Die Nachfolge ist noch offen. Schau-
en wir mal, ob Ihre Arithmetik
stimmt ...
In welchen Märkten wollen Sie
Wachstum generieren?
Wenn Sie mich nach einer sehr aus-
sichtsreichen Region fragen: Afrika.
Wo genau?
In Südafrika, Äthiopien und Angola.
In diesen Ländern gibt es eine hohe
Nachfrage nach intelligenter Infra-
struktur. Und in Australien haben
wir gerade den zweitgrößten Auf-
trag der Konzerngeschichte für das
weltgrößte Pumpspeicherkraftwerk
eingefahren. Ansonsten sind derzeit
die USA und Asien, insbesondere
China, die wichtigsten Märkte. Un-
ser Vorteil ist, dass wir seit Jahren
dort mit Produktion vor Ort sind.
Das verringert grenzüberschreiten-
de Warentransporte. Wir sind von
den Handelsstreitigkeiten zwar be-
troffen, aber weniger stark als ande-
re.
Fühlen Sie sich da nicht zu sicher?
Wir nehmen die Anspannungen in
der Weltpolitik natürlich mit Sorge
zur Kenntnis. Wir müssen auch vor-
bereitet sein, falls Dinge eskalieren.
Aber wir sind global aufgestellt und
fühlen uns dadurch hinreichend wet-
terfest.
Sie waren bei der bislang letzten Chi-
nareise von Angela Merkel dabei. Ih-
re Lehren?
Wir nehmen wichtige Strömungen
wahr und können Kontakte vertie-
fen. Wir haben mit unserem Part-
ner CRRC, dem weltweit größten
Hersteller von Schienenfahrzeu-
gen, eine Vertiefung unserer Zu-
sammenarbeit bei der Entwicklung
von elektrischen Antriebssystemen
geschlossen.
Zum Thema China: Droht ein weite-
rer Ausverkauf deutscher Hochtech-
nologie?
Wir betreiben mit unseren chinesi-
schen Partnern eine gemeinsame
Produktionsentwicklung. Wir wollen
gemeinsam den chinesischen Markt
bearbeiten. Davon profitiert auch
Voith in Deutschland.
Voith hat vor wenigen Jahren mit
dem Modell Maxima die stärkste
Lokomotive der Welt gebaut. Das
Problem: Es gibt keine Käufer. Wie
wollen Sie derartige Flops verhin-
dern?
Es gehört dazu, dass auch mal et-
was nicht klappt. Aber man muss
dann schnell reagieren. Absolut
ausschließen kann man das natür-
lich nicht, aber das Risiko minimie-
ren: durch saubere Kunden- und
Bedarfsanalysen sowie einen Pro-
jektplan, der beim Nichterreichen
von Meilensteinen auch einen Ab-
bruch erlaubt.
Da spricht der Finanzexperte. Muss
Voith anders entwickeln?
Wir müssen den Kunden früher ein-
beziehen.
Mit Ex-Siemens-Vorstand Siegfried
Russwurm ist Ihr Aufsichtsratschef
fast genauso alt wie Sie. Wie
fühlt sich das an?
Aus meiner Sicht sehr gut. Ich nehme
den Umgang als sehr effizient und
konstruktiv wahr.
Sie gehen jetzt auch unpopuläre Din-
ge an und haben Personalabbau und
sogar Werkschließungen angekün-
digt. Ist das erst der Anfang?
Wir haben bei Voith Turbo zu viele
kleine Werke in Deutschland. Das
kostet jedes Jahr sehr viel Geld, das
uns bei den wichtigen Zukunftsinves-
titionen, zum Beispiel in die Elektro-
mobilität und die Digitalisierung des
Turbo-Portfolios, fehlt. Da müssen
wir ran. Deshalb führt an der Schlie-
ßung der drei Standorte in Sontho-
fen, Zschopau und Mülheim leider
kein Weg vorbei.
Bis wann wird es eine Einigung mit
den Arbeitnehmern geben?
Uns ist der Schritt nicht leichtgefallen
und wir bedauern die Auswirkungen
auf unsere Mitarbeiter. Wir haben
aber vorher lange und gründlich ana-
lysiert. Wir wollen jetzt so schnell wie
möglich Klarheit für alle Betroffenen
schaffen und die geplanten Maßnah-
men noch in diesem Geschäftsjahr
umsetzen.
Haben Sie im Fall Sonthofen das
bayrische Wirtschaftsministerium
schon befriedet?
Wir stehen im Austausch.
Sonthofen wird also geschlossen?
Ja, so ist der Plan.
Kommt da noch mehr?
Wir werden immer wieder Anpassun-
gen vornehmen, das ist in einem so
großen Unternehmen normal. Aber
wir haben den Vorteil, dass wir nicht
direkt im Bereich Autozulieferung tä-
tig sind. Bahn, Bus und Lkw laufen ja
noch ganz vernünftig.
An wem misst sich Voith?
Das ist unterschiedlich. Bei Papier-
maschinen an Andritz und Valmet,
bei der Wasserkraft an Andritz und
General Electric und bei Turbo sind
es ZF, Bosch und Knorr Bremse.
Wo sehen Sie Voith in zehn Jahren?
Voith wird weiter in den heutigen
Kernsegmenten Papier, Wasserkraft
und Antriebstechnik präsent sein.
Wir werden größer und technolo-
gisch noch schlagkräftiger aufgestellt
sein. Und das mit einer höheren Um-
satz- und Kapitalrentabilität.
Was ist das Ziel?
Mittelfristig streben wir eine Kapital-
rendite von 15 Prozent an. Vor einem
Jahr waren wir noch bei knapp zehn
Prozent. Mit der Eigenkapitalquote
von inzwischen 30 Prozent sind wir
zufrieden. Aber die Umsatzrendite
von gut vier Prozent müssen wir klar
steigern.
Wie würden Sie Ihre übergeordnete
Strategie bezeichnen und beschrei-
ben?
Wir verfolgen einen gezielten Ausbau
des Kernportfolios, wollen den Ser-
viceanteil am Umsatz weiter spürbar
steigern und uns technologisch als
Gestalter der Dekarbonisierung in
unseren Industrien positionieren.
Down-to-earth in jeglicher Hinsicht,
wenn Sie so wollen.
Herr Haag, vielen Dank für das Inter-
view.
Die Fragen stellten Peter Brors
und Martin Buchenau in Stuttgart.
An der
Schließung
der drei
Standorte
in Sonthofen,
Zschopau und
Mülheim führt
leider kein Weg
vorbei.
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Der deutsche Mittelstand
MONTAG, 18. NOVEMBER 2019, NR. 222
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