Die Welt - 21.02.2020

(Grace) #1

In einer Welt aus


RASSISMUS und Wahn


Sportschütze mit legalen Waffen und Verschwörungstheoretiker mit


Vernichtungsphantasien gegen ganze Völker – der Verdächtige von Hanau


zeigt Züge eines neuartigen Tätertyps aus der digitalen Sphäre


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21.02.20 Freitag, 21. Februar 2020DWBE-HP


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2 POLITIK **DIE WELT FREITAG,21.FEBRUAR


A


uf seiner Todesfahrt durch
Hanauhat der mutmaßli-
che Attentäter Tobias R. am
Mittwochabend neun Men-
schen mit ausländischen
Wurzeln getötet. Der Täter selbst und
dessen Mutter wurden nachts um 3.
Uhr von einem Spezialeinsatzkomman-
do (SEK) tot im Wohnhaus aufgefun-
den. Der 72-jährige Vater des Täters
wurde äußerlich unverletzt dort ange-
troffen. Das teilte der Generalbundes-
anwalt (GBA) am Donnerstagnachmit-
tag mit, er hat den Fall übernommen.

VON ALEXEJ HOCK, IBRAHIM NABER
UND LENNART PFAHLER

Ein Sprecher sagte WELT, es lägen ei-
nige Anhaltspunkte für ein „fremden-
feindliches Motiv“ vor. Nun laufen die
Ermittlungen durch das Bundeskrimi-
nalamt. Unterstützung kommt vom
Landeskriminalamt Hessen. Dort wur-
de eine Besondere Aufbauorganisation
(BAO „GGST“) gebildet. Was wir bis-
lang über den Verdächtigen wissen –
und was nicht, ist dies:

DAS BEKENNERSCHREIBEN


Nach dem Attentat tauchte ein Beken-
nerschreibenvon Tobias R. auf, das er
im Vorfeld der Tat auf seiner Homepage
veröffentlicht hatte – ein manifestarti-
ger Text. Ein solches Bekennerschrei-
ben fanden Ermittler auch in seiner
Wohnung. Ob es sich um das gleiche
Schreiben handelt wie das im Netz kur-
sierende, ist bislang unklar. Der Text
aus dem Internet gibt Einblicke in eine
krude, wahnsinnige Gedankenwelt, ge-
prägt von wilden Verschwörungstheo-
rien. Der Autor schreibt darin von Stim-
men, die er schon als ganz kleines Kind
gehört haben will – der Text offenbart
aber auch eine radikal rassistische Welt-
sicht bis hin zu Vernichtungsphantasien
gegen ganze Völker.
„Diese Menschen sind äußerlich in-
stinktiv abzulehnen und haben sich zu-
dem in ihrer Historie nicht als leis-
tungsfähig erwiesen“, schreibt er in
dem ihm zugewiesenen Manifest. Der
Autor lässt keinen Zweifel daran, wen
genau er meint: „Südländer, sprich Tür-
ken und Nordafrikaner“. An einer ande-
ren Stelle schwadroniert er von ethni-
schen Säuberungen, gemeint ist eine
komplette Vernichtung ganzer Völker.
Er zählt eine Reihe von Ländern auf, die
ausgelöscht werden müssten – asiati-
sche, arabische, aber auch Israel.
R. spricht auch persönliche Motive
an. Er behauptet, dass er während einer
Ausbildung zum Bankkaufmann Zeuge
eines Banküberfalls geworden sei. Auch
hier seien Nicht-Deutsche schuld gewe-
sen. Das 24 Seiten lange Manifest liest

sich über weite Strecken wie das Pro-
dukt eines durch alle möglichen The-
men schweifenden Wahns. Es handelt
vom Krieg in Afghanistan, von Persona-
lien beim Deutschen Fußballbund, von
Hollywoodfilmen, von der Weltmacht
USA. R. behauptet zudem, überwacht
zu werden und Stimmen zu hören.
Der Autor des Bekennerschreibens
stellt sich zudem als Opfer dar – ähnlich
wie der Attentäter des Anschlags in Hal-
le. Seit nun 18 Jahren habe er keine
Freundin oder Frau, „da ich mir eben
keine Frau nehme, wenn ich weiß, dass

ich überwacht werde“. Der Mann habe
eine „zutiefst rassistische Gesinnung“
gehabt, sagte Generalbundesanwalt Pe-
ter Frank am Donnerstagnachmittag.
Das habe die Auswertung von Videobot-
schaften und des Dokuments auf dessen
Internetseite ergeben. Er sprach von
„wirren Gedanken“ und „abstrusen Ver-
schwörungstheorien“.
Bereits im November hatte R. ein in
weiten Teilen identisches Schreiben als
vermeintliche Strafanzeige an die Bun-
desanwaltschaft adressiert. Das inhalt-
lich wirre Dokument umfasst 19 Seiten

und liegt WELT vor. Ob das Schreiben
tatsächlich den Generalbundesanwalt
erreichte, ist noch unklar. Die Behörde
teilte mit, dies werde geprüft. Ob sich R.
bereits Monate vor seiner mutmaßli-
chen Tat an deutsche Behörden wandte,
ist insofern relevant, weil sein Gefah-
renpotenzial möglicherweise unter-
schätzt wurde.

DER HINTERGRUND


Über sich selbst schreibt R. auf seiner
Homepage: „Ich bin 1977 in Hanau ge-

boren, aufgewachsen und zur Schule ge-
gangen.“ Auf der Homepage eines ehe-
maligen Arbeitgebers finden sich weite-
re Informationen.
Demnach absolvierte er eine Ausbil-
dung zum Bankkaufmann in Frankfurt.
Anschließend begann er ein Studium
der Betriebswirtschaftslehre in Bay-
reuth, das er im Frühjahr 2007 angeb-
lich erfolgreich abschloss. Nach eigener
Auskunft soll R. zuletzt bei einem Ver-
gleichsportal in München gearbeitet ha-
ben. Nach Angaben von Bayerns Innen-
minister Joachim Herrmann (CSU)

wohnte er zeitweilig in Oberfranken
und in Oberbayern. „Zuletzt hat er sich
wohl 2018 im südbayerischen Raum auf-
gehalten“, sagte Herrmann am Don-
nerstag in Friedberg im Landkreis Augs-
burg. Es habe aber damals keine Er-
kenntnisse gegeben, dass der Mann ein
Extremist sei.
Als Wohnanschrift des Verdächtigen
ist eine Straße in Hanau-Kesselstadt
gemeldet. Diese Wohnung liegt knapp
drei Kilometer beziehungsweise einige
Autominuten vom ersten Tatort ent-
fernt, der Shisha-Bar „Midnight“ am

S


eit dem 19. Februar glaubt Ke-
nan Kizilay an Engel, sagt er. Am
Morgen nach dem Attentat
lehnt er am Tisch eines Imbisses am
Hanauer Heumarkt, nur wenige Meter
entfernt vom Shisha-Café „Midnight“.
Kizilay trägt einen grauen Trainings-
anzug und trinkt türkischen Tee aus
einem Pappbecher. Nur wenige Stun-
den zuvor hat Tobias R. zehn Men-
schen und letztlich auch sich erschos-
sen. Kizilay hätte einer von ihnen sein
können, doch er entging dem Kugelha-
gel wie durch ein Wunder.

VON LENNART PFAHLER
AUS HANAU

Allein im „Midnight“ starben vier
Menschen, Kizilay war dort Stamm-
gast. Auch am Mittwochabend hatte er
dort gesessen, wo kurze Zeit später
Polizisten Flatterbänder befestigten.
„Ich bin immer da“, sagt er. In seiner
Stimme schwingt ein Ton mit, der
deutlich macht, dass er selbst kaum
fffassen kann, dass er die Nacht überlebtassen kann, dass er die Nacht überlebt
hat. Er habe eine Shisha geraucht wie

üblich, erinnert sich Kizilay. Gegen
halb zehn am Abend habe sein Handy
geklingelt, doch im Café sei es laut ge-
wesen, also sei er zum Telefonieren hi-
nausgegangen. Aus irgendeinem
Grund sei er nicht ins Café zurück,
sondern ins Auto gestiegen und zu ei-
ner anderen Shisha-Bar gefahren. We-
nige Minuten später fielen die ersten
Schüsse. „Ich hatte so ein Glück. Das
ist Schicksal oder was weiß ich.“
Viele Menschen kommen am Don-
nerstag dorthin, wo die Bluttat ge-
schah. Spielhallen reihen sich an Wett-
büros und Kebabläden. Vieles spricht
dafür, dass der Täter das migrantische
Zentrum Hanaus gezielt ansteuerte.
Dieser Ort sei „nicht ganz katholisch“,
sagt ein älterer Mann mit italienischen
WWWurzeln über die Gegend. Seinen Na-urzeln über die Gegend. Seinen Na-
men möchte er nicht veröffentlicht se-
hen. Dann wird er expliziter: „Es ist
ein kleines Nuttenviertel“, das „St.
Pauli von Hanau“. Immer wieder gebe
es Probleme, dann seien oft viele Poli-
zisten vor Ort. Einen mutmaßlich
rechtsradikalen Anschlag jedoch hätte
hier niemand erwartet. Kizilay kennt

eines der Opfer, den Besitzer des Shis-
ha-Cafés. „Ein ganz feiner Kerl“, sagt
er gedankenverloren. „Mehrere Kopf-
schüsse.“
Kadir Köse betreibt die Bar „Blind
Rabbit“ direkt gegenüber vom Tatort.
Am Mittwochabend habe eine Dartpar-
tie in der Kneipenliga stattgefunden.
„Dann habe ich Schüsse gehört und bin
rausgelaufen. Dort habe ich schon an-
dere Gastronomen gesehen, die auch
rauskamen. Ich rief ihnen zu: ‚Passt
auf, der ballert hier um sich.‘“
Köse habe seine Gäste angeschrien,
von den Fenstern wegzutreten und De-
ckung zu suchen. Als er noch einmal
nach draußen geschaut habe, habe er
einen „Jungen“ gesehen, der regungs-
los an einer Hauswand gelehnt habe.
Er habe versucht, die Polizei anzuru-
fffen, doch es sei besetzt gewesen. Alsen, doch es sei besetzt gewesen. Als
die Beamten eintrafen, habe er noch
mehrere Schüsse gehört, „vier oder
fffünf“, erinnert sich Köse. Später er-ünf“, erinnert sich Köse. Später er-
fffuhr er von Freunden in einer Whats-uhr er von Freunden in einer Whats-
App-Gruppe: Auch im rund zweiein-
halb Kilometer entfernten Viertel Kes-
selstadt hatte der Täter um sich ge-

„Passt auf,


der ballert


hier um


sich“


Am Tag nach dem


Anschlag sind die


Menschen in Hanau


entsetzt. Augenzeugen


und Freunde der


Todesopfer trauern


KKKadir Köse betreibt die Bar „Blind Rabbit“ direkt gegenüber dem Tatortadir Köse betreibt die Bar „Blind Rabbit“ direkt gegenüber dem Tatort


LENNART PFAHLER

AP PHOTO/MARTIN MEISSNER

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