Handelsblatt - 08.11.2019

(Barré) #1

Bulle & Bär


Abwärtstrend


gestoppt


Z


u Jahresanfang noch schien es, als
würden die Zinsen in den USA in
diesem Jahr steigen. Davon zumin-
dest gingen die Führungsmitglieder der
US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im
Dezember 2018 aus. Tatsächlich aber hat
die Fed inzwischen dreimal die Zinsen ge-
senkt – zuletzt auf ihrer Sitzung in der ver-
gangenen Woche. Inzwischen spricht eini-
ges dafür, dass dies für längere Zeit ihr
letzter Schritt nach unten war. Fed-Chef
Powell hat bereits signalisiert, dass in die-
sem Jahr keine weiteren Zinssenkungen
zu erwarten sind. Noch gehen die Märkte
zwar von einer weiteren Zinssenkung
2020 aus. Es gibt jedoch mehrere Fakto-
ren, die dagegen sprechen. Zum Beispiel
die zuletzt vergleichsweise guten Wirt-
schaftsdaten. So sind die Arbeitsmarkt-
zahlen und auch Stimmungsindikatoren
für den in den USA besonders wichtigen
Dienstleistungssektor besser ausgefallen
als erwartet. Zusätzlichen wirtschaftlichen
Schwung könnte eine Einigung im Han-
delsstreit zwischen den USA und China
bringen. Auch wenn es wirtschaftlich bes-
ser läuft, sind Zinserhöhungen aktuell
noch schwer vorstellbar, denn dafür
müsste die Inflation stärker steigen. Nach
einer längeren Zinspause sind sie aber
durchaus möglich. Für Anleger hieße das:
Der aktuelle Anstieg der Anleiherenditen
hält länger an.

Der tägliche Kommentar
des Handelsblatts analysiert
die Entwicklung
Von Jan Mallien

Kenntnis“, sagt eine Sprecherin. Zu vielen der ge-
nannten Punkte habe man sich bereits detailliert
geäußert. Die Bafin habe bereits eine Vielzahl von
Aktivitäten entwickelt, einschließlich Produktver-
bote oder Vertriebseinschränkungen, die der auf-
sichtlichen Durchsetzung des ihr übertragenen
Mandats zum kollektiven Verbraucherschutz die-
nen. „Die Bafin fühlt sich diesem Mandat in der
gleichen Weise verpflichtet wie den anderen ihr an-
vertrauten Aufgaben und wird diesen weiterhin mit
Nachdruck nachkommen“, heißt es. Dass sie dies
als staatliche Finanzaufsicht, anders als private Ver-
braucherschutzorganisationen, ausschließlich auf
Basis der ihr übertragenen gesetzlichen Grundla-
gen mache, verstehe sich in einem Rechtsstaat von
selbst.
Ein Dorn im Auge ist Finanzwende auch der
Umgang der Bafin mit Restschuldversicherungen.
Diese werden häufig beim Abschluss von Verbrau-
cherkreditverträgen vereinbart, damit im Fall von
Tod, Krankheit oder Arbeitslosigkeit keine Kredit-
raten mehr gezahlt werden müssen. Untersu-
chungen ergaben aber, dass Versiche-
rer Banken dafür Provisionen von
50 Prozent und mehr zahlten.
„Ein Eingriff der Behörde we-
gen überhöhter Provisionen
ist nicht zu beobachten. Das
wirft die Frage auf, wann ei-
gentlich ein Missstand vor-
liegt“, wundern sich die Au-
toren von Finanzwende.
Zwar könnte sich das Pro-
blem mit einem Provisionsde-
ckel beheben lassen, wie es der
Bundesregierung vorschwebt.
Doch auch hier wird mangelnde Ini-
tiative der Bafin kritisiert.
Aufsichtsbehörden im Ausland gingen beim
Verbraucherschutz beherzter voran, hält Finanz-
wende der Bafin vor. Für nachahmenswert halten
die Experten beispielsweise den Einsatz der briti-
schen Aufsichtsbehörde FCA für Bestandskunden
von Versicherern. Diese will nicht länger tolerieren,
dass Bestandskunden deutlich höhere Prämien für
Sachversicherungen zahlen als Neukunden.


Anlageberatung ist zu verbessern
Bei aller Kritik hat Dorothea Mohn, Teamleiterin Fi-
nanzen beim Verbraucherzentrale Bundesverband,
aber nicht den Eindruck, dass die Bafin den Ver-
braucherschutz nicht ernst nimmt. „Nach meiner
Wahrnehmung hat die Bafin ein erkennbar offenes
Ohr für den Verbraucherschutz, der allerdings teil-
weise durch den gesetzlichen Rahmen eingeengt
wird.“ Mohn, die auch Vorsitzende des Verbrau-
cherbeirats der Bafin ist, weist darauf hin, dass es
die Bafin war, die eine Studie zu Restschuldversi-
cherungen in Auftrag gab. Mit den Ergebnissen sig-


nalisierte die Bafin der Politik Handlungsbedarf.
Das wäre aus Sicht Mohns in weiteren Bereichen
notwendig. So sei die Qualität der Anlageberatung
unzureichend. Auch hier sollte die Bafin beim Ge-
setzgeber deutlich machen, wie die Beratung regu-
liert werden müsste, damit auch die Aufsicht Qua-
lität durchsetzen kann, urteilt Mohn. So ging auch
in den Niederlanden und Großbritannien der Im-
puls für ein Provisionsverbot in der Anlagebera-
tung von der Finanzaufsicht aus.

Zu spät auf Pensionskassen geschaut
Keinen guten Job attestiert Finanzwende der Bafin
auch bei der Aufsicht über die Pensionskassen. Mit
der Kölner Pensionskasse, der Caritas Pensionskas-
se und der Deutsche Steuerberater-Versicherung
Pensionskasse sind gleich drei Pensionskassen in
Schieflage geraten. Im Sicherungsvermögen der
Kunden fehlen zehn bis 20 Prozent. Diese Lücken
entstünden nicht von heute auf morgen, moniert
Finanzwende. Es gehöre zum Kerngeschäft der
Aufsicht, darüber zu wachen, dass Versicherer
und Pensionskassen ihre Verpflichtun-
gen gegenüber den Kunden dauer-
haft erfüllen können. Um Neu-
kunden zu schützen, hätte die
Aufsicht etwa darauf verwei-
sen können, dass sie keine
Anbieter empfiehlt, die heu-
te noch mit hohen Garantie-
zinsen werben.
Die Verfasser des Bafin-
Reports sehen die Finanzauf-
sicht generell in einem Inte-
ressenkonflikt: „Ertrags- und
Sicherheitsinteressen der Finanz-
branche stehen nur allzu oft den
Anlageinteressen der Verbraucher ent-
gegen.“ Und für den Finanzanbieter sei faire
und kundenorientierte Beratung nicht automa-
tisch die beste Option. Mit einer eigenen Direkti-
on für den Verbraucherschutz, der jetzt inner-
halb der Bafin bei der Wertpapieraufsicht ange-
siedelt ist, würde diese Aufgabe aufgewertet.
Mittelfristig sollte aber der Verbraucherschutz aus
der Bafin ausgegliedert werden und als eigene Be-
hörde agieren, fordern die Autoren.
Formal steht die Bafin unter der Rechts- und
Fachaufsicht des Bundesfinanzministeriums. Doch
wer kontrolliere die Entscheidungen der Bafin tat-
sächlich, fragt sich Finanzwende. Sie bringen ein
Aufsichtsgremium ins Spiel, das die Aufsichtsent-
scheidungen der Bafin kontrollieren sollte. Noch
sei das eine Art Black Box. In Österreich etwa ma-
che das der Rechnungshof.
Trotz aller Kritik stellt Finanzwende die Instituti-
on aber nicht infrage. „Wenn es hierzulande keine
Institution wie die Bafin gäbe, müsste sie unbe-
dingt erfunden werden.“

Die Bafin muss als


Finanzaufsicht


stärker zugunsten des


Verbrauchers eingreifen.


Gerhard Schick
Finanzwende

 
      
 
 



   
 
 


  


 
 

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WOCHENENDE 7./8./9. NOVEMBER 2019, NR. 216^41

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