Lebenszwischenbilanz aus derTiefedes Tonstudios: Gordon Lightfoot FotoRhono Records /Warner Music
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In stillem
Gedenken
„Lebenswege“, das Trauerportal derF.A.Z., bietet
Hinterbliebenen Raum, ihrem Schmerz angemessen
Ausdruck zuverleihen. Hier finden sichTraueranzeigen
über denTagihrerVeröffentlichung hinaus mit der
Möglichkeit, eineKondolenzbotschaft zu hinterlassen.
Mehr erfahren Sie unter lebenswege.faz.net
G
anz leise zählt er an, dann ein
präzises, aberostentativ beiläu-
figesFingerpicking, dann die
Stimme, in der der berühmte
volle Bariton früherer Jahrenochnach-
klingt, auchwenn er nun dünnergewor-
den ist, die Höhen aber immer nocher-
reicht –so, mi tdeminallerRuhe do ch pa-
ckend intensiven Lied „Oh So Sweet“ be-
ginnt „Solo“ (Early Morning Productions/
Warner), das neuesteStudioalbum von
Gordon Lightfootund das ersteseit sech-
zehn Jahren, seit „Harmony“von2004.
Die Aufnahmensind sogar nochälter
alsdieVorgängerplatte.Geschriebenwur-
den die Lieder an derWende zum neuen
Jahrtausend, sagt LightfootimTelefonge-
spräc haus dem heimischenToronto–er
haltesichandie Empfehlungen derkana-
dischenRegierung,wegenCoronazuHau-
se zu bleiben, sagt der Sänger,der im No-
vember 81 Jahrealt geworden is t. Seine
nächs tenKonzerte seien ohnehin abge-
sagtworden,nurdieSchließungder Gren-
ze zwischen denVereinigtenStaaten und
Kanada sei beunruhigend, das habe es zu
seinen Lebzeiten nochnicht gegeben.
Lightfoot, der seine erstenPlatten be-
reits alsTeenager aufgenommen hat und
aus dem ländlichen Kanada auf allengro-
ßen Bühnen aufgetretenist,zähltevor al-
lem in den siebzigerJahren zu denwelt-
weit er folgreichenKünstlern. 1975 sang
er mit Bob Dylan auf dessen „Rolling
ThunderTour“ und empfing danacheine
Entouragevon siebzig Mitwirkenden in
seinemHaus in Toronto(„sie brauchten
nicht erst eingeladen zuwerden“, erin-
nertsichLightfoot). Damals entstanden
sehr vielegroßartigeLieder,von dem an
die dreihundertmalgecoverten „IfYou
CouldRead My Mind“ über „Sundown“,
„Carefree Highway“oder „Shadows“bis
hin zu„A Painter Passing Through“, Lie-
der,die seinekanadische Heimat ebenso
besangenwie universale Emotionen, und
seine Produktionen schöpftendamals oft
genug aus demVollen, wenn etwa gerade
die langsamen Lieder–durchaus zeitty-
pisch–gern mit schmelzenden Geigen-
klängen unterlegt wurden oder manche
Aufnahmenseit denAchtzigernmit wa-
bernden Synthesizern.
In dieser Hinsicht sind die Lieder auf
„Solo“nun ganz einzigartig in Lightfoots
Katalog. Dasverdanken sie ihrer Entste-
hung und ihremvorläufigen Schicksal,
aber aucheiner aktuellen Entscheidung
des Künstlers.Ursprünglichhandelt es
sichbei den zehnAufnahmen um Demos,
die Lightfootzusammen mit ein paar an-
deren Liedernangefertigt hatte, um eine
neuePlattevorzubereiten.„Wir warenge-
rade dabei, sie aufzunehmen, wir hatten
das Arbeitsmaterial vorbereitet,aber
dann hatteich ein gesundheitlichesPro-
blem, das michfür zweieinhalb Jahreaus
dem Spiel nahm“, sagt Lightfoot.Tatsäch-
lichist er damals nur knapp demTodent-
kommen, lagwochenlang imKoma und
brauchte einen langen Anlauf, bis er wie-
der in der Lagewar,zusingen und Gitarre
zu spielen,vonAuftrittenganz zu schwei-
gen. In derRekonvaleszenzstellteerd as
Album„Harmony“zusammen, dieDemos
aber,die später zu „Solo“werden sollten,
gerieten inVergessenheit–erhabe die
CDs, auf die sievonden ursprünglichen
Bändernkopiertworden waren,un terBer-
genvon unbrauchbarem Materialgefun-
den, sagt Lightfootheute: „Wir überleg-
ten, ob wir das orchestrieren sollten, ich
fügteeine Rhythmusspur dazu, aber esge-
fielmir nicht.Unddann,nachsechsmona-
tiger Beschäftigung damit, bat ichdarum,
es so zuveröffentlichen, wie es ist.“
Wasfür eineweise Entscheidung das
ist, lässt sichinjedem einzelnenTrack
der Plattenachhören. Es sind intime Mo-
mente, einzig LightfootsStimme und die
Gitar re (und den Eindruckdes Handge-
machten unterstreicht nochder Hinweis
im Booklet, wie die Gitarre jeweils zu
stimmen undwo das derKapodasterzu
plazieren sei), nur manchmal pfeiftder
Künstlerdazusoh übsch,dassman dasge-
genkein vielleicht später an dieserStelle
vorgesehenesGitarren-oderKeyboardso-
lo ei ntauschen möchte.
Man kann einigeder insgesamt eher
kontemplativen Lieder durchaus als Le-
benszwischenbilanzverstehen, die nun
zwanzig Jahrespäter ans Lichtkommt,
mit Zeilen wie „It ain’teasy to livewith
no tearsofregret“ in „Oh So Sweet“ oder
als poetisches Wägen einer Beziehung
(„Better Off“) oder auchals er staunte
Selbstbetrachtung „I’mstill adrifter just
likeIalwayswas“,zuderdiesparsameBe-
gleitunggeradezu die Leerräume zwi-
schen denZeilen eröffnet, in die der Sän-
gerzuwehen droht („Dreamdrift“).Und
auch„ReturnIntoDust“,einesderschöns-
tenLieder dieses Albums,gehörtzudie-
sen Bilanzstücken. Eskonstatiert„Like
the rose, We will returnintodust“, nur
dassdieses Schicksal nicht nur uns, son-
dernauchunseren Ängsten droht, wie
Lightfootsingt,unddasssichimWort„re-
turn“ nicht zuletzt die Hoffnung auf ei-
nen Zyklus verbirgt,vomStaub zurRose.
Die Liedervon„Solo“ sollen nicht in
das aktuelleTourprogramm aufgenom-
men werden, sagt Lightfoot, schließlich
habe er mit seiner Band bereits einferti-
gesBühnensetund einen Sound, der das
trage.Vielleichttäte das dem Material
auchgar nicht gut,etwa dem insistieren-
den Mantra von„JustaLittle Bit“. Dort
fragtLightfooteinmal :„Doyoueverget ti-
redofmesinging this song?“Noch lange
nicht. TILMAN SPRECKELSEN
Sie studieren an der ENA, der nationa-
len Hochschule für Verwaltung in
Straßburg, und befinden sich gerade
mittenimSemester. Wie traf Sie die Co-
rona-Krise?
Valerie Köbele-Ennaji:Überra-
schend. Ichstudiereein verkürztes
ENA-Prog ramm fürAusländer.Wir ha-
ben letzten September begonnen, hat-
tendann einen Einführungsmonat und
warenanschließend drei Monateim
Praktikum.Am13. Märzwurde uns
vomLeiter derUnterrichtsabteilung in
einem Hörsaal mitgeteilt, dassdie
HochschulevonSamstagmittag ange-
schlossen wirdund wirvondaanUnter-
richtvon zu Hause aus habenwerden.
Wirdurften dann aus der hauseigenen
Bibliothek nochBücher in unbegrenz-
terZahl ausleihen.AmWochenende
wurde nwirumfassenddavonunterrich-
tet, wie esweiter gehen wird.Ich habe
michdann entschieden, nachBerlin zu
meinemMann zu reisen.
Wieschnell konnte dasPräsenzstudi-
um in Straßburgauf einOnline-Studi-
um umgestellt werden?
Ichfinde, überraschend schnell.Wie
versprochen bekamen wir amfolgen-
den Montag die ersten Links, die zu di-
gitalen Lehrveranstaltungen führten.
Mein erster Kurs fand am Montagnach-
mittag wiegeplant statt.
Wiesiehtdas Online-Studium nun aus
bei Ihnen? Denmeisten deutschen Stu-
denten stehtesjanochbevor.
Alle unsereVerans taltungenwerden
übereinProgrammnamensClassilio or-
ganisiert, das man über eineViage-
nannte App bedient.ImerstenOnline-
Kurshörteich nurdieStimmederLehr-
kraft, dievonzuHause aus ihrenVor-
trag gehalten hat. In derPause, daswar
ganz witzig, hattesie of fenbar das Mi-
krofon nicht abgestellt und unterhielt
sichmit ihrem Sohn überNetflix. Diese
Dozentin schreibt imUnterricht sehr
viel an dieTafel, das hat sie nun in ei-
nen Chatverlager t. Füruns wardas
semigut.Wenn man nur denTonzur
Verfügung hat, derwegenüberforder-
terServerauchmanchmal hängt, be-
kommt man in einer Fremdsprache
nicht alles mit.Wir hof fen, das swir in
Zukunfteinen Ablaufplan der jeweili-
genVerans taltung bekommen, so dass
man leicht wieder denverlorenenFa-
den findet. Am Morgendaraufhatteich
den nächstenplanmäßigenUnterricht,
einenSprachkurs.Derhatmichsehrpo-
sitiv überrascht, er hat online hervorra-
gend funktioniert. Classiliokann auch
Bild undStimme übertragen, sokann
man dasWort ergreifen, sichper Hand-
zeichen melden und eine ArtWhite-
boardbenutzen, auf dem auchLernin-
halteeingeblendetwerdenkönnen. Im
Grundekann man sichdas Ganze wie
eine erweiter te Skype-Konferenzvor-
stellen.
Was fehlte Ihnen?
Solchein reiner Online-Unterrichtist
für die ENAschon eine Herausforde-
rung, weil der Ansatz betont praktisch
ist. So kann zum Beispielder Sportun-
terricht nicht mehrstattfinden, der zu
unsererAusbildunggehört.
Tatsächlich?
Ja,wir müssen alle eine Sportartbetrei-
ben, in der wir dann auchbewertet wer-
den. Undindie Ausbildung derFranzo-
sen is teine ArtFreiwilligendienstinte-
griert, der ebenfallsgestrichen wurde.
Auch die Podiumsdiskussionen mit Ex-
pertenund Fragen aus dem Publikum
lassen sichnur schwer umsetzen.Und
waswirdaus den praktischen Semina-
ren, die oftinFormvon Rollenspielen
stattfinden?
Gibt es etwas, das IhnenamOnline-
Studiumsogar besser gefällt?
Es is tangenehm, dassdie Transportwe-
ge wegfallen. Viele Kursekönnten aus
meiner Sicht mit dem entsprechenden
Begleitmaterial sehr gut funktionieren.
Undmanwir dvielleicht sogaraufmerk-
samergegenüber denKommilitonen:
Geht es allen gut,können allefolgen?
Wie wirdman Studentin an der ENA?
Ichhabenacheinem Studiumder Is-
lamwi ssenschaften als Migrations-Ex-
perti nfastfünf Jahrelang im Bundes-
tag al sWissenschaftliche Mitarbeite-
ringearbeitet.Daich künftig gernein-
ternational arbeitenmöchte,kammir
die Ausschreibungder ENAgerade
recht. In der Bewerbungsphase ver-
fasstman ein Motivationsschreiben
und schreibt einevierstündig eKlausur,
auf Französisch. Hatman bestanden,
wirdman zu einergroßen mündlichen
Prüf ungeingeladen.
Müssen Sie irgendwelche finanziellen
Einbußen fürchten?
Nein. MeinStudiumfinanziereich über
ein DAAD-Stipendium, das man nach
der ENA-Zulassung automatischbe-
kommt.Die Förderung läuftnachjetzi-
gemStand weiter.
Fürchten Sie,dass Ihre Prüfungen un-
ter den Umständen leiden?
DieseFragewirdbei uns derzeit heiß
diskutiert. Inwie weit wir dsichbei den
Prüfungen das übliche Niveau halten
lassen?Fürbestimmteprüfungsrelevan-
te Projekteenthalten wir zum Beispiel
Absagen vonwichtigen Gesprächspart-
nern.Unddie Franzosen fragen sich
vordiesemHintergrund,wiefairda sso-
genannte Classement, das Schlussran-
king, ausfallen wird. Denn die besten
fünfzehn dürfenauf die bestenStellen
der öf fentlichenVerwaltung zuerst zu-
greifen.
Wie blicken Sie in die nahe Zukunft?
Tatsächlichbefinden wir uns momen-
tanineinerschwierigen Phase, dagera-
de darüber diskutiertwird, ob die ENA
geschlossen wird. Macron hattedas ja
während der „Gelbwesten“-Proteste im
letzten Jahr angekündigt.Jetzt witzeln
wir im Jahrgang darüber,dasswir mög-
licher weise die Einzigen sind, die
gleichzweimal erleben müssen, dass
die ENAgeschlossen wird.
RechnenSie damit,inder öffentlichen
Verwaltung künftig vermehrt mit Kri-
sen zu tunzuhaben?
Ichpersönlichja. Es istzwarschwierig,
einen generationenübergreifendenVer-
gleichzuziehen, aberwenn wir allein
aufdenKlimawandelunddiedamitver-
bundenenNaturkatastrophen schauen,
gehe ic hdavon aus, dassviele meiner
Kollegen mit denFolgen beruflichver-
stärkt zu tun habenwerden. Wirsind so
gut wie alle Angehörigedes öf fentli-
chen Dienstes, die meistensind Beam-
te.Viele vonuns werden genau dafür
ausgebildet: Krisenmanagement im
staatlichen Bereich.
DieFragenstellteUweEbbinghaus.
Ausdem Staub
wie die Rose
Valerie Köbele-Ennaji Fotoprivat
Beim Sportwirdes
natürlich schwierig
AnderElitehochschuleENAinStraßburgwirdnur
nochonlineunterrichte t.EineStudentinberichtet.
Am Telefo nmit Go rdon Lightfoot:
Dergroße kanadisc he Sänger hatnoch ein
paar PfeileimKöche r. Sei nneues Album
„Solo“ klingtso, wie es heißt.
SEITE 12·MITTWOCH, 25.MÄRZ2020·NR.72 Feuilleton FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG