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esegeräte für digitale
Bücher sind klein, leicht
und praktisch. Bei sei-
ner Markteinführung in
Deutschland 2009 wurde
Amazons Kindle als Toten-
gräber des Buchhandels
bezeichnet. Würde bald
niemand mehr gedruckte Bücher im
Laden kaufen? Zugleich gab es hitzige
Diskussionen darüber, ob der E-Reader
nicht ökologisch sinnvoller wäre als
Tausende Seiten bedruckten Papiers,
die im Bücherregal verstauben.
Ulrike Wilke hat sich in ihrer Master-
arbeit mit der Frage beschäftigt, was
umweltfreundlicher ist: E-Book oder
Buch. Die Frage lässt sich nicht ganz
einfach beantworten, denn man muss
hier sowohl die Produktion als auch
die Nutzung bewerten. Für die Papier-
herstellung werden Wälder abgeholzt,
es wird viel Wasser und Energie benö-
tigt und Abwasser mit organischen
Schadstoffen belastet. Hinzu kommen
CO 2 -Emissionen bei Druck und Distri-
bution der Bücher. In der Nutzung ist
das Buch dafür äußerst umweltfreund-
lich. Im Zweifelsfall verbraucht nur die
Leselampe Energie.
Für die Herstellung eines E-Rea-
ders werden erdölbasierte Kunst-
stoffe gebraucht. Die Gewinnung von
Metallen wie den seltenen Erden ist
umweltschädlich, hinzu kommen
Themen wie Kinderarbeit und aus-
beuterische Arbeitsbedingungen. Bei
der Nutzung macht sich beim E-Reader
vor allem der Stromverbrauch bemerk-
bar, er liegt allerdings deutlich unter
dem von Tablets oder Laptops. Noch
ein Vorteil des E-Readers: Er wird viel
länger genutzt als ein Smartphone.
Kaum jemand kauft sich ein neues
Gerät, nur weil es eine neue Produkt-
generation gibt.
Es ist vor allem der Leser, der mit
seinem Verhalten darüber entschei-
det, ob der E-Reader ökologisch bes-
ser oder schlechter ist als das Buch.
Wer nur wenige Bücher im Jahr liest,
sollte lieber zur Papiervariante grei-
fen. Für Gelegenheitsleser mit etwa
zehn Büchern im Jahr macht ein Tab-
let Sinn, wenn sie damit auch Filme
ansehen oder Audiobooks hören.
Für Vielleser ab etwa 50 Büchern pro
Jahr ist der E-Reader die nachhaltigste
Variante. Displays mit E-Ink, „elek-
tronischer Tinte“, verbrauchen deut-
lich weniger Strom als Geräte, die mit
Hintergrundlicht arbeiten. Man sollte
einen Reader wählen, der möglichst
viele E-Book-Formate verarbeiten kann
- und auf den Kauf von gedruckten
Büchern verzichten.
VERKAUF STAGNIERT
Die einstige Angst der Buch-
händler vor dem E-Reader
war rückblickend übertrie-
ben. Die Geräte haben Fans,
aber nach wie vor überschau-
bare Marktanteile. Die Absatz-
zahlen stagnieren auch, weil
die Grenzen zwischen Tablet,
Handy und E-Reader immer
mehr verschwinden.
20142015201620172018
0
1
2
3
4
5
6
4,34,54,64,
5,
2019
6,0*
E-Books in Deutschland
Umsatzanteil am Publikums-
markt in Prozent
* erstes Halbjahr 2019
BEWUSST LEBEN (^) | ALLTAGSWISSEN
Der E-Reader
ILLUSTRATION: SAMY LÖWE. INFOGRAFIK: RALF BITTER. TEXT: MARTIN BOTH. QUELLEN:
ÖKO-INSTITUT FREIBURG; HTWK LEIPZIG; BÖRSENVEREIN DES DEUTSCHEN BUCHHANDELS
Unser Fazit
Ob gedruckte Bücher oder
E-Books ökologischer sind,
hängt vom Lesekonsum ab.
Die Ökobilanz lässt sich so oder
so verbessern: Wer Bücher
leiht, gebraucht kauft, tauscht
oder weiter verschenkt, schont
die Umwelt. E-Book-Fans
sollten ihre Geräte möglichst
lange nutzen und defekte
Reader reparieren lassen.
ENZYKLOPÄDIE DER NACHHALTIGKEIT (22)
18 NATIONAL GEOGRAPHIC