Armin Laschet ist damals in seinem Dienst
wagen unterwegs nach Münster, als das Inter
view mit Schröder gerade erschienen ist, schaut
auf sein Smart phone und liest lächelnd die
SMS, die eintreffen. Es macht ihn stolz, als
Merkels möglicher Nachfolger gehandelt zu
werden. Ein Bundespolitiker der FDP schreibt
Laschet: »Dann bilden wir demnächst doch
noch eine Koa li tion.« Ein anderer Politiker
schreibt: »Vielleicht werde ich unter dir noch
Minister.« Spricht man Laschet auf die Kanz
lerfrage an, antwortet er: »Ich denke nicht
dreimal am Tag daran.«
Bevor ihn die Chauffeurin in Münster ab
setzt, wo am Abend der Internationale Preis
des Westfälischen Friedens verliehen werden
soll, trifft eine weitere Nachricht bei Laschet
ein. Kurz nach der Landung auf dem Flug
hafen Münster/Osnabrück habe sich die Frau
des Bundespräsidenten verletzt, sie müsse in
eine Klinik, der Bundespräsident begleite sie
und verspäte sich deshalb. Nun solle Laschet
die Ansprache vor dem Beginn der Feier über
nehmen. In Münster steigt Laschet aus dem
Auto, wuchtet seinen Aktenkoffer heraus,
schaut sich lächelnd um und sagt halblaut:
»Sehen Sie, gerade noch Kanzler und jetzt
schon Bundespräsident.«
O
ft hat er seine Ambitionen iro
nisch verkleidet. Er ist ein
Mensch, den niemand für ei
nen Spitzenpolitiker halten
würde, wenn man ihm ohne
Anzug und ohne Krawatte auf einem dieser
Volksfeste begegnete, in die er sich hemmungs
los fallen lassen kann.
Er wohnt noch immer in dem Mittelrei
henhaus in Aachen, in dem seine Kinder groß
wurden. Er leistet sich keine Extravaganzen.
Er fährt Jahr für Jahr in denselben Urlaubsort
am Bodensee. An manchen Abenden, wenn
ihn einer seiner Fahrer zu Hause abgeliefert
hat, setzt sich Laschet noch in das Elektroauto,
das meist seine Frau benutzt, einen quietsch
blauen Kleinwagen, und bringt die leeren
Flaschen zum Altglascontainer. Ein ganz ge
wöhnlicher Junge aus dem Rheinland ist dann
zu besichtigen, aber einer, der es in drei Parla
mente geschafft hat, den Landtag in Düssel
dorf, den Bundestag und das Europaparla
ment. Auf verschlungenen Pfaden hat es die
ser Junge zu politischem Verstand gebracht.
Mit seinen 1,72 Metern ist er nicht gerade
groß. Aber es käme auf etwas anderes an, auf
politische Größe. Hat er sie?
Zumindest besaß er die Größe, seine Vor
gängerin Kraft nach ihrer Wahlniederlage
freundlicher zu verabschieden, als es viele ihrer
SPDGenossen im Landtag taten. Vor den
Augen der Abgeordneten überreichte Laschet
ihr einen Blumenstrauß und dankte ihr in
seiner ersten Rede als Ministerpräsident. »Ich
finde so etwas stilbildend«, sagte er später, »das
ist wichtig für die Demokratie.«
Armin Laschet verlagerte den Sitz des Re
gierungschefs wieder in die alte Staatskanzlei,
kein Prunkbau, eher ein großes Rathaus,
schlicht und würdevoll – nicht so ausdrucks
los wie der verglaste Büroturm, in den der
frühere Ministerpräsident Wolfgang Clement
gezogen war und in dem auch die Beratungs
firma Boston Consulting untergebracht ist.
Laschet ist sehr darauf bedacht, eine politische
Repräsentanz zu schaffen. Er hat ein Faible für
Rituale und Zeremonien, die manchen seiner
Parteikollegen altmodisch erscheinen, einigen
sogar albern.
Als im Juli 2018 die Präsidentinnen Est
lands und Litauens in Düsseldorf zu Gast
waren, ließ Laschet vor der Staatskanzlei einen
roten Teppich ausrollen. »Zwei Staatsober
häupter in zwei Stunden, das schafft nicht mal
die Kanzlerin«, sagte er hinterher. Beim Besuch
spielte das Polizeiorchester, das früher sehr
selten eingesetzt wurde. Seit Laschet regiert,
haben die Musiker ständig Ter mine.
Die Sitzungen des Kabinetts finden wieder
dort statt, wo sie in den Jahren nach dem Krieg
stattfanden, und die Minister benutzen wieder
die Stühle, auf denen schon in den Fünfziger
jahren Minister saßen. Auch damals wurde das
Land von der CDU regiert. Sogar den Konfe
renztisch aus jener Zeit hat Laschet beschaffen
lassen. Er achtet darauf, dass die Politiker des
kleinen Koa li tions part ners FDP vor gemein
samen Sitzungen nicht später ans Buffet dür
fen als seine CDULeute. Solche Be nimm
regeln sind ihm wichtig.
Er war sehr gern im Europaparlament, er
fand dort seine Erfüllung. Man muss nur ein
mal mit Armin Laschet durch seine Heimat
fahren, das Dreiländereck DeutschlandBel
gienNiederlande, und man begreift schnell,
wie sehr er an der Idee eines vereinten Euro
pas hängt. Zu jedem Dorf fällt ihm eine Ge
schichte ein. Er verbesserte sein Französisch
in Nachhilfekursen und war mal Be richt
erstat ter des Europaparlaments für die Ver
einten Nationen. Spricht er über das Corona
virus, dann sagt er: »Auch dieses Thema lässt
sich nur europäisch lösen.«
Armin Laschet ist viel internationaler aus
gerichtet, als es klingt, wenn man ihn bloß
den Dialekt seiner Heimat sprechen hört.
Der rheinische Singsang verleitet dazu, aus
Laschets Worten allein die Provinz heraus
zuhören, obwohl einige seiner wichtigsten
Reden von der Komplexität der Welt han
deln. Ihm liegt sehr viel an den Beziehungen
zum französischen Präsidenten Emmanuel
Macron. Aber Laschet ist keiner, der sich
ZehnPunktePläne für eine neuartige deutsch
französische Allianz ausdenkt.
Einen Ruf als großer Theoretiker hat er
sich nie erworben. Er hat eine Weile regelmä
ßig Krimis gelesen, die ihm seine 57jährige
Frau Susanne, eine Buchhändlerin, empfahl.
Er kennt Konrad Ade nau ers Bücher, hat etwas
von Max Weber ge lesen, doch das liegt 40 Jah
re zurück. Nicht durch Lektüre hat er seine
wichtigsten Kenntnisse erworben, er hat vielen
Menschen viel zugehört. Er hat sich eine jour
nalistische Methode angeeignet, um sein Wis
sen zu erweitern – Miterleben und Fragen
stellen. Als junger Mann war er tatsächlich
mal Journalist, arbeitete für den Bayerischen
Rundfunk, aber nur für sehr kurze Zeit.
Laschet wäre überfordert, wenn von ihm
eine Theorie des modernen Konservatismus
verlangt würde. Und dennoch hat er seine
kleinen Theorien entwickelt, zum Beispiel
die Theorie von der Per so nal ermü dung. Sie
besagt: Mögen sich die anderen zanken und
zerfleischen, mögen sich die Halbstarken und
die richtig Starken in Schlägereien verbrau
chen, am Ende setzt sich einer durch, der sich
nicht in den Dreck ziehen lässt – Armin La
schet. So blickte er bereits auf seine Partei, als
Annegret KrampKarrenbauer im Dezember
2018 mit knappem Vorsprung vor Friedrich
Merz zur CDUVorsitzenden gewählt wurde.
So war es auch in den vergangenen Wochen,
als sich Friedrich Merz große Mühe gab, De
batten loszutreten.
Laschets Theorie von der Per so nal ermü
dung geht davon aus, dass sich Zurückhaltung
am Ende auszahlt, weil sich die Angreifer im
Kampf zermürben. Damit stilisiert er zwar
einen per sön lichen Charakterzug zu einer po
litischen Methode, er deutet sich selbst zum
Modell um, aber bisher spricht nichts dafür,
dass diese Theorie versagt.
Als Annegret KrampKarrenbauer im Jahr
2018 noch Generalsekretärin der CDU war,
ging Laschet schon davon aus, dass der Alltag
sie schnell banalisieren werde. AKK auf ihrer
ZuhörTour in einer Mehrzweckhalle in
Wetzlar, Armin Laschet bei der Verleihung des
Karlspreises an den französischen Präsidenten
in der Kaiserstadt Aachen: So sah er von Be
ginn an die Rollenverteilung. Vor Kurzem,
Anfang März, reiste er mit einer De le ga tion
nach Israel und besuchte den Staatspräsiden
ten, ganz so, als vertrete er Deutschland. Ohne
Amtsanmaßung kann er als Regierungschef
NordrheinWestfalens etwas tun, das seinen
Konkurrenten versagt bleibt: Er kann reprä
sentieren. Er kann so tun, als wäre er ihnen
einen entscheidenden Schritt voraus.
A
uf der Rückfahrt vom Corona
Krisenstab sitzt Laschet auf der
Rückbank des Autos, er sieht
müde aus. Noch 25 Minuten bis
zum nächsten Termin.
Beginnt jetzt die Schlacht Ihres Lebens, der
Kampf um den CDUVorsitz?
»Nein, das empfinde ich nicht so.«
Friedrich Merz hat von einer »Richtungs
entscheidung« gesprochen. Was ist denn Ihre
Richtung?
»Andere haben von einer Richtungsent
scheidung gesprochen. Ich stehe, auch in mei
ner Regierung, für einen Kurs, der unter
schiedliche Positionen gut zusammenbindet.«
Also einfach weiter so wie bisher?
»Die WeitersoThese ist absurd. Die Welt
ist in großer Unruhe. Es beginnt eine Zeit neu
er Personen, völlig neuer Themen, eine neue
Kanzlerschaft. Im Übrigen bin ich sicher, dass
Friedrich Merz den Aufbruch schätzt, den wir
in NordrheinWestfalen bereits praktizieren.«
Wie hat denn Ihre Frau reagiert, als Sie ihr
eröffnet haben, dass Sie CDUChef werden
wollen?
Langes Schweigen. »Sie hat mich jedenfalls
nicht gedrängt.«
Und man ahnt, dass sich Laschet von einem
Konkurrenten abgrenzen will, als er sagt: »Man
muss etwas von Menschen verstehen, um et
was von Politik zu verstehen.«
Armin Laschet könnte schnell an seine
Grenzen stoßen, sobald er versucht, die nächst
höhere Ebene zu erreichen. Mehr und mehr
gerät er in einen parteiinternen Wettkampf,
eine Situation, die ihm nicht liegt. Für pro
grammatische Konflikte hat er keine Strategen
und keine Spindoktoren. »Er ist zu langsam«,
sagt einer, der ihn aus der Nähe beobachtet.
»Wie er im Augenblick Politik macht, das wird
für Berlin nicht reichen. Nah am Volk und nah
am Handy, das ist zu wenig. Jeg lichen Streit zu
vermeiden ist auch noch keine poli ti sche Er
rungenschaft. Er hat in seiner Um gebung kein
Alarmsystem, er wird von vielem überrascht.«
Die peinlichste Überraschung ereignete
sich vor wenigen Jahren, als er noch Op po si
tions füh rer im Landtag war und nebenher
Dozent an der RheinischWestfälischen Tech
nischen Hochschule Aachen. Laschet hatte die
Klausuren seiner Studenten verloren, ihnen
aber Noten gegeben, um die Panne zu vertu
schen. Die Mauschelei fiel auf, weil er 35
Noten vergeben hatte, obwohl nur 28 Arbeiten
eingereicht worden waren. Der Fall wuchs sich
zu einer politischen Affäre aus, weil sich der
studierte Jurist Laschet in windige Erklärun
gen zu retten versuchte, statt das Malheur
sofort einzugestehen. Am Ende gab er den
Lehrauftrag zurück. So konnte sein Verhalten
als Beleg dafür gewertet werden, dass an dem
Klischee von der rheinischen Schludrigkeit
doch etwas dran ist. Die Ernsthaftigkeit, an der
er schon im Europaparlament gearbeitet hatte,
wurde mit einem Mal entkräftet.
Überrascht wurde er auch, als Friedrich
Merz das erste Mal ankündigte, Parteivorsit
zender werden zu wollen, im Herbst 2018.
Merz hatte Laschet nicht einmal über seine
Absicht informiert. Laschet lief den Ereignis
sen hinterher, so, als sei er bloß ein Zuschauer
mit einem Logenplatz, nicht aber ein Mitspie
ler. Schlagartig rückte die Kanzlerfrage, die ihn
schon damals beschäftigte, sehr weit von ihm
weg. Laschet wurde von den Ereignissen über
rollt, schien sich darüber aber nicht groß zu
ärgern. Müsste man sein Grundverständnis,
den Laschetismus, auf eine Formel bringen,
dann lautete sie: Katholizismus plus Merkelis
mus minus Machiavellismus.
Im vergangenen Oktober, kurz vor den
Feiern zur deutschen Einheit, hat Armin La
schet in Hamburg zu tun. Vorher hat er Zeit
für ein Interview in einem Restaurant. Spricht
man ihn auf Angela Merkel an, dann klingt er
noch immer versöhnlich, leitet seine Sätze aber
mit Spurenelementen laschetistischer Selbst
behauptung ein. Er sagt: »Ich bin gar nicht von
Angela Merkel geprägt worden. Geprägt wird
man in jungen Jahren, also in meinem Fall
eher von Helmut Kohl. Als sie Bundesvorsit
zende wurde, war ich schon viele Jahre Abge
ordneter. Unser Verhältnis war eher kollegial.«
Während seiner Zeit in Brüssel hatte er keinen
Draht zu ihr, erst vom Jahr 2008 an wurde die
Verbindung enger. Da kam Laschet in den
Bundesvorstand der CDU. Damals siezten sich
die beiden noch. Das »Du« sei übergangslos
aufgetaucht, ohne Ankündigung. Merkel habe
ihn plötzlich geduzt. Eine Vertrautheit, die
sich Laschet gern gefallen ließ, vielleicht weil er
darin eine Beförderung zu erkennen glaubte.
Und er duzte zurück.
Ist Angela Merkel an der Entpolitisierung
der Politik schuld?
Laschet überlegt eine Weile und antwortet:
»Ich denke nicht.« Dann schiebt er noch etwas
nach: »Sie hat die CDU nicht nach links ge
rückt. Sie hat auf gesellschaftliche Entwick
lungen reagiert.«
Am Ende des Gesprächs sagt er: »Jede Zeit
hat ihren Kanzlertyp.«
Meint er damit sich selbst? Das ist nicht
ganz klar. Aber klar ist damals, dass er die
Kanzlerfrage nicht völlig abgeschrieben hat.
Noch allerdings steht Annegret KrampKar
renbauer an der Spitze der Partei, noch sieht es
für viele seiner Parteikollegen so aus, als habe
sich Armin Laschet zu den Akten gelegt.
Fast fünf Monate später wendet sich das Blatt,
und Laschet verkündet seine Kandidatur in der
Bundespressekonferenz. Die 43jährige Natalia
Köhler schaut sich den Auftritt im Live stream an,
später sagt sie: »Er hat sich nicht verändert. Er
versteckt sein Menschsein nicht. Er hat die wich
tigsten Wochen seiner Karriere vor sich, und er
sitzt da so, wie er immer dasitzt.«
Als Natalia Köhler im Jahr 1999 Armin La
schet kennenlernte, war er noch Dozent an der
Hochschule Aachen, und sie war Studentin.
Später arbeitete sie für ihn in seinem Brüsseler
Büro. Sie wurde seine Büroleiterin, als Laschet
das Ministerium für In te gra tion übernahm. In
zwischen ist Natalia Köhler Sprecherin eines
Unternehmens in Düsseldorf, aber mit Laschet
ist sie in Kontakt geblieben. Denkt sie an die
LaschetJahre zurück, sieht sie ihn auf seiner
Büroterrasse am Landtag stehen, den Blick auf
den Rhein gerichtet. Der Rhein ist Laschet
wichtig, weil ihm der Fluss ein Gefühl von Hei
mat vermittelt. Vielen seiner Besucher zeigte er
damals als Erstes seine Aussicht auf den Rhein.
Natalia Köhler, die aus Tadschikistan
stammt, drei Jahre in Russland lebte und sich
in Deutschland ein neues Leben aufbaute, hat
mit großer Bewunderung verfolgt, wie Laschet
ein christ demo kra ti sches Antithema, die Ein
wanderung, in seine Mission verwandelte. Zu
Beginn lächelten viele seiner Parteikollegen
über den Sonderling Laschet, der sich mit
einem vermeintlichen Orchideenressort zufrie
dengab, statt an der Machtfrage zu arbeiten.
»Aber er hat aus dem weichen Thema einen
harten Kern geformt«, sagt Natalia Köhler. Der
Mann, der aus weichen Bestandteilen seinen
Kern zusammensetzt – besser lässt sich Laschet
kaum beschreiben.
Er war oft von hochgewachsenen Politikern
umgeben, die nicht viel sagen mussten, um
Autorität auszustrahlen. Bei Laschet ist es im
mer anders gewesen. Betritt er einen Raum,
beherrscht er ihn nicht. Er ist dann eben auch
da. Während andere von oben herabblicken,
schaut Laschet von unten auf die Welt. »Sein
Weg zur Macht war länger, weil er einigen zu
weich war. Das wurde ihm oft negativ ausge
legt. Dabei ist es etwas Positives, besonders
heute, da der Ton im politischen Raum so rau
geworden ist«, sagt Natalia Köhler.
Schließlich spricht sie einen Satz aus, über
den es sich nachzudenken lohnt. Er lautet:
»Nett sein, das ist politisch in diesen Zeiten.«
Denn was richten all die hartgesottenen Män
ner an? Hat die Welt Trump viel zu verdanken
- oder Putin, Erdoğan, Assad? Ist Härte in
Wahrheit nicht bloß eine unzureichend ver
deckte Schwäche?
Nur wenige Kilometer von Aachen entfernt
lag ein Vierländereck, das es seit 1919 nicht
mehr gibt. In der Mitte des Gebietes befand
sich eine Art Miniaturstaat, der bei seiner
Gründung nur 256 Einwohner hatte und sich
NeutralMoresnet nannte, eine politisch neu
trale Zone, gerade mal 3,4 Quadratkilometer
groß. Die Bürger fragten sich die ganze Zeit, zu
wem sie eigentlich gehörten, wurden aber in
Frieden gelassen. Ansonsten fiel das winzige
Land durch Schnapsbrennereien auf, eine
Zinkmine, niedrige Steuern und einen eigen
willigen Priester. Um sich gegen die Nachbar
staaten aufzulehnen, war NeutralMoresnet viel
zu klein. Es war ständig um Ausgleich bemüht.
Diese Idee fasziniert Armin Laschet. Als
sein Vater, ein ehemaliger Bergmann, vor zwei
Wochen 86 Jahre alt wurde, traf sich der Sohn
mit ihm zum Mit tag essen. Armin Laschet hat
te zwei Geschenke dabei. Er nahm sich zwei
Stunden Zeit, das war das eine Geschenk. Das
andere bestand in einem Bildband über Neu
tralMoresnet, die Insel der Seligen inmitten
widerstreitender Mächte.
HINTER DER GESCHICHTE
Unser Autor Stefan Willeke hat Armin
Laschet oft beobachtet, schon zu der
Zeit, als Laschet noch Oppositions
politiker im Düsseldorfer Landtag war.
2019 schrieb Willeke für einen
Sammelband über die Ministerpräsi
denten NordrheinWestfalens (»Heimat
& Macht«) einen Beitrag über Laschet,
auf dem ein Teil dieses Dossiers basiert.
Am meisten verblüffte es den Reporter,
als Laschet ihm einmal erklärte, dass er
bei Fußballwetten immer auf Unent
schieden setze (ZEIT Nr. 18/17).
Betritt Armin Laschet einen Raum, beherrscht er
ihn nicht. Er ist dann eben auch da
Laschet im Treppenhaus des Aachener Rathauses. In der Stadt, in
der er geboren wurde und aufwuchs, war er bis 2004 Ratsherr
Foto: Julia Sellmann für DIE ZEIT
- MÄRZ 2020 DIE ZEIT No 12 DOSSIER 19