Kontaktins
Seniorenheim
–trotzCorona
W
egen derCoronakrise werden
Besuche vonAngehörigen in
Seniorenheimenweitestgehendein-
geschränkt.ÄltereMenschenzählen
zur Hauptrisikogruppe,die Gefahr
vonAnsteckungen sollen so mini-
miertwerden.FürBewohnersolcher
Einrichtungen,wieaberauchfürAn-
gehörige,ist die Situation nicht im-
mer einfach.Umso mehr Anfragen
registrier tzurzeit das Berliner Start-
upMyo.DiezweiGründerJasperBö-
ckelundFelixKunahabeneineApp
entwickelt, die den Kontakt zwi-
schen Angehörigen und den Pflege-
einrichtungenverbessernsoll.
DieIdeeistsimpel:ÜberdieApp
können Pfleger zumBeispiel Fotos
oderVideos vomAlltag oder beson-
deren UnternehmungenmitdenSe-
niorenandieAngehörigenschicken.
„Ein 85-jähriger,anDemenz Er-
krankter kann sich oft nicht mehr
selbst mitteilen“, sagt Mitgründer
Böckel. Undjetzt, wo sich gerade
Einrichtungen bewusst abschotten
müssten,umdasInfektionsrisikozu
minimieren,fehlenocheinmalmehr
derKontaktzudenVerwandten.
Mehraufwand für Pflegende be-
deutedasToolindesnicht.„ImGe-
genteil“,sagtBöckel.„Zurzeitrufen
Hunderte Angehörige tagtäglich in
den Einrichtungen an, um sich
nach derSituation und den zuBe-
treuenden zu erkundigen.“Wasei-
nerseitsverständlichsei,provoziere
jedoch einen enormen Arbeitsauf-
wand. EinFoto oder eine kurze
Sprachnachricht vomBetreuten
selber hingegen sei schnell ge-
macht. DieAngehörigen haben die
NEU IN DER STADT
VonTheresa Dräbing
IMAGO IMAGES
Möglichkeit,dieNachrichtzukom-
mentieren. Eigene Nachrichten
können sie hingegen nicht schi-
cken, um den Arbeitsaufwand des
PersonalsamEndenichtdochüber-
zustrapazieren.
„Das Schöne ist, dass Pflegerin-
nen und Pfleger über diesenWeg
auchwiedermehrWertschätzunger-
fahren“, sagt derMyo-Gründer.Die
ReaktionenaufdiekurzenNachrich-
tenseienoftsehrpositiv,Angehörige
bedankensichbeidenMitarbeitern.
„Das kommt im Arbeitsalltag oft zu
kurz.“ VielzuoftwürdenVerwandte
vonpositivenErlebnissen derBe-
wohnersonstnichterfahren.
Zurzeit kostenlos
Myogibt es seit 2017.Mittlerweile
wirdderDienstlautdesjungenUn-
ternehmens inrund 60 Einrichtun-
genin DeutschlandundGroßbritan-
niengenutzt.DafürschließtMyoLi-
zenzvereinbarungen mit den Ein-
richtungen ab.Angehörige selber
können dieAppnicht beantragen,
aber sie zahlen auch nichts,wenn
Myoine inem Pflegeheim genutzt
wird. DieKostenlaufenüberdieBe-
treiber –normaler weise.Vorkur zem
hat Myoauf gratis umgestellt, für
kurzeZe it,umeineHilfeinderCoro-
nakrisezubieten.
EinStück
vomMond
füralle
H
eute heißen sieSpectrum,Fu-
turium oderPhänomenta.Be-
sucher strömen in ScienceCenter,
probieren vieles eigenhändig aus –
eine ganz eigeneEvent-Kultur ist
das,eine umsatzstarkeBranche ist
entstanden.Wo aber lag der Ur-
sprung dieser „Wissenschaft für
alle“,wiehießsoetwasfrüher?Ganz
einfach:Urania. Dies war die erste
BildungsstättesolcherArt.
DieUrania-Gesellschaft (die es
freilich immer noch gibt) eröffnete
im Jahr 1889 an derInvalidenstraße
ihr „Center“, das war ein opulenter
Gründerzeitbau mitsamt eigener
Sternwarte.Wohlgemerkt: Volks-
Sternwarte.Einem wissenschaftli-
chen Ortfür Jedermann, das war
weltweiteineNeuheit.Ebensokonn-
ten sich dieBesucher schon hier
spielerischanExperimentenbeteili-
gen. Eine früheForm des Edutain-
mentsentstand,mitteninZeitender
rasantentechnischenUmbrüche.
Davo nist an diesem Ortaller-
dings nichts mehr zu erkennen, auf
dem Gelände inTiergarten hat die
Berliner Polizei mehrereDienstge-
bäude.Eine Hundertschaft ist hier
angesiedelt, alles istverriegelt. Und
doch: EinRelikt der Urania-Ge-
schichte gibt es noch an derInvali-
denstraße 58.Hinter einer schlich-
ten Backsteinmauer direkt am Bür-
gersteigliegtderehemaligeTheater-
saal derUrania, derRaum mitsamt
Kuppeldecke blieb nach demZwei-
ten Weltkrieg erhalten.Er wurde in
den1960er-Jahren,alsmandiePoli-
zeihier ansiedelte,inein neuesGe-
bäudeintegriert.VieleJahrenutzten
dieBeamtendendenkmalgeschütz-
ten Saal, dann saßen sie bei ihren
Schulungen und Besprechungen
unter dem historischen hölzernen
RangundderreichbemaltenDecke.
AllezwölfTierkreiszeichensindhier
abgebildet. Mittlerweile ist das
ganzeGebäudewegen vermuteter
Asbest-Kontaminierungen aus den
60er-Jahren geschlossen.So droht
der Saal geradevollends inVerges-
senheitzugeraten.
Werner vonSiemens investierte
Vor130 Jahren aber strömten die
Massen her .„Vonder Erde bis zum
Monde“ hieß derDauerbrenner der
Urania-Programme ,auch „DieGe-
schichtederUrwelt“gabes,mitaller-
hand Donnergrollen und Lichteffek-
ten.DiebeidenAstronomenWilhelm
Foerster und Max-Wilhelm Meyer
hattensichihrenTraumerfüllt,Natur
undTechnikallgemeinverständlich
zuinszenieren.VielGeldschienvor-
handen,fürdieUrania-Ideebegeis-
tertensichunteranderemWerner
vonSiemenssowieandereUnterneh-
merundBankiers.Diesestelltenbe-
reits 1888 zurGründungderGesell-
schaftmehrals 200000 MarkanAkti-
enkapitalbereit,undsokonnteauch
das neueHaus mit den modernsten
Bühnentechniken ausgestattetwer-
den.DerErfolgwarsogroß,dassdie
Uraniaschonum1900weiterzog.Sie
baute einzentraleresHaus an der
Taubenstraße inMitte.Nach 1945
wurde dieUrania als Verein in West-
Berlinwiedergegründet.
BERLINER BEKANNTE
VonJörg Niendorf
Der Theatersaal der Urania droht inVer-
gessenheit zu geraten. LANDESDENKMALAMT
Designer
12,
Marketing
12,
Büroassistenz
11,
Datenerfasser
11,
Personaler/
Recruiter
11,
Messe-/Eventhilfe
11,
Produktions-
hilfe
11,
Auslieferungs-
fahrer
11,
Finanzwesen/Buch-
haltung/Controlling
12,
Entwickler/Programmierer
15,
IT-Support
13,
Software-Tester
15,
Barkeeper/Kellner
10,
Kassenkraft
Küchenaushilfe
10,
Promoter
11,
Interviewer
11,
Empfangsaushilfe
11,
Logistikhelfer/Kommissionierer
10,
Warenverräumer/
Verkaufshilfe
10,
Sozialer Betreuer
14,
Inventurhilfe
10,
10,
Fahrer/Chauffeur
10,
Hostess
10,
Call-Center-Agent
11,
Stundenlohn
eines Studenten
in Berlin, im Durchschnitt
in Euro
M a de in Berlin
16 Berliner Zeitung·Nummer 68·Freitag, 20. März 2020 ·························································································································································································································································································
Anzeige
R
egale imSupermarkt sind zurzeit teil-
weise schon morgens leer.Zwar ist die
Versorgung derBevölkerungweiterhin
gesichert,esfehltnichtanWaren.Doch
Hamsterkäufeführendazu,dassdieLogistikzent-
rendergroßenEinzelhändleraufHochtourenar-
beitenmüssen.Undesf ehltan Mitarbeitern.„Wir
brauchen dringend Kräfte.Esist uns jeder will-
kommen,derinderLageist,Warerichtigzu verpa-
cken“,sagtNilsBusch-Petersen,Hauptgeschäfts-
führerdesHandelsverbandsBerlin-Brandenburg.
StudentenseienalsMitarbeiterbesondersattrak-
tiv,weil sie flexibel sind und schnell eingestellt
werdenkönnen.WiedringendderBedarfist,zeigt
auch Amazon.DasVersandunternehmen erhöht
bis Ende Aprilden Bruttostundenlohn um zwei
Euroundsucht350Voll-und Teilzeitmitarbeiterin
ganzDeutschland.
Dierund190000StudierendenandenBerliner
UniversitätenundHochschulenhorchenauf.Ihre
Semesterferien wurden bis nachOsternverlän-
gertundtatsächlichistdasInteressederStuden-
tenam Jobbengroß.DieZeitarbeitsfirmafürStu-
denten,Studitemps,berichtete jetzt, dass sich
bundesweit zurzeit wöchentlich mehr als
7000Studierende umJobs bewerben–rund sie-
benProz entmehralsimVorjahr.
DieNachfrage ist allerdings um einVielfaches
höher:BesondersFahrer undVerkaufshilfenwer-
den gesucht, sagtStuditemps,aber auch Logistik-
helferundKassenkräfte.InsgesamtseiendieAnge-
bote fürStudentenjobs um 78Proz ent gegenüber
März2019 in die Höhe geschnellt. LautStudi-
temps-MitgründerBenjamin Roos tragen dieStu-
dierendeninCorona-Zeitenmitdazubei,„dassdas
LebenindenGrundzügenweitergehenkann“.
Unterstützung imFachkräftemangel
Die29-jährigeGermanistikstudentin Annekatrin
DuskehatgeradeinNeuköllndasHomeofficefür
ihren Jobeingerichtet.„InderKüche,damitmein
Wohn-Schlafzimmer nicht zum Arbeitszimmer
wird“,sagtsie.SieistseitzweiJahren Werkstuden-
tininderPresse-undMedienarbeitderKommu-
nikationsagenturFamilie Redlich inMitte.Dort
wertetsieunteranderemdieResonanzaufKam-
pagnenausundbereitetPressespiegelzurVorlage
beimKundenvor.
Auch in der Krise will die Agentur aufDuske
nichtverzichtenundhatihreinengroßenRechner
mitBildschirmmitnach Hausegegeben,sodasssie
einenZugangzumFirmennetzwerkhat.IhreChe-
fin,KatrinLandgraf,DirektorinbeiFamilieRedlich,
siehtdieArbeitskraftnichtalseinzigesPlus,dasdie
StudentendemUnternehmenbringen.„Diejunge,
studentischePerspektiveauf die verschiedenen
Themenistfürunsimmerspannend,ebensoauch
der mal stattfindende kritischeAustausch dazu“,
sagt sie .Einige derWerkstudenten seien inzwi-
schenJuniorprojektleitergeworden.
Studenten bereicherndie Wirtschaft. „Sie ha-
ben eine durchaus gewichtige und zudem wach-
sende Bedeutung für den Arbeitsmarkt in
Deutschland und inEuropa“, sagtKarl Brenke,
Konjunkturpolitik-Experte desDeutschenInsti-
tutsfür Wirtschaftsforschung(DIWBerlin).Rund
vier Proz ent allerErwerbstätigen inDeutschland
sind lautSozio-ökonomischemPanel Studenten.
Eine beachtlicheZahl der Studenten übte eine
qualifizierte oder gar hoch qualifizierte Tätigkeit
aus,soBrenke.„FürmancheArbeitgeberdürften
Studenteninzwischenunverzichtbarsein.“
Dasgiltbesondersin denBranchen,in denen
hoherFachkräftemangelherrscht.„Studentenmit
einemHändchenfürITkönnensichdenArbeitge-
beraussuchenundnebenderUnivieldazuverdie-
nen“, sagtStuditemps-CEOEckhardKöhn. Das
gelte sogar fürStudierende,die sich die IT-Skills
selbst beigebracht hätten.Siekönnten mehrver-
dienenalsanderenachihrerAusbildung.
HaufenweiseNachfragen zuEntlassungen
SoerklärensichdiehohenStundenlöhne,dieStu-
ditempsineinerAnalyseseinereigenenDatener-
rechnet hat: 15,23Euro proStunde werden stu-
dentischen Softwareentwicklernund Program-
mierer ngezahlt,aberauchSozialbetreuer–obim
Kindergarten oder der Schulmensa–verdienen
fast15 EuroproStunde.NachfrageplusFlexibilität
zahlen sich aus.Der durchschnittlicheStunden-
satz für einenStudentenjob liegt laut Studieren-
denwer kBerlinbei11,70Euro,alsoweitüberdem
allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von
9,35Euro.
LautdemStudierendenwerkarbeitendiemeis-
ten Studenten, um ihre nLebensunterhalt zu fi-
nanzieren (68Proz ent), rund zweiDrittel wollen
sichmehrleistenkönnen(67Proz ent)und64Pro-
zentwollenunabhängigvondenElternsein.Das
ist auch bei AnnekatrinDuskeder Fall. Da sie
schon Biotechn ologie studierthat, finanziertsie
sich ihren Lebensunterhalt imZweitstudium zu
80Proz entselbst.
EinVerlust des Arbeitsplatzes wärefür sie
schwer zuverkraften. Werkve rträge geben aber
keineSicherhe it.Sieunterliegenzumeistderübli-
chenKündigungsfristvonvierWochen .BeimStu-
dierendenwerkstandendieseWochedieTelefone
nichtstill,weileshaufenweiseNachfragenzuEnt-
lassungengab–vorallemindenBranchenwieder
Gastronomie,inderes wegender Corona-Präven-
tionzueingeschränktenÖffnungszeitenkam.
Anteil der erwerbstätigen Studenten
an allen Erwerbstätigen in Deutschland 2018
So viele Studenenten jobben
4%
Benötigen Geld für Lebensunterhalt
WarumBerliner Studenen jobben
in der Vorlesungszeit
in der vorlesungsfreien Zeit
16,3 Stunden
29 Stunden
11,70 Euro 11,50 Euro
Berlin Deutschland
Nettostundenlohn
fürStudentenjobs im Durchschnitt
Es arbeiten in Berlin...
Wochen-Arbeitszeit
der Studenten in Berlin im Durchschnitt
73% 69%
Berlin Deutschland
68 %
Möchtensichmehrleistenkönnen
67 %
Möchten unabhängigvonElternsein
64 %
Praktisc heErfahrungensammeln
55 %
BLZ/GALANTY; QUELLE:STUDIERENDENWERKBERLI N, DIW,STUDITEMPS
Studentinnen
41 % 50 %
Studenten
9,35 Euro
gesetzlicher
Mindestlohn
VonMechthild Henneke(Text)und
Isabella Galanty (Infografik)
Kassierenstatt
studieren
Lieferdienste,Supermärkteund
LogistikzentrensucheninderKrise
händeringendnachMitarbeitern.Teilder
LösungkönntenStudentensein
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