2017-09-21 Fliegermagazin

(Tina Meador) #1
66 http://www.fliegermagazin.de #9.2017

Ein LEsEr fragt:

Kürzlich ist einer unserer Fliegerkollegen
an einem Verkehrslandeplatz einer Kon-
trolle zum Opfer gefallen und musste ein
Bußgeld in Höhe von 100 Euro bezahlen,
weil er die Bestätigung seiner Zuverlässig-
keitsüberprüfung (ZÜP) nicht mitgeführt
hatte. Auf die Frage, nach welcher Vor-
schrift dieses Dokument mitzuführen sei,
bekam der Fliegerkollege keine Auskunft.
Vielmehr wurde er mit der Ankündigung
konfrontiert, dass er nicht mehr weiter-
fliegen dürfe, wenn er das Bußgeld nicht
an Ort und Stelle bezahlt – was ich für
Amtswillkür und für unzulässig halte. Ich
frage mich, was ein Pilot denn außerdem
noch alles vorsorglich mitführen soll, ohne
ahnen zu können, dass dies ohne Angabe
von Gründen von ihm verlangt werden
könnte? Ich habe nun viel recherchiert,
aber konnte keinen Hinweis darauf finden,
dass der Nachweis der Zuverlässigkeit
tatsächlich mitzuführen ist.

zu gehört auch, dass der Betroffene durch
seinen Verteidiger Akteneinsicht nehmen
kann. Sie gibt Hinweise, welche Verpflich-
tung nach welcher gesetzlichen Vorschrift
verletzt wurde.
Erst nach ordnungsgemäßer Prüfung
des Falls und der Stellungnahme des Be-
troffenen kann die zuständige Behörde
einen Bußgeldbescheid erlassen, der mit
einer Rechtsbehelfsbelehrung förm-
lich zugestellt wird. Selbst dann wird die
Geldbuße erst fällig, nachdem der Buß-
geldbescheid rechtskräftig ist: frühestens
zwei Wochen nach Zustellung, wenn kein
Einspruch eingelegt wird.
Das Luftaufsichtspersonal vor Ort kann
ohnehin nur im Eilfall ein Startverbot
verhängen: Der krasseste vorstellbare Fall
ist Trunkenheit des Piloten oder offen-
sichtliche Mängel am Flugzeug, die die
Luftsicherheit gefährden. Ansonsten bleibt
der Luftaufsicht nur die Meldung an die
zuständige Luftverkehrsbehörde. Da für
die Luftaufsicht der Verhältnismäßigkeits-
grundsatz gilt, dürfen nur Maßnahmen
ergriffen werden, die zur Gefahrenabwehr
erforderlich, geeignet und angemessen
sind. Es ist offensichtlich, dass die Zahlung
eines Bußgelds vor Ort eben nicht geeig-
net ist, die Gefahr zu beseitigen, die von
einem Piloten ohne ZÜP ausgehen könnte.
Kann jedoch ein Pilot bei der Kontrolle
durch die Luftaufsicht zum Beispiel keine
Lizenz vorlegen, liegt die Vermutung nahe,
dass er gar keine besitzt. Dann ist ein Start-
verbot gerechtfertigt.
Im beschriebenen Fall hätte der Be-
troffene die Polizei rufen können. Auch
wenn den Polizeibeamten vielleicht nicht
bekannt gewesen wäre, welche Papiere ein
Pilot mitzuführen hat, so wären sie spätes-
tens bei dem Umstand hellhörig gewor-
den, dass gegen Zahlung von 100 Euro der
Flug auch ohne vollständige Papiere hätte
fortgesetzt werden können.

KOmmENtAr Dr. Roland Winkler

E


s muss Sie nicht wundern, dass Sie
nichts zur Pflicht finden konnten, die
Bestätigung über die erfolgreiche Zu-
verlässigkeitsüberprüfung beim Flug mit
sich zu führen: diese Pflicht gibt es schlicht
und einfach nicht. § 27 Abs. 1 Ziff. 2 LuftVO
bestimmt, dass Sie den für die Wahrneh-
mung der Luftaufsicht zuständigen Per-
sonen oder Stellen »... die vorgeschriebe-
nen Ausweise, insbesondere die Scheine
und Zeugnisse für die Besatzung und das
Luftfahrzeug auf Verlangen auszuhändi-
gen haben.« In FCL.045 der EU-Verordnung
1178/2011 sowie in § 8 und 120 der LuftPersV
ist festgelegt, welche Ausweise von Piloten
mitzuführen sind (siehe Kasten). Die Mit-
teilung über die ZÜP ist nicht dabei; sie ist
kein Ausweis, sondern ein Bescheid – und
der muss nicht in Ihrer Fliegertasche sein.
Zwar legt § 134 der LuftPersV fest, dass
Inhaber von EASA-Lizenzen (nicht jedoch
UL-Piloten – offensichtlich ein Versäumnis
des Gesetzgebers) eine Ordnungswidrig-
keit begehen, wenn sie die vorgeschriebe-
nen Ausweise nicht mitführen. Sie kann
mit einem Bußgeld bis zu 30 000 Euro
belegt werden. Doch das gilt eben nicht für
die ZÜP – das Vorgehen des Prüfers könnte
also durchaus den Straftatbestand der Er-
pressung nach § 253 StGB erfüllen.
Ohnehin liegt die Zuständigkeit für
die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten
zentral beim Bundesaufsichtsamt für Flug-
sicherung (siehe fliegermagazin #6.2017).
Dort – und nur dort – wird entschieden,
ob ein Verfahren eingeleitet wird und in
welcher Höhe eine eventuelle Geldbuße zu
verhängen ist. Außerdem: Da die Bundes-
republik ein Rechtsstaat ist, muss der Be-
troffene vor Erlass des Bußgeldbescheids
gehört werden und die Möglichkeit haben,
sich gegen den Vorwurf zu verteidigen. Da-

Praxis | recht


Wie im Wilden Westen


auskunftspfLicht Ein Kontrolleur der Luftaufsicht will ein Dokument sehen,
das der Pilot nicht bei sich hat – und schießt dabei weit über das Ziel hinaus

Dr. Roland Winkler,
Rechtsanwalt und Pilot

Foto: Christina sCheunemann

was dabei sein muss
Piloten müssen eine gültige Lizenz und ein gültiges Taug-
lichkeitszeugnis mitführen, ebenso ein Ausweisdokument
mit Passbild (Personalausweis, Reisepass). Das Flugbuch
mit dem Nachweis der Flugzeiten ist von Piloten mit EASA-
Lizenz gemäß FCL.045 der EU-Verordnung 1178/2011
»ohne ungebührliche Verzögerung« vorzulegen – es darf
also zu Hause bleiben. UL-Piloten dagegen müssen es
laut § 120 LuftPersV mitführen. Ist das Funksprechzeug-
nis nicht in der Lizenz eingetragen, muss es ebenfalls
mitgeführt werden.

haben sie juristische Fragen
zur Luftfahrt?
Wenn ja, dann schreiben Sie bitte an:
Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler,
c/o Redaktion fliegermagazin,
Troplowitzstraße 5, 22529 Hamburg oder
an [email protected]

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