Flugrevue - Februar 2017

(avery) #1
Mai Starts und Landungen auf einer
Plattform auf dem Tankschiff „Bunker
Hill“ durch. Weitere Tests auf der
„James Parker“ folgten im Juli; dabei
wurden die Helikopter mit Schwim-
mern ausgerüstet.
Neben der Army Air Force erhielten
auch die US Navy und das Marine
Corps einige YR-4 für Versuchszwecke.
Am 1. Januar 1944 wurde bei der Coast

Guard Station auf dem Floyd Bennett
Field in New York die Navy Helicopter
School eröffnet. Sie stand schon zwei
Tage später im Rampenlicht, als der
Zerstörer USS „Turner“ im Ambrose-
Kanal vor New Jersey explodierte und
sank. Bei Schneetreiben und schlechter
Sicht brachte Lt Cdr. Frank A. Erickson
mit einer HNS-1 (Navy-Bezeichnung
der R-4) Blutplasma vom Battery Park
in New York in nur 14 Minuten zum
Sandy-Hook-Krankenhaus in New Jer-
sey – mit dem Auto hätte es Stunden
gedauert.

RETTUNGSAKTIONEN UNTER
SCHWIERIGEN BEDINGUNGEN
Die YR-4B bewährte sich aber nicht
nur in den USA selbst. Einige Exempla-
re hatte man für Kalt- und Heißwetter-
versuche bis nach Alaska und nach
Indien verschifft. Dort führte Second
Lieutenant Carter Harman von der
USAAF am 26. und 27. April 1944 die
erste militärische Rettungsaktion mit
einem Hubschrauber durch. Von Lala-
ghat aus flog er alleine 800 Kilometer
nach Aberdeen in Burma, wo eine Stin-
son L-1 Vigilant hinter den feindlichen
Linien abgeschossen worden war. Ein-
zeln flog er zwei Verletzte zu einer
Sandbank aus. Spektakuläre Rettungs-
aktionen mit der R-4 wurden auch in

den folgenden Jahren durchgeführt. Im
April 1945 wurde einer der Hubschrau-
ber der Coast Guard demontiert in ei-
ner C-54 nach Goose Bay, Neufundland,
gebracht, um von dort aus die Besat-
zung einer im Norden Labradors abge-
stürzten PBY der Royal Canadian Air
Force in Sicherheit zu bringen. Darüber
hinaus wurde die HNS-1 im Januar
1947 als erster Hubschrauber von der
USCGC „Northwind“ in der Antarktis
eingesetzt.
Nach dem Bau der YR-4 erhielt Igor
Sikorsky am 26. Februar 1944 einen
Auftrag zur Fertigung von 100 R-4B,
die alle bis Januar 1945 ausgeliefert
wurden. Obwohl der Vertrag über die
USAAF lief, gingen die Helikoter zum
Teil an die US Navy (20 HNS-1) und
wurden nach Großbritannien expor-
tiert. Dort standen sie unter dem Na-
men Hoverfly I bei der Royal Navy und
der Royal Air Force im Dienst. Unter
anderem wurde die No. 529 Squadron
ab August 1944 vom Cierva-Autogyro
Rota (C.30A) auf das Sikorsky-Muster
umgerüstet.
Die R-4 wurde somit der erste Hub-
schrauber, der in einer großen Serie ge-
fertigt wurde und dem Drehflügler all-
gemein zum Durchbruch verhalf. Seine
Einsatzzeit war allerdings begrenzt,
denn schnell folgten neue, leistungsstär-
kere Modelle wie die Sikorsky R-5 und
R-6 oder der leichte Mehrzweckhub-
schrauber Bell Model 47.

Sowohl die Royal Navy als auch die RAF erhielten
R-4B, die als Hoverfly I im Einsatz waren.


Igor Sikorsky selbst hing bei einer
Demonstration an der Winde.

Eine überlebende R-4B steht
heute im Museum der US Air Force
in Dayton, Ohio.


FR

Fotos: Sikorsky, Royal Navy, USAF; Zeichnungen: Michele Marsan

FLUG REVUE F E BRUA R 2017 85
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