76 NATIONAL GEOGRAPHIC
Die preisgekrönte
Journalistin Rania
Abouzeid berichtet seit
mehr als 15 Jahren aus
dem Nahen Osten und
Südasien. Über den
Syrienkrieg hat sie ein
Buch geschrieben. Sie
lebt in Beirut (Libanon).
Die Fotografin Yagazie
Emezi konzentriert sich
auf Reportagen über
afrikanische Frauen, de-
ren Gesundheit, Sexuali-
tät, Bildung und Rechte.
obwohl ihr Mann auch in der Land-
wirtschaft arbeitet, ist sie die
Hauptverdienerin. Dass Frauen im
Parlament sind, sagt sie, „macht
uns stolz. Ich sehe, wie weit wir es
bringen können, wenn wir hart
arbeiten. Deshalb haben manche
von uns in der Gemeinde Führungs-
aufgaben übernommen“.
Doch so beeindruckend Ruandas
Wandel und die große Zahl von
Frauen an der Macht auch sind,
verdecken sie eine tiefere Wahrheit
über die Grenzen der Veränderung:
Die ruandischen Frauen haben ihre
Rechte nicht auf der Straße er-
kämpft; sie haben sie per Gesetz
verordnet. Und nun hoffen sie, dass
der Geist der Reformen von oben
nach unten die breite Gesellschaft
durchdringt. Doch weder Ruba-
gumya, die Parlamentsabgeord-
nete, noch Uvuza, die frühere Lei-
terin der Rechtsabteilung im Fa-
milienministerium, glauben, dass
man bereits auf die 30-Prozent-
Quote verzichten könnte. Noch
habe sich die Gesellschaft nicht so
sehr verändert, dass eine angemes-
sene Repräsentanz von Frauen im
Parlament gesichert sei.
„Der Wandel in den Köpfen
geschieht nicht über Nacht“, sagt
Rubagumya. Das betrifft vor allem
die Verhältnisse in der Familie.
Justine Uvuza, die in ihrer Disser-
tation das öffentliche und private
Leben von Ruandas weiblichen
Parlamentsabgeordneten unter-
sucht hat, sagt, die Macht einer
ruandischen Frau, egal wie groß
sie in der Öffentlichkeit sein mag,
ende noch immer an ihrer Tür-
schwelle: „Die Männer ändern ih-
re Gewohnheiten nicht.“ Selbst
die Ehemänner weiblicher Parla-
mentsabgeordneter, so Uvuza, er-
warteten von ihren Frauen, dass
sie die Schuhe des Gatten putzen,
ihre Hemden bügeln und ihnen das
Badewasser einlassen.
Der logische nächste Schritt in
Ruandas Evolution der Geschlech-
EMMA FURAHA
RUBAGUMYA
VORSITZENDE
DES AUSSCHUSSES
FÜR POLITISCHE
ANGELEGENHEITEN
UND GENDER
Der Wandel in
den Köpfen der
Menschen geschieht
nicht über Nacht.
ter konzentriere sich daher auf die
Männer, auf die familiären Verhält-
nisse, so Mary Balikungeri, die
Direktorin des Ruanda Women’s
Network. „Wir müssen auch ihre
Sichtweise ändern, indem wir sie in
den Dialog einbeziehen.“
Die Ministerin für Geschlechter-
und Familienförderung, Solina
Nyirahabimana, sieht das ähnlich.
25 Jahre lang habe man nun mit
Stereotypen gebrochen und Frauen
erzählt, was sie alles können. „Aber
die Männer wurden nicht mitbe-
rücksichtigt.“ Ihr Ministerium habe
einen viel ehrgeizigeren Plan: Die
Diskriminierung bei der Wurzel
packen. Und dafür müsse man
schon den Kindern Geschlechter-
gerechtigkeit beibringen.