Der Spiegel - 21.03.2020

(Michael S) #1
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Slowenien


Rechtsdrall


 Eigentlich kämpft die Euro-
päische Union mit genug
Konflikten – nun kommt mit
Janez Janša ein weiterer
hinzu. Janša wurde Anfang
März ins Amt des sloweni-
schen Regierungschefs
gewählt, nachdem die Mitte-
links-Koalition in Ljubljana
zerbrochen war. Seine Wahl
stärkt den Block EU-kriti-
scher Staaten in der Mitte
Europas. Der Vorsitzende der
Demokratischen Partei übt
nun zum dritten Mal das Amt
des Premiers aus, kommen-
des Jahr wird er sein Land in
die EU-Präsidentschaft füh-
ren. Janša gilt als Verfechter


einer am nationalen Vorrang
orientierten Politik, legt sich
gern mit Brüssel an, zweifelt
am Klimawandel und gilt als
enger Verbündeter von Viktor
Orbán im Nachbarland
Un garn. Außenpolitisch will
er Slowenien an die Visegrád-
Gruppe heranführen, jenes
Bündnis osteuropäischer Staa-
ten, zu dem Polen, Tschechien,
die Slowakei und Ungarn zäh-
len. Seine rigorose Haltung
zu Einwanderern unterstrich
er jüngst mit dem Satz: »Inte-
gration funktioniert nicht.«
Dutzende Intellektuelle äußer-
ten nun die Befürchtung,
der zum Nationalpopulisten
gewandelte Premier verkörpe-
re eine »große Gefahr für die
demokratische Kultur«. WMA

Ausland


DAVID RAMOS / GETTY IMAGES

Ein Mann und eine Frau umarmen sichauf der nahezu menschenleeren Plaza de Catalunya in Barcelona. Zur


Eindämmung des Coronavirus hat die spanische Regierung eine Ausgangssperre verhängt – Bürger dürfen


nur noch zur Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten, Zeitungen und Tabak einzeln das Haus verlassen.


Afghanistan
Leicht entzündbar

Nach der Präsidentschafts-
wahl ist die Lage in Kabul
weiter angespannt. Beide
Kandidaten – Amtsinhaber
Ashraf Ghani ebenso wie sein
Herausforderer Abdullah
Abdullah – haben sich zum
Sieger erklärt und als Staats-
chef vereidigen lassen. Im
Moment stehen die USA und
die meisten europäischen
Länder noch hinter Ghani.
Doch die Sicherheitskräfte
hören auf zwei verschiedene
Oberbefehlshaber. Eine
Unbeherrscht heitkann den
Konflikt leicht entzünden.
Eigentlich hätten am 10. März
Friedensverhandlungen zwi-

schen einer regierungsge -
führten Delega tion und den
Taliban beginnen sollen.
Doch die verzögern sich
wegen der Regierungskrise.
Es gibt Streit um die Teilneh-
mer, die alle Lager repräsen-
tieren sollen. Dazu kommt
der Zwist um einen Gefange-
nenaustausch. Bedingung
dafür ist, dass die Islamisten
die Gewalt spürbar reduzie-
ren. Deshalb will Präsident
Ghani die Gefangenen nur in
Gruppen freilassen, während
die Taliban ihre Angriffe
verringern sollen. Darauf las-
sen sie sich aber nicht ein.
Nun haben die Taliban die
USA aufgerufen, ihre Inte -
ressen gegenüber Kabul zu
vertreten. SUK
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