Süddeutsche Zeitung - 17.02.2020

(Marcin) #1
Sie geben sich als Polizeibeamte oder
Staatsanwälte aus, sie ködern ihre Opfer
mit Gewinnversprechen, sie schocken An-
gehörige mit wilden Geschichten von an-
geblich eingesperrten Familienmitglie-
dern: Betrüger, die – meist älteren –
Münchnerinnen und Münchnern viel Geld
abnehmen wollen. So unterschiedlich die
Maschen sind, haben die mafiaähnlich or-
ganisierten Banden doch eine ähnliche
Taktik. Am Anfang steht ein Anruf aus ei-
nem Callcenter irgendwo in der Türkei, am
Ende kommt ein Abholer vorbei und
nimmt Geld und Wertsachen mit. Die Beu-
te wird dann schnell zu den Bossen am Bos-
porus transferiert, die Polizei fängt – wenn
überhaupt – nur die Abholer, kleine Fische
im Gefüge der organisierten Kriminalität.
In München kümmert sich eine eigene Ar-
beitsgruppe „Phänomene“ um die Aufklä-
rung dieser Fälle und des ähnlichen, aber
von einer aus Polen operierenden Bande
angewandten „Enkeltricks“.

Eine vierköpfige Expertengruppe der
Münchner Polizei unter Leitung von Poli-
zeipräsident Hubertus Andrä flog jüngst
nach Ankara, Izmir und Antalya, um dort
Gespräche mit hochrangigen türkischen
Polizeibeamten zu führen und dabei Mög-
lichkeiten einer noch intensiveren Zusam-
menarbeit der Präsidien im Kampf gegen
den organisierten Callcenterbetrug zu erör-
tern, nachdem seit 2017 bereits einige Er-
mittlungserfolge verzeichnet worden wa-
ren. Während die Münchner Delegation in
der Türkei war, brachten Betrüger eine
78-Jährige aus Neuperlach sukzessive um
rund 40 000 Euro. Ein angeblicher Mitar-
beiter einer Schweizer Bank gaukelte dem
Opfer einen Gewinn von sage und schreibe
185 000 Euro bei einem Preisausschreiben
vor. Allerdings müssten vor der Auszah-
lung etliche Gebühren beglichen werden.
Immer wieder überwies die Frau Geld, ehe
am Donnerstag ein Mitarbeiter ihrer Haus-
bank stutzig wurde.
Wie notwendig – und erfolgreich – die
von Andrä und seiner Delegation auf den
Weg gebrachte „strategische Bekämpfung
dieses kriminellen Phänomenbereiches“
ist, zeigt aktuell ein Schlag der türkischen
Verfolgungsbehörden zusammen mit Poli-
zei und Staatsanwaltschaften in Koblenz
und Osnabrück gegen 60 Tatverdächtige,
die als vermeintliche Polizisten aufgetre-
ten waren. Die Schäden sind enorm: Fal-
sche Polizisten erbeuteten 2018 in Mün-
chen in 35 Fällen 2,65 Millionen Euro. 301
falsche Gewinnversprechen brachten den
Tätern 385 000 Euro, durch einen einzigen
Schockanruf kamen Betrüger jüngst an
40 000 Euro. martin bernstein

Die Gittersitze einer Bushaltestelle haben
am Samstagnachmittag einen Jungen
buchstäblich nicht losgelassen. Während
der Vierjährige mit seiner Mutter in Ra-
mersdorf auf den Bus wartete, packte ihn
offenbar die Langeweile und er steckte sei-
ne Finger in die Löcher der Gittersitze.
Plötzlich blieben beide Zeigefinger ste-
cken. Als die Befreiungsversuche der Mut-
ter erfolglos blieben, rief sie die Feuer-
wehr. Die Einsatzkräfte schnitten zu-
nächst mit einem Trennschleifer die Sitz-
fläche großflächig um die Finger aus. Um
schonender arbeiten zu können, fuhren
der Bub und seine Mama mit den Feuer-
wehrleuten auf die Wache 5. Nach 45 Minu-
ten waren die Finger feinmechanisch end-
gültig vom Gitter befreit. Sein unfreiwilli-
ges Abenteuer habe der Bub tapfer durch-
gestanden, meldet die Feuerwehr. bm


Die Harfe am Anfang täuscht. Man sieht
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in
seinem Rathausbüro sitzen, in der Hand
ein Foto, das ihn als Kind in der Lederhose
zeigt. Im Hintergrund spielt die Harfenis-
tin Andrea Regenauer eine besinnliche Me-
lodie. Doch bevor Reiter ein „Hosiannah“
säuseln könnte, setzt die BandIsarrider
ein, mit einer sehr schmissigen Country-
nummer – und dem OB höchstpersönlich
am Mikrofon.
„München unser Stadt“ heißt das Musik-
video, das der Münchner Musikkabarettist
(und SPD-Stadtratskandidat) Roland Hef-
ter mit seiner Band und Oberbürgermeis-
ter Reiter aufgenommen hat und das seit
dem Valentinstag auf Youtube zu sehen ist.
Die „neue Münchenhymne“ (Hefter) passt
perfekt zum Hashtag #muenchenliebe,
den sich die Sozialdemokraten für die Kom-
munalwahl zugelegt haben. „Das war aber
nie der Plan“, sagt Hefter, „auch wenn uns
das jetzt natürlich keiner mehr abkauft.“
Sein München-Lied gibt es seit 15 Jahren,
er wollte es immer schon zusammen mit ei-
nem Münchner Promi aufnehmen, und als
er Reiter im letzten Sommer traf, hat er ihn
darauf angesprochen: „Ich hab’ ja gewusst,
dass der Reiter selbst Gitarre spielt und
schon mal eine CD mit Weihnachtsliedern
aufgenommen hat.“ Reiter war gleich da-

bei, nur ein paar Textänderungen waren
ihm wichtig, damit das Lied besser zu ihm
passte. „Wir hatten zuerst auch eine vierte
Strophe“, sagt der OB, „und was reimte
sich da auf ,schee‘? Natürlich ,SPD‘, aber
das war uns dann doch ein bissl zu auf-
dringlich.“

Bei allem Lokalpatriotismus („Mün-
chen ist mei Heimat, da gfällt’s mir richtig
guad“) – ein wenig Gelassenheit ist bei al-
ler Münchenliebe auch nicht verkehrt, wes-
halb Reiter eine Zeile wichtig findet: „Doch
wos ma ned vergessen derf: Wos bessers
samma ned.“ Und so sitzt der OB nun im Vi-

deo mal im Reisebüro mit der Kabarettis-
tin Franziska Wanninger und ist mit kei-
nem Urlaubsziel zufrieden, bis ihn dann
doch noch ein München-Heftl begeistert,
„drum muass i aa im Urlaub nimmer furt“.
Bevor er, ganz am Schluss, Urlaub auf Rat-
hausbalkonien macht. Davor aber landet
er noch mit der Couplet AG im Wirtshaus
Deutsche Eiche in der Reichenbachstraße,
das Lied geht über in einen Volksmusikteil,
und fast möchte man meinen: Der nächste
Wiesnhit ist schon gefunden.
Das Ganze ist eine Gaudi mit Augenzwin-
kern, und auch wenn’s nicht beabsichtigt
war: Zum Wahlkampf passt’s ja doch wie-
der ganz gut. Der muss erfreulicherweise
nicht immer bierernst daherkommen,
nicht einmal in der Welthauptstadt des Bie-
res. Der bayerische Liedermacher Hefter
tourt übrigens seit geraumer Zeit recht er-
folgreich mit seinen Kollegen Michi Diet-
mayr und Keller Steff als Trio durch die
Lande, mit dem Programm: „3 Männer nur
mit Gitarre“. Auf dem Plakat dazu sind die
drei tatsächlich nur mit ihrer Gitarre, nun
ja: bekleidet. Sollte es mit Dieter Reiters
Wiederwahl nichts werden, ließe sich die
Truppe zu einer Art „Bavarian Chippen-
dales“ ausbauen. Auf „4 Männer nur mit Gi-
tarre“ wäre man echt gespannt. Und auf
das Plakat erst recht! franz kotteder

Eine 78-Jährige haben Anrufer
um 40000 Euro gebracht

Ein etwa 30 Jahre alter, dunkel und mit
Mütze bekleideter Einbrecher macht der-
zeit den Münchner Westen unsicher.
Gleich zweimal wurde er am Freitag bei
Einbruchsversuchen von Bewohnern ge-
stört. Üblicherweise überprüfen Einbre-
cher vorher genau, ob die von ihnen ange-
peilte Wohnung leer ist. Anders in diesem
Fall. Gegen 13.10 Uhr bemerkte eine Frau
in einem Mehrfamilienhaus in der Ha-
derner Würmtalstraße Geräusche in ei-
nem Zimmer – und stand plötzlich dem Tä-
ter gegenüber, der über den Balkon türm-
te. Kurz nach 18 Uhr hörte der Bewohner ei-
nes Einfamilienhauses im Bereich der Säu-
lingstraße am Westpark ein Hebelge-
räusch an der Terrassentür. Kurz darauf
entdeckte er einen Unbekannten im Gar-
ten. Als er laut rief, lief der Täter davon. Die
Beschreibungen ähneln sich. bm


Wenn die Filser zum Ball bitten, folgt die
Münchner Gesellschaft gerne. Zum zwei-
ten Mal hat Wiesnwirt Christian Schotten-
hamel, der seit 2011 Präsident des Männer-
vereins ist, in sein Paulaner am Nockher-
berg eingeladen, fast dreitausend Gäste fei-
erten bis vier Uhr früh. Zuvor hatte Schot-
tenhamel bekanntlich den Löwenbräukel-
ler am Stiglmaierplatz, doch den Filser-
ball, der für viele Prominente als Höhe-
punkt des Münchner Faschings gilt, nahm
der Großgastronom mit auf die andere Isar-
seite. Für dieses Jahr hatte sich der Filser-
Präsident eine Premiere gewünscht und
seine Buam erfüllten ihm den Wunsch:
Erstmals gab es zwei prominente Männer,
die als Ehren-Filser ausgezeichnet wurden


  • und es sind auch noch Vater und Sohn.
    Schottenhamel überreichte Christian und
    Felix Neureuther jeweils einen Filserhut
    mit der schmückenden Adlerfeder, sogar
    der erst vor wenigen Tag geborene Sohn
    Leo erhielt einen kleinen Filserhut. Die Aus-
    zeichnung hätten Christian und Felix Neu-
    reuther sei für ihr Lebenswerk als heraus-
    ragende Sportler erhalten, sagt Schotten-
    hamel. Sie hätten beide quasi „eine identi-
    sche Laufbahn“ als Rennläufer hingelegt.
    Die Auszeichnung der Filserbuam erhal-
    ten jährlich Persönlichkeiten, die sich um
    München oder Bayern verdient gemacht
    hätten, so Schottenhamel. Im vergange-
    nen Jahr erhielt Franz Beckenbauer den
    Hut, davor waren es Pfarrer Rainer Maria
    Schießler, Günther Sigl und Gerhard
    Gmell von der Spider Murphy Gang. In sei-
    ner Ansprache erinnerte Schottenhamel
    auch an den vor wenigen Tagen gestorbe-
    nen Joseph Vilsmaier. Er wurde 2011 zum
    Ehrenfilser ernannt. anl


Münchner und andere Bayern suchen eine
Gaststätte oft danach aus, welches Bier
dort ausgeschenkt wird. Da trifft es sich
gut, dass die Brauerei, die das ehemalige
Bavarese im Dreimühlenviertel verpach-
tet, anscheinend nicht viel hält von fal-
scher Bescheidenheit. Und so prangt jetzt,
nach gut drei Monaten Renovierung, über

dem Eingang selbstbewusst der Schrift-
zug: „Spaten Sepp“. Da kennt man sich we-
nigstens gleich aus.
Nun spricht der Münchner bei diesem
Bier gern mal vom „Schaufelbräu“, was
nicht unbedingt von größter Wertschät-
zung zeugt – jedenfalls nicht von der glei-
chen, wie sie andere Marken in der Stadt ge-

nießen. Umso auffälliger ist, dass die Brau-
erei sich nun anschickt, da gegenzusteu-
ern und unzweifelhafte Verdienste wie die
Erfindung des Münchner Hellen vor inzwi-
schen fast 126 Jahren offensiv in den Vor-
dergrund rückt.
Nun also der „Spaten Sepp“. Man hat
das lustig verwinkelte Ecklokal an der Eh-
rengutstraße mit einer neuen, hellen
Wandverkleidung versehen, den Holzbo-
den abgeschliffen und auch sonst aller-
hand erneuert. Es sieht jetzt wieder mehr
nach Wirtshaus als nach Kneipe aus. We-
nig ändern wird sich wohl auf der großen
Sonnenterrasse vor dem Haus, schon im-
mer ein großer Pluspunkt im Viertel, und
dass die CSU-Fraktion im Stadtrat gerade
einen Antrag eingebracht hat, um die Kreu-
zung bewohnerfreundlicher zu gestalten,
wird bestimmt auch nichts schaden.
Jetzt hängt halt viel am Spaten-Sepp sel-
ber. Das ist der Wirt Josef Sperl, 31, der am
Freitag mit vielen Gästen offiziell Eröff-
nung feierte: mit Freunden und Familie,
Brauereimitarbeitern, Pressemenschen
und Lieferanten. Unterstützung kommt
von Spaten in Gestalt des Verkaufsleiters
Peter Finsterwalder und eines Pferde-
prachtgespanns, wie man es sonst nur auf
der Wiesn sieht. Die drei Alphornbläser
von den Münchner Spitzbuam blasen zur
Eröffnung, drinnen spielt die Kapelle Kai-

serschmarrn auf. Es gibt ein „Flying Buf-
fet“ mit Mini-Portionen von der Speisekar-
te, also beispielsweise Schweinsbratenwür-
fel mit Kartoffelknödelschussern.
Der Wirt, der „Spaten Sepp“ selber,
wirkt in all dem Trubel anfangs noch etwas
aufgeregt. Das täuscht wohl. Zwar ist er
noch recht jung, er hat aber schon aller-
hand Erfahrung in der Gastro-Branche.
Der gebürtige Straubinger hat in Regens-
burg seine Kochlehre absolviert, „dann ha-
be ich ein Jahr lang auf einer Farm in Chile
gearbeitet, als Koch“. Es folgten eine Zu-
satzausbildung zum Hotelbetriebswirt, an-
schließend sammelte Sperl allerhand Er-
fahrung, von den Robinson Clubs der TUI
über den Bayerischen Hof bis hin zu McDo-
nald’s und Dean & David.
Die Verbindung in seine Heimat ist aber
nie abgerissen, das Fleisch im Wirtshaus
kommt aus seiner niederbayerischen Hei-
mat. Genaugenommen nicht nur das, denn
die Straubinger Metzgerei Wenisch hat
zum Beispiel nicht nur eine eigene Herde
von 100 Ochsen, sondern liefert auch kü-
chenfertige Gerichte in sogenannter „High-
Convenience-Qualität“. Von der Weide bis
zum Teller alles aus einer Hand, sozusa-
gen. Das klingt ein bisschen so, als könnte
Sperls Konzept auch noch auf andere Wirt-
schaften anwendbar sein: Wir warten auf
den „Spaten Andi“. franz kotteder

Zur Eröffnung des „Spaten Sepp“ spielen drei Alphornbläser von den Münchner
Spitzbuam. FOTO:STEPHAN RUMPF

von thomas anlauf

W

ahlkampf und närrisches Trei-
ben liegen manchmal nah beiein-
ander. In München kann das in
diesen Wochen wunderbar beobachtet wer-
den, passenderweise fällt hier ein Teil der
heißen Phase beim Kampf um den Ober-
bürgermeistersessel mitten in den Fa-
sching. Wer hier am meisten Humor zeigt,
wähnt sich als Favorit für die Kommunal-
wahl. Am Wochenende twitterte SPD-
Stadträtin Anne Hübner, dass Grünen-An-
hänger womöglich „humorbefreit“ und
gar „mies gelaunt“ sein könnten, weil sich
einer über ein SPD-Video lustig machte.
Aber die Parteien konnten sich am Sonn-
tag ja, so sie sich denn als närrisch genug
fanden, beim Faschingszug der Dami-
schen Ritter einreihen.


Schon am Mittag ist die Fußgängerzone
voll mit geschminkten und verkleideten
Menschen. Und es geht tierisch zu: Biene,
Frosch und Fliegenpilz stehen beim Bä-
cker nahe dem Richard-Strauss-Brunnen
in der Schlange, zwei Indianer pirschen
zur Burgerfiliale am Stachus. An der Ecke
zur Eisenmannstraße hat sich schon eine
Menschentraube gebildet – durch diese
Gasse müssen sie bald kommen. Mehr als
eintausend Narren in 53 Gruppen ziehen
an diesem Tag durch die Altstadt, natür-
lich Faschingsgesellschaften, aber auch
Burschenvereine, historische Gruppen wie
die Vorstadthochzeit und D’Schanecker
Rittersleit Pullach und immerhin drei Par-
teien. An einer Straßenecke steht ein CSU-
Plakat, das „Freibier statt Sozialismus“ ver-
spricht, das klingt schon mal nach herrli-
cher Narretei. Doch den Auftakt des politi-
schen Gaudiwurms machen erst mal die
Damischen Ritter, die als Verein „Die Turm-
falken“ seit 2006 den Umzug durch die Alt-
stadt organisieren. Tausende Münchner
bejubeln den ersten Wagen, auf dem Her-
zog Kasimir auf einem grauen Holzgaul
sitzt und huldvoll mit einem Schwert in die
Menge winkt. Doch schon an siebter Stelle
rollt der SPD-Truck an: „Die Liebe ist rot“


steht auf dem Lkw, der sich langsam durch
die Menge schiebt. Es regnet rote Gummi-
bärchentüten, auf dem Lkw hüpfen Genos-
sinnen und Genossen zum Rhythmus der
hämmernden Musik. Der Fraktionsvorsit-
zende Christian Müller hat sich sparta-
nisch als roter Schlumpf verkleidet – oder
soll er mit seiner Mütze Rotkäppchen dar-
stellen? Seine Vorstandskollegin Verena
Dietl hat natürlich auch die Farbe Rot ge-
wählt, allerdings in Form einer knalligen
Perücke. Die Stadträte rocken ein bisschen
zu denToten Hosen-Song „Bonny und Cly-
de“ ab. Die Gauner-Geschichte ging be-
kanntlich nicht gut aus.
Die Nachbarn im Zug kann man sich
wohl nicht aussuchen. Hinter der SPD tor-
keln ein Kamel und ein Elch aus Pappma-
ché aus Pfaffing, nun ja. Kurz dahinter
macht der Burschenverein St. Christoph
ein wenig Wirtschaftspolitik: „Handwer-
ker haben die Arche gebaut, Ingenieure die
Titanic“, steht auf dem Narrenwagen.
Kaum ist die SPD um die Ecke gebogen
folgt, etwas tiefergelegt, die CSU. Die Polit-
truppe läuft ohne Lkw in Blaumännern
durch die Eisenmannstraße, mit ihren
blauen Käppis wirken die Mitläufer ein we-
nig wie Bierfahrer. Doch dann kommt auch
schon der Star der Christsozialen auf ei-
nem kleinen Anhänger angerollt: Kristina
Frank, mit blau glitzerndem Hut, was mit-
samt der blauen Spiegelbrille fast schon et-
was lasziv wirkt. Vielleicht will sie aber
auch einfach eine Kapitänin mimen, die fei-
ernde Münchner mit Bonbons bewirft. Da-
bei wirbt die CSU auf dem Zug mit dem
Spruch „Wieder fair sein“.
Die ÖDP wiederum ist an diesem Sonn-
tag offenbar noch ganz im Rausch des er-
folgreichen Bienenbegehrens vor genau ei-
nem Jahr. Zumindest haben sich die Politi-
ker wahlweise als Bienen oder als Imker
verkleidet wie OB-Kandidat Tobias Ruff,
der eine Biene an der Hand hält, seine drei-
jährige Tochter Emilia. Stadträtin Sonja
Haider schunkelt auf einem Lastenrad hin-
terher, in das sie ein paar kleine Büsche ge-
pflanzt hat. Hinter ihr rockt lautstark eine
Band, es ist die Lumpenkapelle.
Von weiteren Parteien ist an diesem
Sonntag nichts zu sehen. Dabei gäbe es
durchaus etwas zu lernen aus der lärmen-
den Prozession: Politik kann durchaus
amüsant sein.

Mit der Band Isarrider hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (am Mikrofon) das Mu-
sikvideo „München unser Stadt“ aufgenommen. QUELLE: FACEBOOK

Einen bewaffneten Randalierer hat die Poli-
zei am Freitagabend am Hart festgenom-
men. Eine 30-Jährige hatte den Notruf 110
gewählt. Ihr ein Jahr älterer Lebensgefähr-
te habe massiv in der gemeinsamen Woh-
nung randaliert, berichtete sie. Anschlie-
ßend sei er davon und habe möglicherwei-
se eine sogenannte Softair-Waffe dabei. Er
befinde sich in einer emotionalen Ausnah-
mesituation, erzählte die Frau. Ein Groß-
aufgebot der Polizei suchte daraufhin nach
dem Mann, auch ein Hubschrauber kreiste
über dem Viertel. Nach gut zwei Stunden
wurde der 31-Jährige entdeckt. Bei seiner
Festnahme leistete er erheblichen Wider-
stand und versuchte nach einer Dienstwaf-
fe zu greifen. Eine 27-jährige Polizeibeam-
tin wurde verletzt. Der Betrunkene hatte ei-
ne Gaspistole dabei. bm


Herzog Kasimir sitzt auf einem


grauen Holzgaul und winkt


huldvoll mit dem Schwert


Tierisches


Politspektakel


Mehr als 1000 Narren schließen sich dem Gaudiwurm der
Damischen Ritter an – darunter auch CSU, SPD und ÖDP

Ausgezeichnet: Christian und Felix Neu-
reuther (rechts) sind zu Ehrenfilsern er-
nannt worden. FOTO: ROBERT HAAS

Gemeinsam gegen


Betrügerbanden


Polizeipräsident Andrä reist zu
Gesprächen mit türkischen Kollegen

Ungeschickter


Einbrecher


Vater und Sohn


unter dem Filserhut


Kind steckt mit Fingern


in Wartebank fest


Klimawandel als Roulettespiel: Der Zug der Damischen Ritter war in diesem Jahr durchaus
politisch. Kleine ÖDP-Anhänger wie Tobias Ruffs Tochter Emilia zogen als Bienen verkleidet durch die
Altstadt, CSU-Kandidatin Kristina Frank gab sich als Kapitänin.FOTOS: ROBERT HAAS

Randalierer will Polizist


Dienstwaffe entreißen


Jetzt ist Musik im Wahlkampf


Der Oberbürgermeistersingt auf Youtube über „München unser Stadt“ und empfiehlt sich so auch für ganz neue Aufgaben


Da weiß man gleich, was einen erwartet


Das „Bavarese“ wird zum „Spaten Sepp“: Aus dem Ecklokal im Dreimühlenviertel ist jetzt wieder ein Wirtshaus geworden


★★


DEFGH Nr. 39, Montag, 17. Februar 2020 (^) MÜNCHEN R3

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