“.
Die Basis für den Gin ist immer Wa-
cholderdestillat, das anschließend mit
Extrakten und Auszügen verfeinert und
gelagert wird, erklärt Tröger. Für die
Kräuter greift er vor allem auf regionale

Bioprodukte zurück, er setzt seinen Gin
aber auch schon mal für eine Sonderedi-
tion mit Safran, Fichtennadeln oder Lo-
tusblüten an.
Seinen Whisky lagert Tröger auf alten
Akazien- oder Maulbeerfässern. Seine
Spezialität: Blütenwhiskys, wie es sie
um 1900 in Dresden gab. Damals lebten
in der Stadt auch Briten und US-Ameri-
kaner. „Die haben ihre eigene Trinkkul-
tur mitgebracht“, so Tröger. Pro Jahr
stellt er in der Dresdner Spirituosenma-
nufaktur 1500 bis 2000 Flaschen Whis-
ky, Rum, Absinth, Gin oder Wodka her.
Auch der Bundesverband der Deut-
schen Spirituosen-Industrie und -Im-
porteure (BSI) beobachtet ein zuneh-
mendes Interesse der Konsumenten an
Craft-Spirituosen. „Konsumenten
schätzen das Handwerk und den Tradi-
tionsgedanken im Zusammenhang mit
der Herstellung von Spirituosen“, sagt
Geschäftsführerin Angelika Wiesgen-
Pick. Viele Verbraucher legten immer
mehr Wert auf Transparenz und Regio-
nalität.

Die Tourismus-Marketing-Gesell-
schaft Sachsen (TMGS) listet auf einer
Kulinarikwebsite eine Handvoll kleine
Destillerien im Freistaat auf. „Denn re-
gionale Spezialitäten kennenzulernen
und zu probieren, gehört für viele in ih-
rem Urlaub dazu“, sagt Sprecherin Ines
Nebelung.
Darunter sind auch ungewöhnliche
Kreationen: So wird etwa in Neukirch in
der Lausitz ein Schnaps aus Zwieback
gebrannt: Für das nach eigenen Anga-
ben weltweit erste Zwiebackdestillat ar-
beitet die Schusterliebs-Brennerei mit
der Neukircher Zwieback GmbH zu-
sammen. Für die Herstellung wird der
Zwieback gemahlen, angesetzt, gegoren
und gebrannt. Dann reift der hochpro-
zentige Tropfen in einem Steinbehälter
im kühlen, dunklen Keller der Brenne-
rei.
Steffen Großer, eigentlich Hotelier in
Erlabrunn, hat im vergangenen Jahr den
ersten erzgebirgischen Whisky auf den
Markt gebracht. Schon seit mehr als 20
Jahren braut Großer eigene Biere. „Die

Grundlage für Whisky ist Bierbrand,
deswegen hatte ich schon lange die
Idee“, sagt er. Mehr als drei Jahre expe-
rimentierte er, bevor der erste Whisky
auf den Markt kam.
Drei Sorten – alles Single Malt – stellt
Großer her. Von jeder gibt es nur etwa
300 Flaschen. Zu Beginn des neuen Jah-

res etwa brannte er einen rauchigen
Tropfen aus Torfmalz. „Die Nachfrage
ist gestiegen, gerade in der Whiskysze-
ne gibt es viele Sammler“, sagt Großer.
Er verschickt seine Flaschen zwar auch
deutschlandweit, die meisten Abneh-
mer aber kommen aus der Region.
Das Wissen von Sebastian Tröger zur
Spirituosenherstellung ist auch über die
Grenzen von Dresden hinaus gefragt. Er
reist für zahlreiche Hersteller um die
Welt. „Ich liefere die Rezepte, die For-
schung und mache die Gins oder Whis-
kys produktionsreif.“ Unter der Marke
Absyntheum verkauft er rund 200 ver-
schiedene Absinthe weltweit.
In Dresden widmet er sich vor allem
der Herstellung nach alter Tradition.
„Den Geschichten nachzuspüren, das ist
fffür mich das Schönste.“ Er selbst trinktür mich das Schönste.“ Er selbst trinkt
gern mal einen Grappa oder zu besonde-
ren Anlässen einen Orchideengin aus
dem eigenen Haus. „Ich sehe Aromen.
Für mich sind das Farbbilder. Darum fällt
es mir auch einfach, Geschmacksmuster
wieder zu beleben.“ dpa

Handwerk mit dem Hochprozentigen


Hochwertige und regionale Craft-Spirituosen sind gefragt. Kleine Destillerien setzen auf ausgefallene Kreationen wie Zwieback-Schnaps oder Gin mit Safran


IN DER


WHISKYSZENE


GIBT ES VIELE


SAMMLER


STEFFEN GROSSER,
Hotelier in Erlabrunn

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