Flugrevue Oktober 2017

(Tuis.) #1

Fuel Management


FOLGE 030


Kerosin ist teuer und ein großzügig
betanktes Flugzeug schwer und durstig.
Daher sind vor allem Billigflieger be-
strebt, möglichst wenig zu tanken. Doch
dem sind Grenzen gesetzt: Durch Geset-
ze ist exakt geregelt, zu welchem Zeit-
punkt wie viel Treibstoff in den Tanks
von Verkehrsflugzeugen sein muss.
Die Aufzählung fällt rückwärts am
leichtesten, also wenn das Flugzeug ge-
landet ist. Und zwar an seinem Aus-
weichflughafen, da der Zielflughafen
nicht anzufliegen war. Dann muss min-
destens noch der sogenannte Final Re-
serve Fuel in den Tanks sein. Das ist die
allerletzte, „goldene“ Reserve, die für
30 Minuten Warteschleife in 1500 Fuß
(457 Meter) Höhe berechnet ist.
Diese darf unter normalen Um-
ständen nicht angezapft
werden. Sobald dies pas-
siert, müssen die Piloten
einen Notruf absetzen,
und nach der Landung
wird eine Untersu-

chung eingeleitet. Ist das Flugzeug an
seinem regulären Zielflughafen gelan-
det, muss sich zusätzlich zur Final Re-
serve noch der Alternate Fuel in den
Tanks befinden. Das ist jene Spritmen-
ge, die berechnet wurde, um nach einem
Fehlanflug am Zielflughafen zum Aus-
weichflughafen fliegen zu können.
Auf diese Mindestmengen kommt
nun der Trip Fuel. Dieser Kraftstoff wird
anhand der Route und der aktuellen
Winde sowie der geplanten Flughöhe
vom Start- zum Zielort berechnet. Von
dieser Menge müssen fünf Prozent (in
einigen Fällen drei Prozent) als zusätzli-
che Reserve für die Route mitgeführt
werden, der sogenannte Contingency
Fuel. Dieser wird benötigt, um bei-
spielsweise Gewitter zu umflie-
gen oder falls eine niedrigere
Flughöhe genutzt wird als
geplant. Der Contingency
Fuel darf bei der Landung
komplett verbraucht sein.
Final Reserve, Alternate,
Trip und Contingency Fuel
sind auf dem Flugplan als
Planned Take-off Fuel ausge-
wiesen. Mit weniger als
dieser Menge Treibstoff darf
kein Verkehrsflugzeug star-
ten. Zusätzlich dazu kön-
nen die Piloten nun noch
den Extra Fuel festlegen,
der den Take-off Fuel
entsprechend erhöht.
Die Menge an Extra-
Treibstoff kann je nach
Wetter und Verkehrs-
situation am Zielort
von null bis zu meh-
reren Stunden Flug-
zeit variieren. Sie
wird benötigt, um
beispielsweise War-

teschleifen am Zielort zu fliegen. Wird
ohne Extra Fuel geflogen und wurde auf
der Route kein Sprit gegenüber der
Planung eingespart, muss noch vor der
ersten Warteschleife an den Ausweich-
flughafen geflogen werden.
Was zum Zeitpunkt des Abhebens
bereits verbraucht ist, ist der Taxi Fuel.
Dieser wird getankt, um das Flugzeug
von der Parkposition bis zur Startbahn
zu bewegen. Die gesamte getankte Kero-
sinmenge wird als Block Fuel bezeich-
net. Getankt wird immer nach Masse,
nie nach Volumen. Die Masse gibt den
tatsächlichen Energiegehalt des Kraft-
stoffes an und bleibt auch unter ver-
schiedenen Temperaturen konstant.
Ist das Kerosin am Zielort sehr teuer
und die Strecke relativ kurz, empfiehlt
es sich, durchzutanken – dann wird der
Trip Fuel für den Rückflug bereits auf
dem Hinflug als Extra Fuel mitgenom-
men. Diese Empfehlung lesen die Piloten
als Tankering Recommended auf ihrem
Flugplan. In diesem Fall ergab die Rech-
nung, dass es preiswerter ist, den Mehr-
verbrauch durch ein schwereres Flug-
zeug in Kauf zu nehmen, als Kerosin
teuer am Zielort zu tanken.
Im Flug müssen die Piloten einmal
pro Stunde einen Fuel Check durch-
führen. Auf dem Flugplan ist für jedes
Streckensegment der entsprechende
Kraftstoffbedarf angegeben. Die in den
Tanks verbliebene Menge muss also dem
Treibstoffbedarf für die restliche Route
zuzüglich Reserven entsprechen. Darauf
wird der, mittels Durchflussmesser
gemessene, bereits verbrauchte Sprit
addiert. Das muss dieselbe Menge erge-
ben, die beim Start in den Tanks war. So
kann ein Leck in den Tanks ausgeschlos-
sen und sichergestellt werden, dass die
Triebwerke nicht mehr Kerosin benöti-
gen als vorher berechnet.

Illustration: Ralf Athen

MAX KÜHNL

FR

auf der Startbahn Taxi Fuel

LandungamZielort

LandungamZielort
mindestens

Trip Fuel

Contingency Fuel

Extra Fuel

Alternate Fuel

Final Reserve Fuel (30 min)

am Gate

normal

Landung am Aus-
WEICHmUGHAFEN

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