Kunstmarkt
WOCHENENDE 27./28./29. MÄRZ 2020, NR. 62
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Javits Center:
Liegt bei den
Hudson Yards,
der High Line
und den Chel-
Armory Show sea-Galerien.
Messe
Die Armory Show zieht um
New York Nach fast zwanzig
Jahren auf zwei maroden Lan-
dungsbrücken im Fluss Hud-
son will die New Yorker Messe
„Armory Show“ endlich um-
ziehen. Und zwar einige Stra-
ßenblocks weiter südlich, in
das 1986 eröffnete, von der
Architekturfirma I.M. Pei &
Partners gestaltete lichtdurch-
flutete Kongresszentrum Ja-
vits Center. Im Frühjahr 2021
will dieser riesige Komplex ei-
ne umfassende Erweiterung
und Modernisierung für über
1,5 Milliarden Dollar abge-
schlossen haben.
Das Javits Center ist gut an
das Subway-Netz angebun-
den, liegt ganz in der Nähe
des brandneuen Hochhaus-
viertels Hudson Yards mit sei-
nen Spitzenrestaurants, der
High Line und dem Galerien-
viertel Chelsea. Gleichzeitig
verlegt die Messe ihren Ter-
min auf den 9. bis 12. Septem-
ber. „September ist eine groß-
artige Jahreszeit in New York,
wir wollen uns mit den
Herbst-Vernissagen der Gale-
rien abstimmen“, sagt Direk-
torin Nicole Berry. Einige
wichtige kleinere Messen, wie
die „Art Show“ der Händler-
vereinigung ADAA und auch
die hippe Independent „Art
Fair“, die bisher Teil der Ar-
mory Arts Week waren, pla-
nen dagegen, 2021 am März-
Termin festzuhalten. B. Kut-
scher
Internetplattformen
Raues Fahrwasser
F
ast ganz ohne Corona sind
zwei Internetunternehmen
der Kunstbranche aus dem
Tritt geraten. Am 16. März wurde der
Handel von Artmarket Com, dem Be-
treiber der Kunstpreisdatenbank Art-
price, auf eigenen Antrag hin vom
Handel an der französischen Börse
Euronext ausgesetzt. In einer Pflicht-
mitteilung erklärt das Unternehmen
den ungewöhnlichen Schritt mit der
Unmöglichkeit, den Jahresabschluss
2019 fristgerecht fertigzustellen.
Grund hierfür seien Differenzen mit
dem chinesischen Partner Artron.
Währenddessen hat die Auktions-
plattform Paddle8 in den USA Insol-
venz angemeldet. Medienberichten
zufolge war dem Schritt die Klage ei-
ner gemeinnützigen Organisation
wegen nicht ausgezahlter Erlöse aus
einer Wohltätigkeitsauktion voraus-
gegangen. Der jetzt erfolgte Insol-
venzantrag nach Chapter 11 schützt
den Antragsteller zunächst vor dem
Zugriff von Gläubigern.
Paddle8 hat ein wechselvolles
Schicksal hinter sich. 2011 gegründet
und in mehreren Finanzierungsrun-
den mit 45 Millionen US-Dollar Risi-
kokapital ausgestattet, wollten die
New Yorker den Kunsthandel im In-
ternet revolutionieren. Doch die
Rechnung ging nicht auf. Im Mai 2016
wurde das Unternehmen von der
deutschen Auctionata AG übernom-
men, die im Januar 2017 ihrerseits
spektakulär pleiteging. Der russische
Investor Sergey Skaterschikov über-
nahm mit seiner in der Schweiz be-
heimateten börsennotierten AG The
Native die Auktionsplattform, wollte
ihr mit der Blockchain-Währung Bit-
coin neuen Schub verleihen. In einer
Veröffentlichung zu den Halbjahres-
zahlen 2019 gibt The Native wieder-
um an, im Zuge einer Umstrukturie-
rung selbst nicht mehr operativ tätig
zu sein. Skaterschikov berichtet auf
Nachfrage des Handelsblatts, all seine
E-Commerce-Aktivitäten im August
2019 an den Technologiekonzern
Face bank Group aus Florida verkauft
zu haben. Er selbst ist über die 2018
gegründete Basler IndexAtlas AG
mittlerweile mit mindestens 3,8 Pro-
zent an der MCH Group beteiligt, der
Muttergesellschaft der Art Basel, die
gerade auf Mitte September (17.-20.9.)
verschoben wurde. Stefan Kobel
Auktionskalender
Ohne London
Das Virus bringt auch Orte
und Daten von Auktionen
durcheinander. Aber: Die
Branche bleibt durch
Onlinegebote in Schwung.
Stephanie Dieckvoss London
D
ie Auktionshäuser gehen ge-
trennte Wege, was die Verle-
gung ihrer Auktionstermine
infolge der Coronakrise betrifft. Bon-
hams gab als erstes Haus bekannt,
dass alle Büros geschlossen und Ent-
scheidungen über Auktionen erst En-
de April bekanntgegeben werden.
Im Gegensatz dazu erläuterte
Christie‘s die aktuellen Pläne, denen
eine weitreichende Strategie zugrun-
de liegt, ausführlich. Alle Auktionen
der Kunst des 20. Jahrhunderts wer-
den in New York stattfinden. Der
Standort London wird abermals klar
zurückgestuft.
Schon vor einigen Jahren fielen die
Londoner Juni-Auktionen temporär
aus. Der Brexit schafft mit fortgesetz-
ten Ungewissheiten ein weiteres Ar-
gument für New York. Deshalb soll es
vom 23. bis 28. Juni eine zusammen-
gelegte Auktion mit Einlieferungen
für London und für New York nur in
New York geben. Im Hinblick auf die
Pandemie mag man das Datum aller-
dings mit einem Fragezeichen verse-
hen.
Sotheby‘s wiederum geht schritt-
weise vor. Jede Auktion wird einzeln
betrachtet und einen Monat vor der
geplanten Auktion dann bekanntge-
geben, was wann und wo stattfindet.
Informationen über die Auktionen
für das 20. Jahrhundert in New York
im Mai und im Juni kann man also
frühestens Ende April erwarten. Al-
lerdings bietet das Haus im April On-
line-Auktionen in den Sammelgebie-
ten Design, Photographie, Editionen
und „Contemporary Curated“ an.
Wettbewerber Phillips gibt sich op-
timistisch, was globale Standorte be-
trifft und will Auktionen in Hongkong
weiterhin Anfang Juni durchführen,
verlegt allerdings die New Yorker
Auktionen ebenfalls auf Ende Juni.
Was erstaunlich ist: Alle Häuser be-
tonen den Schwung, den die Corona-
krise auf das Käuferverhalten hat. Ak-
tuell können Onlinegebote die weg-
gebrochenen Gebote aus den
Saalauktionen tatsächlich kompen-
sieren. Das hat dazu geführt, dass die
Ergebnisse der letzten Wochen nicht
unter den Erwartungen der Verstei-
gerungshäuser geblieben sind.
Dirk Boll, Präsident bei Christie‘s,
sieht im jetzigen Verhalten einen um-
fassenden Innovationsschub in den
digitalen Markt. Das könnte dem
Kunstmarkt, der sich noch immer
schwertut mit der Digitalisierung,
auch in Zukunft guttun. Allerdings
darf man nicht vergessen, dass bei
den jüngsten Ergebnissen alle Objek-
te bereits vor der Krise katalogisiert,
fotografiert und geschätzt worden
waren. Wenn Tausende von Mitarbei-
tern von zu Hause arbeiten – Chris-
tie‘s allein hat um die 2 000 Ange-
stellte –, dann droht der Maschinerie
bald Verzögerung, schlimmstenfalls
Stillstand.
Philip Guston „Raoul‘s Tools“: Das
Bild von 1973 versteigert Christie‘s
in der Tagesauktion in New York.
Christie‘s Ltd. 2020
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