Die Welt - 20.02.2020

(avery) #1

B


undeswirtschaftsminister
Peter Altmaier (CDU) sieht
wegen der bevorstehenden
Abschaltung zahlreicher
Atom- und Kohlekraftwer-
ke keine Gefahren für die Sicherheit der
Stromversorgung. Der Wegfall der Er-
zeugungskapazitäten werde übergangs-
weise durch eine stärkere Auslastung
der bestehenden Gaskraftwerke ausge-
glichen, sagte der Minister bei der Prä-
sentation des Länderberichts „Germa-
ny 2020“ der Internationalen Energie-
agentur (IEA) im Bundeswirtschaftsmi-
nisterium: „Wir werden eine Renais-
sance des Erdgases sehen.“

VON DANIEL WETZEL

Die Bundesregierung plant, bis Ende
2022 Kohlekraftwerke mit einer Kapazi-
tät von 12,5 Gigawatt stillzulegen, zu-
sätzlich zu der geplanten Abschaltung
von rund neun Gigawatt Atomkraft.
Dieser Wegfall gesicherter Leistung ad-
diert sich zu den Kraftwerksstilllegun-
gen im benachbarten europäischen Aus-
land: Ende dieser Woche wird in Frank-
reich etwa der erste Block des Atom-
kraftwerks Fessenheim nahe der deut-
schen Grenze stillgelegt, bereits im Juni
soll der zweite Block folgen.
Der neue Deutschland-Bericht, den
IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol in Ber-
lin vorstellte, würdigt zwar den deut-
schen Kohleausstieg als Beitrag zum
Klimaschutz. Er mahnt aber auch ein
besonderes Augenmerk auf die Siche-
rung der Stromversorgung an: Bislang

sei „noch unklar, wo und in welchem
Umfang stillgelegte Kapazitäten durch
neue Kapazitäten ersetzt werden müs-
sen“, heißt es in dem Bericht. Weil er-
neuerbare Energien nicht in ausrei-
chendem Maße bereit stehen, um den
Wegfall der Kraftwerke zu ersetzen,
müsse Deutschland auf eine stärkere
Nutzung der Gasverstromung zurück-
greifen, empfiehlt die Energieagentur
der Industrieländerorganisation OECD.
Eine Sichtweise, die Altmaier teilt.
Der Bundesminister für Wirtschaft und
Energie wies darauf hin, das die deut-
schen Gaskraftwerke wegen hoher
Brennstoffpreise in den vergangenen
Jahren meist nur wenige hundert Stun-
den im Jahr am Netz waren. Inzwischen
seien die Erdgaspreise jedoch deutlich
gefallen. „Ich bin sehr zuversichtlich,
dass Gaskraftwerke die in den nächsten
zwei bis fünf Jahren wegfallenden Kohle-
kapazitäten ersetzen werden – und zwar
zu erschwinglichen Kosten“, sagte der
Minister. Überdies würden neue Strom-
kabel nach Skandinavien ab 2023 für eine
gesicherte Leistung grüner Energie über
zwei Gigawatt aus Wasserkraft sorgen.
Die für die Sicherheit der Stromver-
sorgung zuständige Bundesnetzagentur
bestätigte auf Nachfrage diese Ein-
schätzung: „Die Einstellung des Lei-
stungsbetriebs des Kernkraftwerks
Philippsburg 2 und der Anlage in Fes-
senheim wurde bereits in den regelmä-
ßigen Prognoserechnungen der Über-
tragungsnetzbetreiber berücksichtigt“,
versicherte die Marktaufsichtsbehörde:
„Zusätzliche besondere Ausgleichsmaß-

nahmen“ seien „nicht erforderlich.“
Auch in dem von den nuklearen Ab-
schaltungen besonders betroffenen Ba-
den-Württemberg seien „Versorgungs-
engpässe nicht zu erwarten.“ Auch sei
derzeit „ein Preissignal an den Strom-
handelsmärkten, das ein Zeichen für
eine Erzeugungsknappheit darstellen
könnte, nicht zu erkennen.“
Die IEA entsendet alle fünf bis sechs
Jahre ein Team von Energiemarktexper-
ten in die Mitgliedsstaaten der OECD,
um eine vertiefte Länderanalyse durch-
zuführen. Der nun erschienene
Deutschland-Bericht enthält in seiner
Bestandsaufnahme und den Empfeh-
lungen keine Überraschungen. Ange-
mahnt wird eine bessere Integration er-
neuerbarer Energien und ein beschleu-
nigter Netzausbau.
Zu Beginn der Präsentation über-
brachte IEA-Chef Birol allerdings eine
gute Nachricht von der Klimaschutz-
front: Entgegen aller Erwartungen hät-
ten die globalen CO 2 -Emissionen 2019
nicht weiter zugenommen – trotz eines
Wirtschaftswachstums von drei Pro-
zent. Birol führte die Stabilisierung der
Emissionen auf drei Faktoren zurück:
Weltweiter Ausbau der erneuerbaren
Energien, der Ersatz von Kohle- durch
Erdgaskraftwerke in vielen Ländern so-
wie der Ausbau der Atomkraft vor allem
in Japan, Korea und China.
Auch die deutschen Anstrengungen
im Klimaschutz würdigte der IEA-Chef:
Die deutschen Emissionen seien im ver-
gangenen Jahr um acht Prozentpunkte
auf 620 Millionen Tonnen CO 2 gefallen,

stellte Birol fest: „Ein Niveau, das wir
seit den 50er Jahren nicht mehr gese-
hen haben, als die deutsche Wirt-
schaftsleistung noch um ein Zehnfaches
kleiner war.“ Auch sei der deutsche
Stromverbrauch in den vergangenen
zehn Jahren weitgehend stabil geblie-
ben, obwohl die Wirtschaftsleistung in
um zwölf Prozent wuchs.
Deutschland müsse sich auf eine stei-
gende Nachfrage nach Erdgas einstel-
len, sagte Birol – und verwies auf die zu-
rückgehende Eigenproduktion in
Europa, wie sie sich etwa auch im be-
vorstehenden Förderende des riesigen
Erdgasfeldes Groningen im Norden der
Niederlande zeige. Die Folge für
Deutschland sei, dass die Versorgungs-
sicherheit im Bereich Strom künftig
stärker von der Erdgasversorgung ab-
hängen werde. Der Bau von Anlagen für
den Import von verflüssigtem Erdgas
(Liquified Natural Gas, „LNG“) in meh-
reren Ländern habe die Verhandlungs-
position der europäischen Abnehmer
gegenüber dem Gaslieferanten Russ-
land bereits stark verbessert, sagte Birol
und bezifferte den Preisnachlass auf
EU-weit acht Milliarden Euro.
Bundeswirtschaftsminister Altmaier
verwies auf die Unterstützung der Poli-
tik für den Bau von Flüssiggas-Häfen an
der deutschen Nord- und Ostseeküste.
Die Bundesregierung fördert den Bau
der LNG-Terminals in Brunsbüttel, Sta-
de und Wilhelmshaven finanziell und si-
chert den künftigen Betreibern geringe
Kosten bei der Anbindung ans Gasnetz
zu.

Gas-Renaissance in Deutschland


Die Internationale Energieagentur lobt den deutschen Klimaschutz. Doch sie fragt nach den Folgen


des Kohleausstiegs für die Versorgungssicherheit. Wirtschaftsminister Altmaier hat eine Antwort


PICTURE ALLIANCE / IMAGEBROKER

/ DPA / JOCHEN TACK

Hier wird sich künftig
mehr drehen: Handräder
zur manuellen Steuerung
der Lüftung an einem
Gaskraftwerk

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DIE WELT DONNERSTAG,20.FEBRUAR2020 SEITE 9

WIRTSCHAFT


Die Supermarktkette


wird jetzt zerlegt Seite 12


Real


LUFTHANSA

Ex-Ufo-Chef gewinnt
Kündigungsprozess

Der Ex-Chef der Flugbegleiterge-
werkschaft Ufo, Nicoley Baublies,
hat den Prozess gegen seine frist-
lose Kündigung durch die Lufthansa
vor dem Arbeitsgericht Frankfurt
gewonnen. „Ich bin wieder bei der
Lufthansa“, sagte Baublies am Mitt-
woch. Einen vom Gericht vorge-
schlagenen Vergleich habe er abge-
lehnt. Er wolle verhindern, dass die
Lufthansa gegen andere Gewerk-
schaftsmitglieder mit Kündigung
vorgehe. Eine Sprecherin der Luft-
hansa erklärte, das Unternehmen
werde die schriftliche Urteilsbe-
gründung abwarten und dann ent-
scheiden, wie weiter verfahren wer-
de. Baublies spielt eine führende
Rolle im Konflikt zwischen der Luft-
hansa und der Gewerkschaft Ufo.

MITTELSTAND

Innovationskraft
auf Tiefstand

Die Innovationskraft mittelstän-
discher Firmen in Deutschland
schwindet einer Studie zufolge
zunehmend. Nur noch 725.000 der
etwa 3,81 Millionen kleinen und
mittleren Unternehmen haben zu-
letzt innovative Produkte oder Pro-
zesse eingeführt, wie aus einer Un-
tersuchung der staatlichen Förder-
bank KfW hervorgeht. Das waren
125.000 Firmen weniger als im vo-
rangegangenen Untersuchungs-
zeitraum 2015/2017. Der Anteil in-
novativer Mittelständler sank im
Zeitraum 2016/2018 auf den Tief-
stand von 19 Prozent. „Für die Zu-
kunftsfähigkeit und die interna-
tionale Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Wirtschaft ist das eine
gefährliche Entwicklung – schließ-
lich spielen Innovationen eine große
Rolle für Beschäftigung, Wachstum
und Produktivität“, warnte KfW-
Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

KUKA

Technikvorstand geht


nach vier Monaten


Nach weniger als vier Monaten
trennt sich der Roboterhersteller
Kuka von seinem Technikvorstand
Peter Hofmann. Wie das Unterneh-
men mitteilte, hätten sich der Auf-
sichtsrat und Hofmann „gemeinsam
entschieden, die Zusammenarbeit
aus persönlichen Gründen zum 20.
Februar 2020 zu beenden“. Details
zur Trennung wurden nicht ge-
nannt. Hofmann war erst zum 1.
November 2019 zu Kuka gekommen.
Damals hieß es, Kuka gewinne mit
Hofmann „einen renommierten
Technologieexperten mit umfassen-
der Industrieerfahrung“. Der Kuka-
Vorstand besteht nun wie zuvor nur
noch aus Vorstandschef Peter Moh-
nen und Finanzvorstand Andreas
Pabst. Ein neuer Technikvorstand
soll vorläufig nicht ernannt werden,
sagte ein Unternehmenssprecher.

SPACEX

Partnerschaft mit


Weltraum-Touristiker


Das US-Raumfahrtunternehmen
SpaceX von Elon Musk will im Rah-
men einer Firmenpartnerschaft vier
Touristen so weit ins All schicken
wie nie zuvor. SpaceX schloss einen
Kooperationsvertrag mit dem US-
Weltraumtourismus-Anbieter Space
Adventures, um die Touristen bis
spätestens zum Jahr 2022 ins All
und wieder zurück zu befördern,
wie Space-Adventures-Chef Tom
Shelley sagte. Die Kosten für den
Ausflug ins All könnten höher als
100 Millionen Dollar (92 Millionen
Euro) liegen. Ziel der Reise ins All
sei es, dass sich die Touristen zwei
bis drei Mal weiter von der Erde
entfernen als die internationale
Weltraumstation ISS, sagte Shelley.
Die ISS befindet sich etwa 400 Kilo-
meter von der Erdoberfläche ent-
fernt.

KOMPAKT


D


ie in greifbare Nähe gerückte
Fusion der US-Tochter mit dem
Rivalen Sprint beflügelt die
Deutsche Telekom zu großen Ambitio-
nen. Man wolle die Wettbewerber
AT&T und Verizon überholen und als
„New Mobile“ die Nummer Eins in den
USA werden, kündigte Telekom-Chef
Tim Höttges in Bonn an. „Zumindest ist
das unser Anspruch.“ Ein US-Gericht
machte zuletzt den Weg frei, T-Mobile
mit Sprint zu vermählen. Nach der bis
Anfang April angepeilten Übernahme
käme „New T-Mobile“ dann auf 140 Mil-
lionen Mobilfunkkunden. Letzte juristi-
sche Genehmigungen stehen jedoch
noch aus.
„Das ist dann die größte Fusion eines
deutschen Unternehmens in den USA
jemals“, bilanzierte Höttges. „Für mich
persönlich kann ich sagen: Das war die
aufregendste und größte unternehmeri-
sche Herausforderung meiner Berufs-
laufbahn“. Vor Kurzem hatte ein US-
Gericht Klagen mehrerer Bundesstaa-
ten gegen die Pläne abgeschmettert. Le-
gen die vor Gericht unterlegenen US-

Bundesstaaten keine Berufung gegen
die Entscheidung ein, ist die Fusion für
Höttges nach langem Ringen endlich in
greifbare Nähe gerückt. Hoffnung
machte dem Telekom-Chef dabei be-
reits der Bundesstaat New York: Die
örtliche Generalstaatsanwältin, Letitia
James, hatte angekündigt, nicht gegen
den Richterspruch vorgehen zu wollen.
„Es tut uns Deutschen gut, wenn ein
deutsches Unternehmen es einmal
schafft, in einer Schlüsselindustrie, in
einer Hightech-Industrie, in den USA
eine führende Rolle einzunehmen“, sag-
te Höttges. Derzeit belegen T-Mobile
US und Sprint die Plätze Drei und Vier
im US-Mobilfunkmarkt.
Bereits im abgelaufenen Jahr be-
scherte die starke US-Tochter dem Bon-
ner Konzern ein sattes Wachstum: Ins-
gesamt erwirtschaftete man im vergan-
genen Jahr rund 80,5 Milliarden Euro
und damit rund 6,4 Prozent mehr als im
Jahr zuvor, wie aus den Jahreszahlen
hervorgeht, die das Unternehmen am
Mittwoch vorlegte. Rund die Hälfte da-
von stammte aus den USA. „Wir sind

stärker denn je zuvor“, so Höttges. Üb-
rig blieb 2019 ein Konzernüberschuss
von 3,9 Milliarden Euro, rund 79 Pro-
zent mehr als 2018. Damals lag er bei 2,
Milliarden Euro. Bereinigt um Sonder-
einflüsse blieb immerhin ein Plus von
knapp neun Prozent übrig.
Im Inland treibt die Telekom derzeit
den Ausbau des neuen Mobilfunkstan-
dards 5G voran und setzt beim Schlie-
ßen von verbleibenden Funklöchern im
Mobilfunk auf Kooperationen – darun-
ter auch mit Wettbewerbern. Beim Aus-
bau der glasfaserbasierten Anschlüsse
kamen 2019 rund 2,2 Millionen An-
schlüsse hinzu – damit sind es aktuell
14,4 Millionen. Allerdings stehen die
Bonner hier unter starkem Druck durch
den Wettbewerber Vodafone, der seine
Marktposition durch die Übernahme
des Kabelnetzbetreibers Unitymedia
deutlich gestärkt hat und mit Fernseh-
kabeln auf schnellere Geschwindigkei-
ten kommt als die Telekom. Die Bonner
haben daher Klage gegen die Übernah-
me-Genehmigung der EU-Kommission
eingereicht.

Wermutstropfen bleibt, dass der
Konzern weiter hohe Schulden hat: Die
Netto-Finanzverbindlichkeiten lagen
bei rund 76 Milliarden Euro. Das be-
kommen auch die Aktionäre zu spüren:
Die Telekom hatte bereits im November
ihre Dividende für 2019 auf 60 Cent je

Aktie festgelegt – zehn Cent weniger als
für das Jahr zuvor. Der Konzern hatte
dies unter anderem mit hohen Kosten
für die 5G-Mobilfunkauktion in
Deutschland und mit finanziellen Las-
ten aus der angestrebten US-Transakti-
on begründet. Finanzchef Christian Il-
lek mahnte zur Geduld – das werde sich
auch wieder ändern. Für 2020 rechnet
die Telekom insgesamt mit steigenden
Umsätzen und einem leichten Wachs-
tum des operativen Ergebnisses.
Wettbewerber Telefónica Deutsch-
land (O2), der ebenfalls vorläufige Zah-
len vorlegte, machte 2019 hingegen er-
neut Verluste. Unter dem Strich belief
sich das Minus auf 212 Millionen Euro,
nach 230 Millionen im Vorjahr. Dem
Konzern machen noch immer hohe Ab-
schreibungen im Zuge der 2014 erfolg-
ten milliardenschweren Übernahme
von E-Plus zu schaffen. Mit 456.000 zu-
sätzlichen Anschlüssen im Schlussquar-
tal stieg die Zahl der neuen Mobilfunk-
kunden aber im vergangenen Jahr um
eineinhalb Millionen – so viele wie noch
nie seit dem Kauf von E-Plus. dpa/rtr

Deutsche Telekom will Nummer Eins in den USA werden


Nachdem die Fusion mit Sprint in greifbare Nähe rückt, sieht Chef Höttges große Wachstumschancen. Schulden belasten den Konzern aber


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D


ie Freude über den Coup, als
weitgehend unbekanntes Um-
weltnetzwerk die erste Fabrik
des Elektroautobauers Tesla auf euro-
päischem Boden vorerst gestoppt zu
haben, ist bei den Landeschefs der
Grünen Liga Brandenburg inzwischen
wohl verflogen. Seit bekannt wurde,
dass das Bündnis vor dem Oberverwal-
tungsgericht (OVG) Berlin-Branden-
burg einen Stopp von Fällarbeiten auf
dem zukünftigen Werksgelände er-
wirkt hatte, wurde der Vorstoß von
Wirtschaftsbänden und Politikern hef-
tig kritisiert. Zuletzt hatten sich auch
Spitzenpolitiker der Grünen gegen die
Initiative gewandt.
Die Grüne Liga argumentierte, die
Rodungsarbeiten im brandenburgi-
schen Grünheide so lange stoppen zu
wollen, bis der Bau der Fabrik ab-
schließend genehmigt ist. Doch nun
ffformiert sich sogar in den eigenen Rei-ormiert sich sogar in den eigenen Rei-
hen Widerstand. Mitglieder des Um-
weltverbandes haben den Rücktritt ih-
rer Führungsspitze gefordert. Die Ent-
scheidung, das Gerichtsverfahren ge-
gen die Rodungsarbeiten einzuleiten,
sei intransparent und völlig planlos
zustande gekommen, heißt es in einem
Brief der Cottbuser Mitgliedsgruppe
des Netzwerks. Die Gruppen der Grü-
nen Liga sind traditionell lose und zer-
splittert, die jetzigen gegenseitigen
Angriffe sind aber beispiellos. „Wir
fffordern deshalb den Rücktritt der Ver-ordern deshalb den Rücktritt der Ver-
antwortlichen und eine schnellstmög-
liche außerordentliche Mitglieder-
versammlung“, schreiben die Verfas-
ser weiter. Die Mitglieder hätten darü-
ber hinaus erst aus der Presse vom
VVVorgehen der Verbandsoberen erfah-orgehen der Verbandsoberen erfah-
ren.
„Der Punkt ist, dass das jetzt alle
ausbaden müssen, was ganze Wenige
entschieden haben“, sagte der Spre-
cher der Umweltgruppe, Rene Schus-
ter, am Mittwoch. Seines Wissens hät-
ten nur drei Mitglieder eine Entschei-
dung über eine Klage vor Gericht ge-
fffällt. „Wir müssen eine Landesspitzeällt. „Wir müssen eine Landesspitze
in der Grünen Liga finden, die eine an-
dere Kommunikationskultur pflegt“,
betonte er. Verfahrensfehler und Gra-
benkämpfe überlagern damit den Na-
turschutz als gemeinsames Ziel der
Gruppe.
Die Brandenburger Landesregie-
rung geht indes davon aus, dass die
Frage der Rodung auf dem Tesla-Ge-
lände noch in dieser Woche geklärt
werde. Wirtschaftsminister Jörg
Steinbach (SPD) erklärte am Mitt-
woch, er erwarte, „dass diese Ent-
scheidung zwischen dem heutigen Tag
und dem kommenden Freitag kommt“.
Dennoch wolle die Regierung nicht ak-
tiv bei Gericht nachfragen; es solle
nicht der Eindruck vermittelt werden,
man wolle Druck auf die Entscheider
ausüben. fei

Grüne Liga


streitet über


TTTesla-Proteste esla-Proteste


Cottbuser Mitgliedsgruppe
fordert Rücktritt der Spitze

Die Daimler AG hat den Telekom-
Chef Timotheus Höttges zur
Wahl in den Aufsichtsrat des
Autobauers vorgeschlagen. Er
soll auf der Hauptversammlung
am 1. April 2020 gewählt werden.
Höttges sei ein „ausgewiesener
Fachmann für Digitalisierungin
der Telekommunikation“, so
Daimler-Aufsichtsratschef Man-
fred Bischoff. Mit seiner Qualifi-
kation passe er „hervorragend“ in
den Aufsichtsrat des Konzerns.

Höttges soll in Daimlers
Aufsichtsrat aufrücken

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