Focus - 09.11.19

(singke) #1

TITEL


3030


Berlin, glamourös George Clooney im „Grill Royal“ 2014, Hollywood an der Spree


  1. März 1992
    Das legendäre
    Edelrestaurant
    „Borchardt“, Treffpunkt
    von Politik, Medien
    und Prominenz,
    empfängt wieder Gäste

  2. Dezember 1993
    „Dagobert“ (Arno Funke)
    zündet in einer Berliner
    Karstadt-Filiale eine
    Bombe. Ein halbes
    Jahr später wird er
    festgenommen

  3. Dezember 1991
    Die Bundesregierung
    gründet die Behörde
    des Bundes-
    beauftragten für
    Stasi-Unterlagen,
    kurz Gauck-Behörde


September 1991
In der Auguststraße
eröffnen Klaus
Biesenbach und
Kommilitonen die
Ausstellungshalle
Kunst-Werke


  1. März 1991
    Die Gesellschaft
    zum Wiederaufbau
    des Berliner
    Stadtschlosses
    wird gegründet

  2. März 1991
    Im ehemaligen
    Geldspeicher
    des Wertheim-
    Kaufhauses beginnt
    die große Zeit des
    Techno-Clubs „Tresor“

  3. Juni 1991
    Innenminister
    Wolfgang Schäuble
    spricht sich im
    Bonner Bundestag für
    Berlin als neue
    Hauptstadt aus


Klaus Wowereit, 66,
Politiker,
dank der
Analyse „arm,
aber sexy“
der Regierende
Vater des
neuen Berlins


Klaus Wowereit: Berlin war von Anfang an
der einzige Ort der Welt, in dem Ost und
West zusammenkamen. Das machte sich
für viele Menschen an ganz konkreten
Fragen fest, erst an Mauer, Stacheldraht
und Trennung und dann nach 1989 unter
anderem in der unterschiedlichen Bezah-
lung in beiden Stadthälften.


Jürgen Leibfried, 66,
Projektent-
wickler und
Bauwert-Chef,
setzt seit fast
40 Jahren auf
Immobilien
in der Hauptstadt


Jürgen Leibfried: Direkt nach dem Mauer-
fall war nichts klar. Wir haben damals mit
unserem Geschäft der Altbausanierung


und dem sozialen Wohnungsbau wei-
tergemacht. Die Nachfrage nach Büros
fing ein Jahr später an. Und der richti-
ge Boom begann erst, als klar war, dass
Berlin Hauptstadt werden würde. Dann
drehten alle ein wenig durch, in Bestla-
gen wurden 100 D-Mark pro Quadratme-
ter verlangt. Plötzlich rechnete sich jedes
Grundstück, jede Fläche wurde hoch-
gerechnet. Das war schon der Anfang
vom Ende. Viele Projektentwickler haben
an ungeeigneten Standorten Büros
gebaut, mit aberwitzigen Mietkalkula-
tionen: schlechte Büros für 50 D-Mark.
Das gleiche Büro hatte ein Jahr zuvor
zehn D-Mark gekostet.

Eric Schweitzer, 54,
führt mit seinem
Bruder Axel das
Unternehmen
Alba Group. Alba
ist Namenssponsor
des Basketball-Teams
Alba Berlin

Eric Schweitzer: Für unser Unternehmen
waren die Tage und Wochen nach dem
Mauerfall prägend. Mein Vater kaufte
der Treuhand Teile der Ostberliner Sero-
Organisation ab, des Recycling-Betriebs

der DDR. Und wir begannen mit dem
Sponsoring der Basketballer. Wir haben
tatsächlich mit Alba Berlin den ers-
ten gesamtdeutschen Verein der Stadt
geschaffen.

Carl Hegemann, 70,
verhalf in den
Neunzigern der
Volksbühne unter
Frank Castorf
zurück auf die
internationale
Bühne

Carl Hegemann: Als ich 1992 aus Freiburg
im Breisgau nach Berlin kam, um an
der Volksbühne zu arbeiten, ging es mir
eigentlich hauptsächlich um die Kunst,
aber dann wurde mir schlagartig klar:
Mensch, da hängt ja auch die ganze DDR
dran. Fast alle Inszenierungen an der
Volksbühne beschäftigten sich damals
mit den Traumatisierungen durch die-
sen historischen Einschnitt und trugen
nicht, wie anderswo üblich, zu deren
Verdrängung bei. Schon Frank Castorfs
„Räuber“-Inszenierung von 1990 war
dafür exemplarisch. Da beschimpfte
Henry Hübchen als Franz Moor das Ost-
Publikum als Kadett-Fahrer.

Kool Savas, 44,
Rapper aus der
Wrangelstraße,
schenkte nach der
Jahrtausendwende
Berlin den Thron
des deutschen
Hip-Hops

Kool Savas: Mit 15 ging langsam meine
Partyphase los. Die guten, neuen Clubs
hatten alle im Osten eröffnet, weil es dort
Platz gab und billig war. Ich habe in der
Waldemarstraße gewohnt, die auf die
Köpenicker Straße zuging, und kurz davor
war die Kellerbar, die haben wir fast mit
aufgebaut. Meine Freunde legten dort auf.
Das war alles sehr zu unseren Gunsten,
dass es dort eine neue Spielwiese gab.
Dimitri Hegemann: Die Jugend braucht
Raum zum Experimentieren.

„Dagobert“ (Arno Funke)
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