FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft FREITAG,20. MÄRZ 2020·NR.68·SEITE 15
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Unternehmen auf derganzenWelt
stellen imKampfgegen das
Coronavirus ihreProduktion um.
KfW-Chef Günther Bräunig
steht vorseinergrößten
Bewährungsprobe.
DieStillstände in Chinaschlagen
mitZeitverzug aufden
Hafenbetrieb in Hamburgdurch.
OP-KLEIDUNGSTATT DAMENMODE DER KREDITGEBER CONTAINERUMSCHLAG BRICHT EIN
A
ußergewöhnlicheZeiten er-
fordernaußergewöhnliche
Maßnahmen. So hat EZB-
Präsidentin Christine Lagarde die
Auflegung eines neuen Anleihekauf-
programms derEuropäischenZen-
tralbank über 750 Milliarden Euro
zur Bekämpfung derFolgen der Coro-
na-Krise begründet. Mit der Ankün-
digung zusätzlicher Käufevon Staats-
anleihen hat die EZB die zuletzt sehr
verunsicherten Märkteinder Eurozo-
ne zunächsteinmal beruhigt.Die an-
nonciertenKäufevon Unterneh-
mensanleihen sollen der angeschla-
genenWirtschafthelfen.Auch die
BankvonEnglandkündigte am Don-
nerstag eingroßes Anleihekaufpro-
gramm an.
Wieinder Euro-Krise wirddie EZB
vonden nationalenRegierungenweit-
gehend alleingelassen. SeitTagenwa-
renSpekulationen über diefinanziel-
len Belastungen der Eurostaaten
durch die Bekämpfung der Krise und
den wahrscheinlichenFall in dieRe-
zessionvernehmbargewesen. Beson-
dersaufmerksam wurde an denFi-
nanzmärkten der Anstieg italieni-
scher Anleiherenditenvermerkt.
Die nationalenRegierungen besa-
ßen Optionen. Länder,die um ihren
Zugang zumKapitalmarkt fürchten,
hätten einem Kreditprogramm unter
Auflagen zustimmenkönnen. Die In-
strumentestehenseit mehreren Jah-
renauf europäischer Ebene zurVerfü-
gung.Verständlicherweise besitzt der
italienische Premierminister Giusep-
pe Conte, der mit beeindruckender
Tatkraftgegen dieVerheerungen des
Virusinseinem leidgeprüften Land
kämpft,aber kein Interesse, jetzt mit
Brüssel über die mit einem Kreditpro-
gramm verbundenen Auflagen zu
sprechen. Er müsstebefürchten, die
Unterstützung der Bevölkerunggera-
de dann zuverlieren,wenn er sie be-
sondersbraucht.
Die Regierungen hätten sichauch
bereitfinden können, zur Finanzie-
rung derKosten derPandemie eine
gemeinsame europäische Corona-An-
leihe auszugeben. Gegen ein solches
Projektkann man sichleichtVorbe-
halteunter anderem in Berlin aus-
rechnen, denn unter dem Mantel ei-
ner Corona-Anleihe erblicktedas
vonanderenStaaten seit Jahren be-
fürworteteund vonBerlin bisher ab-
gelehnteKonzeptdes Eurobonds das
Tageslicht.Der politische Druckwür-
de groß, nacheiner Einführung für ei-
nenNotfall, dieses Instrument auch
in Zukunftzuverwenden. Damitver-
ändertesichunter dem Druckder ak-
tuellen Ereignisse die Architektur der
Eurozone dauerhaft.Eswärevöllig
verständlich,wenn die Bundesregie-
rung angesichts der mit Eurobonds
verbundenen Bedenken hier zögerte.
AnkaufprogrammevonZentralban-
kenkommen undgehen; Eurobonds
gingen nicht mehrweg.
So nachvollziehbar das Zögernna-
tionalerRegierungen in diesenTagen
erscheint:Indem sie die EZB alleinlie-
ßen, haben sie die Schlagkraftdes
Prog ramms derZentralbank unwil-
lentlichgeschwächt.Denn mit 750
Milliarden Euro, die sichauf Staats-
und Unt ernehmensanleihenauftei-
len, ließe sichimErnstfall der Markt
für Staatsanleihen einesgroßen Mit-
gliedslands derWährungsunion nicht
dauerhaftstabilisieren. Dasgilt voral-
lem,wenn diekommendeRezession
nochschwererwerden sollte als bis-
her erwartet.
Käufevon Staatsanleihen durch
Zentralbankenwerden vonden meis-
tenFachleuten zuRechtals ein aus
geldpolitischer Sicht zulässiges und
in schweren wirtschaftlichenNotla-
genauchgebotenes Instrument be-
trachtet,selbs twenn sie nichtsowirk-
sam sind wie oftbehauptet.Nicht nur
die EZB bedient sichihrer .In
Deutschlandfinden aber seit Jahren
Diskussionen über die verfassungs-
mäßigeZulässigkeitvonAnleihekäu-
fenstatt.Am5.Mai will das Bundes-
verfassungsgericht in einem schon
länger laufendenVerfahren eine Ent-
scheidung bekanntgeben. Lagarde
hat in derTradition ihrerVorgänger
betont, auchdas neue Kaufpro-
gramm befinde sichimEinklang mit
dem Mandat der EZB.
Interessant sind die bisherfestge-
legten Obergrenzen, nachdenen die
EZB nicht mehr als 33 Prozent der
Anleihen eines Landeskaufen will.
AufBasis der bisherigen Pläneder Re-
gierungen würde die EZB bei mehre-
renLänderninabsehbarerZeit an
die Grenzestoßen. Da aber alsFolge
der Krise dieStaaten deutlichmehr
Anleihen ausgeben werden, dürfte
die EZB Spielraum erhalten. So will
die Bundesregierung auf Ausnahme-
regeln für die Schuldenbremse zu-
rückgreifen. Die EZB sollteihreOber-
grenzenjedenfallsnicht einfachigno-
rieren. Solidarität innerhalb Europas
istnotwendig.Aber sie bemisst sich
nicht an den Beträgen, die mobili-
siertwerden.
Viele Zentralbanken und nicht nur
die EZBversuchen in diesenTagen
mit dem Einsatzgroßer Mittel, die
Finanzmärkteliquide zu halten. So
mächtig diese Institutionen sind:
Auch sie können überfordertwerden.
Auch sie stoßen an Grenzen.
D
as Coronavirus zwingtUnter-
nehmen zu heiklen Entschei-
dungen: Schließen oderwei-
termachen?Undwer darfzuHause ar-
beiten,wersoll nochzur Arbeitkom-
men?Fürdas sanitäreGemeinwohl
sollten möglichstviele Menschen ins
Heimbürogehen, dochfür das ökono-
mische Wohlbefinden dürfennicht
alle Unternehmen denStillstand ver-
ordnen. Angesichts dieser Zielkonflik-
te sind pragmatische Ansätzegefragt.
In Frankreichbeklagen manche Ge-
werkschaftenpauschal, die Arbeiter
würden an die Bändergezwungen,
während die leitenden Angestellten
zu Hause bleiben dürften. Nunkopf-
los die Bänder abzuschalten wäre
aberverkehrt. Gefordertist für alle
hinreichender gesundheitlicher
Schutz am Arbeitsplatz. Den bieten
französischeUnternehmen leider oft
nur unzureichend. Ungeacht et von
Hierarchiefragen müssen Betriebe
nüchternentscheiden,welcheFunkti-
on physische Anwesenheit erfordert
und welche nicht–und entsprechen-
den Schutz bieten. DasVirusmacht
keinenUnterschied zwischen „oben“
und „unten“.Vorihm sind allegleich.
Ob Chef oder Lehrling, jeder istein Ri-
sikofaktor,den es einzugrenzen gilt.
Die Einsame
VonGerald Braunberger
N
ochist es nicht da, das Coro-
na-Helikoptergeld für alle,
wie es unter anderem der
amerikanische Präsident seinen Bür-
gern in Aussicht gestellt hat.Aber
auchDeutschland kommt diesem
Prinzip immer näher.Nachdem sich
abzeichnet, dassdie Hilfskrediteder
Bundesregierungvor allemvongröße-
renUnternehmengenutztwerden, rü-
cken Zuschüsse für Selbständigein
den Fokus. Bis zu 15000 EurojeBe-
trieb, mehr als 40 Milliarden Euroins-
gesamt, will der Bundgeben. Ange-
sichts der wirtschaftlichenFolgen der
Pandemieist es konsequent, auch
jene zu unterstützen, bei denen die
Einnahmen schon in gutenZeiten ge-
rade so ausreichen, um über dieRun-
den zukommen. DassineinerAus-
nahmesituation die Bundesregierung
die Schuldenbremse lockert,lässt sich
wohl nichtvermeiden. Dochsowich-
tig Hilfsmaßnahmen für die Wirt-
schaftauchsind –inall den Krisensit-
zungen dieser Tage solltedringend
auchein Plan entstehen,wann und
wie dasWirtschaftsleben wieder an-
läuft. Denn klar ist: Ein staatlichange-
ordneterShutdown lässt sichviel-
leicht einigeWochenverkraften, aber
sicherlichnicht mehrereMonate, wie
mancheVirologen es empfehlen.
D
en Ausver kauf an Europas Bör-
sen hat das milliardenschwere
Hilfsprogramm der Europäi-
schen Zentralbank (EZB)
leichtstoppenkönnen.Der deutscheAk-
tienindexDax ging nachder Ankündi-
gung derNotenbankund einemschwan-
kendenHandelsverlauf am Donnerstag
mit einem Plusvon2Prozent auf 8610
Punkteaus dem Handel. Zudemengten
sichdie „Spreads“ an den europäischen
Anleihemärkten, also derAbstandder
Renditen etwa zwischen Italien und
Deutschland, wiederein –ein Zeichen,
dassdie Angstvor einer neuenFinanzkri-
se durch das Coronavirus wieder abge-
nommen hat.
Die EZB hatteinder Nachtzum Don-
nerstag ein 750 Milliarden Euroschwe-
resAnleihekaufprogramm namens
„PEPP“ beschlossen. Hinter dem neuen
Akronymverbirgt sichdie Bezeichnung
„Pandemic Emergency Purchase Pro-
gramme“. Dabei soll es um den Ankauf
vonWertpapierender öffentlichen Hand
und der Privatwirtschaftgehen. DerUm-
fang der daraus resultierenden monatli-
chen Käufedürfteselbstdie Notfallpro-
gramme aus der Euro-Krise übersteigen,
wie die Ökonomen der Allianzvorrech-
nen (siehe Grafik). Die Grenzen,die sich
die EZB bislang für denKauf vonAnlei-
hen auferlegt hatte, sollen zumTeil au-
ßer Kraftgesetztwerden. So soll eskünf-
tig ausdrücklichauchmöglichsein, grie-
chischeStaatsanleihen zukaufen.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde
zeigtesichentschlossen. Der EZB-Rat,
werdeinnerhalb des Mandats „tun,was
auchimmer nötig ist“, um dieFolgen der
Coronavirus-Pandemie einzudämmen.
PEPPwerdebeendet, sobaldder EZB-Rat
die Coronavirus-Krise für bewältigt halte,
aber nichtvorJahresende, hieß esweiter.
„AußergewöhnlicheZeiten erfordernau-
ßergewöhnliches Handeln“, schrieb die
EZB-Präsidentin aufTwitter .„Wirsind im
Rahmen unseres Mandats entschlossen,
das volle Potential unsererWerkzeugeaus-
zuschöpfen“, hob die EZB-Präsidentin her-
vor. Es gebe „keine Grenzen“ für den Ein-
satz derNotenbankfür den Euro.
LagardesFormulierungen erinnernda-
bei sehrandie Worteihres Vorgänger sMa-
rioDraghi in derEuro-Krise, die EZBwer-
de innerhalb ihres Mandates alles Erfor-
derliche tun,umden Eurozuretten,
„whatever it takes“. Noch auf der letzten
Pressekonferenz der EZB hatte Lagarde
für Unsicherheit in dieserFragegesorgt,
als sie äußerte, die EZB sei nicht dazu da,
um die Spreads, also dieAbstände derRen-
diten derStaatsanleihen, zu schließen.
Das wargerade in Italienals möglicheAb-
kehr vonDraghisRettungsprinzipgedeu-
tetworden. Die EZB hatteallerdings
schnell nachgelegt,die Äußerung sei nicht
in diesem Sinnegemeintgewesen. Jetzt
rückt dieNotenbank also auchinden For-
mulierungen wiederstärkerinDraghis
Tradition.
Viele Politiker und Ökonomenreagier-
tenzustimmend auf das milliardenschwe-
re Prog ramm.FrankreichsStaatschef Em-
manuel Macron lobte den Schritt.Nun
müssten die europäischen Länder ihren
Teil dazu beitragen, teilte er mit.Erf order-
te Haushaltsmaßnahmenund eine „größe-
re finanzielle Solidarität in der Eurozo-
ne“. Die Menschen und dieWirtschaft
brauchten dies. Bundeskanzlerin Angela
MerkelhatteamMittwochabend in einer
Rede hervorgehoben, Deutschlandstehe
vorder größten Herausforderung seit dem
Ende des ZweitenWeltkriegs.
VolkerWieland, Mitglied im Sachver-
ständigenrat derWirtschaftsweisen, sagte
der F.A.Z.: „Ichdenke, dassdie Europäi-
scheZentralbankdas Ziel,einen starken
Anstieg der Risikoprämiender Staatsanlei-
hen etwa für Italien,Portugal und andere
hochverschuldete Staaten zuvermeiden,
damit erreichen kann. Sie kann damit
aber nicht dieRezessionverhindern, die
wegendes Corona-Schocks jetzt auf Euro-
pa zukommt.“ Allerdingskönne der
Schritt möglicherweise auchdie Einschät-
zung, dasseine unerwartet große Rezessi-
on und Krise auf uns zukämen, bei vielen
Finanzmarktteilnehmernverstärken. „Die
EZB tritt mit diesen Maßnahmen inVorla-
ge“, sagte Wieland. „DieRegierungensoll-
tendie EZB abernicht imRegenstehen
lassen.“ DerWirtschaftsforschervertrat
dieAnsicht, mit Zinssenkungenkönne die
EZB im Moment nicht viel bewirken, auch
Helikoptergeld, also Geldgeschenkean
alle, seikeine geeignete Maßnahme.
Auch Holger Schmieding, der Chef-
volkswirtdes Hamburger Bankhauses Be-
renbergmeinte, das Risiko, dassaus der
Wirtschafts- auchnocheine Finanzkrise
werde, nehme durch das EZB-Programm
ab. „Geldpolitischist diesdie große Bazoo-
ka“, sagteSchmieding derF.A.Z. „Das
wirdden Anleihen der hochverschuldeten
Staaten helfen“,kommentierte auchJörg
Krämer,der Chefvolkswirtder Commerz-
bank.Nochbleibe allerdingsdie weitere
Wirkung der Maßnahmen abzuwarten,
meinteStefanKipar,Ökonom der Bayeri-
schen Landesbank.
DeutlicheReaktionen zeigten sicham
Anleihemarkt.Die Kurseitalienischer
Staatsanleihen sind am Donnerstagmor-
genzunächst gestiegen, di eRenditengefal-
len, zeitweise auf einWochentiefvon1,
Prozent.AmMittwochwaren die italieni-
schenRenditen sprunghaft gestiegen, auf
zeitweise 2,9 Prozent, nachdem sie noch
voreinem Monat lediglich0,9 Prozent be-
tragenhatten.DieRenditenderBundesan-
leihen mit zehn Jahren Laufzeitfielen am
Donnerstagvormittag zeitweiseum13Ba-
sispunkteauf minus 0,36 Prozent .InSpa-
nien undPortugal ging dieRenditeumje-
weils rund 30 Basispunkte zurück.
Auch die britischeNotenbankreagier-
te abermals auf die Krise. Sie senkteam
Donnerstag den Leitzins in einerNotfall-
sitzungvon0,25 auf 0,10 Prozent undkün-
digteeine Ausweitung ihres Anleihekauf-
prog ramms um 200 Milliarden auf 645
Milliarden Pfund an. Als Begründung sag-
te die BankvonEngland, dassdie Kondi-
tionen am Markt fürStaatsanleihen sich
verschlechterthätten. Erst am Vortag hat-
te auchder neue BoE-Gouverneur An-
drew Baileyversichert, dieNotenbank
werdetun, „whatever it takes“, um die Kri-
se zu bekämpfen.Voreiner Wochehat die
BankvonEngland auf einer außerordent-
lichen Sitzung den Leitzins schon um ei-
nen halben Prozentpunktgesenkt.Nun
verspricht sie, mit einem neuen Pro-
gramm, den Geschäftsbanken fürUnter-
nehmensanleihen unbegrenzt Liquidität
zu geben. Die SchweizerischeNational-
bank (SNB) kündigteebenfalls neue
Schrittean. Der Leitzinswerdezwarbei
minus 0,75 Prozent belassen. Allerdings
wolle dieNotenbankverstärktamDevi-
senmarkt intervenieren, um zurStabilisie-
rung der Lagebeizutragen.Außerdem
werdezum 1. April derFreibetrag für Ban-
keninder Schweiz bei denNegativzinsen
erhöht.Der entsprechende sogenannte
Freibetragsfaktorsteigevon 25 auf 30.
(WeitereBerichte, Seite23.)
Wieder wirddie EZB
in einer Krise
vonden Regierungen
alleingelassen.
loe. BERLIN.Die Bundesregierung legt
ein Hilfspaket in zweistelliger Milliarden-
höhe auf, um Solo-Selbständigeund
Kleinstunternehmen in der Corona-Krise
zu unterstützen. DieRede istvon einem
Volumen vonmehr als 40 Milliarden
Euro, teils als Direkthilfen, teils als Kredi-
te,verlauteteamDonnerstag ausRegie-
rungskreisen. Es wirderwartet,dasssich
das Bundeskabinett in seiner Sitzung am
Montag auf dieAusnahmeregel beruft, die
ein Abweichenvonder im Grundgesetz
verankerten Schuldenbremse inNotsitua-
tionen erlaubt.
Am Donnerstag tagteinBerlin das Co-
rona-Kabinett, amVortag warenVertr eter
des Wirtschafts-,Finanz- und Arbeitsmi-
nisteriums mitverschiedenenWirtschafts-
verbänden zusammengekommen. Aus
Teilnehmerkreisen hieß es, im Gespräch
seien Zuschüssevonbis zu 10 000 Euro
für Selbständigemit bis zu fünf Mitarbei-
tern und bis zu 15 000 Eurofür Selbständi-
ge mit bis zu zehn Beschäftigten. Das
Geld soll für die DauervondreiMonaten
reichen. Ausdem Umfeld desWirtschafts-
ministerium hieß es, es dürfe keine „Soli-
daritäts-Lücke“für Kleinstunternehmen
undSolo-Selbständige geben.Viele Künst-
ler,Coaches und Inhaber kleiner Läden er-
zielen derzeitkaum nochUmsätze.
Am vergangenenFreitag hatten Bundes-
finanzministerOlaf Scholz (SPD) und
Wirtschaftsminister Peter Altmaier
(CDU) schon zusätzlicheÜberbrückungs-
kredite über die KfW-Bankengruppeange-
kündigt.InBerlin wirdjedoch erwartet,
dassvor allemgrößereUnternehmen die-
se nutzenwerden. Unternehmenkönnen
jetzt auchSteuererleichterungen beantra-
gen. Entsprechende Erlasse hat das Bun-
desfinanzministerium am Donnerstag mit
den Ländernabgestimmt.Scholz hat zu-
dem angedeutet,dassdie Grundsicherung
für Selbständige(Hartz IV) gelockert
wird. Sie sollen ohneVermögensprüfung
Hilfebeantragenkönnen, um ihrelaufen-
den Kosten, etwa Privatmiete und Lebens-
mittelausgaben, zu bestreiten.
MehrereBundesländer haben in den
vergangenenTagenschon Hilfsprogram-
me fürFreiberufler und Selbständigeauf
denWeg gebracht.InBayernwill Minister-
präsident MarkusSöder (CSU) Selbständi-
genmit bis zu fünf Mitarbeitern
EuroSoforthilfezahlen. Bei bis zu 250 Mit-
arbeiternsteigt der Zuschussauf 30 000
Euro. Berlinrichtetseine Hilfespeziell
auf die Solo-Selbständigen aus. 20 000
vonihnen sollen jeweils 15 000Euroerhal-
ten. Die Antragsformularestelltedie In-
vestitionsbank Berlin am Donnerstag ins
Internet.Nach denZahlen des Statisti-
schen Bundesamtes gibt es in Deutsch-
landrund 2Millionen Solo-Selbständige.
Das Deutsche Institut fürWirtschaftsfor-
schung (DIW) sprichtvonbis zu5Millio-
nen.
Bis der sogenannte Solidaritätsfonds
auf Bundesebenegreift, werden nocheini-
ge Tage vergehen. DieAusnahmevonder
Schuldenbremse mussimBundestagmit
absoluter Mehrheit der Mitglieder be-
schlossenwerden. Der Deutsche Indus-
trie- und Handelskammertag(DIHK)
sprachvon einerextrem schwierigen Si-
tuation.„Wenn derUmsatz überNacht
auf nullrauscht,stehen Hunderttausende
Unternehmen, Kleinstbetriebe und Solo-
SelbständigeinnerhalbvonWochenvor
dem Nichts“, warnte DIHK-Präsident
Eric Schweitzer.„Sie brauchen jetzt inner-
halbvonTagen einePerspektive, mit ih-
remGeschäftdie unverschuldete Corona-
Krise die nächstenMonateüberstehen zu
können.“ Der Hauptgeschäftsführerdes
Bundesverbandes derFreien Berufe,Peter
Klotzki, sagte, es sei wichtig, dassder Soli-
daritätsfonds unbürokratisch und schnell
helfe. „Das Zeitfensterhierfür schließt
sichbereits, die nächsten vier,maximal
sechsWochen sind entscheidend.“Wie
langedie großflächigen Schließungenvon
Geschäften undKultureinrichtungen an-
halten sollen, istderzeit offen. Es zeichnet
sichjedoch ab, dassVirologen eher für ei-
nen Zeitraumvonmehreren Monaten plä-
dieren,während Ökonomen auf ein baldi-
gesEnde drängen. „Es istklar,dasswir so
wie jetzt nicht langeweitermachenkön-
nen“, sagteder DüsseldorferÖkonom
Jens Südekum derF.A.Z. Wirtschaftsfor-
scherrechnen damit, dassdas Bruttoin-
landsprodukt in diesem Jahr um bis zu 9
Prozent sinkenkönnte.Über einKonjunk-
turpaket will die Bundesregierung bera-
ten, wenn der Höhepunkt der Corona-Pan-
demie hinter Deutschland liegt.
40 Milliarden Eurofür Solo-Selbständige
Bund schnürtHilfspaket für finanziell besondersgefährdete Berufsgruppe /AusnahmevonSchuldenbremse
EZB: „Tun,w as auchimmernötig ist“
Gleichheit vor dem Virus
VonChristian Schubert
Hilfe im Eiltempo
VonJulia Löhr
EZB-Präsidentin
Lagardekündigtein
gewaltigesNotprog ramm
über750 Milliarden
Euroan. Die Börse
jubelt,für einenMoment.
VonChristian
Siedenbiedel,Frankfurt
EZB-PräsidentinChristineLagarde
März2015 bisEnde 20201)
2995 Mrd.€
Volumen
zunächst bisEnde 2020
750 Mrd.€
Volumen
83,
117
80
33,
März2015 bisEnde 20201)
2995 Mrd.€
Volumen
zunächst bisEnde 2020
750 Mrd.€
Volumen
83,
117
80
33,333,
GeplanteKäufe, Abweichungen sindmöglich.
Quellen:EZB;eigen eBerechnunge n/Fotodpa/F.A.Z. -GrafikBrocker
Seit2015laufendes
Anleihekaufprogramm
(APP)derEZB
NeuesPandemie-
Notfallkaufprogramm
(PEPP)derEZB
Umfangwährend derEurokrise
(Mrd.€imMonatzwischenApril 2016 und März 2017)
Umfang
monat licherKäufe
(Mrd.€)