Süddeutsche Zeitung - 11.03.2020

(Frankie) #1
von lisa schnell

D


ieStaatsregierung vertritt gerne
die Lehre vom „starken Staat“
und nicht selten ist Kritik ange-
bracht. Der Grad zwischen dem Schutz
der Bürger und der Einschränkung ihrer
Rechte ist schmal. Im Fall des Coronavi-
rus aber könnte die Lage nicht klarer
sein. Es geht um die Gesundheit der Be-
völkerung und die Eindämmung eines Vi-
rus, das noch nicht ausreichend er-
forscht ist. Wer in diesem Fall einen star-
ken Staat ablehnt, der braucht gar kei-
nen.
Die Entscheidung der Staatsregie-
rung, Veranstaltungen mit mehr als tau-
send Teilnehmern zu verbieten, ist des-
halb richtig. Sie lässt vielleicht Fußball-
fans und Konzertgänger grummeln.
Aber wie laut wäre der Aufschrei, wenn
sich Unzählige anstecken würden, nur,
weil man keine Fußballfans verärgern
wollte? Keine Volksfeste, keine Oper,
kein Theater – selbst der letzte merkt
nun, dass Bayern in einer Situation ist,
die so noch nie da war. Mit der Schweine-
grippe oder anderen Ansteckungslagen
sind die Corona-Zeiten nicht zu verglei-
chen. Ja, 80 Prozent der Fälle verlaufen
milde, Alte und Kranke aber sind beson-
ders gefährdet. Was das bedeutet, kann
sich jeder verdeutlichen, der an seine ei-
genen Freunde und die Familie denkt.
Wie viele davon sind älter als 70 Jahre,
wie viele haben Asthma oder ein ge-
schwächtes Immunsystem? Panik ist
nicht angemessen, Hamsterkäufe sind
unnötig. Auch das Fernbleiben von der
Kommunalwahl am Sonntag wäre fatal
in Zeiten, in denen es eine lebendige De-
mokratie dringend braucht. Vorsicht
aber ist geboten.
Aufgabe der Politik ist es, Orientie-
rung zu geben. Streitereien, wie sie um
die Absage des Nockherberg-Derble-
ckens zwischen der Stadt München und
der Staatsregierung entstanden sind, ver-
unsichern und sollten nicht öffentlich
ausgetragen werden. Auch die Skurrili-
tät, dass Kinder, die erst eine Woche in
der Schule saßen, dann zu Hause bleiben
mussten, hat Verwirrung ausgelöst. Es
ist deshalb wichtig, dass die Regierung
bei der klaren Linie bleibt, die sie am
Dienstag vorgegeben hat.


München–Vieles deutet darauf hin, dass
das Coronavirus auch beim Sprechen
übertragen wird. Vor allem die in man-
chen Sprachen üblichen Kehllaute stehen
im Verdacht, das Ansteckungsrisiko beim
Zuhörer zu erhöhen. Auch im bayerisch-
alemannischen Sprachraum sind Kehllau-
te stark verbreitet, vor allem in Südbay-
ern, Österreich, Südtirol und in der
Schweiz. Kein Wunder also, dass der
Schweizer Immunologe Beda Stadler (Uni-
versität Bern) soeben in derAargauer Zei-
tungeine Warnung ausgesprochen hat.
Wer Schweizerdeutsch spricht, sagte er,
könnte damit das Ansteckungsrisiko mit
dem Coronavirus erhöhen. Was für die
Schweiz gilt, muss folgerichtig auch auf
sprachliche Eigenarten in Bayern und in
Deutschland zutreffen.
Wenn beim Sprechen viele Kehllaute
benutzt werden, sei das mit Blick auf die
Corona-Gefahr ungünstig, sagte Stadler.
Der emeritierte Professor verwies darauf,
dass durch Kehllaute vermehrt Tröpf-
chen gebildet werden, die beim Sprechen
in die Umgebung gelangen und einen Ge-
sprächspartner infizieren können. Es sei
denn, der Gesprächspartner hält einen Ab-
stand von mindestens 1,5 Metern ein.
Kehllaute prägen auch die Mundarten
in den Alpen und am Alpenrand. Von Gar-
misch-Partenkirchen bis nach Berchtes-
gaden und Salzburg wird eine südbairi-
sche Sprachvarietät gepflegt, die so ähn-
lich auch in den österreichischen Bundes-
ländern Kärnten, Steiermark und Tirol so-
wie im italienischen Südtirol zu hören ist.
Das wohl markanteste Merkmal des Süd-
bairischen ist die Kehllautung „kch“ am

Wortanfang und im Wortinneren. Deut-
lich wird dies in der folgenden Klage aus
dem Königswinkel: „I bi kchrankch, i
kchã mi it buckche.“ (Ich bin krank, ich
kann mich nicht bücken). Man spürt
schon beim Lesen, welche Feuchtigkeit
diese Aussage auf den Zuhörer überträgt.
Wenn im Dialekt aus dem weichen Ver-
schlusslaut „g“ der harte Reibelaut „ch“
wird, nennt man das gerne die südbairi-
sche Halskrankheit, was in Zeiten des Co-
ronavirus erst recht bezeichnend ist.

So betrachtet, muss aber auch die Ober-
pfalz neuerdings als sprachliches Risiko-
gebiet eingestuft werden. Wenn dort ein
„ch“ aus dem Rachen fährt, so geschieht
das aber immerhin nach strengen Gram-
matikregeln. Wenn der weiche Verschluss-
laut „g“ zwischen zwei Vokalen (Waage,
Schwager) oder im Auslaut (Weg) steht, so
wird er zum Reibelaut „ch“: Wooch,
Schwoucha und Wech. Trotz der gesund-
heitlichen Gefahr, die von dieser kehligen
Aussprache ausgeht, ist der sprachsensi-

ble Bund Bairische Sprache froh, dass
sich diese Tradition erhalten hat. Aber die
Gefahr gehe nicht nur von den Kehllauten
der Bayern aus, betont der Sprachverein.
Auch die Hannoveraner, die angeblich
das beste Standarddeutsch sprechen, nei-
gen zum kehligen „ch“, was der folgende
Interview-Satz von Ex-Bundeskanzler
Gerhard Schröder glasklar belegt: „Das
war kein feiner Zuch der Opposition und
ein schlechter Tach für die Demokratie,
sach ich ma .. .“ Sepp Obermeier, Vorsit-
zender des Bundes Bairische Sprache,
hält so einen Satz nicht nur für ein „artiku-
latorisches Unvermögen“, sondern für
„genauso gefährlich für die Verbreitung
des Coronavirus wie die Kehllaute der
Oberpfälzer“. Obermeier erkennt auch in
Sprechern, die das in Norddeutschland
und in England beliebte Zäpfchen-R pfle-
gen „Corona-Risikopersonen“. Es gebe
aber ein probates Gegenmittel, das auch
aus dem Dialekt geschöpft sei. Obermeier
setzt dabei das Isartaler R gegen das Zäpf-
chen-R der Engländer und der Norddeut-
schen. Das Isartaler R ist fast identisch
mit der amerikanischen Artikulation und
risikofrei. Man stelle sich einfach vor, wie
dieses „R“ dem Sänger Johnny Cash in sei-
nem Hit „Burning Ring of Fire“ über die
Zunge gleitet. „Da ist das Maul beim Spre-
cher geschlossen, beim Zäpfchen-R aber
nicht“, argumentiert Obermeier. Man
könnte sich jederzeit auch am wunderba-
ren rollenden „R“ der Fernsehfee Carolin
Reiber orientieren. Dieses bietet, gut ge-
sprochen, bei fast geschlossenem Mund
einen idealen Schutz vor Viren, die im Ra-
chen nisten. hans kratzer

Nürnberg– „Mord ist Ihr Hobby?“ – mit
dieser Anspielung auf eine frühere US-Kri-
miserie wirbt die Polizei Mittelfranken in
den sozialen Netzwerken um neue Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter. Der Kriminal-
dauerdienst und das Morddezernat su-
chen zurzeit eine Bürokraft, die unter ande-
rem die Aussagen von Verdächtigen aufs
Papier bringt. „Ganz nah dran am Verbre-
chen“ seien diese, heißt es in der Stellenan-
zeige.
Seit drei Jahren ist das Polizeipräsidium
auf Facebook und Twitter unterwegs, in-
zwischen kam auch Instagram dazu. „Na-
türlich nutzen wir auch diese Kanäle als
moderner Arbeitgeber, um unsere Mitar-
beiter zu rekrutieren“, sagt Kriminalober-
kommissar Florian Drechsler, der das Soci-
al Media Team leitet. Informativ und unter-
haltsam sollten die Stellenanzeigen dafür
möglichst sein. Ob sich dadurch mehr oder
andere Menschen auf die offenen Stellen
bewerben, könne er nicht sagen, weil die
Polizei dazu keine Statistiken führt. Mit ei-
ner Ausnahme: Als die Ermittler vor mehr
als einem Jahr erstmals viral nach Verstär-
kung suchten, gingen nach Angaben von
Drechsler jedenfalls mehr Bewerbungen
als üblich ein. dpa

von lisa schnell

München–Wenn der leidenschaftliche
Bierzeltredner Markus Söder Volksfeste
verbietet, dann ist die Lage ernst. Wie
ernst, das machte der Ministerpräsident
am Dienstag nach der Kabinettssitzung
klar. „Die Corona-Krise ist voll in Bayern
angekommen“, sagte Söder über die Aus-
breitung des Virus. Einen Anlass zu Panik
sieht er nicht, aber „zu sehr ernsthafter Sor-
ge“. Um eine Situation wie in Italien zu ver-
hindern, wo das öffentliche Leben vollkom-
men lahmgelegt ist, verabschiedete das Ka-
binett einen „Corona-Plan“, den Söder mit
mehreren Ministern vorstellte.
Er soll zum einen die Ansteckungsge-
fahr eindämmen, deswegen werden Veran-
staltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern
verboten, vorerst bis zum Ende der Osterfe-
rien am 19.April. Zudem wird der Semes-
terbeginn an den Hochschulen für Ange-
wandte Wissenschaften sowie an Kunst-
und Musikhochschulen auf den 20. April
verschoben. Zum anderen soll es Hilfen für
die Wirtschaft geben, für die die Krise Sö-
der zufolge „mindestens so groß, wenn
nicht größer“ ist.
Zunächst zu den Veranstaltungen: Bei
mehr als 1000 Besuchern finden sie nicht
statt, also keine Fußball- oder Eishockey-
spiele, keine größeren Theater- und Opern-
aufführungen, keine Volksfeste. Bei Sport-
veranstaltungen gebe es die Möglichkeit,
die Spiele ohne Publikum durchzuführen,

sagte Gesundheitsministerin Melanie
Huml (CSU). Staatliche Theater, Konzertsä-
le und Opernhäuser sollen vom 11. März an
bis zum Ende der Osterferien geschlossen
bleiben. Für private Veranstalter, die mei-
nen, die Anordnung mit ein paar Absperr-
bändern an einigen Stuhlreihen umgehen
zu können, hat Söder eine klare Botschaft:
„Bei dem Thema trickst man nicht.“ Ein
paar Sitze leer zu lassen, um so auf nur 998
Zuschauer zu kommen, das gehe nicht.
Schulen, die um etwa 1000 Schüler ha-
ben, seien von der Regelung nicht betrof-
fen, sagte Huml. Es gehe um Freizeitveran-

staltungen. Flächendeckende Schulschlie-
ßungen seien bis auf weiteres nicht ge-
plant. Im Hinblick auf die großen Ostergot-
tesdienste vertraue Huml auf das vernünf-
tige Vorgehen der Kirchen, sagte sie, aber
auch dabei könne der Staat eingreifen.
Auch bei Veranstaltungen von 500 bis
1000 Menschen sieht die Staatsregierung
ein hohes Risiko. Es gebe klare Empfehlun-
gen des Landesamts für Gesundheit, sagte
Söder. Welche das genau sind, können Bür-
germeister und Gemeinden von Mittwoch
an über eine Hotline des Gesundheitsmi-
nisteriums erfahren. Generell gelte aber
größte Zurückhaltung, sagte Söder: „Im

Zweifel lieber absagen.“ Und ja, das gelte
auch für Starkbierfeste, die Söder für
„nicht mehr vertretbar“ hält. „Starkbier
kann man auch in drei Monaten noch trin-
ken.“ Bei Zusammenkünften von weniger
als 500 Menschen solle jeder selbst ent-
scheiden, ob er oder sie das Risiko einge-
hen wolle. Söder selbst kündigte in der End-
spurtphase vor der Kommunalwahl am
Sonntag an, keine größeren Wahlkampf-
veranstaltungen mehr zu machen.
Wer nun etwas ratlos auf seine Opern-
karten blickt, der muss sich zwar eine ande-
re Abendgestaltung überlegen, das Geld
aber bekommt er zurück, zumindest in
staatlichen Häusern. So kündigte es Wis-
senschaftsminister Bernd Sibler (CSU) an,
der von etwa vier Millionen Euro sprach,
die alleine bei der Staatsoper für Rückzah-
lungen eingeplant seien. Auch Nürnberg
plane eine ähnliche Regelung. Wie private
Veranstalter vorgehen wollen, wurde nicht
klar. Huml verwies allerdings darauf, dass
die Ansteckungslage durch ein Virus wie
Corona rechtlich ähnlich wie Naturkatas-
trophen als höhere Gewalt einzustufen sei.
Kosten, die Veranstaltern nun entstehen,
sollten deshalb durch deren Versicherun-
gen gedeckt sein. Auf die Einbußen, unter
der die Industrie aufgrund des Coronavi-
rus leidet, dürfte das nicht zutreffen.
Söder nannte die Lage für die bayeri-
sche Wirtschaft „sehr ernst“. Aus dem Be-
ben an der Börse könne eine neue Banken-
und Finanzkrise entstehen. In Kombinati-

on mit Corona sei das „toxisch“. Auch die
Staatsfinanzen wären betroffen. Söder
geht von „schweren Steuerausfällen“ aus.
Der Haushaltsplan müsse nach Mai ange-
passt werden. Am Ende werde es wohl ein
neues Konjunkturpaket brauchen. Der
Bund hat ein solches, auch auf Drängen Sö-
ders, gerade beschlossen. Wie das bayeri-
sche Pendant dazu aussehen soll, müsse
„strategisch genau überlegt werden“, sagte
Söder. Als erste Maßnahme sollen die Bürg-
schaften der LfA Förderbank für Unterneh-
men um 100 Millionen Euro erhöht wer-
den. Falls dies nicht reiche, könne „ständig
nachgesteuert werden“. Die SPD fordert ei-
ne Erhöhung auf eine Milliarde Euro.
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger
(Freie Wähler) war für Bayern von einem
Wirtschaftswachstum von rund einem Pro-
zent für 2020 ausgegangen. Dass der Auf-
wärtstrend durch Corona „derhagelt“ wer-
de, sei „jammerschade“, sagte er. Mit rund
17 Milliarden Euro im Im- und Export sei
China der wichtigste Handelspartner Bay-
erns. In der Tourismusbranche gebe es
Stornierungsraten von teilweise 50 Pro-
zent. Bis Mai werde es keine Messen mehr
geben. Der Freistaat versuche Steuervor-
auszahlungen zu reduzieren, Stundungen
von Steuern sollten zudem nicht mehr mit
sechs Prozent bezinst werden. Man bewe-
ge sich „an der Grenze des Machbaren“.
Ob die Maßnahmen nach dem 19. April
verlängert würden, sei nicht absehbar, sag-
te Söder. „Wer weiß, was noch kommt?“

Augsburg–Knapp 40 Jahre nach dem
Gewaltverbrechen an der damals neun-
jährigen Ursula Herrmann kämpft der
Bruder des Opfers weiter vor Gericht:
Diesmal um Schmerzensgeld, das er von
dem verurteilten Täter erhalten will. Mi-
chael Herrmann waren im Jahr 2018 vom
Landgericht Augsburg 7000 Euro Schmer-
zensgeld zugesprochen worden. Er hatte
allerdings 20 000 Euro gefordert, wes-
halb er Berufung einlegte, wie auch der be-
klagte Täter, der vor allem anführt, zu Un-
recht verurteilt worden zu sein – und des-
halb nicht für körperliche Folgen des
Klägers verantwortlich gemacht werden
könne.
Herrmann glaubt ebenfalls, dass der
Verurteilte nicht der wahre Täter ist –
auch deshalb hat er den Zivilprozess ange-
strengt, in dem es nicht nur um Schmer-
zensgeld geht, sondern durch den weiter-
hin Zweifel an der rechtmäßigen Verurtei-
lung genährt werden sollen. Herrmann ar-
gumentiert, dass er nach der Festnahme
des Täters im Jahr 2008 und der Verurtei-
lung im Jahr 2010 an einem Tinnitus lei-
de. Während das Landgericht seiner Argu-
mentation teilweise gefolgt war, zeigte
sich das Oberlandesgericht München am
Dienstag skeptisch: Die Festnahme und
Verurteilung des Täters könnten nicht als
„schockartiger Eingriff“ gewertet wer-
den, zudem sieht das Gericht keinen zeitli-
chen Zusammenhang zwischen der Tat
und den körperlichen Folgen. Beides sei
aber rechtlich notwendig, um dem Kläger
Schmerzensgeld zuzusprechen. Das Ur-
teil soll am 31. März fallen. ffu

Regensburg–Im zweiten Korruptions-
prozess gegen Joachim Wolbergs hat sich
das Regensburger Landgericht am Diens-
tag in einem wichtigen Streitpunkt auf
die Seite des suspendierten Oberbürger-
meisters geschlagen. Der Streitpunkt be-
trifft die Spenden der Bauunternehmer
Ferdinand und Martin Schmack, die auf
das Konto flossen, über das Wolbergs sei-
nen OB-Wahlkampf 2014 finanzierte, ins-
gesamt 80 000 Euro. Zum Spendenzeit-
punkt war er noch nicht OB, sondern Drit-
ter Bürgermeister. Der bisherige Prozess
habe ergeben, dass Wolbergs damals kei-
ne „praktischen Einflussmöglichkeiten“
bei den Schmack-Projekten gehabt habe,
sagte Richter Georg Kimmerl. Nach An-
sicht der Strafkammer kommt daher
nicht in Frage, Wolbergs wegen Bestech-
lichkeit zu verurteilen. „Stand jetzt“, sagte
Kimmerl und betonte den vorläufigen
Charakter der rechtlichen Bewertung. Of-
fen ließ die Kammer zudem, ob Wolbergs
wegen der Schmack-Spenden mit einem
Schuldspruch wegen Vorteilsannahme
rechnen muss, einer weniger schweren
Form der Korruption.
Im Fall Schmack geht es um eine Indus-
triehalle im Stadtosten, deren Baugeneh-
migung OB Wolbergs im Herbst 2016 per-
sönlich unterschrieb. Das Verfahren ge-
gen Martin Schmack, einen der beiden
Unternehmerbrüder, ist im Dezember
eingestellt worden – gegen eine Zahlung
von 80 000 Euro. In seinem zweiten Kor-
ruptionsprozess kämpft Wolbergs je-
doch auch gegen Vorwürfe, die mit den
Spenden weiterer Bauunternehmer zu
tun haben. Der Unternehmer Thomas D.
etwa soll rund 160 000 Euro an Wolbergs
gespendet haben, um sich dessen Gunst
bei einem Bauvorhaben zu sichern. Weil
diese Spenden großteils nach Wolbergs’
Wahlsieg 2014 flossen, droht dem OB in
diesem Fall weiterhin eine Verurteilung
wegen Bestechlichkeit. Thomas D. hat in
diesem Zusammenhang bereits im Früh-
jahr 2018 einen Strafbefehl wegen Beste-
chung des OB akzeptiert. Im vergange-
nen Februar hat das Landgericht dann ei-
nen weiteren Bauunternehmer wegen Be-
stechung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Sieben Monate zuvor war Wolbergs im
ersten Korruptionsprozess wegen zwei
Fällen der Vorteilsannahme schuldig ge-
sprochen worden. Er blieb allerdings
straffrei. andreas glas

Im Rachen gebildete Kehllaute prägen die Sprechen in Südbayern, Österreich
und in der Schweiz. Leider nisten im Rachen auch die Coronaviren. FOTO: IMAGO

Polizei sucht in sozialen


Netzwerken Verstärkung


CORONAVIRUS

Jetzt ist ein starker


Staatgefragt


Corona-Krise ist „voll angekommen“


Kabinett verbietet Großveranstaltungen und verschiebt Semesterbeginn. Staatliche Konzerthäuser bleiben zu
und Starkbierfeste fallen aus. Ministerpräsident Söder will auch keinen Wahlkampf mehr machen

Wieder Prozess im


Fall Ursula Herrmann


von florian fuchs

A


ngespannt ist die Stimmung der-
zeit in den meisten bayerischen
Kommunen. So kurz vor der Wahl
sehen die einen rot und die anderen
schwarz. Es gibt allerdings auch Gemein-
den, da sind sich die Beteiligten über-
haupt nicht mehr grün – obwohl die Par-
teienfarbe bei Kommunalwahlen wie in
dem kleinen 300-Einwohner-Ort im
schwäbischen Markt Tussenhausen eine
eher untergeordnete Rolle spielt. Einen
solchen Ärger haben sie dort gerade,
dass ein Mitglied des Marktgemeinde-
rats nun zur Causa sogar eine Anzeige in
der Lokalzeitung schalten will. Weil es so
nicht weitergehen könne, sagt er. Anlass
für den Zoff ist der Bau eines Feuerwehr-
hauses. Die Verwaltung hat es versäumt,
einen Förderantrag zu stellen, Tussen-
hausen könnte zumindest auf einem Teil
der Kosten sitzen bleiben. Der Vorwurf
an den Bürgermeister lautet: Er will die
Sache aussitzen bis nach der Wahl und
den Sachverhalt erst dann veröffentli-
chen.
110 000 Euro Förderung für zwei Stell-
plätze im Ortsteil Mattsies hätte es geben
sollen. Im November habe der Bürger-
meister in nicht-öffentlicher Sitzung ge-
beichtet, dass die Frist versäumt wurde.
Den weihnachtlichen Frieden habe man
nicht stören wollen, heißt es von verschie-
denen Seiten aus dem Marktgemeinde-
rat. Deshalb sei das Versäumnis zunächst
im Einvernehmen nicht öffentlich ge-
macht worden. Dass der Bürgermeister
allerdings trotz mehrfacher Aufforde-
rung nun immer noch nichts gesagt habe,
sei eine Unverfrorenheit.
Der Bürgermeister wiederum beruft
sich am Telefon darauf, dass die Thema-
tik noch immer der Schweigepflicht nicht-
öffentlicher Sitzungen unterliege und er
deshalb öffentlich zur Finanzierung des
Feuerwehrhauses gar nichts sagen dürfe.
Nach der Anfrage kommt am Dienstag-
nachmittag dann aber plötzlich doch eine
offizielle Pressemitteilung der Marktge-
meinde, in Abstimmung mit der Rechts-
aufsicht des Landratsamts: Der Förderan-
trag sei versäumt worden, heißt es darin,
ein Teil des Schadens sei aber bereits
durch eine Versicherung behoben. Auch
werde weiterhin versucht, doch noch För-
dermittel einzutreiben. Der Ärger ist aber
trotzdem nicht ausgestanden: Nun soll ge-
klärt werden, inwieweit Gemeinderats-
mitglieder gegen ihre Verschwiegenheits-
pflicht verstoßen haben.


Ministerpräsident Markus Söder erläutert nach der Kabinettssitzung in der Staatskanzlei die Pläne der Staatsregierung, mit denen dem Coronavirus begegnet wer-
den soll. Mit dabei sind Gesundheitsministerin Melanie Huml und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. FOTO: SVEN HOPPE/DPA

Von der Ansteckungsgefahr beim Zäpfchen-R


EinSchweizer Immunologe warnt vor der Verbreitung des Coronavirus durch Dialektsprecher. Denn bei Kehllauten geht es feucht zu


Vier Millionen Euro plant
das Ministerium allein für
Ausfälle an der Staatsoper ein

(^30) MÜNCHEN · BAYERN Mittwoch, 11. März 2020, Nr. 59 DEFGH
MITTEN IN BAYERN
Schweigepflicht
undSchlamperei
Punkt für
Wolbergs
Gericht sieht keine Bestechlichkeit
bei Schmack-Spenden

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