EinAnführerschreibtGeschichte
DieGeschichte(n)macher
DerSportistkeinPerpetuummobile,
dassichausSelbstzweckdreht.EinViruslehrtuns
das.NehmenwirunsalsodieZeit:FürGeschichten,
dieofthinterdemOffensichtlichenzurückstehen.
Serie,Teil3:LeBronJames
L
eBronJames wollte nicht
unhöflich sein.Hastig be-
antwortete er die Fragen
desamerikanischenRepor-
ters,schielte dabei aber immer zur
Tür links neben sich. Nach dem
zweiten NachhakenverlorerdieGe-
duld.„Sorry“, sagte er,„ich muss in
dieMixedZone.“ Dannöffneteerbe-
sagteTür,schritthinaus–undstand
inderKölnerNacht.DerMedienbe-
auftragte des Basketballteams der
USAschautekonsterniert,verdre hte
danndieAugenundgingJameshin-
terher ,umi hmzuerklären,dassdie
Mixed Zone jener Ortwar,and em
manihnvorherausgefragthatte.
Eswareinsehrjungerunduner-
fahrenerLeBronJames,dermitdem
US-Team zu Olympia 2004 nach
Athen reiste und davor zweiTest-
spiele in der Kölner Arena bestritt,
eingewonnenesgegenDeutschland,
ein verlorenes gegenItalien. Auch
Olympia verlief dann nicht nach
dem Geschmack des 19-Jährigen.
CoachLarr yBrownsetztediejungen
NBA-Frischlinge James,Carmelo
AnthonyundDwyaneWade,dieihm
derVerbandwegenihrerPopularität
aufgezwungen hatte,wenig ein, ein
bisschenwarensieauchüberfordert
mit demStil vorallem der europäi-
schen Teams und Schiedsrichter.
DemRest der Mannschaft ging es
nicht anders,erstmals seit dem
Dream Team 1992 gewannen die
USAkeinGold,sondernnurBronze.EinTitelanwärter
16 Jahrespäter ist LeBronJames
längsteinerderbeidengrößtenBas-
ketballer allerZeiten, und dasJahr
2020 sollte ihm eigentlich dazu die-
nen,auchMichaelJordanhintersich
zu lassen.Inzwischen kann er es
nicht mehr leiden.„Man sollte 2020
absagen“, twitterte er,nachdem die
NBA-Saison für mindestens 30Tage
unterbrochen wurde,und es war
klar,dassernichtnurandasCorona-
virus dachte,sondernauch daran,
dass derBasketball zuvor mitKobe
Bryant und dem langjährigen NBA-
CommissionerDavidSternzweiprä-
gendeFiguren verlorenhatte.
Mit35J ahren war LeBronJames
aufdembestenWeg,seinerLegende
ein beeindruckendesKapitel hinzu-
zufügen. Nach einem verlorenen,
verletzungsträchtigen und für ihn
unwürdigenJahrbeidenLosAngeles
Lakershatteeresvorallemdurchdie
Akquise vonAnthony Davis ge-
schafft,dasmediokreTeamineinen
heißenTitelanwärterzuverwandeln.
DiestärkstenKonkurrentenLosAn-
gelesClippersundMilwaukeeBucks
hatten die Lakers jüngst klar domi-
niert, vorallem dank eines berser-
kerhaftenJames,dernebenbeiauch
den kommenden Superstar Zion
Williamsonvonden NewOrleans
Pelicans,der vorseinem NBA-Ein-
stiegähnlichgefeiertwurdewieeinstJames,ind ie Schranken gewiesen
hatte.Topfit, motiviert, athletisch
undbeweglichwieehundjeschien
James auf demWegzus einem vier-
tenTitelmitdemdrittenTeam,und
die schallenden „MVP,MVP“-Rufe
der Fans im Staples Center vonLos
Angeles waren keineswegs übertrie-
ben. Es wäreseine fünfteWahl zum
bestenSpielereinerNBA-Saison.
Dass LeB ronJames dasZeug zu
einem Topspieler in der NBA hatte
und außerdem dieDinge ger nan-
ders anging, war schon klar,als er
sich in Akron,Ohio,überraschend
für die St.Vincent-St.Mary-High-
school entschied, eine katholische
Einrichtung mit fast nur weißen
Schülern. „The ChosenOne“, den
Auserwählten, nannte ihn damals
das Magazin Sports Illustrated, dasden 16-Jährigen auf seinemCover
präsentierte.Den Vorschusslorbee-
renwurdederkräftigeJünglingohne
weiteresgerecht,undzweiJahrespä-
terwechselteerdirektohneUmweg
überdasCollegeindieNBA.
Beim Draft der Nachwuchsta-
lente verschlug es den inzwischen
2,06 Meter großen und noch kräfti-
geren Jamesim Sommer2003ausge-
rechnet nach Cleveland, knapp 50
KilometervonseinemHeimatortAk-
ronentfernt, und gleich in seinem
ersten Match für dieCavaliers be-
gann er mit demAufstellen vonRe-
korden. Als erster direkt vonder
Highschool gekommene Spieler
schaffte er bei seinem Debüt 25
Punkte (gegenSacramento). Anders
als etwaKobe Bryant oderDirk No-
witzki war er auf Anhieb der Füh-
rungsspieler in seinemTeam, undvonAnfanganwarklar,dassermehr
sein wollte als ein großartigerBas-
ketballer.Erw ollte eineIkone wer-
den,sowieMichaelJordan.
Dassder Erfolgauchfüreinenbe-
gnadetenSpielerwieihnnichtauto-
matischkommt,mussteJamesnicht
nur beiOlympia, sondernauch in
den folgendenSpielzeiten mit den
Cavaliers erfahren.In seinen ersten
beiden Jahren verpasste Cleveland
die Play-offs und scheiterte im drit-
ten im Viertelfinale an denDetroit
Pistons.Der Durchbruch kam 2007,
alserdieCavaliersins Finaleführte.
Dortjedochgabesein0:4gegendie
SanAntonio Spurs,und James,der
bis dahin Kritik kaum kannte,ver-
spürte erstmalsGegenwind,weil er
in der Seriephasenweise unter-
tauchte.AlsesauchindenfolgendenZeit für Legenden: LeBron James zählt mit Michael Jordan zu den Größten in der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA. IMAGO IMAGESVonMatti Lieske„Mann, wir sagenSportveranstaltungen ab,
Schule,Büroarbeit usw.
Waswir wirklich absagen sollten, ist 2020.“
LeBronJameswürde es harttreffen,wenn die Saison in der NBA
endgültig abgesagtwerden sollte.drei Jahrennichtswurdemitdemer-
sehntenerstenNBA-TitelfürdieCa-
valierswurdeClevelandzunehmend
unzufrieden mitJames undJames
unzufriedenmitCleveland.Imfünf-
ten Match des verlorenenViertelfi-
nalesdaheimgegendieBostonCel-
ticshatteernichtseinenbestenTag,
und die Fans buhten ihn gnadenlos
aus,wassiebaldbereuensollten.
Es folgte imSommer 2010 „The
Decision“, dieOhios Sportwelt in
denGrundfestenerschütterte.Ine i-
ner einstündigenTV-Sendung kün-
digte LeBronJames seinenWechsel
zuden MiamiHeatmitdemSatzan:
„Ich werdemeine Talente nach
South Beach tragen.“Zu jener Zeit
war James noch nicht derMedien-
profispätererTage,undderpompös-
lächerlicheAuftritt wurde ausgiebig
bespöttelt. In seinemHeimatstaatwar James nun die meistgehasste
Person,abernichtnurdortgalterals
treuloserEgomane,derdenleichten
Wegging und sich mit seinenKum-
pelsDwyaneWadeundChrisBoshin
Miami einfach mal ein Champion-
ship-Teambastelte.
SportlichfunktioniertederWech-
sel,dochimFinalegegendieDallas
Mavericks bewiesen dieHeat-Stars
mangelndeReife.Übermütig feier-
tensie voreiligeinenSieg.Siemach-
ten die Rechnung ohneDirk No-
witzki, derDallas nicht nur zumEr-
folgindiesemMatch,sonderndann
auch zumTitel führte.Erneut hatte
James ein für seine Verhältnisse
schwachesFinalegespielt.
Es war die Lektion, die er ge-
brauchthatte.Fortanleisteteersich
kaum noch Schwächen in entschei-
dendenMomenten,nichtindenfol-
genden drei Finalduellen mit den
SanAntonio Spurs,von denen
Miami zwei gewann, und nicht da-
nach bei den ClevelandCavaliers,
wohiner2014überraschendzurück-
kehrteunderstinGnaden,dannmit
Freuden aufgenommen wurde.
GleichzeitiggewanneranCharisma
und Reputation. In Cleveland
musste er dasTeam oft alleine tra-
gen, insofernist seine dritte NBA-
Meisterschaftvon2016 weit höher
zu bewerten als die beiden mit den
Heat.SeineMissioninClevelandwar
mitdemerstenProfisporttitelfürdie
Stadt seit 1964 endlich erfüllt, was
ihm, diesmal ohneEklat, erlaubte,
nachvierFinalseriengegendieWar-
riorsunddreiNiederlagen2018wei-
ter nach Los Angeles zu ziehen.Ein
Karriereknick, nach achtFinals in
Seriegabesfürihnerstmalsseit
eineSaisonohnePlay-offs.
Abseits desPlatzes war der einst
eher selbstbezogene und hedonisti-
scheJameszueinerArtElderStates-
man der NBA gereift.Er hatte stets
Twitter geliebt, doch seineTweets,
diefrühervonPartysundfröhlichen
Ausflügen handelten, wurden erns-
ter,politischer.Mitseiner Unterstüt-
zungderAktion„BlackLivesMatter“
und derProtestbewegung, die der
Football-QuarterbackColin Kaeper-
nick ins Leben gerufen hatte,seiner
scharfenKritikanPräsidentDonald
TrumpundvielenklugenKommen-
tarenwurdeerzueinemderangese-
henenWortführerimUS-Sport.
Eine Rolle,die ihm behagt, ihn
aber nicht ausfüllt. LeBronJames
will auch auf sportlichem Gebiet
noch einmal Großes leisten, und
2020sollteseinJahrundnacheinem
langen Tief das der Lakerswerden.
EineendgültigeAbsagederNBA-Sai-
sonwürdeihnharttreffen.Bewe isen
allerdings muss er längst nichts
mehr.Und zwei olympischeGold-
medaillenhaterinzwischenauch.Lesen Sie inTeil 4:Timo Boll und seinStamm-
platz in derWeltelite desTischtennisKarriereende
auf
derCouch
FürGeorgKleinistdasEnde
derSaisonbesondershart
VonKarin BühlerV
iele Vorhaben, Pläne,Hoffnun-
genhabensichdenverg angenen
Tagen inLuft aufgelöst.Virusbe-
dingt.SoistesauchmitdenBildern
gewesen, die sich derVolleyballer
GeorgKleinvomletztenSpielseiner
Karrier einG edanken ausgemalt
hatte.„Einletztes Finalspiel, dieFa-
milieistda,alleFreunde,wirwerden
Meister,feiernzusammen denTi-
tel...“ Sicherwäreessog ekommen,
wennderMärz2020einMärzwieje-
deranderegewesenwäre.
DerMittelblocker des deutschen
MeistersBRVolleyshatteschonvori-
gen November entschieden, nach
zehn Jahren in derVolleyball-Bun-
desligazumEndedieserSaisonauf-
zuhören.Der28-Jährigeabsolviertin
Berlinein Polizeistudium,dasihnin
Anspruch nimmt, in denverg ange-
nenbeidenSommernmussteersich
jeweils einer Knieoperation unter-
ziehen.„Ichhabeinmichhineinge-
hörtundfestgestellt,dassderKörper
klareSignalesendet“,sagtKlein.
NachStationenbeimVCOlympia
Berlin, in Düren, Antwerpen und
Friedrichshafen waren die letzten
drei Spielzeiten inBerlin die erfol-
greichstendes14-maligenNational-
spielers.Mit den BRVolleys sam-
melteerzweiDeutscheMeistertitel,
einen DVV-Pokalsieg und einenSu-
percup-Sieg. Nach der Dominanz
derBerlinermit20Siegenin20Liga-
spielenwarderdritteMeistertitelso
gutwiesicher.
Nachdem dieVolleyball Bundes-
liga (VBL) vorigen Mittwoch ent-
schiedenhatte,dieelfausstehenden
Hauptrundenpartien noch auszu-
spielen,trafKleindanndieKomplet-
tabsage am Donnerstagabend be-
sondershart.ErsaßalleinzuHause
aufder Couch,alsLiberoJulianZen-
Tauscht das BRVolleys-Trikot mit derPoli-
zeiuniform: Georg Klein. IMAGO IMAGES
gerkur znach21UhreinenScreens-
hot der VBL-Meldung in die What-
sapp-Gruppe der Mannschaft
schickte.„DaswareinSchock“,sagt
Klein. Ihmwar klar :keine Spiele
mehr,kein Hauptrundenabschluss,
kein Meistertitel. „DieserMoment,
denwirda gehabthätten,denkann
maninkeinerWeisemehrersetzen.“
DieFlasche Rum, die er aufmachte,
warkeinwirklicherTrost.
In den dreiverg angenenSaisons
war Klein ein wichtigesGesicht der
Mannschaft geworden.EinSpieler,
derFeuerbringenkonnte,bereit,zu-
verlässig, fair.„Er ist ein Kämpfer
und großartigerTeamplayer:smart,
zuvorkommendundloyal.Fürmich
war er derVizekapitän und trug viel
Verantwortung.DiesesEndetutmir
für ihn ganz besonders leid“, sagte
TrainerCedric Enardüberden Zwei-
Meter-Mann,densie„Kleini“riefen.
Wiezuvor Felix Fischer,Robert
Kromm oderSebastian Kühnerre-
präsentiertederinLeipziggeborene
Profidas BerlinerElementimTeam.
SchließlichhatteerschondieSchul-
zeit in Hohenschönhausenver-
bracht. Seine Polizeiausbildung, die
beimSEKendensoll,wirdihnweiter
anBerlinbinden,weiterins Fitness-
studio führen.Auch den BRVolleys,
meintKlein,werdeer„inirgendeiner
Funktionwohlerhaltenbleiben“.
NACHRICHTEN
Nationalmannschaft
spendet 2,5 Millionen EuroFUSSBALL.DiedeutscheNational-
mannschafthatangesichtsderCo-
ronakriseeinenSpendenaufrufge-
startetundgehtmitgutemBeispiel
voran.DieNationalspielerumKapi-
tänManuelNeuerspenden2,5Mil-
lionenEurofürsozialeZwecke.Über
diePlattform„wirhelfen.eu“kann
sichjederFananderAktionbeteili-
gen,diedieProfisam Mittwochüber
Instagrambekanntmachten.München soll Standort
bei der EM 2021 bleibenFUSSBALL.Dieauf2021 verscho-
beneEMsollmitzwölfGastgebern
stattfinden.„DerPlanist,dieglei-
chenVeranstaltungsorte,dieglei-
chenStädte,diegleichenStadienzu
haben“,sagteUefa-PräsidentAlek-
sanderCeferin. SowürdeMünchen
mitderArenadesFCBayernAus-
richtervoneinemViertelfinaleund
drei Gruppenspielenbleiben.TomBradywechselt
zu den BuccaneersFOOTBALL.QuarterbackTomBrady,
42,wechseltinderProfiligaNFLvon
denNewEnglandPatriotszuden
TampaBayBuccaneers.Ers ollbeim
neuenKlub30MillionenDollar(
Mio.Euro)proSaisonerhaltenund
fürmehrereJahreunterschreiben.
Brady,mitsechs Super-B owl-Gewin-
nenerfolgreichsterNFL-Profider
Geschichte,gabam Dienstagden
AbschiedvondenPatriotsbekannt.Nouri ohne Zukunft bei
Hertha BSC als ChefcoachKann schon mal nach einem neuen Job
Ausschau halten: Alexander Nouri.DPA/GORAFUSSBALL.AlexanderNourihat
keineZukunftalsTrainervonBun-
desligistHerthaBSC. WieGeschäfts-
führer MichaelPreetzineinemPod-
castder Bild-Zeitungbestätigte,wird
derInterimscoachnichtüberden
SommerhinausbeidenBerlinernin
derVerantwortungstehen.Alexan-
derNouri,zuvorAssistenztrainer
vonChefcoachJürgenKlinsmann,
hatteam11.Februarnachdem
RücktrittdesehemaligenBundes-
trainersübernommen.NachFrench Open nun auch
US Open vorVerlegungTENNIS.Nachder Verschiebungder
FrenchOpenindenHerbstaufgrund
derCoronakriseziehenauchdieVer-
anstalterderUSOpeneine Verle-
gungihresGrand-Slam-Turniersin
Betracht.EsseienbeispielloseZei-
ten,manprüfealleOptionen,ein-
schließlichderMöglichkeit,dasTur-
nieraufeinenspäterenZeitpunktzu
verlegen,teiltendieOrganisatoren
desMajor-TurniersinNewYorkmit.Kevin Durant positiv
auf Coronavirus getestetBASKETBALL.AusnahmespielerKe-
vinDurantunddreiweitereProfis
derBrooklynNetsausdernordame-
rikanischenProfiligaNBAsindposi-
tivaufdasCoronavirusgetestetwor-
den.DerKlubteiltedieNamender
betroffenenProfisnichtmit,Durant
bestätigteallerdingsseineInfektion
gegenüberdemPortalThe Athletic.Sport
Berliner Zeitung·Nummer 67·Donnerstag, 19. März 2020 9 *·························································································································································································································································································