Süddeutsche Zeitung - 27.03.2020

(ff) #1
interview: javier cáceres

Berlin –Roberto Rodríguez Verdejo, ge-
nannt „Monchi“, war Torwart beim FC Se-
villa. Aber erst nach dem Ende seiner akti-
ven Fußballkarriere 1999 wurde er zu ei-
nem internationalen Star: in seiner Funkti-
on als Sportdirektor des andalusischen
Traditionsklubs. Er holte für relativ günsti-
ge Summen Spieler wie Dani Alves, Júlio
Baptista, Adriano, Carlos Bacca, Luis Fabia-
no, Christian Poulsen und verkaufte sie
gewinnbringend weiter. Zu diesen Profis
gehören auch Ivan Rakitic, den er beim FC
Schalke 04 loseiste, und Clément Lenglet,
beide spielen derzeit beim FC Barcelona.
Gepaart war Monchis clevere Einkaufspoli-
tik mit einem unvergleichlichen Erfolg des
FC Sevilla: Der Verein stieg vom Zweitligis-
ten zu einem Spitzenklub in Spanien auf.
Die Andalusier gewannen zwei Mal den
spanischen Pokal und fünf Mal die Europa
League. Monchi, 51, wurde vom AS Rom ab-
geworben, nach zwei Jahren kehrte er 2019
zurück zum FC Sevilla. Er ist ein jovialer,
sehr zugänglicher Mann. In dieser äußerst
schwierigen Lage aber bittet er darum, das
Interview mit derSüddeutschen Zeitung
ausnahmsweise schriftlich zu führen.


SZ: Aus Spanien kommen erschütternde
Nachrichten. Die Zahl der Corona-Toten
im Land liegt seit Mittwoch über der Zahl
Chinas. Wie steht es um die Fußballfami-
lie des FC Sevilla?
Monchi: Bislang sind alle gesund geblie-
ben. Aber die Situation ist außerordentlich
komplex. Es ist für niemanden einfach,
sich in den eigenen vier Wänden zu isolie-
ren, sich selbst wegzuschließen und, als
Fußballer, fern des Rasens zu leben.
Wie gehen Sie persönlich damit um?
Fast alle meine Angehörigen leben in San
Fernando(in der Nähe von Sevilla, Anm. d.
Redaktion). Sie in so einem Moment nicht
bei mir zu haben, ist schwierig. Ich versu-
che, allem etwas Positives abzugewinnen,
meine Familie zu genießen. Und gleichzei-
tig die Herausforderung anzugehen, um
mein Bestes für diesen Klub zu geben.
Auch wenn das natürlich schwer ist, wenn
man nicht außer Haus kann.
Wie arbeiten Sie?
Ich glaube, ich habe in meinem Leben nie
so viele Videoanrufe gemacht wie jetzt.
Aber es hilft ja nichts: So schwierig die Um-
stände auch sein mögen, wir müssen als
Klubexekutive weiter funktionieren.


Spaniens Liga ist bis auf Weiteres ge-
stoppt. In der aktuellen Tabelle steht der
FC Sevilla hinter dem FC Barcelona und
Real Madrid auf Platz 3. Auch wenn das
jetzt natürlich nachrangig ist: Wie hart
hat die Aussetzung des Spielbetriebs den
FC Sevilla sportlich getroffen?
Wir waren auf einem wirklich guten Weg.
Wir hatten einen negativen Lauf beendet,
haben in Getafe gesiegt, bei einem echt
schwierigen Gegner, dann gegen Osasuna
daheim gewonnen und beim Unentschie-
den bei Atlético Madrid ein gutes Bild abge-
geben. Ich glaube, dass wir Chancen auf
ein gutes Saisonfinale hatten. Die Unterbre-
chung hat uns getroffen, keine Frage. Aber
der Stopp ist die einzige Form, mit der Ge-
samtsituation verantwortlich umzugehen.
Wir erleben nicht nur einen unheilvollen,
sondern einen grausamen Moment. Ex-
trem hart. Hier können sich viele Men-
schen nicht von ihren Lieben verabschie-
den. Man schaut auf die Straße und sieht:
niemanden. Und doch ist die Reaktion der
Menschen großartig. Wir alle wissen: Die-
ses Spiel müssen wir gewinnen.
Gibt es in dieser beispiellosen Situation
beim FC Sevilla irgendeinen Bereich, der
auch nur annähernd die Arbeit so wie
vorher verrichten kann?


Es gibt ein paar Minimaldienste wie zum
Beispiel die Rasenpflege auf den Trainings-
feldern und im Stadion, die wir aufrechter-
halten. Aber wir hatten als Verein schon ab
dem 13. März, also vor der Verkündung des
Alarmzustands in Spanien, jegliche sportli-
chen Aktivitäten abgesagt, und die meis-
ten unserer Mitarbeiter ins Home-Office
geschickt. Das heißt nicht, dass wir ruhen.
Überhaupt nicht. Der Alltag ist genauso in-
tensiv wie vorher, er findet nur in einem
völlig anderen Kontext statt.

Wenige Klubs haben sich in den vergange-
nen Jahren so gut durch den Transfer-
markt bewegt wie der FC Sevilla. Gibt es
diesen Markt überhaupt noch?
Es gibt schon so etwas wie Stillstand, weil
in Bezug auf die kommenden Monate eine
große Ungewissheit herrscht. Als sportli-
che Leitung arbeiten wir weiter und versu-
chen, wie immer ein Profil dessen zu erstel-
len, was wir für die kommende Saison an-
streben.

Wie sieht das konkret aus?
Spieler, die für uns interessant sein könn-
ten, beginnen wir schon mit Saisonbeginn
zu scouten. Wir kontrollieren eigentlich al-
le Profiligen der Welt und geben ihnen ei-
ne bestimmte Wertigkeit. Ab März wissen
wir im Grunde schon sehr gut, wen oder
was wir für die jeweils folgende Saison wol-
len – und fangen an zu sieben. Was die zeit-
lichen Abläufe anbelangt, sind wir also bis-
her im Plan.
Eine Reihe von Dingen kann man ange-
sichts der Ungewissheiten heute noch
nicht vorhersehen. Aber man muss wohl
voraussetzen, dass Geld fehlen wird.
Wird man das eher an den Transfer-
summen oder an den Gehältern ablesen
können?
Ich persönlich würde mich nicht mal trau-
en, auch nur eine Intuition zu äußern. Man
muss mit Voraussagen vorsichtiger sein
denn je, denn alles, was vor uns liegt, liegt
nicht in den Händen der Welt des Fuß-
balls. Und die Ungewissheiten am Hori-
zont sind immens. Das gilt auch für die Fra-
ge, ob es den Spielern leichter fallen wird,
den Verein zu wechseln ...
Der Fußball spricht in Schönwetterperio-
den gern von Werten, darunter Solidari-
tät. Derlei hat es schon gegeben: von
Klubs, von Spielern, von Fans. Wie sieht
das hinter den Kulissen aus, werden da
die Ellbogen ausgefahren?

Ganz aufrichtig: Mein Eindruck ist, dass
das Gegenteil der Fall ist. Die Zeiten feindli-
cher Rivalität sind vorbei. Natürlich ist das
Konkurrenzdenken nicht weg. Aber es gibt
unter den Klubs Diplomatie, gesunden
Menschenverstand und ein Gefühl der Zu-
gehörigkeit zu einer übergeordneten Ein-
heit – zum Ligaverband LFP. Dort ist in
den vergangenen Jahren schon gute Arbeit
geleistet worden, um den Fußball in vielfa-
cher Hinsicht zu einen. Das Motto, das gilt,
lautet: Was gut ist für einen Klub, sollte ei-
nem anderen nicht schaden.
Aber es gibt unterschiedliche Interessen,
unterschiedlich große Klubs, die sich von
den mittleren und kleinen Klubs abge-
setzt hatten. Wie groß ist die Gefahr, dass
sich diese Tendenz noch verstärkt?
Auch das wage ich nicht abschließend zu
beantworten. Meine Überzeugung ist: Die
Konsequenzen dieser Krise, egal wie sie
am Ende aussehen, werden alle gleich tref-
fen, unabhängig von der Größe der Klubs.
Ist nicht abzusehen, dass die großen
Klubs zu billigeren Preisen einkaufen
können?
Gegenfrage: Werden nicht auch die gro-
ßen Klubs ihre eigenen Probleme haben?
Ausnahmslos alle Klubs werden Schläge
einstecken müssen, das ist offenkundig.
Entscheidend ist für jeden Klub, einen
adäquaten Notfallplan zu entwickeln. Sich
so gut wie möglich auf verschiedene Szena-

rien vorzubereiten. Das wird die Kunst
sein: eine Vereinspolitik zu entwickeln
und Antworten auf viele hypothetische
Ausnahmesituationen zu finden.
Als der Brasilianer Neymar Jr. im Som-
mer 2017 von Barcelona nach Paris wech-
selte, floss eine Ablösesumme von 222 Mil-
lionen Euro. PSG-Stürmer Kylian Mbappé
war drauf und dran, den Rekord zu bre-
chen. Wird es solche Transfers in naher
Zukunft geben? Oder wird es lange dau-
ern, bis dieses Marktsegment sich erholt?
Der Markt ist unvorhersehbar. Vor zehn
Jahren galt eine Summe von 222 Millionen
Euro als ein Wahnsinn, und doch kam es
dazu. Ich halte den Fußball für eine Indus-
trie sicherer Werte, denn es steht außer
Frage, dass der Fußball ein soziales Phäno-
men ist. Hunderte Millionen Menschen lie-
ben und konsumieren Fußball. Wenn wie-
der Normalität in unser Leben eingekehrt
ist, wird es auch in unserer Branche Norma-
lität geben. Wir müssen damit rechnen,
dass anfangs gelitten wird. Aber ich glaube
nicht, dass wir apokalyptisch sein müssen.

Wird das eher schnell passieren? Oder
kommt nun eine Zeit sinkender Trans-
fers, Gehälter, Beraterprovisionen?
Das wird vom Szenario anhängen, das sich
uns kurzfristig bietet. Entscheidend ist, ob
die Meisterschaften zu Ende gespielt wer-
den oder nicht.
Welche Relevanz werden die festgeschrie-
benen Ablöseklauseln haben? Gemeint
sind nicht die Fantasiesummen, die in den
Verträgen von Spielern wie Messi stehen.
Sondern beispielsweise von Spielern wie
Dayot Upamecano von RB Leipzig: Vor ein
paar Wochen galt ein Preis von 60 Millio-
nen als realistisch...
Die Klauseln existieren jetzt und werden
auch in drei Monaten noch Bestand haben.
Und dann wird es sich zeigen, welcher
Klub eine größere oder kleinere Notwen-
digkeit hat zu verkaufen. Den Rest regelt
der Markt: Die Klubs, die stärker auf Ein-
nahmen angewiesen sind, werden Ver-
handlungen erleichtern.

Der Markt wurde von den englischen
Klubs dominiert. Sie hatten gerade wegen
der Fernsehgelder enorme Mittel zur Ver-
fügung. Wird diese Vormacht anhalten?
Die TV-Gelder sind nicht nur für die Premi-
er League, sondern auch für uns in Spani-
en, für die Bundesliga, die Serie A wichtig.
Auch hier gilt: Wir werden alle getroffen
werden. Und auch hier sind Prognosen
schwierig. Es wird(wegen der noch ausste-
henden TV-Geldzahlungen, Anm. d. Red.)ei-
nen Riesenunterschied machen, ob die Sai-
son zu Ende gespielt werden kann oder
nicht. Bei aller Vorsicht, die wir walten las-
sen müssen: Durch die Verschiebung der
Europameisterschaft ist Zeit gewonnen.
Dass die nationalen Meisterschaften zu En-
de gespielt werden, ist eine reale Möglich-
keit. Das muss unsere Arbeitshypothese
sein. Ohne natürlich aus den Augen zu
verlieren, dass die Dinge nicht von uns ab-
hängen, sondern davon, wie sich diese Pan-
demie entwickelt.
Was sind die Werte der Profiklubs, die am
Ende der Krise wirklich wichtig sein wer-
den?
Ich weiß nicht, wie es in anderen Klubs aus-
sieht. Aber unser wichtigstes Vermögen
sind unsere Fans. Und für die gibt es keine
Ablöseklausel.

„Man muss mit Voraussagen
vorsichtigsein. Denn alles,
was vor uns liegt, liegt nicht
in den Händen des Fußballs.“

In schweren Zeiten besinnt man sich
auchauf Dinge, die schon einmal über
schwere Zeiten hinweggeholfen haben.
Das ist wie ein Reflex. In Italien reden sie
nun davon, eine alte Liebe zu entstauben,
die für ein halbes Jahrhundert so sehr
zum Alltag gehörte, dass sie sich wie ein
Ritual durch das Leben zog: der Totocal-
cio, das alte Tippspiel auf Zetteln mit
13 Partien. Man spielte es in der Bar und
im „tabaccaio“, in den Läden mit einer
Lottoannahmestelle, meistens hinten in
einer Ecke. Die Kugelschreiber hingen an
Schnüren, damit sie niemand klaute.
1für den Heimsieg, X für ein Unentschie-
den, 2 für den Auswärtssieg.
Natürlich ist das ein Relikt aus analo-
gen Zeiten. Doch wenn man die Gedan-
kenspiele der Lega Calcio und des italieni-
schen Fußballverbandes richtig deutet,
dann sehen sie jetzt in einer Wiederbele-
bung des Totocalcio eine Chance, dem
nationalen Fußball dereinst nach der
Viruskrise finanziell wieder auf die Beine
zu helfen. Man zählt wohl auf die Sugges-
tivkraft des Namens, auf die nostalgische
Note, die mitschwingt. Und auf das einen-
de Gefühl, das darin atmet.
„Totocalcio 2.0“, wie es probehalber ge-
nannt wird, müsste wahrscheinlich in ei-
ne digitale Form übersetzt werden. Wie
genau, darüber diskutieren sie gerade.
Und natürlich ist es alles andere als si-
cher, dass es dann gegen die modernen
Sportwetten besteht, die den Totocalcio
verdrängt haben: Heute wettet man ja

auf Spiele aus aller Welt, gerade in Itali-
en. Und man wettet auf viele Tore, also
auf „over“, oder auf wenige Tore, „un-
der“, auf gar keine Tore, auf ein einziges
Tor, sogar auf die Anzahl gelber Karten
pro Mannschaft, und auf den genauen
Zeitpunkt der ersten Ecke kann man
auch wetten.
Die Italiener sind verrückt danach. Et-
wa neun Milliarden Euro haben sie zu-
letzt insgesamt im Jahr für Sportwetten
ausgegeben, fast drei Viertel davon entfal-
len auf den Fußball. Sie wetten auch auf
zweite Ligen: die französische Ligue 2,
die zweite Bundesliga, die englische
Championship. Man hört jetzt Bekannte
auch mal von „Darmstadt novantotto“ re-
den, Darmstadt 98 also, von Charlton
Athletic oder Luton Town. Etwas provinzi-
ell, aber das ist egal.

Und jetzt also wieder zurück? Erfun-
den wurde der Totocalcio 1946 von einem
Journalisten derGazzetta dello Sport,
Massimo Della Pergola. Mit zwei Freun-
den gründete er die Firma Sisal, Sport Ita-
lia Società a Responsabilità Limitata, die
es bis heute gibt. Nach zwei Jahren über-
nahm das nationale Olympische Komi-
tee, das Coni, und nannte das Spiel der
Freunde Totocalcio. Es sollte eine große
Einnahmequelle werden. Mit einem Teil
des Geldes wurden die Sportstätten wie-

der aufgebaut, die im Zweiten Weltkrieg
verwüstet oder zerstört worden waren,
die Hallen, die Stadien, die Plätze, die
Leichtathletikbahnen.
Und es floss bald viel Geld. Alle spiel-
ten, alle sozialen Schichten, im Süden wie
im Norden, auch Intellektuelle und Politi-
ker. Der große Dichter und Regisseur Pier-
paolo Pasolini tippte einmal zwölf Spiele
richtig, dummerweise waren in jener
Woche viele gut. „Ich hab nur 4000 Lire
gewonnen“, schrieb er seiner Mutter, das
war tatsächlich nicht viel. „So viel zu unse-
rem Glück.“
Auf der „schedina“, dem Zettel mit den
Tippspielen, standen lange nur Paarun-
gen aus der Serie A und der Serie B. War
mal die Nationalmannschaft, die Squa-
dra Azzurra, im Einsatz, fehlten genü-
gend Top-Spiele, dann schaffte es sogar
die Serie C auf den Zettel. Da in Italien die
Spiele lange alle am Sonntagnachmittag
zur selben Zeit stattfanden, gab es am
Abend immer die Durchsage am Radio:
„Uno, uno, x, due, uno, x.“ Das gehörte
zum Sound des italienischen Sonntags.
„Fare tredici“, wörtlich: 13 machen,
wurde zum Synonym für Glück. Es über-
lebte den Wandel der Zeit.
„Fare tredici“ sagt man heute auch,
wenn man Glück in der Liebe hat, Glück
mit einem Job, Glück an der Börse. Glück
eben. Und so klingt die Wiederbelebung
des Totocalcio in diesen trüben Zeiten in
den Ohren nicht weniger Italiener wie ein
Versprechen. oliver meiler

Dortmund– Die Großen gehen voran. In
der Corona-Krise erweisen sich die Cham-
pions-League-Teilnehmer aus München,
Dortmund, Leipzig und Leverkusen als Hel-
fer in der Not. Um die finanziellen Folgen
der Zwangspause abzumildern, stellt das
Quartett rund 20 Millionen Euro für weni-
ger wohlhabende Klubs zur Verfügung. „In
diesen schwierigen Zeiten ist es wichtig,
dass die stärkeren Schultern die schwäche-
ren Schultern stützen“, kommentierte Karl-
Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzen-
der des FC Bayern, die Aktion.
Die vier Klubs werden deshalb auf ihren
Anteil an noch nicht verteilten nationalen
Medienerlösen der Deutschen Fußball Li-
ga (DFL) in der kommenden Saison verzich-
ten. Dieser Betrag in Höhe von rund
12,5 Millionen Euro wird um 7,5 Millionen
Euro aus Eigenmitteln aufgestockt. Wie


das Geld verteilt wird, entscheidet das DFL-
Präsidium. Dessen Sprecher Christian Sei-
fert sagte: „Diese Aktion unterstreicht,
dass Solidarität in der Bundesliga und zwei-
ten Liga kein Lippenbekenntnis ist.“
Die Diskussion über das anhaltende
Konkurrenzdenken der Klubs sollte sich
damit versachlichen. So war BVB-Ge-
schäftsführer Hans-Joachim Watzke nach
einem ARD-Auftritt wegen der Aussage kri-
tisiert worden, dass „nicht die Klubs, die
ein bisschen Polster angesetzt haben in
den vergangenen Jahren“, diejenigen
Klubs belohnen könnten, „die das wieder-
um nicht gemacht haben“. Watzke relati-
vierte: „Wir haben immer gesagt, dass wir
uns solidarisch zeigen werden, wenn
Klubs unverschuldet durch diese absolute
Ausnahmesituation in eine Schieflage gera-
ten, die sie alleine nicht mehr beherrschen
können.“ Deshalb sei der BVB „natürlich be-
reit, im Profifußball zu helfen“.
Rudi Völler bezeichnete die Aktion als
Herzensangelegenheit. „Für mich als ein
Kind der Bundesliga ist es unvorstellbar,
dass unser Fußball jetzt in ernsthafte exis-
tenzielle Schwierigkeiten gerät“, sagte Le-
verkusens Geschäftsführer: „Ich habe mei-
ne Spielerkarriere in der zweiten Liga be-
gonnen, hatte auch dort eine tolle Zeit, ich
kenne und schätze beide Ligen – sie sind
ein kostbares Gut, das wir gemeinsam
schützen müssen. Bei aller Rivalität zwi-
schen den Vereinen ist es jetzt wichtig,
dass wir uns gegenseitig helfen.“ Ähnlich
äußerte sich Leipzigs Geschäftsführer Oli-
ver Mintzlaff: „Die Bundesliga ist ein groß-
artiger Wettbewerb und besteht aus einer
Vielfalt von 36 Vereinen, die in der Krise an
einem Strang ziehen müssen.“ dpa

„Alle Klubs werden
Schläge einstecken müssen.
Entscheidend ist, einen
Notfallplan zu entwickeln.“

Brasiliens Fußball-Legende Pele trauert
um seinenBruder Zoca. Jair Arantes do
Nascimento erlag am Mittwochabend
im Alter von 77 Jahren in einem Kran-
kenhaus in Santos einem Krebsleiden.
Zoca bestritt Anfang der Sechzigerjahre
einige Spiele für den FC Santos, küm-
merte sich dann aber nur noch um die
Geschäfte seines zwei Jahre älteren
Bruders. Wegen der Pandemie hält sich
Pele abgeschottet in seiner Villa Guaru-
ja unweit von Santos auf und verzichte-
te auf die Teilnahme an der Beerdigung,
zu der wegen strenger Auflagen der
Gesundheitsbehörden nur wenige Per-
sonen zugelassen waren. sid

Eine alte Liebe wird entstaubt


Die Italiener hoffen, den Fußball mithilfe des Tippspiels „Totocalcio“ finanzieren zu können


Starke Schultern


Vier Bundesliga-Großklubs verzichten auf Fernsehgelder


„Die Zeiten feindlicher Rivalität sind vorbei“


Roberto Rodríguez Verdejo, genannt „Monchi“, ist ein exzellenter Kenner des internationalen Fußball-Transfermarkts.
In der Not sieht er Solidarität bei den Klubs – die Wucht der Krise, so glaubt er, wird große und kleine Vereine gleichermaßen treffen

Das Coronavirus bringt die deutschen
Eishockeytalente Tim Stützle, John-Ja-
son Peterka und Lukas Reichel wohl um
einen Höhepunkt ihrer Karriere. Der
NHL-Draft, bei dem die drei Youngsters
in der ersten Runde gezogen werden
könnten, ist von der nordamerikani-
schen Profiliga NHL auf unbestimmte
Zeit verschoben worden. Offen ist, in
welchem Format die jährliche Talente-
ziehung vollzogen wird, wahrscheinlich
ist eine Videokonferenz.sid

Bob Hanning sieht in der Verschiebung
der Olympischen Spiele und der mo-
mentan ausgesetzten Qualifikationstur-
niere keinen Nachteil für die National-
mannschaft. „Rein inhaltlich ist es so-
gar ein Vorteil“, sagte der Vizepräsident
des Deutschen Handballbundes (DHB)
imNDR-Hörfunk. Derzeit seien viele
Stammspieler der Auswahl des neuen
Bundestrainers Alfred Gislason verletzt.
Sie könnten nun die Zeit zur Genesung
nutzen. Mit Paul Drux (FOTO: ROSE/GETTY)
und Fabian Wiede gehören auch zwei
Spieler der Füchse Berlin, bei denen der
52-jährige Hanning als Geschäftsführer
tätig ist, zu den Wackelkandidaten.

Hanning geht davon aus, dass das ur-
sprünglich für den April in Berlin vorge-
sehene Qualifikationsturnier später mit
unveränderter Besetzung gespielt wird.
Deutschland würde mit Schweden,
Slowenien und Algerien um zwei Start-
plätze für die Spiele in Tokio kämpfen.
Die Verschiebung der Olympischen
Spiele stand für Hanning außer Frage:
„Alles andere wäre nach außen nicht
darstellbar gewesen.“ Anders als für
Einzelsportler, die sich genau auf einen
zeitlichen Punkt vorbereiten würden,
sei eine Verschiebung für Mannschafts-
sportler „nicht so dramatisch“. dpa

Eine Entscheidung über die Verschie-
bung des Tennis-Grand-Slam-Turniers
in Wimbledon soll in der kommenden
Woche fallen. Spiele unter Ausschluss
der Publikums werde es bei dem Rasen-
Turnier aber nicht geben. Die Vorberei-
tungen auf das am 29. Juni beginnende
Turnier starten normalerweise Ende
April. Eine Verschiebung wäre „nicht
ohne signifikante Risiken und Schwie-
rigkeiten“ wegen des Bodenbelags. Seit
dem Zweiten Weltkrieg fand das Grand-
Slam-Turnier immer statt.dpa

Frankreich trauert um den früheren
Fußball-Nationaltrainer Michel Hidal-
go. Wie der französische Verband am
Donnerstag mitteilte, ist der Europa-
meister-Coach von 1984 nach langer
Krankheit im Alter von 87 Jahren ver-
storben. Seine beste Zeit hatte Hidalgo
in seinen acht Jahren als Trainer von
Les Bleus ab 1976. Mit der Auswahl um
Michel Platini holte er bei der Heim-EM
1984 den Titel und somit den ersten
großen Triumph für Frankreich. „Seine
Vision und sein Werk finden noch heute
bei jedem Spiel unserer Nationalmann-
schaft Widerhall“, schrieb Platini. Zwei
Jahre zuvor war er mit der Equipe Trico-
le im WM-Halbfinale gegen Deutsch-
land im Elfmeterschießen ausgeschie-
den. In seiner aktiven Laufbahn spielte
Hidalgo bei AC Le Havre, Stade Reims
und AS Monaco.sid

Dem früheren Nationalspieler Arne
Friedrich, 40, steht beim Fußball-Bun-
desligisten Hertha BSC offenbar eine
Beförderung bevor. Der unter Ex-Trai-
ner Jürgen Klinsmann installierte „Per-
formance Manager“ soll zum Sportdi-
rektor aufsteigen, berichtetBild. „Wir
sind sehr zufrieden mit seiner Arbeit,
würden gerne mit Arne weitermachen
und ihn auf eine andere Position he-
ben“, sagte Sport-Geschäftsführer Mi-
chael Preetz: „Er ist ja bei uns schon
jeden Tag auf dem Trainingsplatz, soll
als Bindeglied zwischen Mannschaftska-
bine und Klub-Führung fungieren.“
Friedrich war mit Klinsmann, dessen
Engagement nach 76 Tagen ein Ende
fand, nach Berlin gekommen. sid

„Uno, uno, x, due, uno, x.“ Das
gehörte zum Sound des Sonntags

28 HMG (^) SPORT Freitag,27. März 2020, Nr. 73 DEFGH
Eine Herzensangelegenheit – so nennt Ru-
di Völler die Aktion. FOTO: VENNENBERND/DPA
„Dieses Spiel müssen wir gewinnen“, sagt Roberto Rodríguez Verdejo – und meint die Pandemie. FOTO: RAMÓN NAVARRO / IMAGO
Eishockey-Talente warten
KURZ GEMELDET
Handballer sehen Vorteil
Wimbledon zögert noch
Michel Hidalgo verstorben
Friedrich soll aufsteigen
Pele trauert um Bruder Zoca

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