Gemischtwarenla-
den: Im Panel der
S12 sind Segel-
und Motorflugins-
trumente verbaut.
Künftig gibt es
ein aufgeräumtes
Instrumentenbrett
mit G3X-Avionik
von Garmin
daran muss man sich gewöhnen, wenn man
nicht gerade Linienpilot ist. Zum Vergleich:
Die Bombardier CRJ900, Regionaljet im
Dienst der Lufthansa, hat Platz für knapp
90 Passagiere und ist mit 24,90 Metern na-
hezu identisch breit. Beim Parken auf dem
Vorfeld ist da wenig Unterschied im Platz-
bedarf. Um die Stemme auch in gewöhnli-
chen Hangars verstauen zu können, lassen
sich ihre Flügel beiklappen – so benötigt sie
mit knapp zwölf Metern nicht mehr Raum
als eine Cessna 172.
Es sind Details, wegen der sich die S
noch besser in der Thermik kreisen lässt als
ihr Vorgänger. Der geänderte Flügel gehört
genauso dazu wie der 15 Liter fassende Was-
sertank im Heck, mit dem sich der Schwer-
punkt je nach Pilotengewicht einstellen
lässt.
Wir wollen erleben, wie das Flugzeug
fliegt. Also den Fallschirm umschnallen,
sich mit beiden Armen abstemmen (ja, den
passenden Witz macht jeder – und zu recht),
um auf der hohen Rumpfseitenwand zum
Sitzen zu kommen. Dann ein Bein nach
dem anderen in das Cockpit fädeln. Elegant
geht anders, aber vielleicht braucht es da-
zu einfach ein bisschen mehr Übung – oder
weniger als meine 1,93 Meter Körpergröße.
Ob die Haube wirklich zugeht? Noch ein
bisschen den Kopf einziehen, dann rastet
der Verschluss hinter mir ein.
F
ür Aurel, der heute mit mir fliegt,
ist nicht nur das Einsteigen in die
S12 vertraut: Er ist wettbewerbser-
fahrener Segelflieger mit mehreren
nationalen Titeln, in Innsbruck aufgewach-
sen und einer der Piloten der Flugschule
Mountain Soaring, die dort offizieller Stem-
me-Trainingspartner ist. Mit ihrer Alpin-
Erfahrung vermitteln die Österreicher den
Gästen der Horizons Tour die Vorzüge des
Musters in den kroatischen Bergen entlang
der Adriaküste.
Wir sind noch nicht mal richtig aus
der Platzrunde heraus und haben unseren
Flugplan gerade bei Rijeka Tower geöffnet,
als Aurel bereits die Drehzahl zurücknimmt
und kurz darauf das Triebwerk abstellt.
»Brauchen wir jetzt nimmer«, kommen-
tiert er knapp. Griffe, die aussehen wie
Seilzugstarter eines Benzinrasenmähers,
dienen dem Verstauen des Faltpropellers:
Nacheinander zieht man an ihnen. Der ei-
ne bremst die sich im Fahrtwind drehende
Luftschraube, der andere richtet sie in die
korrekte Verstau-Position. Das Ganze dau-
ert keine fünf Sekunden. Mit einem Hebel
in der Mittelkonsole schließt sich der noch
verbleibende Spalt in der Rumpfspitze.
Im übrigen ist das Panel eine bunte Mi-
schung aus Instrumenten des Segel- und
Motorflugs: Ein Dynon D10A EFIS auf der
Pilotenseite, in der Mitte ein LX-Segelflug-
computer mit E-Vario. Rechts Zeigerinstru-
mente für Motorüberwachung und Tankan-
zeige. Um den Technikmix zu reduzieren,
wird die S12 künftig mit Garmin- G3X-Avio-
nik ausgestattet, eine Folge der Übernahme
des Flugzeugbauers Remos im April dieses
Jahres, dessen Hochdecker bereits mit den
Glaspanels ausgestattet sind.
Doch im Moment sind die Anzeigen im
Instrumentenbrett ganz unwichtig. Leises
Rauschen und ein unglaublicher Panora-
mablick aus dem vollverglasten Cockpit
über die Landschaft: Das ist Stemmefliegen
im Segelflugmodus. 1:53 – ab sofort zählt
dieser Wert. Die Gleitzahl interessiert Mo-
torflieger eigentlich nur im Notfall. Bei der
Stemme ist der stehende Propeller im Reise-
flug der Normalfall. 1:53 heißt dann im Klar-
text, dass nach zehn Minuten Steigflug die Fotos: ChristoF
Brenner
Mensch & Maschine
http://www.fliegermagazin.de #9.2017 15