Yasmin Osman Frankfurt
M
itarbeiter, die für
unschöne Schlagzei-
len sorgen, sind für
die Deutsche Bank
ein vertrautes Phä-
nomen. Erst vor Kurzem kam heraus,
dass ein Manager, der in fragwürdige
Praktiken in China verwickelt war,
später noch Karriere in der Compli-
ance-Abteilung machte. Auch bei
Neueinstellungen fällt die Personal-
abteilung der Bank offenbar Ent-
scheidungen, die bei vielen Deutsch-
Bankern alles andere als gut ankom-
men, wie das Beispiel eines hochran-
gigen Mitarbeiters im Privatkunden-
geschäft nun zeigt.
Seit einigen Monaten ist Ulrich M.
Chief Information Officer, also Leiter
der Informationstechnik für die
deutsche Privatkundenbank des
Frankfurter Geldhauses. Er ist damit
direkt unter der IT-Chefin des Privat-
kundengeschäfts, Zvezdana Seeger,
angesiedelt. In der Bank sorgt das
für Unruhe, weil über M. schon vor
seinem Einstieg bei der Deutschen
Bank einiges in den Medien zu lesen
war. Denn M. ist eine der Personen,
die im Skandal der Bundeswehr um
externe Beraterverträge eine Rolle
spielen.
Bis Mitte vergangenen Jahres war
M. noch Geschäftsführer der BWI, ei-
ner IT-Tochter der Bundeswehr. Sei-
ne Karriere dort endete abrupt und
unfreiwillig. „Nach Beschluss des Auf-
sichtsrats der BWI wurde Herr M. am
- Juni freigestellt, ordentlich gekün-
digt und die Kündigung des Arbeits-
vertrags fristgerecht zu Ende Juni
2019 vollzogen“, sagte ein BWI-Spre-
cher dem Handelsblatt auf Anfrage.
Zu den Gründen könne er keine Aus-
kunft geben. M. war für eine Stellung-
nahme nicht erreichbar.
Ungünstige Sonderprüfung
Auskünfte finden sich dafür unter
den Aussagen einiger Zeugen vor der
Untersuchungskommission des Ver-
teidigungsausschusses des Bundes-
tags, der zur Berateraffäre eingerich-
tet wurde. Klaus-Hardy Mühleck, der
damalige BWI-Aufsichtsratschef und
Abteilungsleiter Cyber- und Informa-
tionstechnik (CIT) im Bundesverteidi-
gungsministerium, begründete die
Kündigung damit, dass M. freihändig
- also ohne Ausschreibung – einen
Vertrag an eine Tochter der Firma
McKinsey vergeben habe.
Was Mühleck genau damit meint,
zeigen die Ergebnisse einer vom Bun-
desverteidigungsministerium ange-
stoßenen Sonderprüfung durch die
Wirtschaftsprüfer und Anwälte von
Deloitte, die dem Handelsblatt vorlie-
gen. Danach vergab M. zwei Aufträge
an die McKinsey-Tochter Orphoz mit
einem Volumen von zusammen
5,5 Millionen Euro ohne öffentliche
Ausschreibung. Aus Sicht von Delo -
itte ein Verstoß gegen das Vergabe-
recht – und damit eine Pflichtverlet-
zung seitens des Geschäftsführers M.
Strafrechtlich relevante Verstöße
fanden die externen Prüfer allerdings
nicht, weil der BWI durch die illegal
vergebenen Verträge kein Vermö-
gensschaden entstand. Doch schon
der Verstoß gegen die Vergabegeset-
ze rechtfertigte aus Sicht von Deloitte
die Abberufung M.s vom Geschäfts-
führerposten. Ein wichtiger Grund
für eine Abberufung könne außer-
dem „generell in einem zerrütteten
Verhältnis gegenüber dem Aufsichts-
rat bestehen“, heißt es im Gutachten.
Im Aufsichtsrat hatte M. zu die-
sem Zeitpunkt keine Freunde mehr.
Zu häufig hatte er die Dinge am Kon-
trollgremium vorbei direkt mit der
damaligen Staatssekretärin im Ver-
teidigungsministerium, Katrin Su-
der, geregelt, die ihn geholt hatte
und mit der er sich duzt. Die Orp-
hoz-Verträge mögen die Aufträge
sein, mit denen der BWI-Chef sich
am angreifbarsten machte, doch es
gibt weitere Fälle, in denen M. sein
Kontrollgremium nicht rechtzeitig
über Vertragsabschlüsse informier-
te, obwohl dies nach Einschätzung
von Deloitte „zwingend geboten“ ge-
wesen wäre. Der Ausschusszeuge
Mühleck sprach von einem „großen
Vertrauensverlust“, der zur Tren-
nung von M. beigetragen habe.
Seeger schlug M. vor
Am Ende trennen sich M. und die
BWI ohne Klage, aber nach Infor-
mationen des Handelsblatts auch oh-
ne Abfindung. Die Zeit seiner Frei-
stellung hat M. gut genutzt: Er
kommt bei der Deutschen Bank un-
ter. Die Vorwürfe aus seinem alten
Job waren im Prinzip bekannt, als
er bei der Bank anheuerte. Das
Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“
hatte bereits vor einem Jahr über die
ungünstige Einschätzung des Deloit-
te-Gutachtens berichtet.
Für die Deutsche Bank steht dage-
gen M.s fachliche Eignung im Vorder-
grund. „Herr M. verfügt über die not-
wendigen Fähigkeiten für seine Rolle.
Wir schätzen sein Expertenwissen in
der Informationstechnik“, teilte das
Institut auf Anfrage mit. Seine Ein-
stellung habe man seinerzeit gründ-
lich geprüft. „Aufgrund der vorlie-
genden, öffentlich zugänglichen In-
formationen gab es keinen Grund,
Herrn M. nicht einzustellen“, sagte
ein Sprecher. M. selbst ließ Anfragen
des Handelsblatts unbeantwortet.
M. ist kein Unbekannter bei der
Deutschen Bank. Er arbeitete schon
einmal sieben Jahre bis 2005 als CIO
der Privatkundensparte.
Der IT-Experte hatte außerdem ei-
ne wichtige Fürsprecherin. Für den
Posten, den die Bank nach eigenen
Angaben im Zuge der Postbank-Inte-
gration neu besetzt hat, hat ihn seine
direkte Vorgesetzte Seeger vorge-
schlagen, wie es in Finanzkreisen
heißt. Seeger hat M. aber wohl nicht
so freihändig angestellt, wie dieser
die McKinsey-Tochter Orphoz: „Seine
Einstellung erfolgte entlang aller da-
für vorgesehenen Verfahren und Vor-
schriften“, stellte die Bank klar.
Dennoch sehen einige seinen Neu-
start in der Bank kritisch. Nicht zu-
letzt, weil sich nicht abschätzen lässt,
wie sehr der Manager durch den Un-
tersuchungsausschuss noch ins Gere-
de kommen könnte. Dieser Aus-
schuss hat sich bei den Zeugenbefra-
gungen zum Teil recht ausführlich
mit M.s Gebaren als BWI-Geschäfts-
führer befasst.
Doch zumindest eine Gefahr er-
scheint relativ gering: dass M. unter
Seeger ein vergleichbares Eigenleben
entwickelt wie bei der BWI. Dafür
dürfte schon seine neue Chefin sor-
gen: „Nana Seeger ist eine ganz tou -
ghe Person, die führt ihn, das kön-
nen Sie mir glauben“, sagt einer, der
die Managerin gut kennt.
Deutsche Bank
Ärger um neuen
Manager
Ein führender Mitarbeiter der Privatkundensparte
soll eine unrühmliche Rolle im Beraterskandal des
Verteidigungsministeriums gespielt haben.
Deutsche Bank: Ein
Mitarbeiter soll in
einen Skandal ver -
wickelt gewesen sein.
Marc-Steffen Unger
Auftragsvolumen
5,5
MILLIONEN
Euro umfassten die
vergaberechtswidri-
gen Aufträge an die
McKinsey-Tochter
Orphoz.
Quelle: Deloitte
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(^34) WOCHENENDE 7./8./9. NOVEMBER 2019, NR. 216
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