den dunklen Augen ist es doch klar, dass du
nicht von hier stammst!«
Wie offen gehen Sie in Gespräche?
Lassen Sie sich überraschen, statt nach der
Bestätigung eigener Vorurteile zu suchen.
Stellen Sie offene Fragen. Zugehörigkeit ist
nicht am Aussehen oder an Namen, die Ihnen
unvertraut sind, ablesbar.
»Es gibt ein Problem zwischen den
Muslimen und den Deutschen«, »Ich bin für
einen Dialog zwischen Deutschen und
Juden«. Erkennen Sie den Fehler? Kön-
nen jüdische und muslimische Men-
schen nicht deutsch sein? Warum werden
vor allem weiße Menschen als selbstver-
ständlich deutsch interpretiert?
»Können die nicht mal weniger
emotional und aggressiv reagieren?« Zu
beobachten und nicht zu interpretieren
bedeutet auch, eigene Deutungen dazu,
was »zu emotional«, »zu aggressiv« ist,
nicht über andere zu stülpen. Diskrimi-
nierte, egal ob durch Sexismus/Gende-
rismus, Rassismus oder Behindert-
Werden diskriminiert, werden häufig in
Diskussionen als »zu aufgeregt« oder
»betroffen und daher nicht objektiv«
wahrgenommen. Sich erlauben zu kön-
nen, nicht emotional zu werden, kann
Anzeichen einer Privilegierung sein.
Die Möglichkeit zu haben, den eigenen
Standpunkt als objektiv zu betrachten,
zu glauben, nicht selbst involviert oder
betroffen zu sein, könnte ebenso ein
Indiz für eine Privilegierung sein. Diese
Anzeichen wahrzunehmen öffnet das eigene
Weltbild. Es ermöglicht, Empathie zu emp-
finden und Verantwortung für sozialen
Wandel zu übernehmen.
- Respektieren Sie Menschen als
Individuen
»Ich find das ganz toll – ihr Schwarzen
könnt doch alle so unglaublich gut tanzen/
singen/schnell laufen.« Es ist ignorant und
exotisierend, Menschen vor allem als Teil
einer Gruppe anzusehen und dieser Gruppe
dann direkt oder indirekt pauschale Eigen-
schaften zu unterstellen, egal, ob diese vor-
geblich positiv oder negativ sind.
»Wie kämmst du nur deine Haare?«,
»Kannst du überhaupt einen Sonnenbrand
bekommen?«: Es ist übergriffig, wenig ver-
traute Menschen nach ihren Haar- und
Hautpflegeroutinen zu fragen. Unvertrau-
ten Menschen staunend in die Haare zu
fassen oder nach ihren sexuellen Praktiken
zu fragen si gna li siert: Du bist ein zu erfor-
schendes oder zu entdeckendes fremdes
»Objekt«. Es gibt einen entscheidenden
Unterschied zwischen dem Anschauen und
visuellen In-Kontakt-Gehen mit einer an-
deren Person und einem Sie-Angaffen. Die
Ve r a n t w o r t u n g f ü r e i n e n r e s pekt vol len
Umgang liegt bei Ihnen. Dabei hilft die
Selbstbefragung: Möchten Sie, dass Sie
selbst oder Ihre eigenen Kinder so wahrge-
nommen und behandelt werden?
»Dann darf ich ja gar nichts mehr sagen,
denn jede Kritik wäre Rassismus oder Sexis-
mus.« Menschen als Individuen wahrzu-
nehmen heißt auch, sie nicht anders zu
behandeln als andere. Wenn Sie eine Person
nicht zu einer Party einladen, weil sie Per-
son of Color (PoC) ist, ist das rassistisch.
Wenn Sie eine Person nur deshalb zu einer
Party einladen, weil sie PoC ist, ist das
ebenfalls rassistisch. Personen sind nicht die
Diskriminierungen, die sie erleiden müssen.
Strukturelle Diskriminierung führt
vielschichtig dazu, dass Diskriminierte we-
niger positiv bewertet werden. Sie müssen
sich ständig mit der Abwehr von Gewalt
beschäftigen. Daher werden sie vielleicht
gemäß den Normen, die privilegierte Lebens-
weisen normalisieren, als weniger kompetent
wahrgenommen. Die in öffentlichen Stellen-
anzeigen aufgerufene Floskel, dass Behin-
derte bei gleicher Qualifikation bevorzugt
einzustellen seien, macht die Unmöglich-
keit gleicher Qualifikation für strukturell
Diskriminierte unsichtbar.
- Hören Sie aktiv zu. Schreiten Sie
ein bei Diskriminierungen
»Willst du etwa sagen, dass ich rassistisch
bin? Das ist ja bodenlos!« Versuchen Sie,
das Teilen von Erfahrungen, diskrimi-
niert zu werden, als ein Geschenk auf-
zufassen, ein Lernangebot. Rassismus
ist eine Struktur. Rassismus überdauert
weniger durch absichtliche individuelle
Handlungen als vielmehr durch ein
Hinnehmen von diskriminierenden
Strukturen und Normalitäten. Sie kön-
nen lernen, die unbeabsichtigten Wie-
derholungen von Gewalt wahrzuneh-
men und zu verändern. Wie wäre es,
den Ausdruck von Betroffenheit und
Schmerz über erfahrene Diskriminie-
rung als wertvolle Momente der Ver-
bindung und des Lernens zu verstehen?
Zuhören heißt, mitfühlend zu sein,
Verantwortung zu übernehmen. Es be-
deutet, präzise nachzufragen zum
Empfinden der anderen Person. Es er-
möglicht, Irritationen als Anregung
zum Nachdenken mit nach Hause zu
nehmen. Sie können anfangen, die Ge-
waltspirale zu verlassen, indem Sie das
eigene Verhalten überdenken und ver-
ändern. Sie können mit Einfühlung
und Respekt reagieren.
»Ich hab keine Schuld. Alle haben doch
gelacht, weggeschaut, geschwiegen, sind
weitergegangen.« Es geht nicht um Schuld.
In Schuld zu verharren macht es schwierig,
sich noch als handelnd zu verstehen. Wie
wäre es, teilen zu wollen, zu vertrauen, ver-
stehen zu wollen? Mit einer solchen Haltung
zuzuhören würde bedeuten, die kommuni-
zierten Erfahrungen nicht anzuzweifeln,
runterzuspielen oder infrage zu stellen. Es
würde heißen, diese Menschen nicht klein-
zureden, als »zu aggressiv und »emotional«
abzutun. Alles, was Sie irritiert, herausfor-
dert, Sie verunsichert, Ihnen Angst macht
und unbekannt vorkommt, ist ein Indiz
für dahinterstehende Unsicherheiten und
Ängste bei Ihnen selbst. Es ist keine Aussage
über die Person, die diskriminiert wird.
»Ich werd ja wohl noch nachfragen
dürfen, was genau denn daran so schlimm