Süddeutsche Zeitung - 08.11.2019

(lily) #1
Unter dem Sammelbegriff „Architektur“
sindvier Fachrichtungen zusammengefasst:
Architektur, Innenarchitektur, Landschafts-
architektur und Stadtplanung. Da die Berufs-
bezeichnungen gesetzlich geschützt sind,
dürfen sich nur diejenigen so nennen, die in
den jeweiligen Kammerlisten der Bundeslän-
der eingetragen sind. Voraussetzungen da-
für sind ein mindestens vierjähriges, abge-
schlossenes Studium an einer Universität,
Fachhochschule oder Akademie sowie zwei
Jahre Berufserfahrung.
Studierende spezialisieren sich bereits
mit der Wahl des entsprechenden Studien-
gangs. Unter Architekten und Stadtplanern
stellen die Hochbauarchitekten mit einem
Anteil von knapp 85 Prozent die größte Be-
rufsgruppe. Als Berater des Auftraggebers
sind sie für die gestaltende, technische und
wirtschaftliche Planung von Bauwerken zu-
ständig. Innenausbau, Einrichtung und Aus-
stattung der Gebäude zählen wiederum zu

den Aufgaben von Innenarchitekten. Da Sa-
nierungen, Modernisierungen oder Erweite-
rungen bauliche Änderungen erfordern kön-
nen, arbeiten sie eng mit Hochbauarchitek-
ten zusammen. Mit knapp fünf Prozent sind
in etwa so viele Innen- wie Landschaftsarchi-
tekten in der Bundesarchitektenkammer ver-
treten. Deren Leistungsspektrum umfasst
unter anderem die Freiraumplanung von
Park- und Gartenanlagen, Straßenräumen,
Fußgängerzonen und Freibädern. Stadtpla-
ner hingegen widmen sich der Stadtentwick-
lung und -qualität sowie der infrastrukturel-
len Vernetzung.
Weiterbildung spielt in der Branche eine
große Rolle. Besonders nachgefragte The-
men sind Wettbewerbsrecht, Kostenpla-
nung, Brandschutz, Energieeffizienz, Barrie-
refreiheit und Sicherheit am Bau. Die Archi-
tektenkammern veranstalten etliche Fortbil-
dungsseminare, aber es gibt darüber hinaus
zahlreiche andere Anbieter. REGO

von rebekka gottl

D


ie Kapelle wirft einen Schatten auf
die umliegende Wiese, fast so, als
handle es sich um eine Fotografie.
Ein Bild zeigt das Gebäude von oben, auf ei-
ner Lichtung, die von hochgewachsenen
Bäumen umgeben ist. Ein anderes ermög-
licht den Blick ins Innere, vom Eingang bis
zum Altar. Auf dem dritten ist der bepflanz-
te, runde Vorplatz zu sehen. Allerdings wur-
de das Gebäude nicht fotografiert, sondern
am Computer erstellt. Die Visualisierun-
gen sind Teil eines Architektenentwurfs,
werden ergänzt durch eine kurze Konzept-
beschreibung und Skizzen, die den Aufbau
der Kapelle verdeutlichen.
„Obwohl das Ergebnis nur so groß ist
wie ein Poster, steckt unglaublich viel Zeit
und Hirn in dem Entwurf“, sagt Alexander
Stein. Der 24-Jährige studiert Architektur
im siebten Semester an der Technischen
Universität Darmstadt. Damit ist er nach
Angaben des Statistischen Bundesamts ei-
ner von ungefähr 52000 Studierenden der
Fächer Architektur, Innen- und Land-
schaftsarchitektur und Stadtplanung an
deutschen Hochschulen.
Die Nachfrage nach Architekten ist
hoch. „Vor zehn Jahren waren die Anzeigen-
blätter voll mit Anstellungsgesuchen“, sagt
Tillman Prinz, Geschäftsführer der Bun-
desarchitektenkammer. Heute hingegen
würden Architekturbüros händeringend
nach Mitarbeitern suchen. Das liegt unter
anderem an der wirtschaftlichen Lage. Wo
viel gebaut wird, sind viele Architekten nö-
tig. Laut einer kürzlich veröffentlichten
Statistik der Bundesarchitektenkammer


sind mehr als 138 000 Architekten und
Stadtplaner in den Kammerlisten der Län-
der eingetragen. Die meisten sind ange-
stellt oder verbeamtet. Und mit circa 65
Prozent arbeiten deutlich mehr Männer
als Frauen in dem Beruf.
Stein möchte sich nach seinem Ab-
schluss selbständig machen, sein Ziel ist
ein eigenes Büro. Architekt darf er sich
nach dem Studium allerdings noch nicht
nennen, die Berufsbezeichnung ist gesetz-
lich geschützt. „Wie der Arzt oder der
Rechtsanwalt ist auch der Architekt ein
klassischer Kammerberuf“, erklärt Prinz.


„Architekten greifen mit ihrer Arbeitsleis-
tung nicht nur stark in das Leben der Bau-
herren ein, sondern auch in das der Mieter
und Bürger.“ Daher müssen neben dem
Hochschulabschluss zwei Jahre Berufser-
fahrung nachgewiesen werden, um in die
jeweilige Landeskammer aufgenommen
zu werden. Die Berufsbezeichnung ist ver-
gleichbar mit einem Gütesiegel, das die
Qualifikation sicherstellt. Ein Bauvorha-
ben sei eben kein Auto, bei dem man sich
die Qualität der Ledersitze im Vorhinein an-
schauen könne, sagt Prinz. „Bei einer Pla-
nungsleistung zeigt sich oft erst nach Jah-
ren, ob sie gut gemacht ist oder nicht.“
Stein, der neben seinem Studium bereits
in einem Architekturbüro arbeitet, kann
die Anforderungen nachvollziehen: „Nach
der Uni kann man entwerfen, aber ein
Haus bauen kann man nicht.“ Im Studium
würden die Herangehensweise an Projekte
vermittelt und ein freier, unvoreingenom-
mener Blick gelehrt. Mit wirtschaftlichen
Faktoren, rechtlichen Grundlagen und der
konkreten Bauausführung komme man je-
doch erst im Arbeitsalltag in Kontakt.
Laut Prinz haben sich die Anforderun-
gen an Berufstätige gewandelt. Dabei
bringt nicht nur die Digitalisierung Verän-
derungen mit sich, auch Themen wie Nach-
haltigkeit, Energieeffizienz, Barrierefrei-
heit und ressourcenschonendes Bauen rü-
cken vermehrt in den Fokus. Die Idee, wes-
halb man Architektur studiert, sei jedoch
dieselbe geblieben. „Sie ist nach wie vor
auf die Formel zu bringen: Ich möchte die-
se Welt besser machen“, sagt Prinz. Auf-
grund der Wohnungsknappheit in den
Städten haben sich viele Architekturbüros

auf den bezahlbaren Wohnungsbau spezia-
lisiert. Man beschäftigt sich mit neuen
Wohnformen wie Tiny Houses, Generatio-
nenhäusern sowie sozial und funktional ge-
mischten Quartieren.
Eine der Kernfragen, mit denen sich Stu-
denten praxisnah befassen, heißt: „Wie
wollen wir wohnen?“ Neben klassischen
Vorlesungen zur Architekturgeschichte,
aber auch zur Bauphysik, Tragwerkslehre
oder Baustoffkunde, die technisches Basis-
wissen vermitteln, bearbeiten sie jedes Se-
mester ein oder zwei Entwürfe. So hat
Stein bereits das Konzept einer Vinothek

erstellt, einen Anbau für ein Haus in Darm-
stadt entworfen und am Modell eines Pfer-
dehofs gearbeitet. „Oft machen wir kleine
Exkursionen zu den Projektorten in der Re-
gion, um uns inspirieren zu lassen“, sagt Li-
sa Böttiger. Die 22-Jährige, die im siebten
Semester Architektur an der Hochschule
Coburg studiert, findet den Praxisbezug
wichtig. Neben dem Studium hat sie ein
vorgeschriebenes Praktikum auf einer
Baustelle gemacht. „Ich war richtig baff,
als ich von einigen Bachelor-Absolventen
hörte, dass sie noch nie auf der Baustelle
standen“, sagt die Studentin. Sie fand es
lehrreich, zu sehen, wie die am Computer
entworfenen Modelle und Zeichnungen
praktisch umgesetzt werden.
Trotz gleicher Vorgaben für alle würden
die Ergebnisse meist sehr unterschiedlich
ausfallen, sagt Stein. Der 24-Jährige arbei-
tet meist gemeinsam mit Kommilitonen
an den Projekten. „Du kannst der kreativs-
te Mensch sein, die optimale Lösung wirst
du allein nicht finden, sondern nur im Ge-
spräch mit anderen“, erklärt er. Zusam-
menarbeit ist später im Beruf auch zwi-
schen den einzelnen Fachrichtungen wich-
tig, zu denen etwa Hochbau-, Innen- und
Landschaftsarchitektur gehören.
Seit der Bologna-Reform, der Einfüh-
rung von Bachelor und Master, dürfen die
Universitäten den Namen des Studien-
gangs frei wählen. Die Fachrichtung ist da-
durch nicht immer deutlich erkennbar.
Statt Innenarchitektur sei die Rede bei-
spielsweise von „Lighting Design and
Structural Engineering“. Und Stadtpla-
nung werde zum Beispiel unter „Urban De-
velopment, Sustainability and Architectu-

re“ geführt, sagt Prinz. Abiturienten rät er,
sich mit den Studieninhalten gründlich
auseinanderzusetzen und von der Archi-
tektenkammer beraten zu lassen. Denn
auch die Aufnahmebeschränkungen der
Hochschulen variieren. Während Böttiger
an der Hochschule Coburg eine Eignungs-
prüfung absolvierte, erhielten an der TU
Berlin im Wintersemester 2018/19 alle Be-
werber mit einer Abitur-Abschlussnote bis
1,7 eine Zusage. An der Hochschule Düssel-

dorf lag der Numerus clausus im gleichen
Semester indes bei 3,3.
Böttiger hat sich lange nicht zwischen
den Studiengängen Architektur und Bauin-
genieurwesen entscheiden können. Prinz
erklärt die Unterschiede der beiden Beru-
fe: Während Architekten sich die Welt nach
den Bedürfnissen des Bauherrn komplett
neu erdenken, sei der Ingenieur für die Be-
rechnung und konkrete Umsetzung des
Konzepts zuständig. Von der Wasserversor-

gung in Wohnhäusern bis zur Tragfähig-
keit von Brücken – der Bauingenieur sorgt
für die Sicherheit der jeweiligen Konstruk-
tion. Die Studentin hat sich letztlich wegen
der Verbindung von Baukunst und Tech-
nik für das Architekturstudium entschie-
den. „Wegen des Geldes macht man den Be-
ruf auf jeden Fall nicht“, sagt sie. Beson-
ders das Einstiegsgehalt von Architekten
ist im Vergleich zu anderen akademischen
Berufen niedrig. Nach Angaben des Portals
Absolventa.de beträgt es für Masterabsol-
venten circa 34 000 Euro brutto im Jahr.
Stein gefällt vor allem die Vielfalt des Be-
rufs. „Auch trockene konstruktive Proble-
me erfordern kreative Lösungen“, sagt der
Student. Nach diesem Grundsatz hat er
auch die Kapelle gestaltet. Der Entwurf ent-
stand im Rahmen eines studentischen
Wettbewerbs. Nach mehrwöchiger Arbeit
war er damit zufrieden, hat ihn einge-
reicht. „Im Planungsprozess gibt es kein
absolutes Ende“, erklärt er. Man könne
stets Änderungen vornehmen. Auch des-
halb wird der Entwurf oft digital visuali-
siert, statt ein Modell zu bauen.
In diesem Semester widmet sich der an-
gehende Architekt seinem Abschlusspro-
jekt, bei dem es um den Bau bezahlbarer
Wohnungen geht. Im Studiengang Archi-
tektur gibt es die Besonderheit, dass ein
großer Entwurf die geschriebene Bachelor-
arbeit ersetzt. Kaum hat er von seinem Ab-
schlussprojekt berichtet, beginnt er von
weiteren Ideen zu erzählen. Der nächste
Wettbewerb für eine Sporthalle, sei bereits
ausgeschrieben. Und die Branche befinde
sich im stetigen Wandel, da wolle er nicht
aus der Übung kommen.

DEFGH Nr. 258, Freitag, 8. November 2019 SZ SPEZIAL –LERNEN 19


Wie wollen


wir wohnen?


Die Welt zu verbessern, war schon immer das


Ideal von Architekten. Doch die Anforderungen


an den Beruf haben sich stark verändert


Spezialgebiete der Architektur


Das Gespräch mit Kollegen war schon früher für Architekten wichtig, um kreative Lösungen zu entwickeln. Während einst ausschließlich auf Papier gearbeitet wurde,
findetdie Bauplanung heute vorwiegend mit digitalen Methoden statt. FOTO: HULTON ARCHIVE / GETTY IMAGES

ANZEIGE


Bachelor
&
Master

OPEN HOUSE - TAG DER OFFENEN TÜR
>> Infos zum Studium & Auslandssemester
>> Schnuppervorlesungen & Campus-Führungen
>> Persönliche Beratung in der Master Lounge
>> Vortrag „Berufsbegleitend studieren“

http://www.fh-kufstein.ac.at


FH KUFSTEIN TIROL in der Master Lounge anmelden!JETZT zum Beratungstermin

SAMSTAG, 16.11.
10 -13 UHR

Bild: trolstnev - Fotolia.

FREIE UNIVERSITÄT BOZEN


Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
bietet international ausgerichtete, dreisprachige
Studiengänge (Deutsch, Italienisch und Englisch)
mit Schwerpunkten in BWL und VWL in
Kombination mit Politik, Marketing
und Verwaltungswissenschaften an. Unsere
Studierenden profitieren von der Erfahrung der
über 50 festangestellten Lehrenden aus 8 Ländern
und werden so konsequent auf die Komplexität
der sozioökonomischen Herausforderungen des 21.
Jahrhunderts vorbereitet.

Info
+39 0471 012100
[email protected]
http://www.unibz.it/economics

Bachelorstudiengänge:


  • Wirtschaftswissenschaften und Betriebsführung

  • Ökonomie und Sozialwissenschaften

  • Tourismus-, Sport- und Eventmanagement


Masterstudiengänge:


  • Unternehmensführung und Innovation

  • Verwaltung und Politik öffentlicher Institutionen

  • Accounting und Finanzwirtschaft


Top 20 im Times Higher Education 2019
World’s Best Small Universities Ranking

DREISPRACHIG


STUDIEREN


IN SÜDTIROL


Privat | Staatlich anerkannt
München | Bamberg | Tr aunstein

089 / 456 78 45 − 11
studienberatung@
hdbw-hochschule.de

Individuell ausgerichtete Studiengänge:

HDBW

✓ Kleine Te ams
✓ Wissen für die Praxis
✓ Persönliches Coaching
✓ Auf Augenhöhe mit exzellenten,
praxiserfahrenen Professor*innen

Jetzt
neue Master-
studiengänge!

hdbw-hochschule.de

Du suchst eine Hochschule,
bei der nicht der
Durchschnitt, sondern
Deine Persönlichkeit zählt?
Willkommen bei der staatlich
anerkannten Hochschule der
Bayerischen Wirtschaft!

hdbw_hochschule

Gleich

anmelden!

http://www.tao-oberfranken.de/mastertag


1 50 MASTERSTUDIENGÄNGE
1 2 HIGHLIGHT-STUDIENGÄNGE
4 HOCHSCHULEN
1 TAG

-o te


12 HIGHLIGHT-STUDIENGÄNGE


Themengebiete der Masterstudiengänge:
Kultur-, Geschichts- und Geowissenschaften
Sprache, Literatur und Kommunikation
Angewandte Informatik, Scientifi c Computing,
Mathematik
Sport-, Gesundheits- und Lebensmittel-
wissenschaften
Wirtschaftswissenschaften
Bildung, (Sozial-)Pädagogik, Psychologie
Religion, Ethik, Philosophie
Naturwissenschaften
Sozialwissenschaften
Ingenieurwissenschaften
Bauen, Denkmalpfl ege und Design

30.11.

2019

Universität

Bamberg

Feld kirchen

straße 21 · 9:30 – 15:00 Uhr


  1. OBERFRÄNKISCHER


MASTER


TAG


Wir sind dabei:

MBA &


Executive MBA I


Erscheinungstermin:
Freitag, 14. Februar 2020
Anzeigenschluss:
Dienstag, 4. Februar 2020

MBA &


Executive MBA II


Erscheinungstermin:
Freitag, 27. März 2020
Anzeigenschluss:
Dienstag, 17. März 2020

SZ Spezial


Kontakt:
[email protected]
(+49 (89) 21 83-81 40 oder
(+49 (89) 21 83-90 72

Technik & Informatik


Erscheinungstermin: Freitag, 6. Dezember 2019
Anzeigenschluss: Dienstag, 26. November 2019

Kontakt: [email protected], (+49 (89) 21 83-81 40 oder -90 72

SZ Spezial

Free download pdf