Handelsblatt - 27.11.2019

(Barré) #1

übernehmen. „Egal ob Depression,


Angst- oder Essstörung – MindDoc


führt die therapeutische Behandlung


nach vorhandenen Leitlinien an“, er-


klärt Moser. Danach biete die Schön-


Klinik in der Versorgungskette noch


den klinischen Aufenthalt an. Die


letzte Stufe im besagten Modell sei


die Nachsorge nach dem Klinikauf-


enthalt. Ein Rundumservice für den


Patienten also.


Für diesen ist am Ende vor allem


wichtig, ob sein Krankheitsbild durch


die Nutzung der digitalen Angebote


verbessert wird. „Eine komplett


selbstgeleitete Depressions-App kann


für Nutzer, die sie langfristig nutzen,


zu einer Symptomreduktion von 25


Prozent führen“, sagt Moodpath-Co-


Gründer Frauendorf. Diese Behaup-


tung führt er auf die zwei Millionen


Nutzer zurück, die die App vor etwa


sechs Monaten für eine Mindestdau-


er von zwölf Wochen genutzt hätten.


„Solche Symptomreduktionen


kann man allerdings nicht vollstän-


dig auf Moodpath zurückführen. Da-


für bräuchte man konkrete Kontroll-


studien“, schränkt Moser ein. Denn


aufgrund der Anonymität und feh-


lender Daten weiß Moodpath im


Einzelfall nicht, ob der jeweilige Nut-


zer nicht vielleicht schon eine The-


rapie begonnen hat oder sich sowie-


so schon in einer therapeutischen


Behandlung befindet.


*Name von der Redaktion


geändert.


Digitale-Versorgung-Gesetz


Die App kommt bald auch auf Rezept


D


er Markt für digitale Ge-
sundheitsanwendungen auf
dem Smartphone ist breit:
Die Angebote reichen von Diagnose-
Apps zur Analyse von Krankheits-
symptomen über Stimmungstage-
bücher für Depressive und Erinne-
rungshilfen bei der Medikamenten-
einnahme bis zu Fitnesstrackern
und Kalorienzählern. Einer Studie
des Bundesgesundheitsministeri-
ums zufolge gab es 2016 zwischen
80 000 und 90 000 Gesundheits-
Apps. Mittlerweile wird von einer
sechsstelligen Zahl ausgegangen.
Für den ganz überwiegenden Teil
dieser Anwendungen müssen die
Nutzer in Deutschland selbst bezah-
len – entweder mit Geld oder mit
ihren Daten. Immer mehr Kranken-
kassen bieten ihren Versicherten
aber Gesundheits-Apps an, dazu
schließen sie Verträge mit den Her-
stellern. Ab dem kommenden Jahr
sollen digitale Anwendungen in die
Regelversorgung der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) aufge-
nommen werden. Ärzte und Psy-
chotherapeuten können ihren Pa-
tienten dann bestimmte Apps ver-
schreiben, die Kosten übernehmen
die Krankenkassen. Das sieht das
Digitale-Versorgung-Gesetz von Ge-
sundheitsminister Jens Spahn
(CDU) vor, das der Bundestag An-
fang des Monats verabschiedet hat.

Konkret geht es um Anwendun-
gen, die bei der regelmäßigen Ein-
nahme von Medikamenten helfen,
oder digitale Tagebücher für Diabe-
tiker. Auch Anbieter von Apps, die
eine Psychotherapie begleiten, kön-
nen sich um die Zulassung beim
Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte bewerben. Die
Bundesbehörde prüft die digitalen
Anwendungen auf Sicherheit, Funk-
tionstauglichkeit, Qualität, Daten -
sicherheit und Datenschutz. Die
Prüfkriterien will das Bundesge-
sundheitsministerium im ersten
Quartal 2020 per Rechtsverord-
nung festlegen. Im Laufe des nächs-
ten Jahres dürften Ärzte also die
ersten Rezepte für Apps ausstellen.

„Deutschland ist das erste Land, in
dem digitale Anwendungen ver-
schrieben werden können“, sagte
Spahn. „Mit diesem Gesetz machen
wir die Versorgung digitaler – und
besser.“
Ärztepräsident Klaus Reinhardt
warnt allerdings davor, die Rolle
von Apps für die Gesundheitsver-
sorgung zu überschätzen. Die gro-
ße Menge an digitalen Anwendun-
gen mache die Unterscheidung
nicht ganz einfach, sagte er. Es gebe
sinnvolle und hilfreiche Angebote,
aber auch viel „Schnickschnack“.
Kritiker von Spahns Gesetz wenden
ein, dass Apps mit einer Schnell-
spur in die Regelversorgung geho-
ben werden, ohne dass ihr Mehr-
wert oder mögliche Risiken ausrei-
chend erprobt wurden. Die
Krankenkassen kritisieren, dass
durch die App auf Rezept schwer
kalkulierbare Mehrausgaben auf sie
zukommen.
Ist eine App nach der ersten Prü-
fung zugelassen, wird diese vorläu-
fig ein Jahr lang von den Kassen be-
zahlt – zum Herstellerpreis. In die-
ser Zeit müssen die Anbieter einen
Nutzen für Patienten nachweisen.
Kommt die Anwendung dann dau-
erhaft in die Versorgung, verhan-
delt der Hersteller mit dem GKV-
Spitzenverband über die Höhe der
Erstattung. Gregor Waschinski

Diese
Woche
beschäfti -
gen wir
uns mit
dem Thema Anti-
Depressions-Apps.
Die weiteren Beiträge
finden Sie unter:
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blatt.com/
digitalerevolution

Deutschland ist das


erste Land, in dem


digitale Anwendungen


verschrieben werden


können.


Jens Spahn
Bundesgesundheitsminister

DIGITALE
REVOLUTION

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Digitale Revolution
MITTWOCH, 27. NOVEMBER 2019, NR. 229


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