Frankfurter Allgemeine Zeitung - 08.04.2020

(Ann) #1

Im Zweifel für den Angeklagten
Die Zeitung „Südwest-Presse“(Ulm)meint zum
über raschendenFreispruchdesaustralischenKardi-
nasPell:.
„Im Zweifel für den Angeklagten.Nach diesem Prin-
zip hat nun das höchste australische GerichtimFall
des katholischenKardinals George Pell geurteilt .Das
Gericht hatsichfreigemachtvondem enormenöffent-
lichen Druck, nachvielen skandalösenVerbrechen
vonKlerikernanKinderneinen hochrangigen Kir-
chenmann als sichtbaren Schuldigen zu liefern.Pells
Fall is tdeshalb soheikel,weilder Kardinalzurdoppel-
tenSymbolfigurgewo rden is t.
Füreinen großen Teil der Gesellschaftist er das Ge-
sicht für dieVerfehlungen der Kircheinsgesamt, für
andereist Kardinal Pell die Symbolfigurfür dieVer-
folgun gderKirchein der sä kularenGesells chaftAus-
tralie ns.“


Rechtebestehen auchfür Corona-Opfer
Mitder Debatteumdie Lockerung derCorona-Be-
schränkungenbefas st sichdie Rhein-Neckar-Zei-
tung(Heidelberg):
„Es dürftewohl einleuchten, das sall die Mühe, die
sichdie Gesellschaftderzeit nahezu vorbildlich
macht, umsonstgewesen wäre,wenn voneinem Tag
aufdenanderensämtlicheSchutzregelnwiederaufge-
hobenwürden.Folgli ch wirdderStaatdieSicherheits-
zügelzwarwieder lockern,aber eben nur das.Darin
einemutwillige und si nnloseEinschränkungvonFrei-
heitsrechten zu sehen, zeugtvonBlindheit.Diese
Rechte bestehen nämlichauchfür die mutmaßlichen
Opfer ,die sic hgerade nicht nur im hohen Alter befin-
den. Zugege benermaßen wissen wir Vieles über die-
sesneueVirus nicht;imGrundedas meiste.Nureines
wissen wir:Ungehemmtausgebreitet,wirdesviel,
viel Leid bringen.“

FreieWahlen trotzCorona
Die Berliner Zeitung„Tagesspiegel“ schreibtüber
Briefwahlenund Wahl-Verschiebungeninder Coro-
na-Krise:
„BeideErsatzlösungen haben ihren Charme.Sie ha-
ben aber auchNachteile. Das gilt doppelt,wenn die
konkur rierenden Lager überzeugt sind, dassder Geg-
ner Corona alsVorwand benutzt, um dieWahlabläufe
zu seinen Gunstenzuverändern. (...)
Glücklichdas Land,wo sichRegierung und Oppositi-
oneinigenkönnen ,wiema nfreieundfaireWahle nor-
ganisiert, ohnedie Gesundheit der Bürgerzuriskie-
ren. Wehe den Ländern,wo die Lager soverfeindet
sind, dassüber jederWahlrechtsänderung derVer-
dacht der Manipulationliegt.Wenn dasVertrauen in
Wahlen s chwindet,stirbt die Demokratie.“

LockerungvonCorona-Maßnahmen
Die „FrankfurterRundschau“ schreibtzum Streit
über Lockerungenvon Corona-Maßnahmen:
„Der Fokusder Regierung lag nachvollziehbarerwei-
se zunächstauf praktischen Dingen wie der Beschaf-
fung vonMasken und demVersuch, das Virus über-
hauptzubegreifen. Debatten über Alternativen und
andereWegeallerdingssolltedie Regierung sichstel-
len, statt sie abtropfen zu lassen.

Staat muss funktionieren in der Krise
Die „StuttgarterZeitung“kommentiert dieLage
derKommuneninder Corona-Krise:
„Der Appell desStädt etags an Bund und Länder,ei-
nen kommunalenRettungsschirmauf denWegzu
bringen, istnachvollziehbar und in der Sacherichtig.
Über die Höhe wirdman sic hunterhalten müssen. Es
geht hier nicht darum, dieKommunenvonder Pflicht

zu entbinden, sorgsam mit deneigenen Mitteln umzu-
gehen. Esgeht vielmehr darum, dasFunktionieren
des Staate sauchdortzug ewährleisten, wo die Bürger
jeden Tagmit ihm inKontakt kommen.Gelingt das
nicht,steht das solidarischeZusammenleben in den
Städten auf dem Spiel.“

Nicht ohne Risiko
Die Wochenzeitung„Die Zeit“ (Hamburg)kommen-
tiertdie Apps zurBekä mpfung derPandemie:
„Völlig ohne Risikoist das Verfahren nicht.Dochim
VergleichzurSeuchewiegtdieseGefahrgering. Über-
diesgehendiemeistenTagfür TaggrößeredigitaleRi-
siken ein. Solange die Apps programmiertwerden,
bleibt nochgenug Zeit, sie datenschutzrechtlichzus i-
chern: Zweckund Zeitraum ihres Einsatzes müssen
begrenzt, Pflichten zur Dokumentation und Lö-
schung der Datensätzefestgelegt werden.“

STIMMEN DER ANDEREN


A


ls JohnsonsKabinettsbüromi-
nistergefragt wird, ob Domi-
nic Raab auchdie Komman-
dogewalt über die britische
ArmeeunddieNuklearwaffenhabe,gibt
er eine ausweichende Antwort. Welche
Kompetenzen Raab als Stellvertreter
Johnsons hat, istunklar.Ein schlechte
Voraussetzung zur Bewältigung der Co-
rona-Krise.
Auch am Dienstagblieb Boris John-
son auf der Intensivstation des Londo-
ner„S tThomas’Hospitals“.LautRegie-
rungsangaben wirdermit Sauerstoff
versorgt, istaber an kein in vasives
Atemgerät angeschlossen und bei Be-
wusstsein. Sein Zustand sei „stabil“,
hieß es. Nicht nurKönigin Elisabeth II.
wünschteihrem Premierministerra-
sche Genesung. In allen politischen La-
gern des Landes wurde öffentlichan
Johnsongedach tund auchoftfürihnge-
betet. Viele sprachenvom„Kampfsei-
nes Lebens“.

Bestürzt undgebanntverfolgen die
Briten die dürrenBulletins über den
Krankheitsverlauf des Premierministers.
Wiestark dasVirusdieNation undinsbe-
sonderedie politische Szene im Griff
hat, dokumentierte eine weiter eMel-
dung.Auch MichaelGove,alsKabinetts-
büroministereinerderStützen derRegie-
rung, zog sichamDienstag in die Selbst-
isolation zurück, nachdem ein Mitglied
seinerFamilie coronaverdächtig eSym-
ptome entwickelt hatte. Gesundheitsmi-
nisterMattHancockundeinigeStaatsse-
kretärehaben die Krankheit inzwischen
auskuriert, aber viele Berater und Mitar-
beiter derRegierung sind ausgefallen,
darunter der medizinische Chefberater
Chris Whitty und Johnsons politischer
Hauptberater Dominic Cummings.
Mit AußenministerDominic Raab,
der zugleichden Titel„FirstSecretaryof
State“trägt,hatnundasranghöchsteKa-
binettsmitglied dietägl ichen Geschäfte
übernommen. Er solle den Premiermi-
nister„vertreten, wo notwendig“, hatte
ihm Johnsonkur zvor seinerVerlegung
auf die Intensivstation aufgetragen.
Raab führte am Dienstagzum zweiten
Mal das „Covid-19-Committee“, eine
Arttägliches Krisenkabinett. Seine Be-
fugnisse sind nurteilweisegeklärt. Als
Gove vo nder BBCgefragt wurde, ob
Raab im Kriegsfall die Befehlsgewalt
über die Armee und auchdie Nuklear-
waffen ausübe, wicheraus: Zu Angele-
genheiten der nationalen Sicherheit dür-
fe er nichts sagen. EinRegierungsspre-
cher er gänztespäter ,dassRaab denNa-
tionalen Sicherheitsrat leiten würde, al-
lerdingsinnächsterZeitkeinsolcherTer-
min anstehe. Raab werde, andersals der
Premierministerinnormalen Zeiten,

nichtanjedemMittwoch die Königinun-
terrichten.Auch habe erkeine Hoheit
über Personalentscheidungen.
LordO’Donnell, der bis 2011 der
höchsteBeamteimKönigreichwar, argu-
mentierte am Dienstag, das ssichkein
formaler Wechsel vollzogen habe. „Boris
Johnsonbleibt Premierminister, bis er zu-
rücktritt“, sagteer. LordKerslake, ein
Nach folger O’Donnells,interpretierte
dieLagepolitischund machtedarauf auf-
merksam, dassRaab auf Dauer einAuto-
ritätsproblem bekommenwerde. Wenn
Johnsonsichnicht rascherhole, werde
sich„das Kabinett dieFragestellen, wer
Premierministerwerden soll“,sagteKers-
lake.Dannmüsstendie Konservativen ei-
nen neuenVorsitzendenwählen.
Raab bemühtesich, denTeamgeistdes
Kabinetts herauszustellen. Die Regie-
rung werdeimKampf gegendie Pande-
mie weiter in die Richtungmarschieren,
die der Premierminister vorgegeben
habe, sagteer. In derRegierung wurde
daraufhingewiesen,dassvielegrundsätz-
liche Entscheidungen schon getrof fen
wurden,vonden drastischen Einschrän-
kungen des öffentlichen Lebens über den
Ausbauder Krankenhausstrukturen bis
hin zur massiven Ausweitun gder Testka-
pazitäten, die Ende des Monats bei
100 000amTagliegensollen.Aberweite-
re Entscheidungenstehen an.
Am kommendenWochenendegehen
die er sten dreiWochen des landesweiten
„Lockdowns“ zu Ende.Zu diesemZeit-
punkt sollten die Maßnahmen „über-
prüft“werden, wie Johnson angekündigt
hatte.Zurzeitwirdnichtdavonausgegan-
gen, das sdie Einschränkungengelockert
werden,weilderHöhepunktderInfektio-
nen nochnicht erreicht scheint.ImGe-

genteil:AmDienstagwurdemit mehrals
800 Totenein neuer Tagesrekor der-
reicht .Aberir gendwannin denkommen-
den Wochen werden dieZahlen sinken,
und diekalibrier te Rückkehr zurNorma-
lität bedarfpolitischen Fingerspitzen-
gefühls.Nicht auszuschließen istauch,
dass dieRegierung die Schraubenvor
der Lockerung nocheinmalfester an-
zieht.
Dies hatteGesundheitsministerHan-
cockinder vergangenenWoche für den
Fall angedroht, dassdie Disziplin der
Bevölkerung nachlässtund dieAusgeh-
beschränkungennichtmehrausreichend
befolgt würden.Wird eine Regierung, an
derenSpitzeeinMannohneWählerman-
dat steht, genügendAutoritätfür derart
sensible Entscheidungen haben?
Im bestenFall werdeJohnson in sie-
ben bis zehnTagenwieder einsatzfähig
sein –sodie Ferndiagnosenverschiede-
ner Ärzte.Viele, die den Premierminis-
terpersönlichkennen, hoben am Diens-
tagJohnsonskörperlicheKonstitution
hervor.Erseiein„extrem widerstandsfä-
higer Typ“ und auch„ziemlichfit“, sagte
der früherePremierministerDavid Ca-
meron, der sichgelegentlichmit John-
son auf demTennisplatz misst.Auchder
amerikanische Präsident DonaldTrump
meldete sichwieder zuWort.Johnson,
ein „wirklichguter Freund“, sei „etwas
ganz Besonderes: stark, entschieden,
hältdurch,gibtnichtauf“.Trumpzeigte
sichsogar tatkräftig.Noch in derNacht
schickteerVertr eter zweier Pharmaun-
ternehmennachLondon,dieeine„hoch-
entwickelteTherapie“ anbietenkönn-
ten. „Wir haben jedenvonBoris’Ärzten
kontaktiertund werden jetzt mal sehen,
waspassier t–aber siestehen bereit.“

Fast einMonatistvergangen, seitdiegro-
ße Koalition nachzähem Ringen be-
schlossen hat, Flüchtlingskinder von
den griechischen Inseln nachDeutsch-
land zu holen.Nurein Alleingang sollte
es nicht sein, sonderneine „Koalition
der Willigen“.Wenn europäische Län-
derzusammen1000 bis1500 Kinder auf-
nähmen, könnten um die 400 nach
Deutschland kommen, hieß es Mitte
MärzinBerlin. DerKoalitionsausschuss
vonUnion und SPD präzisierte,dasses
Kinder sein sollen, die entwederwegen
einer schweren Erkrankung dringend
behandlungsbedürftig oder unbegleitet
und jünger als 14 Jahresind. Vorallem
Mädchenwolle man helfen.
Angesichts der Gefahr einerAusbrei-
tung des Coronavirus in den überfüllten
Lager nist Eile geboten. Politiker der
Regierungsparteien und der Opposition
hatten die EU-Kommission in denver-

gangenen Tagenaufgefordert, endlich
mit derVerteilung zu beginnen. Die EU-
Behörde hattezugesagt, sichdarum zu
kümmern. „Die EU mussschnell han-
deln und als Erstes dasVersprechen ein-
lösen,diebetroffenenKinderzuevakuie-
ren“, forderte nun Entwicklungsminister
GerdMüller (CSU) in der „Neuen Osna-
brückerZeitung“. „Hoffentlichwartet
Brüssel nicht, bis es zur Katastrophe
kommt.“
Auch die Integrationsbeauftragteder
Bundesregierung, Annette Widmann-
Mauz (CDU), sagteimBayerischen
Rundfunk:„Wir müssen damit endlich
beginnen, denn die Situation wirdnicht
besser.“Widmann-Mauz undweiter e
Abgeordne te der Unionsfraktion hatten
kürz lichineinem gemeinsamen Brief
an EU-KommissionspräsidentinUrsula
vonder Le yenappelliert, mit derVertei-
lung zu beginnen.Auch die innenpoliti-

sche Sprecherin der SPD-Fraktion, Ute
Vogt, mahnte:„Wir wollen und müssen
zu unsererZusagestehen, die Kinder zü-
gig auszufliegen.“ MichaelKellner,der
Bundesgeschäftsführer der Grünen, be-
zeichnete es als „wohlfeil“,wenn sich
Unionsabgeordnete an die EU-Kommis-
sion wendeten, wo dochdie große Koali-
tion ihreZusageumsetzen müsse.
Am Dienstagabend teiltedas Bundes-
innenministerium mit,dasstatsächlich
in Kürzezunächstbis zu 50 unbegleitete
Minderjährigeaus den Flüchtlingslagern
nachDeutschland kommen sollen.„Der
Transfer soll nachMöglichkeit schon in
der kommendenWoche beginnen“,gab
das Bundesinnenministerium am Diens-
tag bekannt.Das solle am Mittwochdem
Kabinettvorgeschlagenwerden. Darauf
habe sichBundesinnenminister Horst
Seehofer(CSU)mit Vertrete rnder Koali-
tionsfraktionenverständigt.Dies sei „ein

ersterSchritt“.NachAnkunftinDeutsch-
land würden die Kinder und Jugendli-
chen zunächstzentralineine zweiwöchi-
ge Quarantänegenommen,bevor eine
Verteilung in die Länder erfolge, teilte
das Innenministerium mit.
In denkommendenTagensollen zu-
nächs tzwölf unbegleiteteMinderjährige
nachLuxemburggebrachtwerden, teilte
die Regierung in Athen am Dienstag
mit.Neben Deutschland undLuxemburg
hatten sichnochsechs weiter eMitglied-
staaten zur Aufnahme bereit erklärt.
Dochnun kommt es in einigen Ländern
aufgrund der Corona-Pandemie zuVer-
zögerungen. DochBerlin hofft,dassdie
„Koalition derWilligen“ am Ende nicht
nur aus Deutschland undLuxemburgbe-
stehe. „Deutschland hat jedochdie klare
Erwartungshaltung, dassdie Zusagedie-
ser Länder eingehalten wird“,teiltedas
Bundesinnenministerium mit.

Nunsolle ndie Kinderkommen


Berlin will 50 minderjährigeFlüchtlingevon griechischen Inseln aufnehmen /VonHelene Bubrowski, Berlin


Seit der Verlegung


Johnsons auf die


Intensivstation hat


DominicRaab de ssen


tägliche Geschäfte


über nommen.


VonJochen Buchsteiner,


London


JohnsonsStellvertreter:DominicRaab auf demWegzum Amtssitz des Premierministers Fotoddp

Dänemark hat so schnell undkonsequent
auf die Ausbreitung des Coronavirusrea-
giertwie kaum ein anderes Land in Euro-
pa. Nunsind die Dänen auchganz vorne
mit dabei,wenn es darumgeht, das Land
wiedervorsichtigzuöffnen.Indenvergan-
genen TagenhatteMinisterpräsidentin
MetteFrederiksenvonden Sozialdemo-
kraten schon angedeutet,dassesnach
Oster nsoweit seinkönnte. Am Montag-
abendwurdesiedannkonkret:Vomnächs-
tenMittwoch an werden Kindergärten
und Schulenbis zur fünften Klasse wieder
geöffnet. Es sei eine erstevorsichtigePha-
se der Öffnung, sagteFrederiksen.Sie
stellteaberauchklar,dassdieDänennoch
viele Monatemit Einschränkungenwegen
der Corona-Pandemie leben müssten.
Ende Februar hatteesden er sten Coro-
na-Fall in Dänemarkgegeben, rasant
stieg dieZahl der Infizierten, und Anfang
MärzbereitshatteFrederiksenhartdurch-
gegriffen. Sieverkündete die Schließung
vonBibliotheken, Schulen, Kindergärten
undUniversitäten. Mitarbeiterdesöffent-
lichen Dienstes, die in dieser Situation
nicht gebraucht wurden, sollten zu Hause
bleiben. Sie ordnete auchdie Schließung
der dänischen Grenzen an–langebevor
Deutschland oder die EU sichzusolchen
Entscheidungen durchringen konnten.
Die Kurveist nun relativ flachinDäne-
mark. Am Dienstagwurden 4978 Infizier-
te und 203Tote gemeldet; Dänemarkhat
5,8MillionenEinwohner.Ind en Kranken-
häusernwurden 472 Menschen mit einer
Corona-Infektion behandelt, dieZahl ist
damitam sechstenTagin Folgegesunken.
Fachleutebegrüßten die vorsichtige
Öffnung im Großen und Ganzen. Die dä-
nische Tageszeitung „Politiken“ sprach
am Dienstagmit Blic kauf die Entschei-
dung Frederiksens trotzdemvoneinem
„hochriskanten Balanceakt“. Die Minis-
terpräsidentinistsichdessendurchausbe-
wusst, sie hat in denvergangenenTagen
keinen Zweifel darangelassen.
In einem InterviewamSonntagabend
hattesie bereitsgesagt, siegehe da von
aus, dasssichvieles im normalen Leben
der Dänen ändernmüsse. „Wir werden
nicht wieder zu dem Dänemarkzurück-


kehren, wie esvordem 6. Märzgewesen
ist.“Dassman sic hkünftig zum Beispiel
sichnicht mehr in Zügen oder Bussen
drängenkönne, wie man esgewohnt sei,
oder auf einerPartyeng beieinanderste-
he mit anderen Menschen. In derÜber-
gangsphase müsse es außerdem neue Ar-
beitsmodellegeben.Manmüsseetwazeit-
lichgestaffelt arbeiten und sichzuunter-
schiedlichenZeiten treffen.
Am Montagabend äußerte Frederik-
sen, sieverstehe, dassesElter ngebe, die
voreiner Infektion Angsthaben könnten.
Deswegen sollten die Kinder so viel drau-
ßen sein wie möglich, in den Innenräu-
men solle es mehrAbstand geben und
mehr Hygiene.Undwer sic hnur im Ge-
ringstenkrankfühle,müsse zuHauseblei-
ben. Die ÖffnungvonKindergärten und
Schulen für die unteren Klasse bedeute,
sagteFrederiksen, dassmanche Eltern
wieder ungestört arbeitenkönnten. Das
sei wichtig.
Die Schülervonder sechstenKlasse an
sollen frühestens vom10. Mai an wieder
zur Schulegehen. Bis mindestens zu die-
sem Zeitpunkt bleiben auchdie Grenzen
geschlossen. GroßeVeranstaltungen sind
bis Augustverboten, auc hdas berühmte
Roskilde-Musikfestival mussteabgesagt
werden. Wann Restaurants oderFriseure
wieder öffnen dürfen, is toffen.
So is tder er stedänische Schritt nur ein
zaghafter, und dochscheint dasKönig-
reich seinenNach barnimKampf gegen
das Coronavirusvoraus zu sein. ImNor-
wegenimmerhin hat sichdie Ausbreitung
verlangsamt–ein Infizierterstecktnun
rechnerisc hweniger als eineweiter ePer-
son an, und der Gesundheitsministerver-
kündete,man habe die Epidemie unter
Kontrolle. Dortsollen am 21. April die
Kindergärten wieder öffnen. Finnl and
verschärftehingegen am Dienstagseine
Grenzkontrollen, und auchSchweden be-
reitet sichangesichtssteigender Infekti-
onszahlen auf schärfere Maßnahmenvor:
Am Dienstageinigten sichdie Parteien
auf ein Gesetz, das derRegierung in den
nächs tenMonaten mehrRechte geben
soll, umkurzfristig durchzugreifen im
Kampfgegen dasVirus.

Johnsonund sein Ste llvertreter


Lt.BERLIN. Friedric hMerz, der neben
Armin Laschet und Norbert Röttgen für
den CDU-Vorsitz kandidiert, hat sich
nachseiner überwundenen Corona-In-
fektionmit Lob an der Bundesregierung
zu Wortgemeldet.Merzsagtedem RTL-
Fernsehen,erfinde, „dass die Bundesre-
gierung in ihrerganzen BreiteihreAr-
beit gegenwärtig wirklich gut macht“.
Man könne „alsStaatsbürgerdieses Lan-
des tr otzder Krise gut schlafen“.Merz
sagte,vorder aktuellen Corona-Krise
habe es „ja eine sehr schwierigePhase“
fürdieRegierung und die CDUgegeben;
„es gabsehr schlechteWahlergebnisse“.
Doch„in der Krise mussdie Be völke-
rung hinterder Regierung stehen“. Das
gelteauchfür ihn selbst.Merzempfahl
wie die Spitzen derRegierungsparteien
nureineallmählicheAufhebung derEin-
schränkungenimöffentlichenLeben. Er
sagte, eswerdenochlange Schutzmaß-
nahmengeben, „und dannkann man
sichnur ganz langsam zurück wa genin
den Alltag“.

Zu seinerüberwundenen Krankheit
sagteMerz,er habe „eineleicht ebis mit-
telschwere Grippe“gehabt,mit Sympto-
men, wie er sie bislang nichtgekannt
habe.Der frühereUnionsfraktionsvorsit-
zendestelltesich auchhinter die wirt-
schaftlichenStützungsaktionen der Bun-
desregierung. Allerdings werdeesmittel-
fristigSteuersenkungengeben müssen,
um dieWirtschaf twieder inFahrtzu
bringen.
Die Wahl eines neuen CDU-Vorsit-
zenden hätte nachdem an gekündigten
Rücktritt der amtierendenVorsitzen-
den, Verteidigungsmini sterin Anne-
gret Kramp-Karrenbauer, am 25.
April, zweiWoche nnachOstern, statt-
finden sollen. DiesenTermin hattedie
CDU-Führung wegender Corona-Kri-
se abgesagt;ein neuerTermin istbis-
langnichtgenanntworden. Der spätes-
te Zeitpunkt für dieWahldes neuen
Parteiche fs istder Dezember,wenndie
Amtszeit desVorstandsturnus gemäß
ausläuft.

Behutsame Öffnung:Premierministerin MetteFrederiksen am Montag FotoEPA


Merzlobt Regierung


„Macht ihreArbeitgegenwärtigwirklichgut“


„Keine Rückkehr zum


Leben vordem 6. März“


Dänemarkwar har tinderAbschottunggegenCorona,


nun öffnetessich/Von MatthiasWyssuwa,Hamburg


SEITE 2·MITTWOCH, 8.APRIL 2020·NR.84 FPM Politik FRANKFURTER ALLGEMEINEZEITUNG

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