Frankfurter Allgemeine Zeitung - 21.02.2020

(ff) #1

SEITE 8·FREITAG,21. FEBRUAR2020·NR.44 Zeitgeschehen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


D


ie deutsche Bildungsland-
schaf tist aus derZeit gefal-
len. 16 Bundesländer leisten
sich16unterschiedlichste
Schulsysteme. UmziehendeFamilien
können davonviele Geschichten erzäh-
len –darüber zum Beispiel,dassihre
elfjährigen Kinder nacheinem Orts-
wechsel voneinem Gymnasium wieder
in eine Grundschule zurückmussten.
Elf Millionen Schüler sehen sichdamit
konfrontiert,dassihreAbschlussnoten
über Lebenschancen entscheiden, die
Abschlüsse selbstaber garnicht ver-
gleichbar sind. Die Bundesländer sind
zwar stolz auf die Schulpolitik als ihr
verfassungsrechtliches „Hausgut“. In
ganz Deutschlandfehlen aber trotzdem
schon jetzt 15 000 Lehrer.Die Folge:
Deutschland istweit entferntvonPisa-
Sieger nwie Estland,Finnland oder Ja-
pan. Soziale Herkunftentscheidethier
stärkerüber den Bildungserfolg als in
den meistenanderen OECD-Staaten.
Für unsFreie Demokraten isteine
guteBildungspolitik die beste Sozialpo-
litik.Nur mit guter Bildungkann der
Einzelne seine Lebenschancen entfal-
ten. Deshalb haben wirvoreinem Jahr
entschieden auf eineReform des Bil-
dungsföderalismusgedrängt.Vor genau
zwölf Monatenwurde im Bundestag
die Änderung des Grundgesetzartikels
104c verabschiedet. Seitdemkann der

Bund nicht nur in Gebäude investieren,
sondernzweckgebunden zum Beispiel
auchindie digitaleFortbildungvon
Lehrern. Daswarein bildungspoliti-
scher Paradigmenwechsel.
Bund und Länder müssen diese Mög-
lichkeiten nunaber auch nutzen: Im Di-
gitalpakt sindvonfünf Milliarden Euro
erst 20 Millionen bewilligtworden. In
einigen Bundesländernsind nochnicht
einmal einzelneVorhaben definiert
worden. Ein solches Missmanagement
dürfenwir uns nicht erlauben. Der
Bund darfzahlen –bei der Umsetzung
des Digitalpaktessteht er aber unbetei-
ligt amRand. In Sachen Bildungsre-
form dürfenwir daher nicht stehenblei-
ben: Es braucht dringend eine Exzel-
lenzinitiativefür die berufliche Bil-
dung. Wirbrauchen außerdem einen
Digitalpakt 2.0, damit angeschaffte
Technik nicht ungenutztverstaubt, son-
dernEingang in moderne digitale
Lern- und Lehrmethodenfindet.
Der internationaleVergleichzeigt,
dassdie institutionellenRahmenbedin-
gungen entscheidend sind: Schülerleis-
tungen sind dortbesser ,woesGestal-
tungsspielräume für die einzelneSchu-
le in Verbindung mitgemeinsamen
Lernzielen undAbschlussprüfungen
gibt.InDeutschland haben die Bil-
dungseinrichtungenwenig Autonomie,
zusätzlichfehlen gemeinsameZiele.

Die Grundgesetzänderung aus dem
vergangenen Jahrkann deshalb nur ein
erster Schritt hin zu einemgrundlegen-
denSystemwechsel sein. In einergloba-
lisiertenWelt steht Bayern nicht in
Konkur renz mit Bremen, sondern
Deutschland inKonkur renz mit Asien
oder Nordamerika. 80 Prozent der Deut-
schen sprechen sichlaut einerUmfrage
des Branchenverbandes Bitkom für
mehrVerantwortung des Bundes im Bil-
dungswesen aus.Kaum ein Bürgerver-
steht, warumfür Bund und Länder ein
Kooperationsverbotgilt.
Wirbrauchen einKooperationsge-
bot. DassBund und Länder dann in zen-
tralen Bildungsfragen dauerhaftund
nachhaltig zusammenarbeitenkönnten,
sollteder Normal- und nicht derAus-
nahmezustand sein. Beispielsweise
durch eine gemeinsameVereinbarung
über Lernziele und Bildungsstandards.
BundesweiteAbschlussprüfungen für
die MittlereReifeund dasAbitur schaf-
feneine Vergleichbarkeit der Abschlüs-
se. Gleichzeitig brauchen Schulen mehr
Autonomie und Eigenverantwortung.
Zu einer sichbestmöglichselbstverwal-
tenden Schule sollteesauchgehören,
dassder Bund seineFinanzmittel nach
entsprechender Bewilligungdirekt auf
das Schulkontoüberweisen darf.
Zweitens brauchen wir mehrwissen-
schaftsbasierte Entscheidungen in der

Bildung.Während in der Medizin eine
Behandlungsmethode erst eingeführt
wird, wenn ihr eWirksamkeit wissen-
schaftlich belegt ist, istdas Handeln in
der Bildungspolitik oftdurch ideologi-
sche Vorstellungengeprägt :Schreiben
nachGehör, G8 oder G9,gebundener
oder nichtgebundener Ganztag–um
nur einigeBeispiele zu nennen, die
Schülernund ElternKopfzerbrechen
bereiten. Eine nationale,vonBund und
Länderngemeinsamgetragene Einrich-
tung für Bildungsinnovationen und
Qualitätssicherung solltedie bes tenBil-
dungsrezepte erarbeiten.
Drit tens solltenwir ohne Denkver-
bote darüber diskutieren, wie wir die
Bildungsqualitätverbessernkönnen.
Während Pisa-Sieger Bildung als natio-
naleAufgabe begreifen und dies in ent-
sprechendenMinisterien koordiniert
wird,gibt es in Deutschland nochkei-
ne nationaleKoordination für die Ge-
staltung, Evaluation undWeiterent-
wicklungvon Schulen. Die logische
Konsequenzwäre ein Bundesministeri-
um für Bildungsinnovationen&Schul-
qualität, damit der Bundseinerneuen
Verantwortunggerechtwerdenkönnte.
Bund und Länderkönnten dannge-
meinsam dafür Sorge tragen, dass
Deuts chlandzue inerechten Bildungs-
nationwird.

Der Autorist Bundesvorsitzender der FDP.

R

ichar dGrenell, Botschafter
der Vereinigten Staaten in
Deutschland, sollKoordina-
torderamerikanischenGeheimdiens-
te werden; zwar zunächstnur ge-
schäftsführend, so wirdeine Bestäti-
gung durch den Senat umgangen,
aber immerhin. Die neueVerwen-
dung istzweifellos eingroßer Sprung
auf derKarriereleiter und im ameri-
kanischen Machtapparat.Aus Sicht
des Präsidenten hat sichGrenell das
verdient, weil er sichauf dem „deut-
schen“Posten alsTrumps Oberloya-
listhervorgetan hat. Er hat,kurz ge-
sagt, weniger sein Land gutrepräsen-
tiertals vorallem seinen obersten
Dienstherrn.Bei allen Themen, bei
denen dieRegierungenTrumpund
Merkelüber Kreuz lagen, hat Grenell
in of trüdemTon, Trumpdarin ähn-
lich, auf die deutsche Seiteeingeprü-
gelt.Erhat seine Botschaftengern
über den Boulevard herausgebrüllt,
anders alsseineVorgänger ,diede rDi-
plomatie zugetan waren.
Wasihn jenseits seines Eifersals
Exekutor derTrump- Agenda für sei-
neneuePositio nqualifiziert,steht da-
hin. Es istzweifellos eine Belohnung
–weil er immer wieder dieAttacken,
wie vonTrump gewollt, gegen
Deutschlandgeritten hat,weswegen
er in seinem Gastland nicht sonder-
lichgelitten ist. Für das deutsch-ame-
rikanischeVerhältnis warersodien-
lichwie ein Bänderriss im Sport. In
der amerikanischen Botschaftund in
den Konsulaten im Landwerden vie-
le Mitarbeiter erst einmal aufatmen:
UnterGrenell herrschte nämlich, wie
manhört,einKlima derEinschüchte-
rung und derKontrolle.


Belohnung


VonKlaus-DieterFrankenberger

D


ie palästinensischeFührung
träg tihrenKampf u mSelbstbe-
stimmung undRecht vorallem
ininternationalenOrganisatio-
nen aus. Einen ihrergrößten Erfolgeauf
diesemFeld hattesie 2012, als 138 Mit-
gliedstaaten Palästina denStatus eines
„Beobachterstaates“ bei den UNgaben.
Das hat diePalästinenser einem eigenen
Staat nicht nähergebracht, zumal nur der
UN-Sicherheitsrat über die Aufnahme
neuer Mitgliedstaaten entscheiden darf,
wo ein Veto Amerikas zu erwarten wäre.
Dochhat die Aufwertung denPalästinen-
sernZugang zu einerReihe internationa-
ler Or ganisationenverschafft.Sowurde
Palästina 2015 Mitglied des Internationa-
len Strafgerichtshofs, der dies unterVer-
weis aufdessenStatusalsUN-Beobachter-
staat gestat tete.Umgehend übertrugPa-
lästina dieUntersuchung über mögliche
Kriegsverbrechen auf eigenemTerritori-
um nachDen Haag. Daraufhin eröffnete
ChefanklägerinFatouBensoudaVorer-
mittlungen zu möglichen Kriegsverbre-
chen so wohl Israels als auchder Hamas
im Gaza-Krieg. Ende 2019verkündete
Bensouda, esgebe ausreichende Beweis-
lastfür dieAufnahmevonErmittlungen
über die „Situation inPalästina“ und be-
zog sichauf das besetzteWestjordanland,
Ostjerusalem und den Gazastreifen. Ben-
soudas Ermittlungen betrafen auchIsra-
elsSiedlungspolitik,dievieleVölker recht-
leralsKriegsverbrechenimSinneeinesil-
legalen Transfer svon Zivilbevölkerung in
besetztes Gebietwerten.
Die Fragejedoch, überwelches Territo-
rium derStrafgerichtshof Rechtsprechen
dürfe,gab die Chefanklägerinweiter an
die Vorverfahrenskammer,welche die Zu-
lässigkeit einer Anklageprüft. Israel, das
dem Gerichtshof nicht beigetrete nist,
lehnt dieZulässigkeit der Anklageab–
weil Palästina nicht die Kriterien eines
Staates erfülle. Palästina widerspreche
sich, wenn es als Staatwahrgenommen
werden wolle, abergleichzeitigvoneinem
eigenenStaat imFutur spreche, wie Isra-
els Generalstaatsanwalt darlegte. Deswe-
gengebe esweder einen palästinensi-
schenSouverännoch palästinensischeGe-
richtsbarkeit über Israelis, Jerusalem oder
die Gebiete im Westjordanland,wo sich
die israelischen Siedlungen befinden. So-
mit könnten diePalästinenser auchkeine
Gerichtsbarkeit an Den Haag übertragen.

Nunist Deutschland dieser Linie Isra-
els gefolgt.Als sogenannter „Freund des
Gerichts“ (Amicus Curiae)werdeBerlin
dem Gericht seineRechtsauffassung dar-
legen,wonachkeine StaatlichkeitPalästi-
nas gegeben sei, diese aber eineVoraus-
setzung für die Haager Gerichtsbarkeit
wäre,sagteein Sprecher desAuswärtigen
Amts. Deutschland hat sichdamit zum
erstenMa lüberhaupt ineinlaufendesVer-
fahren des Gerichtshofseingeschaltet.
Undist der einzigegroße EU-Staat, der
sichsooffensiv verhält.Dies hat auchim
Auswärtigen Amt manche verwundert.
Noch Ende Dezember,nachAbschluss
der Vorermittlungen, hattedie Spreche-
rindes Amtesgesagt:„Wirvertrauen auf
dieUnabhängigkeitdesInternationalen
Strafgerichtshofes und setzen nun darauf,
dassdas Gericht die aufgeworfenen Fra-
genklärenwird.“ Gleichzeitig seimanda-
gegen, das sFälle jedweder Artvor dem
Gericht zu einer Politisierung benutzt
werden. Diese These wiederholteBerlin
dieseWoche:ManseigegeneinePolitisie-

rungdesHaagerGerichts.Einpalästinen-
sischer Staat und entsprechende Grenzen
könnten nur in direktenVerhandlungen
zwischen Israelis undPalästinenserner-
reicht werden, nicht überFestlegungen
des Gerichtshofs.
Deutschland hat mit seiner Entschei-
dung einerPolitisierung allerdings sogar
Vorschub geleistet. In Israel jedenfallsge-
winnt dievonAußenministerHeikoMaas
angestoßene Erklärunghöchstespoliti-
sches Gewicht.Israel lehnt denStrafge-
richtshof zwar ab, docherkennt es dessen
Bedeutung. Soverwiesen israelische Mi-
nisterimmer wiederauf mögliche Ermitt-
lungenvordem Strafgerichtshof,wenn
sie begründen mussten, warumetwadas
in strategischwichtiger Lagehinter Jeru-
salem liegende palästinensische Dorf
Khan al Ahmar trotzisraelischer Ankün-
digungen nochnicht dem Erdboden
gleichgemachtworden is t. Ministerpräsi-
dent Benjamin Netanjahu dankteden
Staaten, die sichgegen eine Gerichtsbar-
keitdesGerichtshofsindenbesetz tenGe-

bietenaussprechen:Neben Deutschland
sind dies Uganda,Ungarn,die Tsche-
chische Republik,Österreich, Australien
und Brasilien. Die Erklärungen dieser
Staaten „wurden nachgroßen diplomati-
schen Anstrengungenvonmeiner Seite,
dem israelischen Sicherheitsrat und dem
Außenministerium getrof fen“, sagteNet-
anjahu. Knesset-Präsident Juli Edelstein
lobtedie deutsche Erklärung undverwies
darauf, dasserdieses Themakurz zuvor
in Berlin beiAußenministerMaas ange-
sprochen habe. Bensoudas Ermittlungen
nannteEdelstein einen „ungeheuerlichen
Ansatz dieserFrau aus Gambia“.
Aufpalästinensischer Seitereagiert
manmitFassungslosigkeit auf den Schritt
Deutschlands, das nicht nur als Säule der
EU,sondernauchals Verfechter des Mul-
tilateralismus undUnterstützer der Inter-
nationalen Gerichtsbarkeit wahrgenom-
men wird. DiePolitikerin HananAshrawi
äußerte:„Palästina zu bestrafen istkeine
Sühne“ (für die deutscheVergangenheit).
Der palästinensischeVerhandlungsführer
Saeb Erekat sagtedieser Zeitung: „Ist
dem deutschenAußenministerium nicht
bewus st,dasseskonkrete Annexionsplä-
ne gibt und Israel nur die Bedenkenvor
dem Strafgerichtshof davonabhalten?“
Er verstehe nicht,warumBerlin zu dieser
Entscheidunggeko mmen sei.„Wir ersu-
chen Deutschland nicht um Erlaubnis,
um alsStaat existieren zu dürfen“, so Ere-
kat. Wenn Berlin meine, Israel habe ein
VetorechtüberpalästinensischeStaatlich-
keit, solle es dies sagen.„Aber das wider-
spricht der klaren deutschen Haltung
über die Illegalität israelischer Siedlun-
gen, die Zweistaatenlösung und über in-
ternationalesRecht.“Wernichts gegen
die Straflosigkeit der Besatzung tunwol-
le, so Erekat, „der solltewenigstens keine
Schritteunternehmen, um Gerechtigkeit
zu verhindern“.
Nunmüssen die Haager Richter ent-
scheiden. Entwederrichten si esichgegen
die deutscheHaltung und entscheiden für
die eigene Zuständigkeit.Dann hätte
Deutschland die Stellung desvonihm
selbstmit ins Lebengerufenen und maß-
geblichfinanziertenGerichtshofsge-
schwächt.Solltedie Entscheidung anders
ausfallen,wäre schwer zu ermitteln, ob
dies auf deutsches Betreiben hingeschah.
Berlin hat sichmit dieser Entscheidung
Liegt hier die Zuständigkeit?Gebäude desStrafgerichtshofs in Den Haag FotoAP keinen Gefallengetan.

W


er tut sichdas nochan?
Werwill noc hBürgermeis-
terwerden?Wersichfür
das Gemeinwohl engagiert, wird
nicht selten beschimpft, bedroht, an-
gegriffen. Undwenn dasUrteil des
Amtsgerichts Schwalmstadt Bestand
haben sollte, dürftesichdas kleine
Feld derer,die sic hfreiwilligfür ihre
Kommune einsetzen,weiter lichten.
Zwar hat sichdas Gericht im Prozess
um den schrecklichenToddreier Kin-
der in einem Dorfteichumeine milde
Sanktion bemüht.Aber das ändert
nichts daran, dassder Bürgermeister
wegenfahrlässigerTötung durch Un-
terlassenverurteilt wurde–weil er
den Teichnicht gesicher thabe.
So unermesslichder Schmerzder
Hinterbliebenen und soverständlich
der Wunschist,einen Verantwortli-
chen ausfindig zu machenund zurRe-
chenschaftzuziehen–esgibt nicht
immer einen Schuldigen. Jedenfalls
nicht imstrafrechtlichen Sinn.Kann
dem Bürgermeisterwirklic hder Tod
der Kinder individuell vorge worfen
werden,warerfürihnobjektivvorher-
sehbar? Zweifellosstell tein solcher
Teicheine Gefahrenquelle dar;aber
esis twedermöglichnochwünschens-
wert,den öf fentlichenRaum rundhe-
rumabzusichern. Auch dasFrankfur-
terMainufer istungesichert; dochder
Oberbürgermeister istnicht verant-
wortlichfür jeden Kinderwagen, der
in den Flussrollt –soschlimm das ist.
Nein, hiergeht es nicht nur um eine
unzumutbareAusdehnungderVerant-
wortlichkeit vonAmtsträgern, son-
dernauchumden Wert vonFreiheit.


Fürden HanauerOberbürgermeister
Claus Kaminskywaresder schwerste
Tagseiner Amtszeit.Wie au sdem
Nichts tauchte einvermutlichrechts-
gerichteterAttentäter auf, erschoss
neun Menschen, seine Mutter und
sichselbst. Der Oberbürgermeister
weiß, dassvon nun an in derStadt
nichts mehr so sein wirdwie bisher,
denn Hanau wirdimBewusstsein der
DeutschendieStadtbleiben, inder ei-
nerderschwerstenterroristischenAn-
schläg edes Landesstattgefunden hat.
Dabei hat sichinden vergangenen
Jahren viel zum Guten entwickelt in
derhessischenMittelstadt.Der60Jah-
re alteKaminsky istein Mann mit po-
litischem Geschick. In derStadtver-
ordne tenversammlungstellteersei-
nerSPDgleichdreiPartnerandieSei-
te,dieGrünen,dieFDPundeineWäh-
lergemeinschaft.Esisteinkomplizier-
tesBündnis, aberesfunktioniertdank
Autoritätund Überredungskunst.
So konnteKaminsky in denfast
17 Jahren seinerAmtszeitviel er rei-
chen für Hanau, das dankgroßer In-
dustriebetriebe, die ihren Sitz mitten
inder Stadthaben,nochimmerArbei-
terstadt genanntwerden kann. Nach-
dem das amerikanische Militär 2008
den Standortaufgegeben hatte, blieb
eine 340 Hektargroße Fläche, für die
neue Nutzungengefunden und durch-
gesetzt werden mussten. Kaminsky
und seine LeuteimRathaus meister-
tendie „Herkulesaufgabe“, wie er sie
gernenennt, schnell und effektiv.Ein
großes Gefahrenabwehrzentrum mit
FeuerwacheundRot-Kreuz-Niederlas-
sungsowieneueWohn-undGewerbe-
gebiete entstanden. Zudem wurde ein
ehemaligerPanzerübungsplatzzurNa-
turschutzfläche, auf der ein Projekt
zur Nachzuchtvonfastausges torbe-
nen Wildpferden betrieben wird. Ge-
radewirdinder ehemaligen Pioneer-
Kaserne ein modernesWohnquartier
für rund 5000 Menschengeschaffen–
das derzeitgrößteNeubaugebietin
der Rhein-Main-Region.
Als erste rOberbürgermeister
Deutschlands wagteKaminsky zu-
dem den Einsatz des neugeschaf fe-
nenIn strumentsdesInvestorenverfah-
rens „Wettbewerblicher Dialog“, um
die einsttrost lose Innenstadt neu zu
gestalten. Der nochnicht abgeschlos-
sene Wegzueiner neuen City lief
nicht ganzgrade,dochheuteistdie In-
nenstadt viel attraktiver als nochvor
zehn Jahren. Herzstückist ein zentral
gelegenes Einkaufszentrummit Kul-
turflächen, die neben derStadtbiblio-
thek weiterestädtischeKulturinstitu-
tionen unter einem Dachvereinen.
Die neuenWohngebiete ziehenBe-
wohner vonauswärts an,weshalb die
Zahl der Einwohner wächst.Noch für
dieses JahrrechnetKaminsky damit,
dassHanau die Grenzevon100 000
Einwohnernerreicht .Etwa40Pro-
zentderEinwohnerbesitzenausländi-
sche Wurzeln.Kaminskywarstolzauf
dasweitgehendreibungslosverlaufen-
de Zusammenleben der Bürgerunter-
schiedlicher Herkunft. Dassder mut-
maßliche Attentäter ein Hanauer ist,
wirdKaminsky deshalb besonders
schmerzen. LUISE GLASER-LOTZ

Wirklich schuldig?


VonReinhardMüller

ClausKAMINSKY Fotodpa

Zwei Staaten, ein Gericht


FremdeFedern:Christian Lindner


Mehr Verantwortung für denBund


Sein


schwersterTag


Deutschland positioniertsichin


Den Haag zurPalästina-Frage


VonJochenStahnke,TelAviv


Diewichtigen Themen.Kompakt aufbereitetund eingeordnet.


Kürzer gefasst.Weitergedacht.



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