Yachtrevue – Juli 2017

(Ron) #1
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Märkte

Mythos Rindt

Steiermark Magazin 5 • 2017

FOTOS: WWW.PICTUREDESK.COM, GETTY IMA

GESD

in der Luft lag. Wir alle haben uns an
diesem Samstag in der Grazer Woh-
nung schwer betrunken.“

Teddy Podgorski
Radio- und Fernsehjournalist,
ORF-Intendant (damals 35)
„Ich glaube, es war Prüller, der mich am
Telefon erwischt hat. Der Schock war
besonders grotesk, weil Jochen und ich
in den Tagen und Wochen davor an ei-
nem Film gearbeitet hatten, es sollte
der Weltmeister-Film im Sportpano-
rama werden. So wurde es sein
Nachruf, und die Trauer wurde im ers-
ten Moment vom Job verschlungen.
Der große Heinz Neubrand kompo-
nierte die Musik dazu und nannte sie
Parabolica. Als Vinyl-Single-Rarität
kann man sie heute noch auftreiben.“

Heinz Prüller
Journalist und Sportkommentator
(damals 29)
„Samstag in Monza. Um 14.00 Uhr ist
Trainingsbeginn. Um 14.20 Uhr plärrt
der Lautsprecher: Unfall von Rindt in
der Parabolica, Pilot ist schon ausgestie-
gen. Dann nur noch nervöse Stille.
Ängstliche Interviews, auch mit Denny
Hulme, den die Schlängelbewegungen
des Lotus beim Anbremsen der Parabo-

lica alarmiert hatten. Mir wird trotz der
Spätsommerhitze eiskalt. Die Angst um
Jochen wird immer größer. Ich rufe den
Fernsehsportchef an: Können wir die
Übertragung des Rennens absagen?
Nein, es gibt keinen Grund, das Rennen
nicht zu übertragen. Eine Konkurrenz-
zeitung schreibt tags darauf: Prüller
kämpfte gegen ein Millionenpublikum,
das nach der Tragödie nicht bereit war,
sich für den Motorsport zu begeistern,
er kämpfte gegen hilflose Kameraleute
und einen betroffenen Regisseur.“

Helmut Deimel
Renn- und Rallyefilmer (damals 21)
„Ich war mit meinem Mini Cooper auf
dem Heimweg von einem Arbeitsur-
laub in Schweden. Schon dieses Auto
stellte damals klar: Hier kommt ein
Rallyefan! Trotzdem kannte ich natür-
lich den Namen Jochen Rindt. Erstens
wegen seiner lässigen Auftritte als Mo-
derator im ORF-Motorama, zweitens
wegen der wilden Graz-Wien-Heizerl
auf der 17er-Bundesstraße und natür-
lich wegen seiner tollen Rennsaison


  1. Bei einem Tankstopp in der Ge-
    gend von Kassel identifizierte mich der
    Tankwart als Österreicher und über-
    brachte mir bei der Geldübergabe die
    traurige Nachricht.“


Herbert Völker
Ehemaliger Chefredakteur und Her-
ausgeber der Autorevue (damals 27)
„Ich schlug eine peruanische Zeitung auf
und starrte auf eine Überschrift, die Jo-
chens Tod meldete. Ich war bei der Ral-
lye der Inkas, mein Ticket gab keine
Chance auf einen früheren Rückflug,
und Ferngespräche funktionierten ir-
gendwie nicht. Ich schrieb dem Axel
Höfer einen Luftpostbrief: Er möge
doch bitte die Autorevue weitgehend
ausräumen für das einzige Thema. Ich
schaffte es noch rechtzeitig, und alle un-
sere Freunde (und Betroffenen) halfen
mit, der Zwickl und der Prüller, Mar-
tin Pfundner und Loisl Rottensteiner,
Kumpa und Schlegelmilch. Es wurde
ein würdiges Andenken an Jochen, und
erst als das Heft heraußen war, kapier-
ten wir so richtig, was alles nie wieder
sein würde wie vorher.“

Erich Walitsch
Rindt-Experte und Sammler
( damals 11)
„Im Sommer 1970 lag Österreich im
Rindt-Fieber. Es war eine echte Hys-
terie, selbst Menschen, die sich nie für
Motorsport interessiert hatten, fieber-

SECHS SIEGE und 109 WM-Punkte holte Rindt, 1970 wurde er posthum Weltmeister. JOCHEN RINDT mit seiner Frau Nina.

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