Meine Gute Landkche MärzApril 2017

(Joyce) #1

22 meine gute Landküche 2 · 2017


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TradiTion


Sinn machte. Die Vinschgerl werden in
offene Holzkästen eingeschichtet und
stehen dann stramm nebeneinander wie
in einem Regal. Auf diese Weise trocknen
sie gleichmäßig, und es droht ihnen kein
Schimmelbefall. Die kleinen Vinschgerl
werden nur mit Roggen gebacken, erklärt
Anna Magdalena, „ich backe sie flach,
dadurch sind sie lange haltbar.“

Frisches Brot war Luxus
Früher, weiß ihr Vater, haben viele Leute
selbst gebacken, „allerdings nur zweimal
im Jahr, denn der Aufwand war recht
groß. Das Brot wurde immer trockener

und irgendwann musste es zerkleinert
werden, damit man es noch beißen
konnte. Das geschah in der Grommel.“
Bei dem Namen kann man sich schon
richtig was drunter vorstellen: Die
Grommel ist ein Holzbrett mit drei Seiten-
wänden. Eine Seite ist offen, ihr gegen-
über ist ein Stück Metall eingehängt. Das
getrocknete Vinschgerl wird unter das
Metall gelegt, nach Wunsch fein oder
gröber gehackt, und die Brotkrumen
fallen nicht auf den Boden, sondern blei-
ben im Kasten. Solche ererbten Grommeln
sind heute dekorative Sammlerstücke,
denn die meisten ihrer Kunden, weiß
Anna Magdalena,
kaufen nicht auf Vor-
rat, sondern schätzen
frische Vinschgerl.
Die Nachfrage nach
solchem wirklich von
Hand gemachtem
Brot ist da, die
Burgers liefern bis
nach Meran, immer-
hin eine gute Auto-
stunde entfernt. Kein Wunder,
dass Hanni, die Cousine von
Anna Magdalena, schon jetzt
bei jeder Gelegenheit in der
Backstube ist und mithilft. Gut
möglich, dass auch sie in Alois’
Fußstapfen tritt. Das würde
den Senior stolz machen:
Bäckerinnen sind im Vinschgau
nämlich noch eine Seltenheit.
Gabriele Gugetzer

WIE FRÜHER Bäcker
Burger verwendet noch
die alten, handgefertig-
ten Maßeinheiten für
Getreide. Rechts: der
typische Brotkorb

ARBEIT, DIE SPASS MACHT Die Familie in der Backstube unterhalb der Bäckerei. Auf dem Tisch sieht man Ur-Paarl: Vinschgerl, die verbunden gebacken
werden. Hanni zeigt stolz den Backertrag des Vormittags. Das Vinschgerl ist ein Dauerbrot und verdirbt nicht – wichtig in der einst sehr armen Region

Für ca. 16 Vinschgerl


  • 700 g Roggenmehl

  • 300 g Weizenmehl

  • 0 g GrJTche )eGe • 20 g Salz

  • 30 g Brotgewürz (z. B. Kümmel,
    'eOchel
    "OJT
    • etwas Brotklee
    (Südtiroler Brotgewürz, z. B. über
    http://www.hobbybaeckerversand.de))



  1. Für den Vorteig 350 g Roggen- und
    150 g Weizenmehl sowie ca. 400 ml
    lauwarmes Wasser verrühren. 15 g Hefe
    zerbröckeln und unterrühren. Den Teig
    abgedeckt an einem warmen Ort min-
    destens 3 Stunden ruhen lassen.

  2. Den Backofen auf 230 Grad (Umluft
    210 Grad) vorheizen. Übriges Mehl, die
    übrige zerbröckelte Hefe und ca. 400 ml
    lauwarmes Wasser gut verkneten, dann
    mit dem Vorteig mischen. Das Salz und
    die Gewürze dazugeben.

  3. Mit gut bemehlten Händen hand-
    tellergroße Fladen aus dem Teig formen.
    Die Fladen auf eine bemehlte Fläche
    legen und abgedeckt etwa 30 Minuten
    ruhen lassen.

  4. Vinschgerl auf mit Backpapier belegte
    Bleche legen und ca. 20 Minuten backen.
    Dann auf die Brotunterseite klopfen, es
    sollte hohl klingen. Andernfalls die Brote
    noch einige Minuten weiterbacken. Fotos: MLK/Uwe Tölle, Karte: MLK/Claudine Panagopoulos

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