Menschen
Steiermark Magazin 5 • 2017
FOTO: SABINE HOFFMANN
AM PULS DES LEBENS
Rainer Picha war Intensivmediziner am LKH Graz. Doch das war ihm zu
wenig. Er spezialisierte sich auf Ayurveda und organisierte jetzt in London
den ersten internationalen Ayurveda-Kongress mit mehr als 300 Experten.
B
etritt man die Praxis von Rai-
ner Picha am Grazer Berliner
Ring, ist man ein wenig über-
rascht: keine üppige, indisch
anmutende Szenerie, keine Räucher-
stäbchen und Meditationsteppiche
oder was man sonst vielleicht von ei-
ner Ayurveda-Praxis erwarten würde.
Im Gegenteil: weiße Wände, eine
Couch, ein schnörkelloser Schreibtisch.
Schlicht mutet auch der Behandlungs-
beginn an: Alles startet mit einer Puls-
diagnose mit drei Fingern, um festzu-
stellen, um welchen Typ es sich beim
Patienten handelt und welche Behand-
lung er benötigt.
Picha selbst ging den klassischen
Weg eines Medizinstudiums und leite-
te bis 1996 die Intensivstation mit
Schwerpunkt Herzkatheter am LKH
Graz. „Doch mir wurde bewusst, dass
ich entweder bis zu meiner Pension mit
Patienten arbeite, die vor oder nach ei-
nem Herzinfarkt kommen oder ich den
Schwerpunkt auf die Prävention verle-
ge.“ So machte er in Graz und Holland
die Ausbildung zum Ayurveda-Arzt und
eröffnete seine eigene Praxis.
Ayurveda ist eine mehr als 3.000
Jahre alte indische Lehre, die auf Kör-
per und Geist wirkt und eine Krank-
heit erst gar nicht entstehen lässt – da-
her der Leitspruch „Vermeide den
Feind, bevor er geboren wird.“ „Zu mir
kommen Leute mit chronischen Er-
krankungen, mit Schlafstörungen, Ver-
dauungsproblemen und Menschen, die
einfach gesund bleiben wollen.“
2014 gründete Picha die Internati-
onal Maharishi AyurVeda Foundation
und organisierte 2015 die erste inter-
nationale Ayurveda-Konferenz in Hol-
land, heuer fand diese in London statt,
wozu mehr als 300 Experten aus 50
Ländern kamen. 2018 ist der Kongress
in Rio geplant. Gerade in Lateiname-
rika wird Ayurveda parallel zur Schul-
medizin praktiziert. Und genau hier
setzt das Ziel Pichas an, nämlich die
ayurvedische Lehre auch ins klassi-
schen Medizinstudium zu integrieren
und das macht durchaus Sinn: Die
transzendentale Meditation ist eine ur-
alte ayurvedische Yogatechnik, die, in-
tensiv wissenschaftlich untersucht, von
der hoch angesehenen American He-
art Association als einzige Meditations-
form zur Behandlung von hohem Blut-
druck empfohlen wurde.
Eine Ayurveda-Behandlung umfasst
viele weitere Bereiche wie Ernährung,
Stressmanagement, Heilkräuterkunde
und einen gesünderen Lebensstil. Wo-
bei Picha ergänzt: „Ich verstehe
Ayurveda und Schulmedizin als sich er-
gänzende Bereiche und gebe keine Emp-
fehlungen, die in unserer westlichen Ge-
sellschaft nicht umsetzbar sind.“
Katharina Gründl
RAINER PICHA
setzt sich für die In-
tegration von Ayur-
veda im klassischen
Medizinstudium ein.
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