17.000 Menschen, 4000 vermutlich in den letzten zwei Jah-
ren. Hunderttausende wurden vertrieben und sind auf der
Flucht. Der Staat ist überfordert, die Polizei korrupt, ihr ver-
trauen weder Nomaden noch Bauern.
»Ich habe Angst«, sagt der Pfarrer Moses Daniel, den alle
Father nennen, einige Tage später. Sein Pfarrhaus ist einsam
auf einen Hügel am Rande von Bare gebaut, einem Dorf der
Christen. Es liegt am Ufer des Hawal, desselben Flusses, dem
Alhaji Gagau mit seiner Herde entgegendrängt. Das Pfarr-
haus ist umgeben von Ruinen von Bauernhäusern, die in den
letzten zwei Jahren von Nomaden gebrandschatzt wurden.
Eingefallene Lehmmauern, überwachsen von einem grünen
Teppich aus Rankpflanzen. »Ich befürchte, dass es in den
nächsten Wochen neue Kämpfe geben wird«, sagt Moses.
Der katholische Geistliche hat versucht, zwischen Nomaden
und Bauern zu vermitteln, doch immer weniger gelingt es
ihm. Fast alle Dörfer der Gegend sind in den beiden Vor-
jahren Opfer von Angriffen geworden. Die Ankunft der
Rinderherden zum Ende der Regenzeit erwartet der Pfarrer
voller böser Ahnungen. Dutzende Fulani-Trecks haben sich
auf den Weg hierher gemacht, wie Alhaji Gagau und sein
Tross. »Sie kommen aus dem Norden über die Berge. Ich
bete zum Herrn.«
Die Familien mit den Eseln hat Gagau zu ihrem Schutz ganz
ans Ende der Herde befohlen. Er selbst eilt mit seinem Stock
voraus, wenn er auf dem Weg Ärger mit Bauern fürchtet.
Meist bleibt er aber mitten unter den Rindern, um einen
Überblick zu haben über Anfang und Ende des Zugs. Ein
Dutzend junger Männer läuft nebenher, auch sie mit Stö-
cken und Macheten bewaffnet, Jugendliche, denen der Bart
noch nicht sprießt. Jungs, nicht älter als zwölf Jahre, rennen
mit den Schafen, kleinere Kinder mit den Ziegen. Die Her-
den unter der Aufsicht der Kinder schlängeln sich durch die
Rinderherde, geschmeidig wie Fischschwärme.
»Oi, schscht, schscht, oi, trrrrr, oi, oi.« Die ersten Kilo-
meter legen sie rasch zurück. Sie durchqueren abgeernte-
te Felder, die Bauern den Berghängen abgetrotzt haben.
Bloße Erde nur und vertrocknete Blätter. Dennoch zahlt
Gagau jedem einzelnen Bauern Geld für die Passage, sagt
er: 1000 Naira, umgerechnet zweieinhalb Euro, immerhin
das Zweifache dessen, was ein Tagelöhner in der Gegend
verdient. Bald aber trifft die Herde auf immer mehr Fel-
der, auf denen die Hirse-Ernte noch mannshoch steht.
»Lunguda«, ruft er einem seiner Jungs zu, »beweg dich!«
- »Manu, schlaf nicht ein!« In sicherer Entfernung zur
Herde stehen die Bauern, mit Macheten und Äxten in den
Sowohl die muslimischen Nomaden als auch die christlichen Bauern benutzen
Äxte wie diese für den Ackerbau. Auch im Kampf setzen die Gruppen solche archaischen Waffen ein