roboter haben, die Schmerz empfinden, wenn sie
sich am Stuhlbein stoßen, und sich freuen, wenn
sie endlich Feierabend machen können?
Das halte ich nicht für möglich. Wenn wir als Men-
schen von Bewusstsein sprechen, beziehen wir uns
auf Erlebniszustände leidensfähiger Wesen. Wenn
wir wie in der neuen Serie Westworld Roboter bauen
könnten, die äußerlich nicht von Menschen unter-
scheidbar sind und täuschend echt zum Beispiel vor
Schmerz schreien, bedeutet dies nicht, dass sie tat-
sächlich Schmerz empfinden. Ich bin der Auffassung,
dass unser Schmerzerleben und alle anderen Emp-
findungen, die dafür sorgen, dass wir als biologische
Organismen lebensfähig sind, eine jahrmillionen-
lange Evolution zur Voraussetzung haben. Diese lan-
ge Entwicklungsgeschichte ist konstitutiv, also we-
sentlich für unser menschliches Bewusstsein. Wir
können die Evolution nicht abkürzen. Ein Leben zu
bauen, das Empfindungen und Bewusstseinszustän-
de hätte wie wir, wäre genauso kompliziert, wie eine
gesamte Galaxie herzustellen. Niemand käme auf den
Gedanken, dass wir im Labor eine Galaxie herstellen
könnten, aber viele denken, man könne einen emp-
findungsfähigen Roboter bauen.
Wie schade für die Science-Fiction!
Wie gut für die Science-Fiction! Es wäre doch schreck-
lich für dieses Genre, wenn daraus Science würde,
denn dann wäre die Fiktion verloren.
Sind also nur wir Menschen mit Bewusstsein aus-
gestattet und sonst niemand?
Es mag auch auf anderen Planeten bewusstseinsfä-
hige Organismen geben, aber die kennen wir nicht.
Doch ich bin davon überzeugt, dass Bewusstsein in
verschiedenen Formen über das Tierreich hier auf
der Erde verbreitet ist. Nur ist das Bewusstsein dieser
Tiere jeweils anders als unseres. Psychologen haben
das Phänomen der „kognitiven Penetration“ beschrie-
ben. Einfaches Beispiel: Wenn man beim Autofahren
in den Rückspiegel schaut, hat man ja nicht das Ge-
fühl, ein Spiegelbild zu sehen, sondern man hat den
Eindruck, dass man anschaut, was hinter einem auf
der Straße passiert. Das heißt, unsere bewusste Er-
fahrung ist immer durchdrungen von unseren Vor-
kenntnissen, und sie ist durchdrungen von unserem
Wissen als Lebensform. Und so wird auch bei ande-
ren Lebewesen deren Bewusstsein durch ihre Lebens-
form durchdrungen sein. Bienen zum Beispiel ori-
entieren sich an Lichtspektren und Magnetfeldlinien
am Himmel. Und ich bin überzeugt, dass sie dies
bewusst tun, so wie ich mich bewusst an mein GPS
halte. Wir wissen als Menschen zwar nicht, wie es
sich „anfühlt“, sich wie eine Biene am Himmel zu
orientieren, aber ich habe kein Problem damit, zu
glauben, dass es sich für die Biene irgendwie anfühlt.
Ich würde allerdings nicht so weit gehen, dass ich
Einzellern ein Bewusstsein unterstelle. Wo zwischen
Einzellern und Bienen der evolutionäre Schnitt ist,
ab dem man von Bewusstsein sprechen kann, vermag
heute noch niemand zu sagen.
Haben manche Tiere sogar ein Ich-Bewusstsein,
wie einige Forscher annehmen? Malt
man etwa einem Schimpansen in Nar-
kose, also ohne dass er es merkt, ei-
nen roten Punkt auf die Stirn und er
betrachtet sich anschließend im Spie-
g e l , d a n n g r e i f t e r s i c h v e r w u n d e r t a n
die Stirn. Erkennt dieser Schimpanse
sich selbst, also sein „Ich“ im Spiegel?
Delfine können das wohl auch, und man
hat dieses Phänomen inzwischen bei ei-
nigen Tierarten beobachtet. Ich würde
sagen, dass diese Tiere kein Bewusstsein
davon haben, dass sie ein Bewusstsein
haben, also kein echtes Selbst-Bewusst-
sein. Aber sie haben ein Bewusstsein da-
von, dass sie ein bestimmtes Wesen un-
ter anderen sind: „Ich bin der dort im
Spiegel.“ Wenn wir allerdings etwa die
Sprache von Delfinen entschlüsseln
könnten und wir im Delfinischen einen
Begriff vorfänden, der unserem Begriff
für Bewusstsein entspricht, dann könn-
Auch für
eine Biene
fühlt sich
die Welt
irgendwie an