Focus - 09.11.19

(singke) #1
Feelings – Kunst und Emotion
„Soliloquy“ heißt so viel wie Selbstgespräch oder
Monolog. Es ist ein Begriff, der im Englischen vor allem
im Theater benutzt wird. Sam Taylor Johnson betitelte
damit eine Fotoserie. Ein Bild zeigt eine runde Frau, die
mit nacktem Oberkörper und offenem Mund schläft. Auf
einem weiteren scheint ein attraktiver, junger Mann fast
vom Sofa zu fließen. Beide eigentlich reglosen Menschen
kommen dem Betrachter auf verstörend intime Weise
ganz nah, zumal unter ihren Porträts Ausschnitte aus ihren Träumen
zu sehen sind. Es sind nur zwei Beispiele von einer 100 Bilder, Objekte
und Filme umfassenden Ausstellung, die dazu einlädt, sich der
Kunst emotional zu nähern. So kann sie zu einem „unmittelbaren
Dialog zwischen Kunstwerk und Betrachtenden anregen, um zu einer
intensiven Auseinandersetzung zu motivieren“, wie die Kuratoren
Bernhart Schwenk und Nicola Graef sagen. Die Besucher können
sich hemmungslos vor Alex Da Cortes Stills ekeln, um die von Marlene
Dumas gemalten Menschen fürchten, mit Stephan Melzl erotisch
berührt oder beschämt in der Ecke stehen, kurz: von Kunst berühren
lassen und in die eigenen Gefühlswelten eintauchen.
8.11.2019–4.10.2020,
Pinakothek der Moderne,
http://www.pinakothek-der-moderne.de

Ingo Maurer – „Pendulum“
„Pendulum“ schwingt seit Mai in der Rotunde
der Pinakothek der Moderne. Es ist ein über-
mannsgroßes Ei aus Aluminium, in dem sich
Lichtkuppel, Architektur und die Besucher
spiegeln. Ab Mitte November bildet das Ei
Auftakt und Ausklang der großen Werkschau im
Design Museum. Damit ehrt München einen der
international renommiertesten Gestalter, der
im Oktober dieses Jahres im Alter von 87 Jahren
verstorben ist. Der Titel der Ausstellung „Ingo
Maurer intim. Design or what“ spricht die
weniger bekannte Seite des Meisters von Licht
und Schatten an: sein Arbeitsverständnis und
den Entstehungsprozess seiner Lichtobjekte
im Spannungsfeld zwischen Design, Kunst
und Skulptur. Sie zeigt seine spielerische Lust
am Experimentieren mit Materialien, seinen
oft humorvollen Ansatz bei der Gestaltung und
seine Vorstellung von Licht-Poesie.
15.11.2019–18.10.2020,
Die Neue Sammlung –
The Design Museum, http://www.dnstdm.de

Pinakothek


der Moderne,


München


Fotos: Franz Marc Museum: August Macke „Café am See“, 1913, Franz Marc Museum, Kochel, Dauerleihgabe aus Privatbesitz Haus der Geschichte: Haus der Geschichte, Bayerische Schlösserverwaltung. http://www.schloesser.bayern.de, Gloria Friedmann, „L’envoyé spécial“, 1995/2019. Mixed-Media-Installation © Gloria Friedmann, The Royal Court, Sweden/photo Sven Nilsson, imago Images, Pinakothek der Moderne, Stephan Görlich ➝


FOCUS READY+ Special/2019 31

THEATER


„Soliloquy“ – Fotokunst von
Sam Taylor Johnson
mit Traumbildern unterlegt

Die Münchner
Pinakotheken hatten
2018 über eine
Million Besucher

Premiere von „Lulu“ im
Residenztheater

Ingo Maurer
und sein
„Pendulum“

München,
Wedekinds „Lulu“
Was ist (uns) der Mensch? Um
diese Frage kreist das Münchner
Residenztheater in der ersten
Spielzeit seines neuen Intendanten
Andreas Beck. Dabei haben es ihm
besonders die Klassiker angetan.
Einer davon ist Frank Wedekinds
„Lulu“. Regisseur Bastian Kraft
lässt nicht nur die gleichnamige
Hauptfigur und „Urgestalt des

mit dem World Wide Web auf
uns zukommt. In seinem 1930
veröffentlichten Roman „Das
Automatenzeitalter“ hat der
Nürnberger Schriftsteller Ludwig
Dexheimer so etwas wie ein Internet
skizziert. Er beschreibt eine Art
Wikipedia und sogar das, was wir
heute unter künstlicher Intelligenz
verstehen. Regie führt Kieran Joel,
der 1984 geboren wurde und
damit nur sieben Jahre älter ist als
das, was wir heute allgemein als
Internet bezeichnen.
Premiere ist am 21.11.2019,
http://www.staatstheater-nuernberg.de

Weibes“, sondern auch alle anderen
Rollen von lediglich drei Schau-
spielerinnen spielen: Liliane Amuat,
Juliane Köhler und Charlotte
Schwab.
Premiere ist am 22.11.2019,
http://www.residenztheater.de

Nürnberg,
„Das Automatenzeitalter“
Online Reisen buchen, Serien
streamen, im Netz recherchieren –
die digitale Welt ist heute für uns
selbstverständlich. Schwer vor-
stellbar aber, dass jemand bereits
Ende der 1920er-Jahre ahnte, was

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➝ professionelle Theater gibt es in München
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