Flugrevue Oktober 2017

(Tuis.) #1
Rolls-Royce plant jedoch eine Nummer
größer: Nichts weniger als das „leistungs-
fähigste Luftfahrtgetriebe der Welt“ will
der britische Triebwerksbauer entwi-
ckeln. Eine Übertragung von bis zu
100 000  PS soll damit möglich sein.
Gemeint ist damit die Leistung der Nie-
derdruckwelle, nicht des Triebwerks.
„Das ist die Herausforderung: einen
Weg zu finden, eine solche Leistung auf
kompakte, leichte und zuverlässige Wei-
se zu übertragen“, so Whitehead. Denn
niemand habe bisher ein Getriebe dieser
Größe und Leistungsdichte gebaut. Das
bisherige Design sieht einen Durchmes-
ser von rund 80 Zentimetern und ein
Gewicht von unter einer Tonne vor. Bei
einem Technologiebriefing Ende März in

Bei Entwicklung und Design des Getriebes kamen Virtual-
Reality-Anwendungen zum Einsatz.

Der Leistungsprüfstand ist ein geschlossener Kreislauf mit
rund 35 Metern Länge und fast fünf Metern Breite.

Auf dem Leistungsprüfstand in Dahlewitz gehen die Ingenieure an die Belastungs-
grenzen des UltraFan-Getriebeprototyps.

Fotos: Rolls-Royce

Dahlewitz zeigte Rolls-Royce erste, ver-
kleinerte Modelle des Planetengetriebes
mit einem Sonnenrad, fünf Umlaufrädern
und einem festen Hohlrad. Auf jedes
Umlaufrad wirkt im späteren Betrieb die
Kraft eines Trent XWB-84 bei vollem
Schub (der Antrieb der A350-900 hat
einen Startschub von 375 Kilonewton).

EINE OPTION NICHT NUR FÜR
GROSSRAUMFLUGZEUGE
Als Rolls-Royce die Pläne für seine bei-
den Zukunftsantriebe Advance (noch
ohne Getriebe) und UltraFan Anfang
2014 erstmals öffentlich präsentierte,
schienen die Briten die nächste Genera-
tion an Großraumflugzeugen ins Visier
zu nehmen. In Dahlewitz betonte Rolls-

Royce jedoch, dass die Technologien
skalierbar für Schubklassen zwischen
rund 155 und 480 Kilonewton seien.
Damit wären die Triebwerke nicht nur
Kandidaten für eine potenzielle A380neo
(wenn Airbus das Programm nicht vor-
her einstellt), sondern auch für neue
Narrowbodies sowie Boeings New Mid-
size Airplane (NMA).
Entwickelt und getestet wird das
Leistungsgetriebe bei Rolls-Royce
Deutschland in Dahlewitz. Neben dem
sogenannten Power Gearbox Office, das
mehr als 100 eigene Mitarbeiter und ex-
terne Getriebeexperten beherbergt, wur-
de dafür in den vergangenen Jahren für
84 Millionen Euro ein neues Testzentrum
aufgebaut. Auf einem Lage- und einem

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Rolls-Royce UltraFan


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